Zwölfte Szene


[50] Anton. Josepha.


JOSEPHA im Nachtleibchen, ein Tuch kokett um den Kopf gebunden, daß die Haare darunter hervorquellen – tritt ans Fenster und singt.


Nachtlied


Mondenschein – Sternenstrahl –

Goldige Pracht!

Grüß dich Gott z' tausendmal,

Vielschöne Nacht!


Kurzer Jodleraufschlag.[50]


Weiß nit, was d' aus mir machst –

Weiß nit, was d' hexst

Weiß nit, Mond, was du lachst

Und dich versteckst?!


Wie oben.


Goldig Nacht, 's lebt in dir

Jed Tröpferl Blut!

Wär hitzt mein Schatz bei mir,

Moan, der hätt's gut!


Jodler.


ANTON. Sepherl!

JOSEPHA schreit wie erschreckt auf. Ah!! – Jesses – du Unend! – Du bist da?! – Schau gleich, daß d' aufn Heubodn kimmst! Will das Fenster wieder schließen.

ANTON hält ihr den Arm. Sepherl, laß doch reden mit dir!

JOSEPHA. Wär schad um jeds Wörtl! Ich denk, wir zwei habn heut fruh schon ausgredt. – Laß mich los – ich will 's Fenster zuhabn.

ANTON. Sepherl, bsinn dich! Ich bin amol dein Mon – und heut, grad heut hon ich's wieder zeigt, was ein Mon kann! –

JOSEPHA. Jo, sein und ander Leut Gwand zreißen! Schaust lieb aus!

ANTON. Schau ich aus wie dr wöll – dafür hon ich a alle zun Wirtshaus hnausghaut! Steigt auf die Bank. Ich war noch nie so stark wie heut!

JOSEPHA. No, glaubst, ich sollt mich deßtwegn fürchten vor dir?! Lacht. Geh zu, du weißt, wo ich net dabei sein will, da richtst du nix, armer Hascher!

ANTON. So könntst du tun?

JOSEPHA. O ja!

ANTON. Schau, Sepherl, hitzt könntst du so tun? Hitzt, wo ich mich mitm ganz Dorf und 'm reich Vettern überworfen hab?!


Läßt Josephas Hand los und macht dabei und während der folgenden Reden krampfhafte, stets mißlingende Versuche, mit dem rechten Fuße sich wo anzustemmen und sich so ins Fenster zu schwingen.[51]


JOSEPHA. No flehnet ich a noch a bissel!

ANTON. Schau hitzt, wo ich neamd hab als dich!

JOSEPHA. No, wann d' neamd hast als dein Weib, so halt a zu ihr!

ANTON neuerlicher Kletterversuch. Dös tu ich eh!

JOSEPHA. Ich bitt dich gar schön, mußt dich nit so unnötig abezappeln, allein kimmst net hrauf!

ANTON. Hilf mer hnauf!

JOSEPHA. A freilich!

ANTON. Sepherl! Schau, Sepherl!

JOSEPHA. Daß ich a Narr wär! – Ja, wann d' folgsam warst!

ANTON. Ich versprich alles!

JOSEPHA. Gehst a nach Rom?

ANTON. Bis zum heilig Grab, meinetwegn!

JOSEPHA. A Mon, a Wort!

ANTON. A Wort, a Mon!


Geben sich die Hände, und er schwingt sich mit Hilfe Josephas ins Fenster.


ANTON rasch, unterm Hineinklettern. Juchhe! Hitzt kann mich d' ganz Welt gern habn!

JOSEPHA. Ob d' stad bist!

ANTON. Hitzt geht's ins Paradeis!

JOSEPHA. Stad sein!


Beide verschwinden.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 50-52.
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