[111] Ein Schneider, der in die andere Welt wanderte, verirrte sich in den Mond. Ein solcher Mann war dem Mond willkommen. »Es friert mich immer so sehr, sagte der Mond, zumal in den kalten Winternächten; und da thät mir denn ein warmes Röcklein gar wohl.« Der Schneider mochte wollen oder nicht, er mußte bleiben, und er nahm sogleich das Maaß an dem Mond. Der hatte aber einen gar großen Buckel und einen dünnen, dünnen Bauch, und er sah schier aus, wie ein Schneider, wenn er auf dem Bock sitzt. Der Rock war indessen bald fertig, und er stand dem Mond aufs allernetteste, trotz seiner Mißgestalt. Aber siehe da! nun schwoll der Kunde von Tag zu Tag, und sein Bauch wurde immer dicker, und der Rock immer enger. Da hatte denn der Schneider vollauf zu thun, um nachzuhelfen, aufzutrennen und dranzusetzen. Zuletzt wurde der Mond ganz dick und fett und kugelrund, und der Schneider konnte kaum so viel Tuch austreiben, und so viel Zeit, um die Arbeit zu fertigen für Nacht auf Nacht. Nun endlich glaubte aber der Schneider, er werde Ruhe haben und Urlaub bekommen. Aber was geschieht? Jetzt fing[111] der Mond an ordentlich einzuschrumpfen von Tag zu Tag, so daß ihm das Kleid immer weiter wurde und an seinem Leide schlotterte. Ja, was noch schlimmer war, er schwand jetzt, wie ein rechter Wechselbalg, am Rücken, während er vorn den Wanst behielt, und er sah zuletzt aus, wie ein Gaukler, der sich rückwärts auf den Boden niederläßt. Da gab's denn für den armen Schneider fort und fort Arbeit; immer mußte er wieder nachhelfen und auftrennen und davon nehmen, bis daß es recht war. Endlich, nach drei Wochen, bekam er Ruhe; denn der Mond legte sich jetzt schlafen, und ließ sich mehrere Tage nicht mehr sehen. Unser Schneider aber, welcher der vielen und langen Arbeit statt geworden, verließ insgeheim den Mond, und setzte seine Wanderung fort. Ob er aber zuletzt in den Himmel gekommen, das weiß man nicht.