II.

[149] Wir ahmen Kreisel nach und Ball in ihrem Schwirren

Und ihrem blinden Tanz; denn selbst im Schlummer nagt

Die Neugier uns das Herz und läßt uns weiter irren,

Grausamem Engel gleich, der Sonnen peitscht und jagt.


O sonderbares Glück, das stets verschiebt die Ziele,

Das, weil es nirgends ist, uns überall erscheint!

So daß der Mensch, der nie satt wird am tollen Spiele,

In ruhelosem Lauf Ruhm zu erjagen meint!


Ein Fahrzeug ist der Geist, das dreigemastet steuert

Zum Lande seines Glücks. – Schau auf! tönt's längs dem Schiff;

Vom Mastkorb hallt ein Ruf, von Wahnsinn angefeuert:

Glück ... Liebe ... Ruhm! O Fluch! Er ist ein Felsenriff.


[149] Ein jedes Eiland, das der Mann auf Wache kündet,

Erscheint ein Eden uns, das das Geschick verhieß,

Und unsre Phantasie schaut dort ihr Reich begründet,

Bis eine Klippe nur im Morgengraun sich wies.


Ihn, dessen Wünsche nur erträumten Landen gelten,

Sprecht, soll man fesseln ihn, ihn werfen in die See?

Den trunknen Seemann, den Entdecker neuer Welten,

Die spiegelnd in der Flut verschärfen unser Weh?


Gleichwie ein Vagabund durch Schmutz und Dunkel hinkend,

Die Nase in der Luft, sich Paradiese malt;

Sein Blick schaut überall ein Capua, wo blinkend

Ein ärmlich Talglicht aus zerfallner Hütte strahlt.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 149-150.
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Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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