Fünfte Szene.

[343] Cäcilie. Katharine.


CÄCILIE. Der unartige Mensch! Er grüßte dich gar nicht.

KATHARINE. Der glückliche Mensch! – Aber er muß noch lange warten.

CÄCILIE. Ich bin ihm sicher. Er kann warten. Ein Jahr ist nicht lange.

KATHARINE. Ein Jahr ist eine Ewigkeit. – Schwester, wer ist denn der Karl, von dem er sprach?

CÄCILIE. Ein gewisser Karl Freiherr von Ringelstern.

KATHARINE. So? Der Baron?

CÄCILIE. Heißt Karl. Ein hübscher Name, nicht wahr?

KATHARINE. August gefällt mir besser.

CÄCILIE. Warte. – Ich weiß ein Geheimnis. Aber nun sollst du nichts erfahren. Ich vergesse, daß ich das Fräulein vom Hause bin. Ich muß zur Gesellschaft. Gehst du mit?

KATHARINE. Nein. Ich will arbeiten.

CÄCILIE. Gut. Sei nur recht fleißig! Laß dich ja durch niemand stören. – Aber höre, wir tauschen die Rollen; ich bin munter und ausgelassen, du still und sinnend. Mit uns beiden ist etwas vorgegangen, Nun, lebe wohl! Ich darf meinen verrückten Herrn Bräutigam nicht ohne Aufsicht lassen, sonst macht er mir wieder Streiche. Ab.

KATHARINE allein. Sie weiß ein Geheimnis? Es läßt sich erraten. Der Präsident ließ ein Wort fallen – was kümmert's mich? – Cäcilie findet, ich sei nicht munter – sie irrt, ich bin recht munter, recht lustig. Und ich will noch lustiger sein als ich bin, wenn man das Gegenteil glaubt.


Quelle:
Eduard von Bauernfeld: Ausgewählte Werke in vier Bänden. Band 1, Leipzig [o.J.], S. 343-344.
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