291. Schellpyrmont

[211] Eine Stunde weit von dem blühenden Badeort Pyrmont ragt der Schellenberg empor, der trug ein uraltes Schloß, dessen Ursprung in die früheste deutsche Vorzeit hinaufragt. Die Sage will, dort habe Thusnelde gewohnt, Hermanns des Cheruskers Weib. Thusnelde hatte ein Vögelein, das konnte reden, flog im Lande umher und sagte ihr Neues an. Da kam eines Tages das Vögelein auch geflogen und schrie fort und fort:


Hessental blank! Hessental blank!


und zeigte damit an, daß ein Römerheer durchs Hessental ziehe, von dessen hellen Rüstungen und Gewaffen das Tal erglänzte. Da sandte Thusnelde alsbald Eilboten ab an Hermann, daß er sein Heer rüste, dem heranrückenden Feind zu begegnen.

In späterer Zeit war der Schellenberg ein Eigentum der Grafen von Peremont, in deren Grafschaft er lag, und ward deren Stammname abgeleitet vom Namen Petri mons, welsch Pierre mont, daraus zuletzt Pyrmont geworden sei, denn Kaiser Friedrich der Rotbart habe dem Erzbischof Philipp von Köln dieses Stück von Westfalen oder ganz Westfalen zu Lehen gegeben, und dieser habe auf dem Schellenberge ein neues festes Schloß gebaut und dasselbe dem heiligen Apostel Peter zu Ehren Petrimons genannt. Dies zu glauben oder nicht steht einem jeden frei, doch ist außerdem aus keinem der vielen Petersberge, bei Halle, bei Erfurt und sonst, ein Pyrmont geworden. Auch Schellpyrmonts Trümmer haben die Schatzgräber durchwühlt, aber nichts Sonderes gefunden.

Quelle:
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 211.
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