914. Vom Buchjäger

[593] Wenn im Norden und auch im mittlern Deutschland vom wilden Jäger die Rede ist, wird immer nur einer verstanden, in Schwaben aber da ist diese Sorte haufenweise zu Hause, welche Abwandlungen der Sage aber eben deshalb wichtig sind. Im Buchwald bei Dornhan jagt ein ewiger oder wilder Jäger unter dem Namen des Buchjägers über Anger und Wiesen, und da er gerade einmal über den Schindanger ritt und seine fünf Hündlein, die ihn stetig begleiten, anschriee: Hu deck deck deck! Hu deck deck deck! – war eine Frau zu Dornhan vorwitzig und schrie zum Fenster laut und nachäffend heraus: Hu[593] Dreck, Dreck, Dreck! Hu Dreck Dreck, Dreck! – Plautsch! hatte sie einen Wurf auf die Nase, einen frischen Pferdeschinken, nur etwa vierzehn Tage alt, der ihr die letzten Zähne einschlug. Fast so ging es einem Manne aus Maulburg im Wiesentale, der schrie, als er das Huhu! des Buch- oder wilden Jägers über sich vernahm, auch huhu! huhu! mit aller Kraft, da flog ein Luderknochen herunter, und der Jäger schrie:


Hascht mer helfe jage,

Muescht au helfe nage! –


Da hatte nun der Mann freilich nicht so viel Jagdanteil wie die genannte Frau oder jener gute Bauer aus Arnsgereuth, der auch seinen Jagdjauchzer tat, aber etwas hatte er doch davon, nämlich den Tod. Er tat nie wieder sein Maul auf, der arme Maulburger, und starb an der Zehrung.

Quelle:
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 593-594.
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