|
[248] Man hört von außen ein verworrenes Geräusch; kurz darauf stürzen mehrere Indianer, einer nach dem andern, in die Hütte, scheu umherblickend.
Indianer. Gleich darauf Benascar.
ERSTER INDIANER hereinstürzend.
Hier Licht und Niemand hier – kommt Alle – kommt!
ZWEITER INDIANER.
Wir sind geborgen.
ERSTER INDIANER nachdem er sich umgesehen und die Bauart genau betrachtet.
Fort, wir sind verloren!
Hier wohnt ein Paria.
ZWEITER INDIANER.
Hilf, Brama, hilf!
ALLE gegen den Eingang fliehend.
Ein Paria! ein Paria!
ERSTER INDIANER an der Thür.
Flieh', Herr! hier muß ein Paria hausen.[248]
BENASCAR von zwei Indianern geführt, am linken Arm verwundet, erschöpft eintretend.
Laßt mich!
Und müßt' ich auch hier begegnen
Dem Geist des Unheils selbst; ich kann nicht weiter,
Mein Blut entströmt und meine Kraft verläßt mich.
Er sinkt auf den Sitz ermattet nieder.
ERSTER INDIANER.
Schmerzt dich die Wunde, Herr?
BENASCAR.
Sie brennt wie Feuer.
ERSTER INDIANER.
Die Jagd war heiß, und grimmig war der Tiger.
BENASCAR.
Fehl ging des Speeres Wurf, und gierig schnappte
Das Unthier nach der vorgestreckten Rechten;
Ich stieß dafür ihm bis ans Heft das Schwert
In den verruchten Schlund.
ERSTER INDIANER.
Er sank getroffen. –
BENASCAR.
Und sank, denk' ich, nie wieder aufzusteh'n.
Jetzt aber geht und schaut, wohin die Nacht[249]
Die dunkelstürmende uns irr' geleitet.
Die Hälfte eurer Schar umstellt die Hütte,
Daß sie mich schütze vor Verrath; die and're
Durchstreife spähend dieser Felsen Grund;
Und bietet euch ein Mann von reinem Stamm
Ein gastlich Dach, so fleht für mich um Hülfe.
ERSTER INDIANER.
Hier willst du weilen, Herr?
BENASCAR.
Ich kann nicht weiter.
Doch nicht um meinetwillen sollt ihr euch
Bestecken mit des Gottverhaßten Nähe.
Ich selber will – wenn anders nicht der Tod
Den Willen mit dem morschen Leben bricht –
Mich neunmal tauchen in die heil'gen Fluthen,
Und streng es büßen, wie man's büßen kann,
Daß ich geruht, wo die Verworf'nen ruhten.
ERSTER INDIANER.
Doch Herr! allein, verlassen –
ZWEITER INDIANER.
Krank und hülflos –
BENASCAR.
Geht, sag' ich, geht! – Jedweder Augenblick[250]
Häuft eure Schmach und mein Vergeh'n an euch.
Thut, wie ich euch gesagt – ich bleibe hier.
DIE INDIANER ziehen sich besorgt zurück.
Buchempfehlung
Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.
196 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro