Erste Scene

[57] Emma allein. Gleich darauf Barbara.


EMMA sitzt an dem Tische zur Linken und näht, ein Licht auf dem Tische, zuweilen schielt sie nach dem Fenster im Hintergrunde, das auf die Straße sieht. Gott, wie ist mir das Herz so schwer! Wenn er nun wirklich so schlecht wäre, wie die Mutter sagt. Ich kann's und kann's nicht glauben, er hatte mich doch so lieb. Wenn ihn nur der Fritze angetroffen, wenn er nur meinen Brief bekommen hat!

BARBARA öffnet das Portierfensterchen und ruft herein. Emma, sieh doch einmal zu, ob der Fritze nicht vielleicht vor der Thüre steht und schwatzt! Ich werde wohl ewig hier sitzen und Portier spielen? Das paßt sich gar nicht für eine Frau meines Standes! Na warte, dem Jungen will ich einen Denkzettel geben, wenn er heim kommt, daß ihm das Fortlaufen vergehen soll!

EMMA ist gleich zu Anfang der Rede zum Fenster gelaufen, hat einen Flügel geöffnet und auf die Straße hinausgesehen, sich weit hinauslegend. Weit und breit nichts zu sehen und zu hören von dem Jungen. Da hält eine Droschke.

BARBARA. Das geht gewiß wieder hinauf zu Präsidentens; ist heute wie ein Taubenschlag das Haus, als ob es mir zum Possen geschähe! Es klingelt. Na ja, da haben wir's! Sie schlägt das Fensterchen zu.[57]


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Vatersorgen. Berlin 1849, S. 57-58.
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