[78] Vorige. Julius. Julius Krabbe. Beide letztern in Reisekleidern.
BARON fährt auf seinen Sohn los. Da hat ihn der Kuckuk!
KRABBE stürzt auf Julius Krabbe los und faßt seinen Arm. Da ist er, Gottlob! Beide Julius sprechen jeder zu seinem Vater.
JULIUS sehr ernst und wehmüthig. Ich hörte so eben, daß der Zufall uns in diesem Hause zusammen führt – –
JULIUS KRABBE eben so, aber entschlossener und wilder. Und da hielten wir es für Pflicht –
JULIUS. Ihnen ein Lebewohl zu bringen.[78]
JULIUS KRABBE. Wir hatten zwar zuerst beschlossen, Sie ohne Abschied zu verlassen, Sehr gerührt. allein das Gefühl der Kindesliebe –
JULIUS. Und die Ritterlichkeit unserer Charaktere ließen uns eine solche Flucht als feig erscheinen.
BARON der vergebens suchte zu Wort zu kommen. Und als unklug, nicht wahr, Herr Sohn? Ohne Geld macht man solche Narrenspossen nicht ganz bequem, es mußte noch ein Sturm auf meine Kasse versucht werden.
JULIUS mit großartiger Indignation. Vater – ich vergebe Dir scheidend diese Beleidigung. Er zieht eine volle Börse, mit der er ihm vor den Ohren klimpert. Diese zweihundert Friedrichsd'or entheben mich der Kränkung eines solchen Verdachts.
BARON erstaunt. Bursche, woher hast Du das Geld?
JULIUS ruhig. Ich habe es gesammelt.
KRABBE. Julius, hast Du auch solche Sammlungen gemacht?
JULIUS KRABBE wehmüthig. Ach nein, Vater, bloß meine Rechnungen haben sich aufgesammelt, die Ihnen als mein Vermächtniß gewiß heilig sein werden! Geld hat Julius – folglich brauche ich keines.
BARON. Aber wo hast Du denn gesammelt?
JULIUS weich. Es sind die Schulden, die ich machte, um für alle Fälle meine Flucht zu sichern.
BARON auffahrend. Folglich ist's mein Geld!
JULIUS trocken, er steckt die Börse ein. Richt mehr – ich habe es und der Besitz ist das Recht. Es giebt kein Eigenthum mehr. Doch – Du kannst Dich in die neue Zeit nicht finden, darum scheiden wir. Lebe wohl, und verzeihe, was Du nicht begreifen kannst.[79]
JULIUS KRABBE fällt Krabbe um den Hals. Leben Sie wohl, Vater, und suchen Sie zu begreifen, was Sie verzeihen müssen!
KRABBE weinend. Mein Julius, mein Einziger – ich lasse Dich nicht! Desperat. Giebt's denn kein Mittel, Dich zur Vernunft zu bringen?
JULIUS KRABBE rasch. O ja, es gäbe eines – aber Sie werden es nicht anwenden wollen.
BARON entschlossen. Bursche, ich könnte Dich mit Gewalt halten, aber das will ich nicht. Giebt es denn kein Band, das Dich in Güte fesseln könnte?
JULIUS. Es giebt ein solches, aber Du wirst es nie knüpfen!
KRABBE schnell zu Julius. Man muß an nichts verzweifeln, der Herr Baron wird Alles thun, um Sie zu halten.
JULIUS belebt. Ja, wenn ich das hoffen dürfte – nach Krieg steht mein Sinn – entweder Freischärler oder Ehemann! Laß mich heirathen, Vater, dann bleibe ich hier und Du sollst mit mir zufrieden sein.
KRABBE froh. Jetzt ist uns Allen geholfen! Der Herr Papa sagt: ja!
JULIUS KRABBE. Dann sagen Sie auch Ja, Vater; auch ich liebe!
KRABBE sehr verlegen. Warum nicht gar!
JULIUS KRABBE. Ehe oder Schlachtentod, das ist unser Wahlspruch! Was Julius wählt ist auch mein Loos, wir reisen oder heirathen zusammen, das haben wir geschworen.
JULIUS an seinem Halse. Und das halten wir!
BARON stampft. Nun zum Teufel – so heirathet, Ihr Narren, damit Ihr klug werdet![80]
KRABBE. Lieber Hochzeit als Begräbniß; thue was Du willst.
JULIUS KRABBE. Bester Vater!
JULIUS ganz selig. Vater, ist's wahr? Willst Du mir das schriftlich geben?
BARON. Schriftlich? Warum?
JULIUS. Weil man den Augenblick am Schopf fassen muß; Du könntest nachher mit meiner Wahl nicht zufrieden sein, und ich will nur sie, die ich liebe, oder den Tod!
JULIUS KRABBE trocken. Vater, Sie unterschreiben meinen Ehe-Contrakt, ich muß für jeden Fall gesichert sein, und wenn Ihnen dann mein Lieb nicht gefiele, so –
KRABBE pfiffig lachend, reibt sich die Hände. Gut, komm nur zum Notar, ich unterschreibe.
BARON schlau lächelnd. In Gottes Namen, komm mit nach Hause, Du sollst es schriftlich haben.
JULIUS zieht rasch ein Papier hervor und hält es ihm hin. Das kann gleich geschehen – hier ist's!
JULIUS KRABBE hält Krabbe eben so das Papier unter die Nase. Keine Zeit verloren, da ist der Contrakt.
KRABBE lachend. Ih, Du Teufelsbraten! Na gieb her!
JULIUS auf den Tisch deutend. Hier, Papa, ist Feder und Tinte.
BARON der indeß gelesen. Ein Ehe-Contrakt in bester Form; nichts fehlt als der Name der Braut und der meine. Er geht zum Tisch.
KRABBE lesend. Da ist's grade auch so! Pfiffig schmunzelnd. Herr Baron, was meinen Sie? Ich denke, wir können's immer unterschreiben. Er geht zum Tisch.[81]
BARON lacht verschmitzt. Ich denke auch, obgleich ich weniger Ursache zum Vergnügen habe als Sie, Herr Krabbe! Er setzt sich; neckend zu den jungen Leuten. Ihr haltet Euch wohl für sehr weise, nicht wahr? Er unterschreibt.
KRABBE zu Julius Krabbe eben so. Hi, hi, hi! Ja, Ihr seid wahre Salomone – aber wir sind auch nicht von gestern, verstanden? Er nimmt dem Baron die Feder aus der Hand und unterschreibt, leise. Aber was machen wir nun?
Beide Julius fallen sich um den Hals und flüstern zusammen, während die Alten sprechen.
BARON leise zu Krabbe. Die Bräute müssen zur Stelle! Die hübsche Emma schaffe ich Ihnen herauf, allein die gnädige Frau hier oben, die –
KRABBE sich die Hände reibend, vergnügt, leise. Schaffen Sie nur meine Schwiegertochter her, für die Ihrige stehe ich ein!
BARON wie oben. Abgemacht! Laut. So, mein Herr Spitzbube, hier! Er giebt Julius den Contrakt.
KRABBE Julius Krabbe den Contrakt reichend. Da hast Du's, Schlaufuchs, ha, ha, ha!
BEIDE JULIUS fallen ihren Vätern um den Hals und rufen. O liebster Vater!
BARON schiebt Julius fort. Schon gut! Ihr bleibt hier und wartet; ich hole Ihr Bräutchen, Herr Julius Krabbe!
KRABBE. Und ich das Ihrige, Herr Baron Julius![82]
JULIUS KRABBE UND JULIUS zugleich. Was, Sie wissen –?
BARON stolz. Wir wissen Alles!
KRABBE eben so stolz. Ja Alles, und werden's sogleich beweisen, daß man uns nicht zum Besten hält! Ab in die Thür rechts, wo Frau von Schönhelm abging.
JULIUS KRABBE. Ach, Julius, welch ein Glück!
JULIUS. Das ging herrlich! Wenn nur der Fritze jetzt seine Schuldigkeit thut.
JULIUS KRABBE. Für den stehe ich!
Der Baron ist indeß nach der Mittelthür gegangen.
Buchempfehlung
Epicharis ist eine freigelassene Sklavin, die von den Attentatsplänen auf Kaiser Nero wusste. Sie wird gefasst und soll unter der Folter die Namen der Täter nennen. Sie widersteht und tötet sich selbst. Nach Agrippina das zweite Nero-Drama des Autors.
162 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro