6a. Sage von der Laura im Laurathal.

[5] Mündlich von Kißlegg.


Das »Laurathal« (Lauredâl) bei Schlier ist eine äußerst unheimliche Gegend. Man zeigt einem, wenn's Wolfegg zugeht, den Platz im Walde droben, wo einst die Burg stand, in der das Ritterfräulein »Laura« gelebt haben soll. »Laura« liebte einen Ritter. Dieser Ritter entfloh einst mit dem Kinde, dem Pfande ihrer Liebe, nächtlich und wollte die Sache auf der Lauren-Burg verheimlichen. Wie er über einen schwachen Steg der unten vorbeifließenden Scherzach sezte, brach er und »Laura« hörte droben das Platschen und Hilferufen. Sie sprang thalabwärts, wollte den Ritter und das Kind retten, versank aber auch. Seitdem muß sie umgehen und kommt zu gewissen Zeiten an's Brünnlein und trinkt aus einer Kürbißschale. »Laura« geht wieder, mit der Schale unter dem Arm, thalaufwärts, der alten Burgruine im Walde droben zu. Weiß wie Wachs, mit einem langen, eben so weißen Schleier kommt sie herab und Niemand kann davor ihr Gesicht sehen. Sie läuft wie auf einem Wölklein über dem Wasser dahin und ebenso wieder auf dem Wasser zurück.

Mal verirrte sich im Walde, da wo Fräule » Laura« gehen soll, ein Kind. Auf einmal kam ein warmes Lüftchen und es war da so grün und Alles so blühend, wie im Frühling. Es sei gerade gewesen, wie im Paradies. Erdbeeren seien da in Hülle und Fülle gestanden. Das Kind pflückte nach Herzenslust. Fräule »Laura« sei in diesem Garten schneeweiß spazieren gegangen, immer dem Kinde winkend. Das Kind brachte sein Erdbeersträußlein heim.[6]

Fräule »Laura« soll unter einem Stein hervorkommen und dort wieder verschwinden. Viele seien auch schon von ihr in die Irre geführt worden4.

4

Urkundlicher Name von Laurathal ist »Lurenthal« (Urkd. in der Weingart. Registratur). Schmähliche Verhunzung der Sage in Schönhuths Burgen und Schlössern etc.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 5-7.
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