84. Der Fähnlisgang.

[71] In Hofen bei Spaichingen erbt sich in einer Familie ein ursteinaltes Fähnlein fort. Nach dem weißen Sonntag versammeln sich Abends vor dem Hause des Bauern, der das Fähnlein besitzt, alle Schulknaben. Einer der Buben, meistens kommt's auf Gewaltthätigkeit da an, darf das Fähnlein tragen, und ihm folgt die ganze Schuljugend. Die Kinder bleiben ohne alle Aufsicht; es findet aber nie irgend eine Unordnung statt. So geht der Zug in den Kornösch hinaus unter gemeinsamem Abbeten des Rosenkranzes. Die Prozession dauert etwa eine starke Viertelstunde, dann kehrt Alles wieder in höchster Ordnung zurück. Der Brauch besteht heutzutag noch und ist tief eingewurzelt im Volk.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 71-72.
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