III.

[472] Die Geschichte Europas verräth einen innerlich bedingten Zug der Entwicklung von Süden nach Norden, von Westen nach Osten. So hatte denn kaum das kleine Küstenreich Portugal in Ostindien unter Almeida und Albuquerque ein gewaltiges Colonialreich gegründet, als auch schon das nordische Küstenland Holland im Kampfe[472] gegen die spanische Weltmacht deren coloniale Eroberungen an sich riß und unter den Oraniern, Wilhelm dem Staatsmanne und Moritz dem Feldherrn, sowie später unter den großen Admiralen Tromp und Ruyter sich zur ersten See- und Handelsmacht erhob. Und wie Portugal seinen einzigen Dichter jener kurzen Glanzperiode verdankt, so erstand in Holland ja auch der bedeutendste Sänger batavischer Mundart, Vondel, während der siegreichen Befreiung der Niederlande von fremdländischem Joch.

Die feuchte neblige Frische, das gleichsam wasserdurchquollene tiefsatte Grün einer Ruysdael'schen Landschaft wirkte beruhigend auf Krastiniks Nerven. In den Cafés bewunderte er die eigenartige Vornehmheit malerischer Ausstattung, die Bambusstühle und kostbaren Porzelan-Gemälde, die ins Wandgetäfel eingefügt. Und die Austern Van Laar's labten ihn wie culinarische Zeugen dieser allgemeinen reinlichen Meeresfrische.

Amsterdam erklärt alle Stimmungseffekte Rembrandts durch seine üppige Fülle coloristischer Motive. Die schmalen Häuschen mit den seltsam gezackten Schornsteinen tragen eine kaffeebraune Farben-Lasur, deren feiner Reiz durch zahlreiche Architekturen aus rothem Ziegelstein von barock verschnörkeltem Style noch mehr hervorgehoben wird. Die Docks, die Canalbecken, über welche sich bogige Brücken spannen, das Netzgewirr der kleinen Gassen, an Venedig erinnernd – alles das wird von einem nebligen Halblichte abgetönt. Unter ihm setzt das[473] natürliche Grün der Baum-Alleen zu beiden Seiten der Canäle einen Flimmer an wie von rostigem Metall.

Doch der pöbelhafte Lärm roher Unsittlichkeit, welcher die Nachtruhe selbst im vornehmsten Stadttheil dieser Hafenstadt stört, trieben ihn schon am nächsten Tage seinem neuen Ziel entgegen. Thalatta, Thalatta!


Kaum in Scheveningen angelangt, warf sich Graf Krastinik auf die deutschen Zeitungen, die er hier zufällig in ausreichender Fülle vorfand. Da fesselte ihn sofort wieder der Name Leonhart. Was war dies schon wieder? Der Verleger desselben hatte unter den hinterlassenen Papieren ein, förmliches Tagebuch vorgefunden und kündigte die unverzügliche Publizirung dieses »großartigen Erzeugnisses« an. Natürlich bestellte der Erstaunte das Buch sofort telegraphisch »zu umgehender Sendung mit Nachnahme«.

Am andern Morgen aber fand er richtig in der »Berliner Tagesstimme« seinen offenen Brief abgedruckt. Wie folgt.


»Eine höchst befremdliche Nachricht dringt zu uns, welche wir nur unter Reserve wiedergeben würden, falls nicht der Name des Betreffenden selbst dafür bürgte, daß hier keinerlei Mystifikation vorliegt. Die Leonhart-Affaire, welche jetzt schon wochenlang die Gemüther der näherstehenden Kreise aufregt, wobei durch Veröffentlichung des angekündigten Tagebuchs wohl kaum eine Sänftigung erhofft werden darf, findet hiermit eine ganz neue höchst überraschende Ergänzung.

[474] In einem höflichen Geleitschreiben hat der vornehme Verfasser des nachfolgend abgedruckten Briefes ausdrücklich ersucht, denselben ohne jede Milderung und Streichung zu publiziren. Er bestehe darauf, widrigenfalls er den Brief einem andern Blatte überreichen werde.«


Krastinik lächelte flüchtig über diesen schlauen Coup. Er kannte seine Pappenheimer: Ehe die »Tagesstimme« einem andern Blatte eine sensationelle Notiz überließ, sei es auch nur eine Brillant-Ente, eher würde sie wahrhaftig den Inseratentheil des »Botschafter« pachten!


»Graf Xaver Krastinik hat sich bemüßigt gefunden, erst jetzt mit einer Erklärung hervorzutreten, welche das größte Aufsehen erregen wird. Wir bringen sie unverkürzt, seinem Wunsche gemäß.

Löbliche Redaction! Nach § 11 des Preßgesetzes steht mir eine thatsächliche Berichtigung frei, welche ich hiermit erlasse. In der ›Kreuz- und- Schwertzeitung‹ fand ich kürzlich einen Artikel, dieses christlichhumanen Blattes vollkommen würdig, aus der Feder eines p.p. von Schnapphahnitzkoy. Dieser Herr, von dessen Existenz ich nur mal von meinem verstorbenen Freunde Leonhart gehört zu haben glaube, ist so freundlich, meine Wenigkeit gegen das ungebührlich herausgepriesene Verdienst meines seligen Freundes auszuspielen und zwar speziell das venetianische Drama ›Die Meeresbraut‹. Ich erkläre nunmehr hiermit laut und feierlich: Dieses Stück, mit Ausnahme einiger scenischer Einfälle, gehört mit Stumpf und Stiel, mit Haut und Haar, in Idee und Ausführung, ausschließlich; meinem todten Freunde Friedrich Leonhart. Sind die Herrn Neider und Nörgeler, diese Schurken, die den großen Dichter in jenen Anfall von Geistesstörung des Verfolgungswahns hineintrieben, – ist die Verschwörung von Schurken und Dummköpfen nun vielleicht endlich zufrieden?! Ich weiß recht wohl, daß in ihrer Wuth, sich so getäuscht zu sehn, die verbündeten, aber nicht vereidigten Makler nun über mich herfallen werden. Der Verstorbene hatte mein Wort, bis zu einer gewissen Frist den wahren Namen des Dichters zu verschweigen und den[475] unverdienten Ruhm auf meine Achsel zu nehmen. Diese Frist ist jetzt erloschen. Auch hätte ich meines Wortes mich entbunden erachten können, nach jenem traurigen Ereigniß. Ich gestehe daher mit einem demüthigenden Gefühl der Scham, daß ich vor diesem notwendigen Schritt mich ängstete. So sehr hat auch das Beisammenleben mit den größenwahnsinnigen Erfolgjägern Berlins mein Gefühl für Pflicht und Ehre abgestumpft, daß es mir schwer ankam, auf solche unsauber erworbene Eitelkeitsmedaille zu verzichten.

Warum überhaupt diese Täuschung der Welt von mir und dem Verstorbenen versucht wurde, fragt wohl nur ein ganz naiver Bruchtheil des Publikums. Damit man es aber einmal Schwarz auf Weiß lese, so will ich es mit dürren Worten aussprechen. Nie wäre ein Drama meines verstorbenen Freundes, und wäre es noch zehnmal besser, je auf einer deutschen Streberbühne zur Aufführung gelangt, nie! Er konnte nicht dem Direktor ein Ordensbändchen verschaffen, der Frau des Regisseurs die Cour schneiden, mit dem Schauspielerpack Brüderschaft trinken. Ich aber, löbliche Redaction, heiße Graf Xaver Krastinik und bin daher befugt, selbst meinen greulichsten Schund an sämmtlichen Hofbühnen anzubringen. Da Leonhart tausend Feinde und keinen einflußreichen Freund (nicht mal dem Theater-Portier konnte er ein erhebliches Trinkgeld zu Füßen legen) besaß, so war ich also der unmaßgeblichen Meinung, daß er nur durch diese geschickte Vermummung zum Ziel gelangen könne. Im Einverständniß mit dem großen Dichter führte ich die Sache denn durch und der Erfolg bestätigte, wie gründlich wir Beide die Verlegenheit der Welt durchschaut hatten.

Ein Herr Nordau hat gegen ›Conventionelle Lügen der Culturmenschheit‹ gedonnert. Auch das ist aber nur eine Lüge. ›Culturmenschheit‹, eine Humbugphrase wie so viele. Die ganze Welt ist nur eine einzige Lüge und bei dem Worte ›Idealismus‹ lachen die Auguren. Ein schöner Kellner hat mehr Aussicht auf Erfolg in der Welt als ein linkisches Genie, und nicht wer am besten dichtet, sondern wer am besten strebert oder dem Tagesbedürfniß schmeichelt, gilt heut als graußer Mann. Ein solcher Gewaltiger vor dem Herrn konnte Leonhart[476] nimmer werden und so hatte er denn Recht, eine Welt zu verlassen, für die er allen Ernstes zu gut war.

Ich für mein Theil, nachdem ich diese letzte Pflicht erfüllt, nehme mit wehmüthigem Lächeln Abschied von der Poesie. Ich entsage für alle Zeiten der dichterischen Produktion. Meine litterarische Carrière war kurz genug, aber genügte mir, einen unauslöschlichen Ekel gegen dies Geschmeiß elender Federfuchser einzuflößen, das über seine verhungernden Kinder oder seine unbefriedigte Eitelkeit jammert, statt anständig zu Pflug und Spaten zu greifen, – das als litterarische Pennbrüder den Parnaß bebummelt, aber wie ein nichtsnutziges Knieholzgestrüpp dem aufwärtsschreitenden Bergsteiger die Füße umwickelt, so daß er strauchelnd zu Boden stürzt. Von ihren idealen Zwecken machen sie ein ebenso großes Geschrei wie von ihren materiellen Rechten. Wozu dient diese Kanaille, als den gesunden Sinn der Unbefangenen zu verwiren? Ihre ganze Existenzberechtigung ist ihre Eitelkeit, mit ihren idealen Zwecken finden ihr schönstes Recht in Niederduckung Sie des wahrhaft Großen. Und ihre materiellen Förderungen der Standesinteressen bestehen höchstens darin, daß sie dem Lebenswerthen möglichst den Weg zum allgemeinen Futtertrog versperren, um ihren werthlosen Windbauch vollzustopfen. – Kurz, wo immer eine geniale Natur sich erhebt, da folgt ihr instinktiv der Haß aller Feigen und Schlechten. Das ist der Schatten, den das Genie wirft, und gleichsam seine natürliche Beglaubigung.

Nach Erledigung dieser Erklärung, empfehle ich mich hiermit statt jeder besonderen Meldung meinen Berliner Freunden ›vom Geschäft‹, besonders den liebenswürdigen Schauspielern, die dem Drama Leonharts – pardon, Graf Krastiniks – eine so begeisterte Theilnahme entgegenbrachten, vor allem Herrn Direktor L'Arronge. Die Tantièmen der ›Meeresbraut‹, welche in Berlin nach Verabredung deponirt wurden, bestimme ich hiermit zu einem Grabdenkmal für meinen großen unglücklichen Freund. Einer löbl. Redaction ergebener

Graf Xaver Krastinik
[477]

Schon am andern Tage fielen die Berliner Zeitungen über ihn her. Krastinik las sie ruhig durch und trank als Magenstärkung einen Oranje-Bitter.

Den Menschen kann man nicht die Mäuler verbieten. So tadele denn Jeder nur getrost am Anderen, was er im eignen Busen wiederfindet! Die Frechheit, womit dies Volk über Ungewöhnliches urtheilt, entspricht nur der allgemeinen Ichsucht, deren krankhafte Kleinlichkeit sich berechtigt glaubt, alles zu kennen und zu beurtheilen, was grade in dem Bannkreis ihres eigenen winzigen Lebenskreises durch flüchtigen Zufall an ihnen vorüberhuschte. Und wäre es das Größte, sie ziehen es zu dem alltäglichen Nichts ihrer gleichgültigen Existenzen herab und beschimpfen keck, was zu hoch über ihnen steht, um sich vertheidigen zu dürfen. Souveraine duelliren sich nicht. Eins aber schien jetzt unbedingt nöthig: Daß er Ernst machte mit seiner Absage an das litterarische Geschwätz. Ja, gewiß war er ein echter Dichter, aber er mußte sich tödten, wie der Manne auf des Germanenherzogs Grab, auf der Leiche eines so unendlich größeren Dichters, von dessen Ruhm er unfreiwillig gezehrt.

Wie sonnenhell lag im Anfang seine neue Laufbahn vor ihm da!

Welch glückliche Zeit, wo er keine andere nagende Furcht kannte, als die, nicht früh und voll genug fertig zu werden, wo vor seinem Geiste endlose Bilder sich drängten, die er vergeblich alle zugleich zu beschwören hoffte und die sich in seinem schaffenden Gehirne stießen! Aber ach, die ganze Poesie, welche vor seinen trunkenen[478] Blicken schwankte, löste sich auf und zersplitterte sich in endlose Fragmente, von denen Keines vollendet ward. Durfte er glauben, daß in jenen Kindheitstagen seiner litterarischen Anfängerschaft die echte Poesie, der echte Schöpferdrang in ihm thätig gewesen? Nein. Seine Jambentragödien waren historische Schulübungen, deren letzten Refrain doch immer das gegenseitige Schwertergeklirr abgab.

Und so ging er denn aus Heldenstück der Selbstüberwindung. Bei der Abreise von Berlin hatte er natürlich sein Theuerstes, seine Manuscripte, mit sich geführt. Nun öffnete er das bisher unberührte Fach seines Koffers und häufte seine Schätze vor sich auf.

Lange durchwühlte er diese Fragmente historischer Dramen, die er mit Leonhart einst durchgesprochen. Er wischte mit dem Finger über die Wimper, als müsse er dort eine Thräne zerdrücken. Doch sein Auge blickte kalt und starr.

Mit einem kräftigen Ruck raffte, er sich zusammen und packte die Manuscripte und warf sie in die helllodernden Flammen des Kamins. Rasch wandte er sich dann ab, wie um das Unheil nicht zu sehen. Erst als die Papiere schon halb verkohlt und zu Asche verbrannt, richtete er seinen Blick darauf. Und mit bebendem Herzen zwang sich ihm auf die Lippen das Lied:


Lebt wohl ihr Alle, die einst gelebt

In meiner Seele, die euch belauscht!

Ihr Heldenschmerzen, die mich durchbebt,

Ihr Völkerkunden, die mich berauscht!
[479]

Hinab hinab, versunkener Hort!

Die Welt soll nimmer Dich wiedersehn.

So mag das ewige Dichterwort

Mit all der anderen Spreu verwehn!


Aber kaum hatte er so in Erhabenheit geschwelgt, als eine innere Stimme ihm mahnend ans Ohr schlug: Hüte Dich, hüte Dich vor neuem Rückfall in das Laster der Andern, vor kindisch selbsttäuschendem Größenwahn! Das ewige Dichterwort? Meinst Du wirklich Dich selber? Wer gab Dir das Recht dazu, Deine hübschen Theatralika à la Heinrich v. Kleist gleich für etwas Besonderes zu halten, in einer Zeit, wo ein großer Dichter an Deiner Seite schritt?

Krastinik versank in tiefes Nachdenken über sich selbst und das allgemeine Problem einer geistigen Thätigkeit, die doch eigentlich direkt der rohen Realität zuwiderläuft.

Es ist unwahr, daß Physisches und Psychisches sich ergänzt. Der Eine wird mit überwiegend physischer Kraft geboren, welche sich als sogenannte Lebensfrische offenbart, – weswegen die realistische englische Sprache auch kräftige Lebhaftigkeit kaltblütig »animal spirits« (thierische Lebensgeister) nennt. Diese Anlage überwiegt vor allem bei den Frauen. Da aber das psychische Element in Jeder menschlichen Natur liegt, so hindert es fortwährend die freie Entfaltung des Physischen. Denn ist die geistige Fähigkeit eines solchen Individuums eine geringe, so sucht es durch Fleiß und Studium sich zu Höherem aufzuschwingen, verkümmert sich aber nur den physischen Genuß, ohne geistlge Resultate zu erreichen.[480] Und sind die geistigen Fähigkeiten nicht unbeträchtlich, so erkennt ein solches Wesen bald die Nichtigkeit, des Thierischen, kritisirt an sich herum, fühlt die gähnende Lücke seines Innern, bewundert das Höhere, ohne sich zur geistigen Arbeit aufraffen zu können, weil eben das physische Element von Natur aus zu mächtig in ihm. Dies sind all die zerrissenen, zerfahrenen und in falschem Sinne romantischen Naturen. – Der Andre wird mit überwiegend psychischem Element geboren. Ihn hindert nun das schwache physische Element entweder durch Kränklichkeit im geistigen Schaffen, oder die sich stärkende physische Natur rebellirt gegen die übermäßige Psyche, indem sie auf dem Wege der Phantasie zu Ruhmsucht, Eitelkeit, Herrschsucht und Sinnlichkeit verführt.

Der Graf schauderte vor des Leere seines einsamen Innern.

Wer Gram und Zorn und Haß im Herzen hat, etwas hat er dann doch hinabzuspülen. Er taucht in Lethes Fluth ein volles Blatt, ein vollgeschriebenes Blatt – o er ist zu beneiden. Doch dies Gefühl des Erfrorenseins, des Abgestorbenseins, erfüllt das ganze Herz mit Nacht und Schatten.

Und als müsse er von der Muse einen ihrer würdigen Abschied in Versen nehmen, quälte er seine ganze Lebenserkenntniß in folgende Reim-Prosa hinein:


Glück, das ist Frieden, Frieden ist Ruhe,

Ruhe ist Größe und Freiheit nur groß.

Denke und fühle, schaffe und thue

Friedlos und rastlos, im Sturmesgetos.
[481]

Ruhe sinkt willig in unruhvolle Seele.

Wer Ruhe aber suchet, den quält ein innrer Dorn.

Bewegung lenkt das All, der Einzle auch sie wähle.

In Widerspruch und Wechsel nur quillt der Wahrheit Born.


Wenn für die Gegenwart Du nicht denkst und nicht handelst,

Dann naht der Vergangenheit dürres Gespenst.

Oder mögliche Zukunft ins Jetzt Du schon verwandelst,

Deren Leiden Dir sicher, deren Freuden Du nicht kennst.


Du rechnest, ob nicht etwa der Wechsel oder jener

Zu Deinen Gunsten nahn wird, doch nur das Unheil naht.

Wer frühres Glück betrachtet, zu übersehn nicht wähn' er

Manch unfruchtbaren Samen, manch Unkraut in der Saat.


Wenn eine von der andern auch verschlungen werde,

Doch nennen wir uns Wogen in der Brandung der Zeit.

Statt dessen sind wir Blasen und Schaum diese Erde

Und drunter rollt unheimlich das Meer der Ewigkeit.


Er überlas das Geschriebene. Dann lächelte er verächtlich und zerriß das Papier. Er ein Dichter? Ein tieffühlender und tiefdenkender Mensch war er, aber blieb ewig Didaktiker oder Theatraliker. Was verlor die Welt an seinem Dichterthum? Das konnte höchstens dazu dienen, größere Talente in bedrückten bürgerlichen Verhältnissen durch seine gräfliche Concurrenz zu schädigen.

Und hätte er noch geschwankt, ob er definitiv abdanken solle, dann hätte die Lectüre des Leonhartschen »Tagebuchs« ihn endgültig bestimmt, das jetzt auf seine telegraphische Bestellung umgehend eintraf, »soeben erschienen«.

Quelle:
Karl Bleibtreu: Größenwahn. Band 3, Leipzig 1888, S. 472-482.
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