XVIII.

[39] Der setzt zwei Hasen sich zum Ziel,

Wer zweien Herren dienen will

Und ladet auf sich allzuviel.


Ein Narr auf der Jagd mit Hifthorn und Jagdspieß. Hinter ihm laufen zwei Hasen in entgegengesetzter Richtung; der Jagdhund gleicht seinem Herrn: er verfolgt den einen und schaut nach dem andern sich um.


Vom Dienst zweier Herren.

Der ist ein Narr, dem es gefällt,

Daß Gott er diene und der Welt;[39]

Denn wo zween Herren hat ein Knecht,

Der kann ihnen dienen nimmer recht.

Gar oft verdirbt ein Handwerksmann,

Der viel Gewerb' und Künste kann.

Wer jagen will zu einer Stund

Und fahn zween Hasen mit einem Hund,

Dem wird kaum einer wol zu Theil

Und oft gar nichts, – trotz aller Eil'.

Wer mit viel Bogen schießen will,

Der trifft wol kaum einmal das Ziel;

Und wer auf sich viel Aemter nimmt,

Der kann nicht thun, was jedem ziemt;

Wer hier muß sein und doch auch dort,

Ist weder hier noch dort am Ort;

Wer thun will, was einem Jeden gefällt,

Deß Odem sei warm und kalt bestellt,

Der schlucke viel, was ihm nicht schmecke

Und strecke sich nach jeder Decke,

Der möge Pfühle unterschieben

Dem Arme Jedes nach Belieben,

Und salben Jedem wohl die Stirne

Und lugen, daß ihm keiner zürne.

Aber viel Aemter schmecken gut,

Man wärmt sich bald bei großer Glut,

Doch wer der Weine viel erprobt,

Darum noch nicht jedweden lobt.

Ein schlicht Geschmeid ist bald bereit,

Der Weise lobt Einfältigkeit;

Wer Einem dient und thut dem recht,

Den hält man für den treusten Knecht.

Der Esel stirbt und wird nie satt,

Der täglich neue Herren hat.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 39-40.
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