IL.

[88] Den Eltern gleicht der Kinder Gesicht,

Wo man vor ihnen schämt sich nicht

Und Krüg' und Töpf' und Häfen bricht.


Ein Narr, der vielleicht unglücklich gespielt hat und nun übler Laune ist, hält in der Rechten ein Spielbrett und in der Linken einen schon halbzerbrochenen Krug, den er wol auf der Erde zerschmettern will. Seine Frau empfängt den ins Zimmer Tretenden und hält ein ähnlich beschaffenes Gefäß in der Hand; das bei ihr stehende Kind deutet auf den Vater und schlägt schon in die Art, denn es scheint einem noch ganzen Gefäße in seiner Hand dasselbe Schicksal zugedacht zu haben.


Böses Beispiel der Eltern.

Wer vor Frauen und Kindern viel

Von Buhlschaft, Bosheit reden will,

Dem wird nicht unvergolten bleiben,

Was er vor ihnen wagt zu treiben.

Nicht Zucht, noch Ehr' ist mehr auf Erden:

Es lernen Frau und Kind Geberden[88]

Und Wort. Die Frau von ihrem Mann,

Das Kind nimmt's von den Eltern an,

Und wenn der Abt die Würfel leiht,

So sind die Mönche spielbereit.

Die Welt ist jetzt voll böser Lehre,

Man findet keine Zucht noch Ehre:

Die Väter tragen Schuld daran,

Die Frau lernt es von ihrem Mann,

Der Sohn zum Vater sich gesellt,

Die Tochter zu der Mutter hält.

Drum Niemand sich zu wundern eile,

Daß in der Welt manch Narr verweile.

Der Krebs gleichwie sein Vater tritt,

Es zeugt der Wolf kein Lämmlein nit,

Brutus und Cato sind beid' todt,

Drum Catilina's Rotte droht.

Sind Väter weis' und tugendreich,

Die zeugen Kinder ihnen gleich.

Diogenes einen Jungen sah

Betrunken; zu dem sprach er da:

»Du zeigst des Vaters Sitte schon,

Man sieht, du bist eines Trunkenen Sohn!«

Drum sehe man bedachtsam zu,

Was man vor Kindern red' und thu';

Gewohnheit, – andere Natur, –

Führt Kinder leicht auf schlechte Spur.

Drum lebe Jeder recht im Haus,

Daß Aergerniß nicht komm' daraus!

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 88-89.
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