[93] Mißgunst und Haß füllt alle Land',
Man findet Neid in jedem Stand:
Den Neidhart deckt noch nicht der Sand.
Unter einem brennenden Berge auf zweirädrigem Wagen ein Faß, aus dessen Spundloch ein Mannskopf, d.h. wol der Neidhart höhnisch ... heraussieht. Aus dem Faß, welches ohne Boden ist, fliegen Wespen; drei Narren mit Schwertern und Hellebarden kämpfen mit ihnen.
Feindschaft und Neid macht Narren viel,
Von denen ich hier reden will.
Der Neid den Ursprung daher nimmt:
Du mißgönnst das, was mir bestimmt,
Und hättest gerne selbst, was mein,
Oder magst sonst nicht hold mir sein.
Der Neid ist solche Todeswund',
Die nimmermehr wird recht gesund;
Er hat die Eigenschaft bekommen,
Wenn er sich etwas vorgenommen,
So hat nicht Ruh' er Tag und Nacht,
Bis daß sein Anschlag ist vollbracht.
So lieb ist ihm nicht Schlaf noch Freud',
Daß er vergäß sein Herzeleid;
Drum hat er einen bleichen Mund,
Ist dürr und mager wie ein Hund,
Die Augen roth, und Niemand kann
Mit vollem Blick er sehen an.
Das ward an Saul mit David klar,
An Josephs Brüdern offenbar.
Neid lacht nur, wenn versinkt das Schiff,
Das er geleitet selbst ans Riff;
Und nagt und beißt der Neid recht sehr,
Frißt er nur sich und sonst nichts mehr,
Wie Aetna sich verzehrt allein.[94]
Drum ward Aglaurus auch zum Stein.
Welch Gift trägt in sich Neid und Haß,
Das spürt man zwischen Brüdern baß;
Das zeigen Cain und Esau, nicht minder
Thyest, Eteokles, Jacobs Kinder;
Die waren von größerm Neid entbrannt,
Als wenn sie nicht sich Brüder genannt:
Entzündet sich verwandt Geblüt,
Dann es viel mehr als fremdes glüht.
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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