Scena prima.

[47] Liberatio pincernœ ex carcere, & pistoris ad patibulum condemnatio.


PHARAO.

Lang bistu ausgwesen von mir /

Kum Potiphar / las sagen dir /

Wie stehts vmb die gefangne mein?

POTIPHAR.

In dem Gefengnis sie noch sein /

Gewartent von deinr Maiestat /

Wie ich versthe / gunst vnd genad.

PHARAO.

Ich wil ja ein begnadung thain /

Gleichwol dem Schencken nür allain /

Der sol sein Ampt widerumb han /

Der ander sein Vrteil ausstan.

Zu hoch er sich vergriffen hat /

Vnd nu fürbas nicht findet gnad.

Derhalb ich den Befehl dir lass /

Das man jn für auff gwönlich strass /

Vnd an den Galgen heb entpor /

Den er auch hat verdient zuuor /

Als denn wil ich zu lust vnd freud /

Ein Malzeit halten dieser zeit /

Zu gleich dem gantzen Hoffgsind mein /

Da meniglich sol frölich sein.[47]

POTIPHAR.

Grosmechtiger König vnd Herr /

Des gwalt sich strecket weit vnd ferr /

Diesem Befelh gnug gschehen sol /

Wil dem zu hand nachkomen wol /

Vnd geh jtzt hin / nachs Königs wort /

Die sach zubringen an ein ort.


Zu dem Amptman.


Amptman kom her / dir sagen las /

Dir hab ich anzuzeigen was.

Des Pharaonis meinung ist /

Das man den Schencken zu der frist /

Aus dem Gfengnis entledign thu /

Vnd jm sein Ampt stel wider zu.

Deswegen ringer jm die Band /

Vnd schick jn hin gen Hoff zu hand /

Das er sein dienst wart weiter aus /

Den Pfister bhalt noch in dem Haus /

Bis hernach kümpt weiter bescheid.

CARCERARIUS.

Ich hör es gern bey meinem eid.


Zu dem Schencken.


Sey frölich Schenck / dein sach stet wol /

Herfür ich dich jetzt lassen sol.

Gehe hin zu Hoff / vnd dien mit vleis /

Die gütigkeit des Königs preis /

Der dich begnadet miltiglich /

Wens dir wolgeht / gedenck an mich.

IOSEPH.

Desselben gleichen lieber Schenck /

Sey meiner auch gut ingedenck.

PINCERNA.

Das wil ich ja bey glauben thain /

Mein danckbarkeit sol nicht sein klain.[48]

LICTOR.

Hoscha Amptman / mach auff die Thür /

Vnd gib mir meinen teil herfür.

CARCERARIUS.

Wie steht es denn? Wer mus heut dran?

Wil Pharao mehr richten lan?

LICTOR.

Ja darumb ich verhanden bin /

Den Pfister sol ich füren hin /

Zum Galgen / wie mir Potiphar /

Entboten hat zu Hause dar.

CARCERARIUS.

Pfister / es mus gescheiden sein /

Bist weiter nicht der Gfangne mein /

Dein missethat bricht dir dein lebn /

Drumb wolst dich williglich drein gebn.

LICTOR.

Ja zwar / der handel also steht.

PISTOR.

Erst mir die sach zu hertzen geht /

Hab jmer ghofft auff gnad vnd gunst /

Nu siech ich / das es ist vmb sonst.

LICTOR ad Lorarium primum.

Bind jm die hende auff den rück.

PRIMUS LORARIUS.

Wenn dis sol sein das meisterstück /

Wolt ich bald thun mein erste prob /

Das mancher sich müst rümpffen drob.

LICTOR.

So für jn fort hin zu dem Galg.[49]

PISTOR.

Ey ey wie zittert mir mein Palg.

LORARIUS SECUNDUS.

Wie ist dein hertz so schwach vnd klain /

Es ist vmb einen rumpff zu thain.

LORARIUS PRIMUS.

O ja es ist ein Kinderspiel.

PISTOR.

Gar gern ich dirs vergünnen wil /

Wolt das du solt steigen für mich /

Weil der kürtzweil gelüstet dich.

LICTOR.

Nempt von seim hals den Mantel weck /


Zum Pfister.


Mein lieber Pfister sey nur keck /

Vnd steig her / wils nicht machen lang.

PISTOR.

Hey was thue ich heut für ein gang /

Zu rück bin ich vor gstiegen nie.

LICTOR.

Es ist zu thun vmb diese müh /

Wirst dessen sein bald vberhebt /

PISTOR.

Ich hett aber gern lenger glebt /

Vĩ schmeckt mir noch wol speis vñ tranck /

Thet einem jetzt ein Drunck zu danck.

LICTOR reicht jm ein Fleschlein.

Seh da / vnd dich deins leids ergetz /

Thue noch ein Drüncklein zu der letz.[50]

PISTOR.

Danck hab mein Meister Fabian /

Nu wil ich viel dest lieber dran.

LICTOR.

Steig noch vmb einen sprissel her.

PISTOR.

Mach nu bald end / ich bitt dich sehr.

LICTOR.

Sey keck / befihl dich vnserm Herrn /

Wil gar bald mit dir fertig werdn.

Schaw noch zu letzt die Sonne an /

Es ist gar schier vmb dich gethan.

Hinaus in lufft / das ist dein Lohn /

Hast dein straff vberstanden schon.


Zu den Steckenknechten.


Ziecht heim / vnd tragt mit seinen Hut /

Desgleichen auch den Mantel gut.

LORARIUS PRIMUS.

Nims du / ich wil das ander tragn.

LORARIUS SECUNDUS.

Den Mantel wird mir niemt abiagn /

Hab ich das glück / mag mir wol werdn /

Vieleicht schenckt mirn der Meister gern.


Hie komen die Teuffel den Pfister abzulösen.


BELIAL.

Siech Molech / wie frey hengt der Beck /

Kum / las vns den dieb nemen wegk /

Er mus doch zu vns in die Hell.[51]

MOLECH.

Eil / eil von stat / mein trawter Gsel.

BELIAL.

Fach auff Molech / er ist schon los /

Wie sein jm seine wang so gros /

Hat gwis der Semel gfressen viel.

MOLECH.

Nu ist auch gwunnen dieses spiel /

Der Hellen zu / die nechste stras /

Den Semmeldieb nicht fallen las.


Nach diesen worten mögen sie mit geschrey dauon lauffen.


Quelle:
Thomas Brunner: Jacob und seine zwölf Söhne. Halle a.d.S. 1928, S. 47-52.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Haffner, Carl

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus. Operette in drei Aufzügen

Die Fledermaus ist eine berühmtesten Operetten von Johann Strauß, sie wird regelmäßig an großen internationalen Opernhäusern inszeniert. Der eingängig ironische Ton des Librettos von Carl Haffner hat großen Anteil an dem bis heute währenden Erfolg.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon