Epilogvs.

[108] Diese Histori lieber Christ /

Gantz vleissig zu betrachten ist /

Wichtige stück werden erzelt /

Viel gleichnus vns für augen gstelt /

Die sich zumal erstrecken weit /

Vnd wol bedürffen langer zeit.

Wir aber wollens vnterlan /

Vnd nür auffs kürtzest sehen an /

Gottes so wünderlichen rath /

Darin er einmal bschlossen hat /

Das seine auserwelte hie /

Müssen verfolgung / Creutz vnd müh /

Von den Gottlosen gwertig sein /

Wie man sicht im Exempeln fein /

War nicht Abel gerecht vor Gott /

Vnd dennoch must leiden den tod /

Durch Cain / seinen Brudern gram.

Joannes der Teuffer vmb kam /

Herodes jm vergoss sein Blut.[108]

Paulo ergieng es auch so gut /

Vnter Nerone dem bludhund /

So ist aus diesem Spiel auch kund /

Das Iacob war frum vnd gerecht /

Vnd wandlet vor dem Herren schlecht /

Vnd dennoch in seim gantzen lebn /

Jmmerdar must in trübsal strebn /

So ghets auch Ioseph kümmerlich /

Des einer mag verwundern sich /

So doch frum vnd Gottsfürchtig war /

Vnd noch nicht het erlebt viel jar /

Must nicht allein verkauffet werdn /

Zum andernmal eim frembden Herrn /

Sonder auch seiner Ehr verletzt /

Vmb vnschuldt in ein Gfengnus gsetzt.

Doch aus fürsehung Gottes gros /

Mit solcher Ehr ward wider loss /

Das gwislich nicht mus sein erdicht /

Was Dauid in den Psalmen spricht /

Den armen thut erheben Gott /

Vnd reist in mitten aus dem kott /

Das er jn alles leids ergetz /

Vnd neben grossen Fürsten setz /

Wie denn Iosephus ward zu hand /

Ein Fürst vber Egypten land /

Dem Pharaoni gleich an gwalt /

Bey welchem vns wird abgemalt /

Das leben Christi / zimlich klar /

Der auch vmb Gelt verkauffet war /

Gefangen bunden vnd verspot /

Gestorben / erstanden vom tod /

Vnd Gott ist in dem Himelreich /

An mechtigkeit vnd ehren gleich /

Also / das / wer nur Christum hat /

Bey Gott dem Vater findet gnad /

Wie auch bey Pharaon gunst het /

Wen dieser Ioseph lieben thet /

Der in dem Egyptischen Reich /

Auch war dem König selber gleich /[109]

An wirdigkeit vnd andern mehr /

So zughört Königlicher ehr.

Vnd wird vns solche bildnus zwar /

Im Zacharia deutet klar /

Der im neundten Capitel spricht /

Vnd von Christo gibt den bericht /

Durch das blut deines bundes fein /

Fürestu aus die gfangnen dein /

Aus der grub drin kein Waser ist.

Denn Gottes Son mein lieber Christ /

Hat vns gefürt aus der Cistern /

Vnd darumb wöllen Creutzigt werdn /

Das wir aus dem Gfengnis der Sünd /

Darin das Gwissen jmmer brindt /

On einign trost / würden erlöst /

Durchs lebendig Wasser getröst.

Derhalben last vns mit andacht /

Dem Herren dancken / tag vnd nacht /

Weil alles was er hat gethan /

Zum besten vns hat reichen lan /

Sonderlich last vns dancken jm /

Das er durch seines wortes stim /

Noch heutigs in Egypten ist /

Vnd vns Heiden zu aller frist /

Verkünden lest sein heilig wort /

Fürnemlich hie an diesem ort /

Da vor jaren der Teuffel het

Sein Kirchen / wie jr wol versteht /

Vnd noch dahin wol komen kan /

Wenn man mit vndanck das nimbt an.

Dafür vns aber Gott bewar /

Vnd las vns jtzt in diesem Jar /

Auch hinfür an zu aller stund /

Sein wort lieben von hertzen grund /

Damit wir nach dem strengen lebn

Sehen das Reich / so er wil gebn

Den Gleubigen / da alles leid /

Ist hin vnd ob in ewigkeit /

Entgegen vnaussprechlich freid[110]

Bereitet zu ewiger zeit /

Die niemand hie aussprechen mag /

Wer die begert mit glauben sag

Amen / das gescheh durch Christi tod /

Durch den vns der barmhertzig Gott

Verziehen hat all vnser Sünd /

Des frewet euch jr Gottes Kind.

Finis.
[111]

Fußnoten

1 Incestum intelligit Gene. 35.


2 Simeon, Leui.


3 Ad Ruben sermonem uertit.


4 Ad fratres natu minores.


Quelle:
Thomas Brunner: Jacob und seine zwölf Söhne. Halle a.d.S. 1928.
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