Biographie

Ulrich Bräker und seine Frau Salome geb. Ambühl ab dem Eggberg (Gemälde von Joseph Reinhard, 1793)
Ulrich Bräker und seine Frau Salome geb. Ambühl ab dem Eggberg (Gemälde von Joseph Reinhard, 1793)

1735

22. Dezember: Ulrich Bräker wird in Näbis im Toggenburg (Kanton St. Gallen) als ältestes von elf Kindern eines Tagelöhners, Kleinbauern und Salpetersieders geboren. Die Familie lebt nach strengen Regeln pietistischer Frömmigkeit.

1741

Der Vater übernimmt einen in der Gebirgseinsamkeit des Dreischlatt gelegenen Einödhof, um die größer werdende Familie besser ernähren zu können. Dreizehn Jahre lang wendet er vergeblich alle Mühe auf, um die wachsenden Schulden zu begleichen, muß dann jedoch seinen Besitz den Gläubigern übergeben und den Hof verlassen.

Bräker muß schon als Kind für die Existenz der Familie harte Arbeit verrichten und kann die Schule nur unregelmäßig besuchen. Das Hauptgewicht des Schulunterrichts liegt auf religiösen Unterweisungen. Bräkers einzige Lektüre sind in den frühen Jahren die Bibel und religiöse Erbauungsschriften.

1750

Bräker führt als Fünfzehnjähriger einen Briefwechsel mit einem Freund über alltägliche und religiöse Gegenstände.

1754

Umzug der Familie in die Nähe von Wattwil.

Bräker verabscheut das häusliche Baumwollkämmen und -spinnen, verdingt sich als Tagelöhner und versucht es mit dem Pulvermachen und Salpetersieden. Seine Leidenschaft gilt geistig-künstlerischen Dingen.

1755

Leidenschaftliche Jugendliebe zu der Wirtstochter Ännchen Lüthold.

1756

Bräker entflieht dem häuslichen Elend und läßt sich als preußischer Söldner anwerben.

1. Oktober: Während der ersten Schlacht des Siebenjährigen Krieges bei Lobositz desertiert Bräker und kehrt in den Toggenburg zurück.

Er versucht wiederholt, aber ohne Erfolg, sich durch Baumwollkämmen und Garnhandel eine selbständige Existenz aufzubauen.

1761

Bräker heiratet aus wirtschaftlichen Überlegungen die lebenstüchtige, aber wenig geliebte Salome Ambühl und bezeichnet rückblickend dieses Jahr als das »allerwichtigste Jahr« seines Lebens.

Auf Drängen seiner Frau wendet er sich erneut dem Garnhandel zu.

1762

Bräkers Vater stirbt bei einem Unfall während der Waldarbeit. Bräker muß seine vier jüngsten Geschwister miternähren.

Durch den Bau eines Hauses gerät Bräker in tiefe Schulden.

1768

Die für den Druck bestimmte Schrift »Ein Wort der Vermahnung an mich und die Meinigen, dass nichts besser sey denn Gott fürchten zu allen Zeiten« enthält allgemeine religiöse Überlegungen, Nacherzählungen biblischer Geschichten, Gebete und eine Skizze seines Lebens.

1770

Bräker beginnt mit regelmäßigen Tagebuchaufzeichnungen, die er dreißig Jahre lang fortsetzt (ca. 3700 Manuskriptseiten).

1776

Bräker wird Mitglied der »Moralischen Gesellschaft« zu Lichtenstein, durch die ihm völlig neue Bildungsmöglichkeiten eröffnet werden.

Auf Anraten des Wattwiler Dorfschulmeisters und Schriftstellers Johann Ludwig Ambühl, der ihn fördert, nimmt Bräker an einem Preisausschreiben der »Societas Moralis Toggica Reformata« teil und gewinnt mit seinen Abhandlungen zu zwei Fragen (Nutzen oder Schaden der Auslandskredite; Problem der Bevorzugung des Baumwollgewerbes bei gleichzeitiger Vernachlässigung des Leinwandhandels) den Preis.

1777

Bräker beginnt, Shakespeare zu lesen und verfaßt die Schrift »Etwas über William Shakespeares Schauspiele. Von einem armen ungelehrten Weltbürger, der das Glück genoß, ihn zu lesen« (erschienen 1780), in der er Shakespeare als »Menschenmacher« und »wundertätigen Theatergott« feiert.

1780

Ambühl veröffentlicht in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift »Die Brieftasche aus den Alpen« erstmals drei kleinere Texte von Bräker.

1782

Während einer Reise nach Zürich lernt er Johann Kaspar Lavater kennen.

1785

Der aufklärerisch gesinnte Martin Imhof wird Pfarrer in Wattwil und Förderer von Bräker.

1787

Imhof bietet Bräkers 1781 begonnenes Manuskript »Lebensgeschichte und Natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg« dem befreundeten Verleger Johann Heinrich Füßli in Zürich zur Veröffentlichung an.

1788

Bräkers »Lebensgeschichte und Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg« wird in der von Füßli herausgegebenen Zeitschrift »Schweitzerisches Museum« veröffentlicht.

1789

Füßli publiziert im »Helvetischen Calender für das Jahr 1789« Auszüge aus Bräkers Tagebuch unter dem Titel »Eine Dosis gesunden Menschenverstandes aus den Bergen. Aus den Tagebüchern des Armen Menschen im Tockenburg«.

Füßli gibt »Sämtliche Schriften des Armen Mannes aus dem Tockenburg« heraus (»Erster Theil: Lebensgeschichte«).

Bräkers anfängliche Begeisterung über die Französische Revolution macht schon bald zunehmender Skepsis Platz.

1791

Nach Schließung der »Moralischen Gesellschaft« Aufnahme in die 1789 von dem Bankier Daniel Girtanner gegründete »Literarische Gesellschaft« in St. Gallen, wo Bräker in den letzten Jahren seines Lebens Anregung und Unterstützung findet.

1792

Bräkers »Tagebuch des Armen Mannes im Tockenburg« erscheint als zweiter Band seiner Schriften, der von Füßli ausgewählte, sprachlich bearbeitete und aufklärerisch stilisierte Texte enthält.

1798

Des fortgesetzten Schuldenmachens überdrüssig, erklärt Bräker den Bankrott seiner Unternehmungen.

11. September: Ulrich Bräker stirbt völlig verschuldet in Wattwil im Kanton St. Gallen.

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Prinzessin Brambilla

Prinzessin Brambilla

Inspiriert von den Kupferstichen von Jacques Callot schreibt E. T. A. Hoffmann die Geschichte des wenig talentierten Schauspielers Giglio der die seltsame Prinzessin Brambilla zu lieben glaubt.

110 Seiten, 4.40 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon