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[9] 10. An Friedrich Warnecke
Wiedensahl d. 3ten Januar 1856.
Mein lieber Warne[c]ke!
Es wird endlich wohl mal an der Zeit sein, Ihre freundlichen Briefe zu beantworten. Die famöse Oldenburger Chronik ist richtig und wohl erhalten in meine Hände gekommen. Sie ist fast täglich meine Unterhaltungslectüre gewesen. Die Siegel darin sind prachtvoll; besonders das von Herzog Karl dem Kühnen von Burgund möchte in neuster Zeit wohl kaum so geschmackvoll gearbeitet werden. Manche Portraits sind mir in Betreff des Kostüms merkwürdig und intereßant gewesen. Viele davon, so wie mehrere Siegel, habe ich mir bereits abgezeichnet und denke noch mehre zu kopiren, wenn sie nicht selbst die Chronik jetzt nöthig haben. Vor allen intereßant aber ist mir die Zeichnung des Oldenburger Hornes gewesen, nebst den drei beigefügten Sagen, welche letztern mir freilich schon theilweise bekannt waren. Ich bin jetzt selbst dabei Märchen und Sagen aus dem Volksmunde zu sammeln, wobei mir schon manches Neue aufgestoßen ist.
Was die Heraldik anbelangt, so kann ich Ihnen leider die gewünschten Wappenzeichnungen noch immer nicht zusenden. Es ist zu kalt, um in der Kirche zeichnen zu können, und Sie müßen sich darum mit dem Troste genügen laßen, daß hoffentlich über kurz oder lang doch wieder warme[9] Tage eintreten müßen. Gestern war ich auch zum ersten Male, aber der Kälte wegen nur wenige Augenblicke, in der Kirche zu Stadthagen. Es findet sich dort eine große Menge von Wappen, sowohl solcher, welche mit der Fürstl. Bückeburg. Familie in Verbindung stehen, als auch viele andere, unter andern ein Grabmal der von Landsberge und ein sehr Altes der v. Münchhausen. Auf dem letztern sind etwa zehn Wappen ausgehauen, jedes mit dem Namen darauf; doch waren mir mehre dieser Namen völlig unbekannt. Wenn ich nächstens wieder hinkomme, werde ich sie Ihnen notiren. Nur eines entsinn ich mich, welches Sie aber auch jedenfalls kennen werden: der von Kettler oder Keßler mit einem Keßelhaken im Schilde, wie man ihn in den Küchen der Bauern zu finden pflegt, und der wie eine Säge gestaltet ist, etwa wie Figura zeigt. – Im Mittelgange der Kirche liegt eine große Zahl von Leichensteinen mit Wappen, die aber so abgetreten sind, daß man sie nur mit Mühe wird erkennen können. Auch außen an der Kirche sind mehre Wappensteine eingemauert, wovon mir aber nur einer mit dem Namen von Ohm erinnerlich ist. – In der Kirche ist auch noch ein Grabmal der v. Oynhausen, was Sie viel leicht intereßiren wird. Wenn Sie etwas Näheres darüber zu wißen wünschen, so können Sie ja nur die betreffenden Fragen an mich stellen.
Was die Herren vom Berge anbelangt, so möchte doch die Loccumer Chronik wohl nicht Unrecht haben. Daß in Ihrem Lehnsbriefe noch 1441 einer des Namens erwähnt wird, und daß in der Oldenburg. Chronik sogar noch 1597 (sieh. Seite 486) ein Graf Fried. vom Berge vorkommt, beweist nur, daß es mehre Familien deßelben Namens gegeben hat. Daß jene v. Berge mit dem Zunamen Skalkesberg existirt haben, geht aus der Stiftungsurkunde des Klosters Lahde hervor, welches 1261 von Widekindus de Monte, qui dicitur Skalkesberg, nobilis advocatus ecclesi[a]e Mindensis begründet wurde, und daß diese Familie 1398 mit Otto III. Bischof v. Minden ausstarb, beweis't die Urkunde, in welcher Otto sein Land, welches das jetzige Amt Hausbergen in sich begreift, an das Bisthum Minden vermachte.
Wie ist die Bücherauction in Hannover ausgefallen?
Mit herzlichem Gruße der Ihrige
Wilh. Busch.