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[40] 40. An Otto Bassermann
München d. 23 Aug. 65.
Lieber Otto!
Fern sei es von mir, mich entschuldigen zu wollen, oder dir eine Auseinandersetzung zu geben, wie und warum das so gekommen – du kennst mich ja lange und gut genug! –
Da sitze ich nun wieder im alten München (Schwanthalerstr. 28/0), umgeben von glatten Holzstöcken; wie der Maurer zwischen seinen Bausteinen – ein Vergleich, den ich nicht weiter ausführen mag. Wieder wohne ich bei einer Doctorswittwe, die aber diesmal ein gar hübsches Töchterlein hat. Aber was will das sagen? Nur zuweilen erlaube ich mir einen schüchternen Seitenblick. – Das Zimmer ist recht hübsch, eine Art von Alkoven daneben. Nur dürfte das Sopha ein wenig länger sein, damit der Zimmerherr, wenn er Nachts um 12 oder 1 nach Hause kehrt, recht bequem hinausgestreckt, seinen »Türken« oder den neuerdings beliebt gewordenen »Caporal« in süßem Selbstversinken emporhauchen könnte. Beim »Augustiner«, im Garten, wird mit Hanfstängl die Dämmerstunde gehalten. Der geht sodann zum Liebchen, ich – zur »Lette«. Dies Wort fängt aber an, für mich seinen frühern Zauber zu verlieren. Fritz Loßow ist im Gebirg; da bleibt noch Küster, Dr. Wein, Dr. Bartolme, Kaffetier Riederer – autsch! – und hin und wieder als Besuffener der kleine Loßow, der vorgestern einem Herrn daselbst mitten auf den Rücken kotzte: Bier, Sardinen, Wurst und sonstige Brocken. – Wie sehr wünschte ich, du, lieber Freund, möchtest noch hier sein! – Die jüngste Nachricht über dich hab ich von Riedel. Dir gehts gut! Du hast einen guten Wein im Keller, wohnst hübsch und trägst einen Vollbart. Könnt ich dich doch einmal aufsuchen![40]
Diese paar flüchtigen Zeilen mögen Dir sagen, daß ich noch lebe und, wenn auch schweigend, doch recht recht oft an Dich gedacht habe.
Nun sei christlich, vergilt nicht Böses mit Bösem, sondern schreib recht bald einmal an Deinen Freund
W. Busch.