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[193] 437. An Franz von Lenbach
Wiedensahl 13. Juni 79
Lieber Lenbach!
Das war freilich höchst unheimlich, so rein gar nichts von sich merken zu laßen, weder hin noch her, als wenn sie uns schon verpackt und petschirt hätten für die Ewigkeit – wie man zu sagen pflegt. Aber, ich weiß nicht, wenn ich mir genau vorstellen wollte, wo du wohl wärst, so war alles Nebel: Friedrichsruhe, Berlin und Sowas. Eine eingewurzelte Federfaulheit, hervorgegangen aus bauernmäßiger Scheu vor schriftlichen Dokumenten, kam selbstverständlich dazu. – Der Gartenzaun wurde geflickt, die Gießkanne gefüllt und zischend ausgeleert und sonst herum gekramt im bunten Hauswesen des Frühlings, und mitlerweile hat der treue Kalender einen Tag nach dem andern verzeichnet in seiner gewohnten geräuschlosen Weise. Etwas Denkwürdiges ist mir nicht paßirt, außer daß die jungen Hänflinge im Epheu unter meinem Fenster heute Morgen glücklich ausgeflogen sind. Seitdem ist es still geworden. – Im Juli und August muß ich mit den Neffen wieder nach Borkum, werde also im heißen Dünensande herum pflügen, während du durch die kühlen Corridore der englischen Schlößer dahin wandelst. Im Herbst möcht ich aber die Münchner Ausstellung noch beim Hinterfuß erwischen, falls du glaubst, daß dies ohne moralischen Nachtheil nicht zu vermeiden ist. Also bis dahin auf Wiedersehn!
Sage Deinen Schwestern und unsern sonstigen Freunden und Bekannten, daß ich immer gern an sie denke. Schreib mal wieder, und sei tausendfach gegrüßt von deinem ebenso getreuen wie alten
Wilh. Busch.