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[290] 705. An Franz von Lenbach
Wiedensahl 7. Nov. 87.
Liebster Lenbach!
Fast wär aus der niederträchtigen Kellerspelunke meiner immerhin menschlichen Natur die lumpige Ansicht heraufgestiegen, als hättest du mir pflichtwidrig lange nicht geschrieben. Aber die verhältnißmäßige Gelindigkeit, welche ich doch meist den Herren Andern gegenüber zu verwenden pflege, setzte sich noch rechtzeitig auf die Klappe. So dacht ich denn wohlwollend: Nun ja! »Dem Glücklichen schlägt keine Stunde« und – ginge der Malefizdativ nicht vorher – »auch kein Gewißen.« Gleich drauf machtest du dich mir wieder schriftlich und auf das Liebenswürdigste bemerklich, was mich denn auch natürlich um so angenehmer überrascht hat. Ich ersehe zu meinem Ergötzen, daß es dir sehr gut und betreffs der Häuser sogar wie dem braven Schweppermann mit den Eiern geht. – Für unsere zwei lieben Maßendirigenten Kaulbach und Levi dagegen muß ich die vorerwähnte Geduldsamkeit wohl noch etzliche Kilometer in die Länge ziehn. Sie werden vollauf zu thun haben; der Eine mit der Ernährung und Reinigung der Kunstsäuglinge, welche maßenhaft seine strotzenden Brüste umkrabbeln, der Andre am wohlklingenden Haspel der unendlichen Melodie. – Günther schrieb mir aus Bozen auf dem Sprunge nach Italien. Gern wär ich dabei gewest. Doch bin ich ja leider so reisefeig, daß ich mich fast vor den Schwalben schäme, die jüngst mal wieder ganz unverzagt nach dem Orient abgereist sind. –
Meine herzlichsten Grüße an Dich und die, wie man wohl mit Sicherheit annehmen darf, weitaus unvergleichlichste der Frauen!
So zu sagen für ewig Dein getreuster
Wilh. Busch.
P.S.
Dem Wegener, der mich stets so unvergeßlich paßend behandelt hat, bitt ich schönstens zu empfehlen
den Obigen.