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[16] 927. An Erich Bachmann
Wiedensahl 4. Aug. [1893]
Welch eine schmerzliche Nachricht, lieber Erich! Sie hat uns tief bewegt. Und doch, wie gering kann es nur sein, mit dem verglichen, was du empfinden mußt. Und wie wenig vermag ich zu sagen. Die Möglichkeit, daß die Ärzte sich irren, ist noch immer nicht ausgeschloßen. Sonst steht Alles in Gottes Hand; er wird thun, was das Beste ist.
Daß Erich grade jetzt einberufen wurde, ist traurig. Wie gut nur, daß Luise so tüchtig im Haushalt ist.
Mein zweiter Neffe macht eine 8wöchentliche Übung in Munster bei Soltau, anstatt, wie er gehofft, die Ferien bei seiner Braut zu verleben. Der Dritte, auf Anrathen des Docters, mußte 4 Wochen an die See.
Mein Bruder war hier. Seine Frau ist ja operirt, war in Homburg, jetzt im Harz; ist beßer, scheints. Das lag ihm schwer auf der Seele.
Die Frau des ältesten Stiefsohns meiner Schwester braucht noch die Kur in Karlsbad, wegen Magengeschwürs.
Eine junge Anverwandte, erst anderthalb Jahr verheirathet, hat ihren Mann seit Weihnachten in einer Anstalt für Geisteskranke. Noch ungewiß, ob heilbar.
Meine Nichte in Hattorf ist auch nicht wohl. Weiß nicht, ob ich bald hin kann.
So hat ringsumher Jeder seine unerwarteten Sorgen und Ausgaben.
Eine ängstliche Welt! – Meine Schwester und ich grüßen dich herzlich, lieber Erich! Was irgend noch zu hoffen, wünschen wir von ganzem Herzen.
Dein getr. Freund
W.