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[123] 1181. An Adolf Nöldeke
Wiedensahl. Zweiter Osternachmittag 98.
[11. April 1898]
Lieber Adolf!
Ich danke dir für deinen freundlichen Brief. Danach nehm ich also an, daß ihr eurer Sechs, Margret mitgezählt, augenblicklich noch recht vergnügt beisammen seid, wenn auch das Osterwetter, Sturm, Regen und Sonnenschein durcheinander, nicht ganz so schön ist, wie es wohl sein könnte.
Unser Hauswesen allhier geht ja auf Grund eines guten Willens so lala; drum will ich nicht murren.
Draußen die Erbsen strecken die Köpfe hervor; der Spinat hat die ersten zwei Blätter; das Gebüsch wird merklich grüner.
Sonderbar unsicher haben sich leider die Schwarzdroßeln benommen. Das Weibchen hat im alten Epheu ein fertiges Nest gemacht, und nun benutzen sie's nicht, ich weiß nicht warum. – Hänflinge, graue und grüne, suchen sich auch schon Wohnplätze aus. – Der lustige Gartensänger (hoffentlich kommt er wieder) der voriges Jahr in der Akazie vor der Laube, über meinem Kopf, so still listig gebaut und gebrütet hatte, daß ich erst im Winter das Nest sah, kommt später an, wenn die Bäume belaubt sind.
Hermann und Otto haben das Festgedränge zum Glück nun hinter sich; nur die Konfirmation hinkt noch nach. Es ist wirklich des Guten 'n bißel viel auf einen Klump.
Leb wohl, lieber Adolf! Seid herzlich gegrüßt.
Dein getr. Onkel
Wilhelm.
Sonnabend, falls das Wetter gut ist, denk ich mal nach Hannover zu fahren. Du wirst dann wohl anfang nächster Woche die Sendung erhalten.
Schuster Krömer ist gestorben, nachdem er jahrelang gehustet hat. Seine ehemaligen Stiefel werden ihm bei Dir gewiß ein dauerndes Andenken gesichert haben.