1224. An Franz von Lenbach

[142] 1224. An Franz von Lenbach


Hattorf 12. März 1899.


Liebster Lenbach!

Sei bedankt für Deine liebenswürdigen Zeilen.

Studenten, Handwerksburschen und Soldaten greifen nur ungern zur Feder, ehe nicht der Wechsel oder die Hose oder die Butter zu Ende ist. Wir zwei beiden, bei denen solche Motive zum Glück nicht vorhanden sind, dürfen unsere Schreibträgheit einfach als ein Zeichen durchschnittlichen Wohlseins betrachten. Das genügt so ziemlich. Meinerseits kommt hinzu, daß alte Leute, wie bekannt, "weitsichtig" werden, oft gleich auf 1000 Jahre hinaus, ja weiter. –

Von allhier, wo ich seit einer Woche zu Besuch bin, schau ich über ein amuthiges Wiesenthal in die wohlgeformten Berge des Harzes und doch verspür ich nicht die mindeste Lust, daran hinauf zu krabbeln. –

Nächstertags will ich mal nach dem nahen Ebergötzen, um meinen alten Freund in der Mühle zu besuchen. Die andern Dorfbekannten daselbst von ehedem sind fast alle bereits "eingestampft".

Daß übrigens die sogenannte Erde inwendig noch munter ist, seh ich zu meiner Freude an den Schneeglöckchen und Krokus. Das Frühlingstheater wäre also mal wieder eröffnet.

Leb wohl! Meine freundliche Empfehlung an Alle, die sich meiner noch erinnern. Du selbst mit Weib und Kind sei herzlich gegrüßt von Deinem alten

Wilh. Busch.


An den Abenden letzther las ich Bismarcks selbstverfaßte Lebens- und Leidensgeschichte mit schmerzlicher Bewunderung.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 142.
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