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[234] 1493. An Letty Keßler
Mechtshausen 10. April 1905.
Liebe Letty!
Ich danke dir für die freundlichen Zeilen. Sagen sie mir doch, daß es euch gut geht und daß euer Krönungszug prächtig vorüber zog.
Vorige Woche hatten wir hier wüstes Schneegestürm. Dann folgten ein paar stille sonnige Wintertage, die uns Pedanten gar nicht recht paßen wollten. Das schönste Weihnachtswetter zu Ostern gehört nicht in unseren Stundenplan. Unsere Staare schienen daßelbe zu meinen.
Den Schnee hat die Sonne wieder weggeleckt. Kühl ist's noch immer. Aber schon denk ich zum Juni an euch und den Garten und die Veranda und den Nachmittagsthee. So sind die Gedanken. Sie laufen lustig voraus, wie[234] die Hundchen. Ich hab deren zwei. Eins heißt "Werweiß", das andre "Kannsein".
Inzwischen leb wohl, liebe Letty. Herzlichen Gruß an die Mama und deine Brüder vom
Onkel Wilhelm.