1536. An Nanda Keßler

[249] 1536. An Nanda Keßler


Mechtshausen 3. Mai 1906.


Meine liebe Nanda!

Wie magst du dich nur wirren laßen durch einen Roman. Ich hab ihn auch gelesen. Vieles unterhielt mich, aber der religiöse Bericht ließ mich kühl. Nur wer sich um dergleichen vorher wenig oder gar nicht bemühte, kann stutzig werden oder sich ärgern darüber.

Göthe sagt ungefähr dies:

Die Leute jammern, daß die Frömmigkeit abnimmt. Wer hindert sie, so fromm zu sein, wie sie wollen, und nun erst recht?

Das leuchtet mir ein. Ein "Hinter der Welt" giebt es nun mal. Mir was befehlen zu laßen in meine Seele, oder spiritistischen Spuk zu treiben, widerstrebt mir entschieden. So bleib ich bei meinem Glauben und gönne Andern den ihrigen.

Sei herzlich gegrüßt, liebe Nanda, sammt all deinen Angehörigen. Möge dich der schöne Frühling erheitern!

Dein alter Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 249.
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