1597. An Friedrich August von Kaulbach

[267] 1597. An Friedrich August von Kaulbach


Mechtshausen 14. Juli 1907.


Lieber Kaulbach!

Da ich noch immer die naive Gewohnheit nicht los werde, recht oft an gute Freunde zu denken, die mir fern sind, aber auch nicht gern meine Gedanken in's unbestimmte Blaue hinauslaufen laße, so frag ich an: Ihr zwei lieben Menschen, wo seid Ihr denn jetzt?

Freilich schöner war die sichtbare Gegenwart neulich in Frankfurt, und hoffentlich macht sich's, wie du angedeutet, daß wir uns im Laufe des Jahres in Hildesheim nochmals begegnen können.

Wir hier grollen mitunter, weil uns die Rosen verregnen. Da sind die Kinder beneidenswerth. Sie nehmen den Lauf der Naturereigniße als selbstverständlich und finden ihr Vergnügen heraus, es mag regnen oder schneien.

Ich selbst versuche zu leben nach dem Grundsatz des berühmten Schusters zu Görlitz: "Wem ist Zeit wie Ewigkeit" – aber es geht man nicht recht.[267]

Die Malefizzeit, so wesenlos, im Kopfe betrachtet, sie scheint, hält und zieht uns beständig am Frack!

Leb wohl, lieber Kaulbach! Herzliche Grüße an dich, deine Frau und Kinder von deinem alten

getreuen

W. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 267-268.
Lizenz: