[184] König, Astolf, Clotald, Clarin.
Clarin sich verborgen haltend; alle übrigen treten fliehend auf.
BASILIUS.
War ein König, war ein Vater
unglücksel'ger wohl als ich?
CLOTALD.
Deine Scharen flüchten sich
sonder Ordnung, Schutz noch Rater.[184]
ASTOLF.
Himmel, die Verräter siegen!
BASILIUS.
Wiß, in dieser Art Gefechten
sind die Sieger stets die echten,
und Verräter, die erliegen.
Auf, Clotald, entfliehen wir
diesem ungeratnen Sohne,
diesem Räuber meiner Krone!
Es fällt ein Schuß, und Clarin stürzt verwundet aus seinem Schlupfwinkel hervor.
CLARIN.
Hilf mir, Himmel!
ASTOLF.
Wer ist hier
dieser Krieger, der, getroffen
und vom eignen Blut entstellt,
sterbend uns zu Füßen fällt?
CLARIN.
Ach, mir bleibt nichts mehr zu hoffen!
Da ich suchte Schutz und Hort
vor dem Tode, fand ich ihn,
ging, um ja ihm zu entfliehn,
ihm entgegen; denn kein Ort
bleibt dem Tode je verborgen;
woraus deutlich zu ersehn,[186]
daß ihm die entgegengehn,
die ihn recht zu meiden sorgen.
Darum kehret eilig, kehrt
nur zurück zum blut'gen Kampfe;
zwischen Waffen, Glut und Dampfe
wird euch beßrer Schutz gewährt
als auf noch so festem Berge;
gibt's doch keinen Aufenthalt,
der vor des Geschicks Gewalt,
vor der Sterne Wut euch berge!
Und ob ihr im Fliehn euch allen
Rettung sucht vor Todesnot:
Seht, ihr gehet in den Tod,
wenn Gott will, ihr sollet fallen.
Er fällt in die Szene zurück.
BASILIUS.
Seht, ihr gehet in den Tod,
wenn Gott will, ihr sollet fallen?
Wie so gut, o Himmel, bringet
die Verblendung unsers Trachtens
nun zu besserer Erkenntnis
dieser Leichnam, der uns mahnet
mit den Lippen einer Wunde,
da das Naß, das ihr entwallet,
uns mit blut'ger Zunge lehrt,
daß des Menschen Vorsicht, alle
seine Sorgfalt, nichts vermöge
gegen höhrer Mächte Walten.
Ich nun, um mein Reich vor Aufruhr[187]
und Verderben zu bewahren,
gab es in dieselbe Hand,
der ich's zu entreißen dachte.
CLOTALD.
Kennet gleich, o Herr, das Schicksal
jeden Pfad und findet alle,
die es suchet, selbst im Dickicht
des Gebirgs: Doch, muß ich sagen,
ist's kein christlich Wort, daß nichts
uns vor seiner Wut bewahre.
Dies ist falsch: der weise Mann
bändigt auch des Schicksals Walten;
und wenn du nicht jetzt behütet
warst vor Ungemach und Plagen,
suche künftig dich zu hüten.
ASTOLF.
Herr, was jetzt Clotald dir sagte,
sprach er als ein weiser Mann,
der schon reife Jahr erlangte;
ich nun red als mut'ger Jüngling:
In dem dichten Waldesschatten
dieses Berges steht ein Roß,
flüchtig, wie vom Wind empfangen;
dies besteig und flieh, indessen
ich den Rücken dir bewahre.
BASILIUS.
Wenn Gott will, ich solle sterben,
wenn der Tod hier meiner harret:[188]
Wohl, so will ich jetzt ihm stehn,
Aug in Aug ihn fest erwartend.
Waffengetöse.
Ausgewählte Ausgaben von
Das Leben ein Traum
|
Buchempfehlung
Die letzte zu Lebzeiten des Autors, der 1835 starb, erschienene Lyriksammlung.
242 Seiten, 12.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro