[2] Schreiben eines Römischen Königs1 an eine Römerin bey der grossen Scheren-Schleiffer-Wirthschafft zu Berlin

1690.


Dein Diener hatte dir, geschickte Römerin,

Den besten Bräutigam des Römschen Reichs versprochen;

Es ist vom neuen Jahr, daß ich ihn schuldig bin,2

Doch der Erfüllungs-Tag war noch nicht angebrochen.

Heut aber stellt er sich mit seiner Cronen ein,

Die er vorgestern erst, als Römer, hat bekommen,3

Und wünscht, an dessen statt, dir angenehm zu seyn,

Der bey der Wirthschafft dich zur Römerin genommen.

Der Römer bey dem Spiel, ist, wie du weist, vermählt;4

Der aber bleibet dein, der itzund nach dir freihet,

Stünd er dir auch nicht an, scheint doch dis ungefehlt,

Daß er etwas aus Rom dir künfftig prophezeyet.5

Fußnoten

1 War der nachmahlige Ober-Hoff-Meister der Chur-Fürstin, Freyherr von Bülow, der mit der Fräulein von Croseck, an welche dieses geschrieben, sich nach der Zeit vermählte.


2 Die Wirthschafft geschah den 7. Jenner.


3 Als man zween Tage vorher das Looß zur Wirthschafft gezogen, ward er dadurch Römischer König.


4 Daß der Chur-Fürst selbst den Römer vorgestellt, ist aus dem Sinn-Gedichte des Scheren-Schleiffers bey dieser Wirthschafft in den Besserischen Gedichten am 444. Bl. zu ersehen.


5 Ein gewisser Cavalier des Berlinischen Hofes hielt sich damahlen, in Verschickung, zu Rom auf.


Quelle:
Friedrich Rudolph Ludwig von Canitz, Kritische Ausgabe: Gedichte, Tübingen 1982, S. 356-358.
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