Ehrgeitig ehrloß.

[371] Wo man sich der armůt schempt / da sůcht mann ehr. Der hohe rhůme sich seiner nidere. Das lob ist der thoren prob. Wenn mann die saw kitzelt / so legt sie sich inn dreck. Lob die fauln so werden sie endlich. Lob macher künstler. Es ist kein volck das lieber ehr hat dann hůrn vnd bůben / vnd weniger darnach stellt. Hochmůt thet nie kein gůt.

Hoffart thet weder auff erd noch im himel gůt. Es ist nichts stöltzers dann ein volle tasch. Gelt schweigt nit wo es ist. Die sitten hond den ritten / Gelt feret auff hohen schlitten / armůt můß aber zu fůß gehen.

Geht dirs wol so förcht den fall / im creutz aber eitel glück. Armer leut hoffart hat bald ein end. Wer nit wilfallen / der steig oder spring nit hoch. Von dem ehrgeitz vnnd hoffartt abzuschrecken / vnd zur tugent der demůt[371] auff zu muntern / vnnd anzuleyten / seind alle bücher voller leer vnnd exempel. Einer Omeyß wurden vonn göttern flügel geben / sie flohe zu einer Nachtgallen auff einn baum / fragt wer sie were: Die Nachtgall antwort: Ich bin ein vogel. Also ersahe die Omeyß auch ein byn fürfliehen / fraget sie wohin / Sie antwort: Durch alle blůmen speiß zusamlen.

Die Omeyß erhůb sich der flügel / daß sie nit mehr so arbeitsam jr speiß im kat sůchen můßt / sonder im freien lufft daher schwebē / fragt die bynen / ob auch gefährlicheyt im lufft were. Ja mancherley / sagt die byn / von obenherab groß vngewitter / schnee / regē /kält / vngstůmm / sturm wind / im lufft räubig vögel /vff erden mancherley letz vnd netz. Das gienge der Omeyß wenig zuhertzen / sonder erlustigt sich in der höhe. Als der Sommer vergieng / wißt die thorecht Omeyß nit bscheydt / trib sie der hunger herab wider zun Omeyssen auff die erd / klopffet an eim omeyßhauffen an / aber sie sprachen / Ob sie jr speiß mit jr brecht / sie wißt wol daß mann niemand lehr in jr hauß ließ. Die omeyß sprach: Ich bring flügel mit mir. Die Omeyssen sagten: Man ißt von flügeln nit / so gehöret nicht geflügels herein / darzů wer nit frucht sein theyl bringt / der ist bei vns im bann / vnnd wer bei vns nicht arbeyt / der ißt nicht. Also fieng die Omeyß an jren hohen stād verzweifelt zuscheltē / vnn sprach /der schein diser welt hett sie betrogē / lobt jrn erstē stat vnn die freundtlich demütig beiwonung der Omeyssen / vnd starb vor hunger. Also ist kein vortheyl es hat sein nachtheyl / vnd kein nachzug / er hat seinn vorzug / vnnd ist wie kein land also kein stand vmb drei heller besser weder der ander / Ja wenn mann all vnglück vnnd ständ auff einn hauffen legt /so greifft ein ieder wider zu dem seinen. Es ist nur ein betrüglicher schein / der alle welt verfüret / was die welt thůt / fürgibt / hoch helt etc. vnnd betreugt sich also höflich selbs / daß alles an jr hinauß geht / vnd vntrew jrn herren trifft / vnnd můß allweg der die feigen frißt / dfeigen wider geben / vnd der borgt /wanns lang herumb geht / die zech bezalen.

Es ligt nit an der grösse / Ein Ochs ist ein groß thier / aber vngeschickt / erlaufft keinn hasen. So sind die hohen bäum gemeynglich vnfruchtbar. Also groß leut / auch etwan vngeschick / klein leut aber gehertzt vnd geschickt. Ein klein henn leget alle tag / der Strauß im jar nur ein mal. Ein Meyse brühet zehen /biß in zwölff jungen auff ein mal auß / Aber ein kůw bringt selten mehr dann ein kalb.

Ye mehr der rawch auffsteigt / je mehr zergeht er. Item der dampff der von der erden hinauff inn lufft sieigt / wirt von der hitz verzert / der aber hieniden in der tieffe bleibt / in einn külen taw verwandelt. Die nidern thäler werdē mit fliessenden wassern vnd lustigen brunnen befeucht / die hohen berg aber mit schnee vnnd reiffen bedeckt.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 371-372.
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