[130] Aber wie gesagt, liebe Cousine! fuhr Frau von K. zu Frau von H. fort, die seit einem Jahre an einen alten eifersüchtigen Mann verheirathet war. Aber wie gesagt, liebe Cousine! man muß sich seine Lage so erträglich als möglich zu machen suchen.
Fr. v. H. Freilich!
Fr. v. K. Wenn ich an deiner Stelle wäre, ich würde weniger austère sein.
Fr. v. H. Was?
Fr. v. K. Du sagst mir, daß dich Ewald auszeichnet!
Fr. v. H. Ich glaube es wenigstens bemerkt zu haben.
Fr. v. K. Und wie das, liebes Kind?
Fr. v. H. Weil er absichtlich an meinen Mann verliert, um nur immer willkommen zu sein.
[130] Fr. v. K. Nun mein Kind! Ob er das deinetwegen thut –
Fr. v. H. (mit Wärme): Aber seine Zuvorkommung, seine Besorgnisse um meine Gesundheit, seine sichtbare Freude, wenn er hineintritt, seine theilnehmenden zärtlichen Blicke, wenn er mich unbemerkt ansehen kann, seine –
Fr. v. K. (lächelnd): Ei ei, liebe Cousine, du geräthst in Eifer! Nun, nun, ich bin selbst überzeugt! Aber eben deßwegen, wenn ich an deiner Stelle wäre –
Fr. v. H. Was?
Fr. v. K. Ich würde den braven Mann aufmuntern.
Fr. v. H. Ach Gott weiß, ob ich ihn liebe!
Fr. v. K. Nun so gieb ihm die Erlaubniß dich wieder zu lieben.
Fr. v. H. Aber?
Fr. v. K. Mit Discretion und Delikatesse! – Sieh, liebes Kind! Gewisse Leute verdienen –
Fr. v. H. Aber du überlegst nicht –
Fr. v. K. Mehr als du glaubst. Dein Leben ist mir zu theuer! Es mag ein verzweifeltes Mittel sein, aber die Curen gelingen gewöhnlich am besten.
Fr. v. H. Aber was soll ich thun?
Fr. v. K. Dem armen Ewald deine Liebe[131] zeigen. – Allons, allons, la petite timide! indem sie sie sanft auf die Wangen klopfte – Und für das Uebrige wird er selbst sorgen.
Frau von H. wollte antworten, aber es kam Gesellschaft, und das Gespräch wurde allgemein.