Alttestamentliches

[255] Nachdem ich mir nun mit der süßen Hoffnung geschmeichelt, sowohl für den »Divan« als für die beigefügten Erklärungen in der Folge noch manches wirken zu können, durchlaufe ich die Vorarbeiten, die, ungenutzt und unausgeführt, in zahllosen Blättern vor mir liegen; und da find ich denn einen Aufsatz, vor fünfundzwanzig Jahren geschrieben, auf noch ältere Papiere und Studien sich beziehend.

Aus meinen biographischen Versuchen werden sich Freunde wohl erinnern, daß ich dem ersten Buch Mosis viel Zeit und[255] Aufmerksamkeit gewidmet und manchen jugendlichen Tag entlang in den Paradiesen des Orients mich ergangen. Aber auch den folgenden historischen Schriften war Neigung und Fleiß zugewendet. Die vier letzten Bücher Mosis nötigten zu pünktlichen Bemühungen, und nachstehender Aufsatz enthält die wunderlichen Resultate derselben. Mag ihm nun an dieser Stelle ein Platz gegönnt sein. Denn wie alle unsere Wanderungen im Orient durch die heiligen Schriften veranlaßt worden, so kehren wir immer zu denselben zurück, als den erquicklichsten, obgleich hie und da getrübten, in die Erde sich verbergenden, sodann aber rein und frisch wieder hervorspringenden Quellwassern.

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Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 3, Berlin 1960 ff, S. 255-256.
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