1807

[257] 19/5305.


An Charlotte von Stein

[1806 oder 1807.]

Donatoa

wartet auf mit Bitte eine Lücke in Ihrer Bibliotheck damit auszufüllen.

G.


19/5306.


An Carl Ludwig von Knebel

Dein Andenken zum neuen Jahr erscheint mir sehr freundlich, wozu die artigen Verse des Franzosen mir liebliche Beylage sind. Es giebt einem gar nicht Wunder, daß die Weiber dieser Nation nicht feind seyn können, da sich das männliche Geschlecht kaum ihrer erwehren kann. Wenn man den Regierungs-[257] rath Müller erzählen hört, der von Berlin mit dem Friedens-Document gekommen ist; so begreift man recht gut, wie sie die Welt überwunden haben und überwinden werden. Wenn man in der Welt etwas voraussähe, so hätte man voraussehen müssen, daß die höchste Erscheinung, die in der Geschichte möglich war, auf dem Gipfel dieser so hoch, ja übercultivirten Nation hervortreten mußte. Man verläugnet sich das Ungeheure, so lange man kann, und vermehrt sich eine richtige Einsicht des Einzelnen, woraus es zusammengesetzt ist. Wenn man aber diesen Kaiser und seine Umgebung mit Naivität beschreiben hört, so sieht man freylich, daß nichts dergleichen war und vielleicht auch nicht seyn wird. Ich hoffe dir bald davon zu erzählen.

Wenn das Schloß von Blessirten rein ist, wag' ich wohl einmal einen Besuch bey euch, denn ich möchte nicht eher hinüber kommen, bis ich Anstalt zur Reinigung und Wiederherstellung machen kann.

Der erste didactische Theil meines Farbenwesens ist bald abgedruckt. Er wird 21 Bogen machen. Der zweyte, polemische wird etwa mit 10 abgethan seyn. Dazu habe ich das Manuscript schon zur Hälfte, nur bedarf es freylich noch einer tüchtigen Revision. Hubers Leben und Briefe habe ich mit großem Antheil gelesen, und ich finde, daß sich aus diesen Characteren, Verhältnissen und Begebenheiten ein sehr interessanter Roman schreiben ließe, weil man als-[258] dann herausheben könnte, was hier vertuscht werden mußte. Daß er mit mir weder als Schriftsteller noch als Mensch fertig werden kann, nehme ich ihm gar nicht übel. Er zeigt übrigens durchaus guten Willen gegen mein Wesen und Treiben; und ist es doch immer die Individualität eines Jeden, die ihn hindert, die Individualitäten der andern in ihrem ganzen Umfang gewahr zu werden.

Hierbey schicke ich eine Pose, die du vielleicht noch nicht gesehen hast und die dir wohl einigen Spaß machen kann.

Für den Wein will ich Sorge tragen, daß er bald bey dir anlangt.

Daß der indische Quietismus mit dem gegenwärtigen nördlichen Treiben einen wunderlichen Contrast in der Betrachtung hervorbringt, ist keine Frage. Du thust aber sehr wohl, in so eine ganz fremde Gegend wie ein Zugvogel hinüber zu eilen.

Grüße die Deinigen und den jungen Voigt von den Meinigen und mir. Ich freue mich unserer nächsten Unterhaltung, für die ich manches aufspare.

Weimar den 3. Januar 1807.

G.[259]


19/5306a.


An Johann Isaak Gerning

Weimar den 6. Januar 1807.

Sie haben, mein Werthester, zu rechter Zeit an unsre Speisekammer gedacht, welche freylich in diesen Tagen manches gelitten haben. Ihre selbstgewachsenen und selbstgedörrten Früchte geben unsrem häuslichen Tisch ganz unerwarteten Reiz und contrastiren durch ihre Süßigkeit mit manchem andern das wir nur durch die Säure aufzubewahren wissen. Sehr schön wär es, wenn wir in der guten Jahrszeit einmal den Bäumen und dem Besitzer persönlich danken könnten. Von den manchen Übeln erhohlen wir uns durch die bekannten Liebhabereyen. Könnten wir denn nicht auch einmal deshalb einen Tauschhandel anlegen? Die[93] besten Dinge, die man zu lange hat, verlieren endlich für unser Gefühl ihren Werth und man sehnt sich zu etwas Neuem. Schicken Sie mir doch einmal so ein Verzeichniß von dem, was Sie allenfalls weggeben. Ich sende Ihnen ein ähnliches dagegen. Die neuen Politica sind noch so sehr im Werden, daß man sie gar noch nicht einmal politisch nennen kann. Indessen ist es wohl billig, daß wir unsre Augen nunmehr nach Frankfurt wenden, wobey denn gelegentlich wohl eines Freundes zu denken ist. Leben Sie recht wohl und geben Sie manchmal ein Lebenszeichen.

Goethe.[94]


19/5307.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erlauben in der Krausischen Succesionssache eine Bemerkung.

[259] Mein neulicher Bericht enthielt ein nur unbestimmtes Gutachten. Ich habe die Zeit über der Sache weiter nachgedacht und bin auf folgendes Interlocut gefallen.

Es geschieht toto die, daß man versiegelte Zimmer um irgend einer Ursache willen resignirt und wieder obsignirt. Ich wünsche daher etwa nachfolgende Weisung zu erhalten, daß man Ankunft der Krausischen Erben die Zimmer resigniren lasse, sich mit ihnen und andern von der Sache unterrichteten Personen dahin begebe, eine Übersicht des Vorhandenen sich verschaffe und die Verhältnisse und den Werth beurtheilen könne, worauf alsdann wieder zu berichten wäre. Es versteht sich, daß man wieder obsigniren ließe, und alles bis zur endlichen Entscheidung in Statu quo bliebe.

Schon seit 14 Tagen quäle ich mich mit den Symptomen meines alten Übels, die zwar nicht heftig, aber doch verdrießlich und bänglich sind, weil man von Augenblick zu Augenblick das schlimmste erwarten kann. Sie sind Ursache, daß ich so lange nicht angefragt habe, wozu ich mir nächstens die Erlaubniß ausbitte.

Mich angelegentlichst empfehlend

Weimar, den 11. Januar 1807.

Goethe.[260]


19/5308.


An Carl August Hofmann

Ew. Wohlgeb.

haben die Gefälligkeit, nach beykommendem Briefe, den ich mir wieder zurück erbitte, die darin verordnete Salbe für mich besorgen, ingleichen etwa 2 Loth Carlsbader Salz in Portionen von 1/2 Quäntchen theilen zu lassen.

Bey dieser Gelegenheit wollte für die Zukunft die Einrichtung vorschlagen, daß nur diejenigen Arzneyen, welche für mich, Frau und Sohn bestimmt sind, notirt, alles übrige für mein Haus verlangte nur gegen baare Bezahlung abgegeben würde, weil sich mit den Domestiken sonst die Sache nicht übersehen läßt.

Alles Gute anwünschend

Weimar den 13. Januar 1807.

Goethe.


19/5309.


An Carl Ludwig von Knebel

Daß es dir und den Deinigen wohlgeht, freut mich von Herzen. Ich halte mich so ziemlich und suche die von Zeit zu Zeit androhenden Übel möglichst auszupariren. Willst du mir das Geld für den Wein schicken, so befördre ich solches mit meinen übrigen Zahlungen an Romann. Ich hoffe, er wird dich gut versorgt haben. Der Kürze wegen ließ ich ihn gleich[261] an dich adressiren, auch, weil ich sonst hier die Abgaben zahlen muß, von denen Ihr frey seyd.

Hierbey liegt auch ein Blättchen an Lenz, wogegen er das Mineralienkästchen wohl aushändigen wird. Diese Woche noch schreib ich an Schelver und auf dessen Antwort werde ich ein Votum aufsetzen und die Commissarische Resolution unserm jungen Freude sogleich mittheilen. Wir wissen freylich bey unsrer Casse noch nicht, was künftig haben werden. Jedermann spricht von Einschränkungen und da sind gerade manchmal gewisse unschuldige Capitel, die in diesem Falle zu leiden haben. Doch hoff' ich das Beste.

Mit dem didactischen Theil meiner Farbenlehre, dem eigentlichen Entwurf derselben, bin ich nunmehr, Gott seys gedankt! fertig. Sobald er völlig abgedruckt ist, es fehlt nur noch ein Bogen daran, erhältst du das Heft. Freylich geht nunmehr eine neue Noth an: denn die polemische Arbeit ist begonnen, ein Theil des Newtonischen Werks, der Optik, wird ausgezogen, übersetzt und mit fortgesetzten Noten begleitet. Dieses Pensum sollte von rechtswegen bis Ostern geleistet seyn, wozu ich Hoffnung habe, wenn nichts Zufälliges dazwischentritt.

Ich bin nicht so ganz Franzosenscheu, daß eben alle von Jena weg seyn müssten, eh ich hinüberkäme; doch erst abwarten, und abwarten, ob sich mein Befinden in diesen gefährlichen Monaten leidlich beträgt wie bisher.

[262] Sonst habe ich wenig zu sagen. Das Theater nimmt die Abende weg, die Morgen sind kurz und der Tag ist vergangen, ehe man viel geleistet hat.

Lebe recht wohl mit den Deinigen.

Weimar d. 14. 1807.

G.


19/5310.


An Nikolaus Meyer

Sehr ungern haben wir vernommen, mein werthester Herr Doctor, daß Sie eine Zeit her an einem bösen Übel gelitten, und freuen uns, daß es wieder besser geht. Lassen Sie uns bald diesen Winter ganz leidlich, doch sehe ich dem Frühjahr und Sommer entgegen, die mir eine Reise nach Carlsbad wieder möglich machen sollen.

Die Bricken sind angekommen und erinnern uns an jene Zeiten, wo noch alles voll auf war, und wo Handel und Wandel sich freyer hin und herbewegte.

Wie sieht es denn jetzt mit der Versendung der Wedgewoodischen Waare aus? Ich wünschte ein Service für 12 Personen, wovon ich das mir übersandte Verzeichniß wieder beylege.

Allein die Gefahr, daß es mir unterwegs weggekapert würde, möchte ich nicht gerne übernehmen. Sie und Ihre Handelsleute werden am besten beurtheilen können, was zu thun ist. Haben Sie die[263] Gefälligkeit, mir darüber nächstens Ihre Gedanken zu sagen. Übrigens leben wir hier in der größten Ruhe, als wenn gar nichts gewesen wäre, und erholen uns nach und nach von den erduldeten Unfällen.

Die Meinigen grüßen zum Besten, wozu ich die Versicherung hinzufügen kann, daß wir unsers Freundes Meyer und seiner lieben Gattin oft in Ehren gedenken.

Weimar den 14. Jan. 1807.

G.[264]


19/5311a.


An Johann Christian von Mannlich

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten mit Gegenwärtigem die hundert und zehn Gulden, vier Kreuzer, mit dem lebhaftesten Dank für die fortgesetzten Bemühungen. Auch künftig soll es mir angenehm seyn etwas von dieser Art auch ferner zu erhalten. Ich bin nur beschämt, daß Sie so oft für mich in Vorschuß gerathen.

Sie verzeihen, wenn ich dießmal nicht sogleich antworte. Unsre Lage war die Zeither bedenklich genug, und ließ uns über manches, was man thun und lassen sollte, in Ungewißheit. Gegenwärtig sind[29] wir sowohl von außen als innen ziemlich ruhig. Möchten Ew. Hochwohlgebornen mir wohl von der neuen Anstalt, die Sie in Augsburg zu treffen gedenken, etwas näheres melden. Wir haben davon nur das Allgemeine gehört und wünschten in dem Intelligenzblatt unserer Literaturzeitung das Publicum von einem so schönen Unternehmen umständlicher zu unterrichten. Darf ich bitten mich meinen Freunden in München zu empfehlen und in freundschaftlichem Andenken zu behalten.

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamsten Diener

Weimar den 22. Januar 1807.

Goethe.


Fast hätte ich vergessen hinzuzusetzen: daß ich die baldige Übersendung durch den Postwagen mir erbitte.[30]


19/5311.


An den Herzog Carl August

Die Wirckung des lebhaftesten Sonnenstrahls nach langem düstrem Wetter, that Ew. Durchl. gnädiger und freundlicher Brief den ich heute früh erhielt und mit wenigen Worten und danckbarem Herzen erwiedere. Gesteh ich's manches Blatt hatte ich an Ew. Durchl. geschrieben und es jederzeit wieder vernichtet, aus Furcht einer unangenehmen Berührung. Denn wenn man sich wohl beobachtet; so fühlt man sich sonderbar aufgeregt und scheut sich oft vor einer Wirckung in die Nähe geschweige in die Ferne. Da Ew. Durchl. noch länger ausbleiben; so bitte inständigst um einen längern Brief und bitte mir die Erlaubniß aus öfter anzuklopfen.

Auf nichts mehr bin ich neugierig als künftig einmal das Detail des Rückzugs der mehr als zehentausend den Sie so glücklich geleitet haben, von Ihnen[264] selbst erzählen zu hören. Dagegen wir mit einigen lustigen Ereignissen aus der bösen Zeit aufzuwarten gedencken. Habe ich etwa in meinem Briefe schon erwähnt wie das Museum der Naturforschenden Gesellschaft durch ein altes Pferde Skelett ist gerettet worden.

Ich eile mit dem gefühltesten Dancke und der Betheurung einer ewigen treuen Anhänglichkeit zu schießen.

W. d. 15 Jan. 1807.

Goethe.


Die heilige Handlung ist vergangen Sonntag früh um eilf anständig und heiter vorgenommen worden, wobey wir es an den besten Wünschen für Ihr Wohl und Ihre Freude nicht fehlen lassen. Also gescheh es!


19/5312.


An Johann Friedrich Cotta

Wenn auch für Sie, mein werthester Herr Cotta, in meinem Briefe etwas unerfreuliches gewesen; so schreiben Sie es unsrer Lage, nicht meinen Gesinnungen zu. Von Preußen zertreten, von Franzosen geplündert, von Süddeutschen verhöhnt zu werden und das alles zusammen in etwa 14 Tagen, das war denn doch eine ziemliche rauhe Probe. Wir wollen hoffen, bey glücklichem Wiedersehen von alle dem Bösen, als einem Vergangenen, reden zu können.

[265] Für die übersendeten Huberischen Schriften dank' ich zum schönsten. Dieser erste Band ist werth, mit allgemeinem Beyfall aufgenommen zu werden und, ich hoffe, die übrigen gleichfalls. Sorgen Sie doch ja, daß alle seine Recensionen mit abgedruckt werden, und zwar in chronologischen Ordnung. Man wird gewiß mit Vergnügen sehen, wie ein solcher Mann zu seiner Zeit über die Phänomene deutscher Literatur geurteilt hat.

Haben Sie doch ja die Gefälligkeit, mir anzuzeigen, wann die von mir den 8. December abgesandte zweyte Lieferung angekommen. Ich bin gewissermaßen unruhig, davon in Ihrem letzten Briefe nichts zu lesen. Ich entschließe mich daher, einen Laufzettel nachzuschicken, damit die Sache komme.

Indem ich Ihren vorletzten Brief nochmals durchsehe, so kann ich doch vermuthen, daß das Paket in Ihren Händen ist. Doch bitte ich um ausdrückliche Nachricht.

Wollten Sie wohl die Gefälligkeit haben, die Summe von 110 Gulden 4 Kr. Rheinisch an Herrn Gallerie Director von Mannlich in München für meine Rechnung zahlen zu lassen, und mir solche zur Last zu schreiben.

Die Aushängebogen sind bey mir nach und nach angelangt. Den ersten, dritten und vierten Theil habe ich vollständig, den zweyten besitze ich nur bis zum 28. Bogen inclusive. Auch fehlt mir der Titelbogen; um deren Nachsendung ich bitte.

[266] Diese Bände ganz ernstlich durchzusehen hat sich noch keine Zeit gefunden; beym flüchtigen Durchblick zeige sich manches, das hingehen mag. Ein einziger Fehler möchte einen Carton fordern, den ich hier unten anzeige.

Der ich von Herzen wohl zu leben wünsche.

Weimar den 23. Januar 1807.

Goethe.


Pag. 64 im 1sten Theil lin. 7 von unten steht:

Das ungebaute Haus, und sollte heißen:

Das neugebaute Haus.

Eben als ich siegeln will, lese ich in der Frankfurter Zeitung folgendes:

La clôture de l'académie de Munich a eu lieu le 31. décembre, en conséquence d'un rescript du roi.

Wenn Sie etwas näheres von dieser Sache wissen, so haben Sie doch die Gefälligkeit, mir es mitzutheilen. Diese Nachricht beunruhigt mich wegen mehrerer Freunde.


19/5313.


An Carl Ludwig von Knebel

Da die Franzosen dasjenige lustig behandeln können, was ihnen eben keine Ehre macht, so sollten wir ja auch wohl den Muth haben, darüber zu lachen, was uns Schaden bringt. Ich sende dir daher beyliegend einen Spaß, der uns zwar nicht ganz ver-[267] ständlich ist, der aber Stellenweise dir gewiß Vergnügen machen wird. Ob ich mich gleich diese Tage her nicht zum besten befand, so habe ich mich doch auf den Beinen erhalten, und hoffe so fortzufahren.

Schelver hat seine Stelle resignirt. Ich werde nun Herrn Geh. Rath Voigt wegen der Zukunft meine Vorschläge thun. Ob alles beym alten bleiben wird, weiß ich nicht; doch will ich unsern jungen Freund aufs mögliche besorgt seyn.

Lebe recht wohl und grüße die Deinigen.

Weimar den 24. Januar 1807.

G.


19/5314.


An Friedrich Heinrich Wilhelm Körte

Weimar den 24. Januar 1807.

Sie sollen Dank haben, mein werthester Herr Körte, daß Sie mich an Lessings Portrait erinnerten. Seine Nähe hat mir viel Freude gemacht. Es ist wohl eingepackt und geht mit dem Postwagen ab.

Das übersendete Büchlein hat mich, wie Sie leicht denken können, betrübt. Warum kommen doch solche Verhältnisse ins Publikum? Es ist aber einmal nicht anders. Dießmal haben Sie denn freylich die Mehrheit auf Ihrer Seite: denn in diesem Falle liebt man den Verrath und man kann den Verräther nicht hassen.

Demoiselle Bardua macht ihre Sache recht gut. Ich wünsche, daß sie noch ein Jahr bey uns bleibt,[268] damit sie noch einige Stufen ersteige, und nicht, wie es so oft zu geschehen pflegt, in der Etage verweile, wohin sie gelangt ist.

Wir ergetzen uns alle Tage an der plastischen Nachbildung jenes schönen Kindes, das auch Ihnen so sehr am Herzen liegt, und wünschen zum Voraus alles Gute.

Mich zu freundliches Andenken empfehlend

Goethe.


19/5315.


An Johann Friedrich Cotta

Weimar den 24. Januar 1807.

Kaum ist mein Brief abgegangen, so entstehen wieder neue Unannehmlichkeiten durch die allgemeine Zeitung, indem ein Artikel aus Gotha nicht private, sondern öffentliche Verhältnisse verletzt. Es steht derselbe in Nr. 13. Man kann das behauptete nicht mit Stillschweigen übergehen, und verlangt höheren Ortes von mir, nachstehendes an Sie, mein werthester Herr Cotta, abzusenden, damit es gleichfalls in jene Zeitung eingerückt werde. Es ist recht traurig, daß in Zeiten, wo man so viel zu leiden hat, auch noch durch diejenigen die Übel vermehrt werden, welche sie nur das Zeitung- und Tageblatts-Wesen leider schon so ausgeartet, daß sich nichts Gutes mehr davon hoffen läßt. Verzeichen Sie, daß ich abermals[269] beschwerlich bin, allein ich konnte diesem Auftrag nicht ausweichen, und bleiben Sie übrigens meiner alten unveränderten Gesinnung versichert.

Goethe.


[Beilage.]

Weimar den 23. Januar 1807.

Die Accessionsacte der fünf sächsischen Herzoge zum Rheinischen Bunde ist schon in öffentlichen Blättern abgedruckt erschienen. Daraus erhellet, wie grundfalsch das Vorgeben ist, als wenn dem Herzoglichen Hause Gotha ein wohlhergebrachter Vorrang vor den übrigen Ernestinischen Sächsischen Häusern auch in dieser Acte zugesichert worden sey. Eben so falsch ist es, wenigstens in Beziehung auf Sachsen-Weimar, daß ein solcher Vorrang hergebracht, oder durch irgend eine andre Acte begründet sey. Denn man findet in jedem genealogischen Handbuche, daß die Primogenitur bey Sachsen-Weimar sey, und daß der jetzige regierende Herzog von Weimar den übrigen regierenden Herzogen zu Sachsen vorgeht, als worauf doch unter diesen Herzogen der Persönliche Vorgang, der Hausverfassung gemäß, beruhet.


19/5316.


An den Herzog Carl August

Wenn ich nicht unter den ersten erscheine, die Ew. Durchl. heute persönlich, lebhaft und herzlich be-[270] grüßen; so sind meine Übel Schuld mit denen ich mich wieder seit einiger Zeit herummaneuvrire. Es scheint sie möchten gern ihr Jahrsfest auf meine Unkosten bey mir feyern und ich thue das mögliche sie von meinem Terrain abzuhalten.

Doch warum muß ich am heutigen Tage von Übeln reden! da uns am heutigen Tage von Übeln und Sorgen befreyt. Fühlen Sie in der Mitte der Ihrigen wie gewünscht und ersehnt Sie zurückkehren und gedencken dessen, der ewig treue Gesinnungen hegt und sich im Stillen manches Vergangen erfreut da sich wieder auf die Zukunft sicher hoffen läßt.

W. d. 29. Jan. 1807.

Goethe.


19/5317.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

haben so lange nichts von mir vernommen, daß ich mich über mein Stillschweigen thätiger entschuldigen möchte, als es gegenwärtig durch die wenigen Worte über unsres Müllers Rede geschieht. Ein paar Recensionen sind mir ins Stocken gerathen, weil ich die Sache zu ernsthaft nahm, und freylich, wo soll jetzt der leichte gute Humor herkommen, mit dem man manche Dinge behandeln müßte.

Nehmen Sie indessen die Versicherung meiner lebhaften Theilnahme an allem, was Ihnen begegnet;[271] nehmen Sie meinen Dank für so manche schöne Unterhaltung und Belehrung, welche mir Ihre Literaturzeitung so reichlich gewährte. Mit Sehsucht sey' ich dem Frühjahr entgegen, das wiederaufentstehende Jena zu besuchen und mein Scherflein wenigstens zu Gunsten einer neuen Epoche beyzutragen.

Ich empfehle mich zu geneigten Andenken und wünsche das beste Gedeihen.

Weimar den 21. Februar 1807.

Goethe.


19/5318.


An Johann Friedrich Blumenbach

Weimar den 23. Februar 1807.

Ew. Wohlgeboren

haben hoffentlich das kleine Paket mit den Carlsbader Steinen erhalten, das ich vorlängst abschickte, und gedenken unserer wohl in allem Guten, sowie unsre glücklich zurückgekehrten Flüchtlinge noch sehr lebhaft sich der guten Stunden erinnern, die sie mitten in den verworrensten Zeiten bey dem ruhigen und frohen Naturforscher zugebracht haben.

Gegenwärtig habe ich einen Wunsch vorzutragen, und es ist der, daß wir bey einer neuen Ausgabe von Winkelmanns Werken, zu der Anstalt gemacht wird, uns auch jener Umarbeitung des Aufsatzes über die Baukunst, welchen Ihr Herr Sohn im Manuscript besitzt, bedienen dürften.

[272] Ich habe, da er mir früher mitgetheilt war, eine Abschrift davon für die geheime Schatzkammer unserer Bibliothek machen lassen und wir erbitten uns nunmehr die Erlaubniß zum öffentlichen Gebrauch. Könnten wir das Original zu näherer Durchsicht nochmals auf einige Zeit erhalten, so würde der Abdruck desto correcter ausfallen.

Daß in so zerstörenden Momenten unsere Jenaischen Sammlungen verschont worden, hat Sie gewiß gefreut. Für die mineralogische besonders wäre es Schade gewesen, da sie in ihrer Art große Vorzüge hat.

Das botanische Institut ist auch noch ziemlich davongekommen, obgleich der Aufseher viel gelitten hat und das Wohnhaus übel behandelt worden ist. Wir haben Ihrem guten Neveu D. Voigt die Aufsicht übertragen und ich bin eben daran, ihm das Häuschen wieder einrichten zu lassen. Ich habe ihn bey Gelegenheit, als ich den Batschischen Nachlaß von Schulden befreyte und, was der Gesellschaft angehörte, in Ordnung bringen ließ, genau kennen lernen und habe mich über den graden Sinn und die Thätigkeit des jungen Mannes sehr gefreut. Ich hoffe für das Institut und sonst viel Gutes von ihm.

Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und allen, die sich in Göttingen meiner freundlichen erinnern mögen. Müßte ich diesen Sommer nicht nach Carlsbad, so sähen Sie mich gewiß bey sich, denn ich habe wieder so manche Fragen[273] gesammelt, die nur dort von Lebenden und Abgeschiedenen beantwortet werden können.

Goethe.


Gedenken Sie doch mein, wenn Ihnen eine merkwürdige Handschrift alter oder neuer Zeit durch die Hände geht.


19/5319.


An Carl Ludwig von Knebel

Da ich bey mir einigermaßen Ordnung mache, so finde ich den Kästner, der dein gehört, und den Gautieri, den ich dem D. Voigt zu übergeben bitte. Es liegt auch ein Papier drin, das er zu seinen Acten nehmen wird. Ich freue mich auf diesen jungen Mann, wenn er nur erst sein neues Quartier wird bezogen und sich in seine neuen Verhältnisse eingerichtet haben. In seinem letzten Brief detaillirt er mir, wie er mit Anwendung der metamorphosischen Ideen vorwärts geht, und ich gestehe, es gelingt ihm recht gut. Wenn er noch ein paar Puncte überwindet, so bleibt nichts weiter zu erinnern. Bey unsrer nächsten Zusammenkunft will ich ihm drüber hinaushelfen, wenn er nicht indeß, wie mir sehr wahrscheinlich ist, darüber hinwegkommt.

Der zweyte polemische Theil meines chromatischen Werks wächst auch zusehends. Es ist aber immer eine schreckliche Arbeit. Wenn sie fertig ist, wird[274] man kaum glauben, daß man sie gemacht hat. Aus dem gröbsten bin ich durch; aber nun muß das alles noch einmal erst bedacht, redigirt, vieles nochmals durchexperimentirt und manches umgeschrieben werden. Indessen, wenn nur jeden Tag etwas geschieht, so sammelt sichs doch zuletzt, und ich treibe diese Arbeit mit desto mehr Lust, weil ich nach ihrer Beendigung an den historischen Theil der Farbenlehre gelange, den ich als ein Symbol der Geschichte aller Wissenschaften behandeln kann. Dabey kann ich denn freylich kaum an einen Termin denken, wann das alles fertig seyn soll. Doch das hat nichts zu sagen. Wir leben ohnehin mehr, als man glauben sollte, außer der Zeit.

Gestern besuchte mich Herr v. Dohm, der von Warschau kam; und obgleich das, worüber man sprach, sehr unerfreulich war, so erquickte man sich doch, einen so tüchtigen, standhaften und unter allem Wechsel seinem Geschäft treu bleibenden Mann zu sehen. Solche Stärkungen werden denn doch von Zeit zu Zeit Bedürfniß.

Die Vorstellung vom Tasso hat einen sehr guten Eindruck gemacht, einen bessern als ich erwarten konnte. Vielleicht haben dir die Frauenzimmer davon geschrieben. Übrigens ist noch mancherley interessantes angelangt, das ich dir wohl einmal zu zeigen wünschte; z. E. eine unzweifelhafte Cellinische Medaille, die freylich etwas durch Übergoldung an Schärfe verloren[275] hat, doch aber seine Kunst und Art noch recht gut erkennen läßt.

Laß mich bald wieder von dir vernehmen und sey mit den Deinigen von mir und den Meinigen aufs beste gegrüßt.

Weimar den 25. Februar 1807.

Goethe.


19/5320.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey den Betrag der übersendeten Silberblicke. Vielleicht sind wir von Seiten fürstlicher Commission um Ostern in dem Falle, Ew. Wohlgeboren etwas, nach dem Beyspiel des guten Bergmeisters, zu Liebe zu thun.

Ich freue mich, daß doch noch immer etwas zu unsern Schätzen hinzukommt, sowie ich nicht genug glückwünschen kann, daß sie erhalten wurden. Ich verlange sehr nach so langer Zeit, einmal wieder das Jenaische Schloß zu betreten, wo ich so manche gute Stunde gehabt habe, und von meiner Seite zu Herstellung der Beschädigten das mögliche beyzutragen.

Der ich von Herzen wohl zu leben wünsche.

Weimar den 25. Februar 1807.

Goethe.[276]


19/5321.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell. übersende

1) ein Schreiben von Paris, das an die Bibliotheks-Commission abgegeben worden. Sollte man es nicht zu Serenissimi Kenntniß bringen? denn unsrer Casse möchten die fastes de la nation française doch etwas zu schwer fallen.

2) Das Schreiben eines Magisters, der sich Student unterschreibt und der wohl zeitlebens Student bleiben wird.

Weimar den 25. Februar 1807.

G.


19/5322.


An die Herzogl. Sächsische Kammer

Gehorsamster Promemoria.

Indem Unterzeichneter der Herzogl. sächsischen Cammer Weimarischer Abtheilung für das mitgetheilte Document den gehorsamster Danck abstattet; so verfehlt er nicht dasselbe von seiner Seite vollzogen sogleich zurückzusenden; wobey er nur bemerckt daß die Nummer des Hauses 422 sey, wie solches die Nummern der Nachbarhäuser und die bisherigen Einquartierungs-Billette ausweisen. Sodann überläßt er Fürstl. Cammer gefällig zu beurtheilen inwiefern bey Übergabe des gnädigsten Schenckungsbriefes bey[277] dem hiesigen Stadtrathe zu gerichtlicher Confirmation auch er, allenfalls durch einen Bevollmächtigten zu concurriren habe und erwartet deshalb beliebige Anleitung.

Weimar d. 25. Febr. 1807.

Goethe.


19/5323.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey die Antikritik nebst der gar schönen Gegenrede des Recensenten; es soll mir angenehm seyn, beyde bald gedruckt zu sehen. Übrigens muß Herr Wünsch einen sehr schlechten Magen haben, daß er den Gurkensalat immer noch nicht verdauen kann.

Herrn Windischmann machen Sie gelegentlich viel Empfehlungen von mir und sagen Sie ihm, daß ich bey meinen chromatischen Arbeiten sehr auf ihn zähle. Wie oft wünsche ich, mich mit ihm unterhalten zu können! Gewiß würde ich über manches geschwinder hinauskommen und das Ganze würde sich besser fügen.

Daß wir unserm Freund Müller etwas Erfreuliches erzeigen, hat er wohl um uns verdient. Auch ihn bitte ich vielmals zu grüßen.

In Hoffnung einer baldigen Frühlingszusammenkunft wünsche ich das Beste.

Weimar den 28. Februar 1807.

Goethe.[278]


19/5324.


An Franz Ludwig von Hendrich

Des Herrn Major von Hendrich Hochwohlgeboren werden gehorsamst ersucht, nach nebenstehenden Vorschlägen die Reparaturen des botanischen Gartenhauses vornehmen lassen, und dabey gänzlich nach einiger Überzeugung zu Werke zu gehen.

Sehr angenehm würde es fürstlicher Commission seyn, wenn die Arbeit zu Ostern beendigt wäre und nicht über 60 Thaler zu stehen käme.

Weimar den 4. März 1807.

Goethe.[279]


19/5324a.


An den Herzog Carl August

Durchlauchtigster Herzog

Gnädigster Fürst und Herr

Ew. Hochfürstliche Durchlaucht geruhen Sich aus beykommenden Acten die gegenwärtige Lage des hiesigen freyen Zeicheninstituts unterthänigst vortragen zu lassen.

Nach Fol. 1 hat der Rath Krause, welcher in den Kriegsereignissen viel gelitten hatte, sich in das Haus des Legationsrath Bertuchs begeben, und man ließ, auf seinen Antrag, sogleich die Stunden durch Professor Meyer und die Unterlehrer fortführen, indessen sich der Tod gedachten Rath Krauses ereignete. Man machte verschiedene Einrichtungen nach Fol. 2; und da[94] ein eingereichtes Verzeichniß Fol. 4 und ff. nicht auslangend gefunden wurde; so ließ man Fol. 3 ein gedrucktes Schema abgeben, durch dessen Ausfüllung man über die Schüler und Ihre Absichten näher unterrichtet wurde. Es hat sich auch der Zudrang zu gedachter Anstalt täglich vermehrt, so daß man gegenwärtig wohl 250 Schüler zählt, deren Fähigkeiten und Vorschritte man genau beobachten wird.

Wie es mit demjenigen beschaffen, was der Zeichenschule an Vorschriften u.s.w. eigenthümlich zugehöre, ist aus Fol. 15 und 16 zu ersehen; welchem nach ferner, wie aus Fol. 33 erhellt, bey Resignation des Krausischen Nachlasses, das Nöthige besorgt worden.

Da sich denn aber nöthig macht, daß die ganze Einrichtung völlig wieder hergestellt werde, und der Director derselben unmittelbar dabey wohne; so ergeht das unterthänigste Gesuch an Ew. Hochfürstliche Durchlaucht dahin, obgedachtem Professor Meyer, als einem würdigen und erprobten Manne, die erledigte Stelle zu conferiren.

Was die Emolumente bey diesem Institute überhaupt betrifft; so erhielt Rath Krause von Fürstlicher Cammer 400 Thaler jährlich, Professor Meyer 300, von den Unterlehrern jeder 100; wozu jedoch verschiedene Cassen beytrugen.

Wollten nun Ew. Hochfürstliche Durchlaucht die dem Rath Krause bisher gegönnten 400 Thaler bey dem Institute lassen; so könnten 100 davon dem Professor[95] Meyer zugelegt werden, so daß er wie sein Vorgänger stünde; jedem der Unterlehrer legte man 25 Thaler zu, und die übrigen 200 würden dem Professor Meyer gleichfalls in vierteljährigen Terminen ausgezahlt, welche derselbe Fürstlicher Commission zu berechnen hätte. Man würde dafür dasjenige zu bestreiten suchen, was bisher aus Ew. Durchlaucht Schatulle noch besonders vergütet worden, und sich jährlich, nach einem Durchschnitt der letzten vier Jahre auf 250 Thaler belief; wobey denn die Anschaffung des Holzes und die Unterhaltung des Dieners beym Institut die stärksten Posten ausmachten.

Man setzt jedoch dabey voraus, daß man beym Abgang des gegenwärtigen Academiedieners die Stelle von Seiten fürstlicher Commission selbst zu besetzen habe, um dabey einige Ersparniß machen zu können.

Was übrigens denjenigen Punct betrifft, über welchen Fürstliche Commission nach Fol. 25 unterthänigst zu berichten hätte; so scheint sich derselbe von selbst zu erledigen, indem dasjenige, was die Krausischen Erben von dem Kunstnachlasse an Fürstliche Zeichenschule zu überlassen gedenken, nicht von sonderlicher Bedeutung zu seyn scheint. Man hat jedoch, da sich wegen Enge des Platzes und der Verworrenheit der Verhältnisse keine eigentliche Würdigung anstellen ließ, diese sämmtlichen Gegenstände bey Seite gebracht und verwahrt, und man wird solche,[96] sobald das Quartier einigermaßen in Ordnung, genauer zu schätzen suchen.

Der sich mit lebenslänglicher Verehrung unterzeichnet

Ew. Durchl.

unterthänigst treugehorsamster

Weimar

Johann Wolfgang von Goethe.

den 5. März 1807.[97]


19/5325.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

ersuche, mir gefälligst die Namen der Professor auf den verschiedenen Akademien in beyliegendes Schema einschreiben zu lassen, da sich in Ihrer Expedition deshalb gewiß so manche finden.

Manche neuere Recensionen in Ihrer Zeitung haben mir abermals großes Vergnügen gemacht. Gewiß werden Sie auch für eine recht gute Recension der Weihe der Kraft sorgen. Es ist der Mühe werth dieses nicht verdienstlose, aber monstrose Werk gehörig zu würden. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 7. März 1807.

Goethe.[279]


Als ich schon gesiegelt hatte, fällt mir noch eine Frage ein: wollten Sie Sich doch bey Herrn Professor Luden erkundigen, ob er einen französischen Roman von mir erhalten hat und ob er noch Gebrauch davon machen will? Wäre dieses nicht, so erbäte ich mir das Exemplar bald zurück.


19/5326.


An Franz Kirms

Herr Unzelmann tritt bey mir ein mit wunderlichen Reden, wie er einen Brief von seiner Mutter habe, die sich doch sonst um seinen Vater nicht bekümmert, daß sein Vater krank sey und daß die Gegenwart des liebenswürdigen Jünglings in Berlin erwünscht und nothwendig seyn möchte. Er bittet um einen Urlaub, da jetzt die stille Woche eintritt u.s.w.

Wenn irgend etwas von Bedeutung vorgefallen wäre, so würden Vater und Mutter mir wohl selbst schreiben; aber auf einen Brief hin, den er nicht einmal producirt, Urlaub zu geben, den wir so streng verweigern, würde nicht räthlich seyn. Wollten Ew. Wohlgeboren wohl der Sache ein wenig näher auf den Grund sehen.

Weimar den 10. März 1807.

G.[280]


19/5327.


An Friedrich Hildebrand von Einsiedel

Weimar den 11. März 1807.

Die Rollen deines Stückes, mein lieber Freund, sind ausgeschrieben. Hierbey folgt die Austheilung; wenn du sie billigst, soll sie also abgehen.

Ich wünsche, daß du in der Leseprobe seyn mögest. Ich werde auch dabey entweder selbst oder durch einen Abgeordneten erscheinen. Wegen Aussprache der Namen und mancher Schreibfehler in den Rollen ist diese erste Aufmerksamkeit sehr nöthig.

Nun komme ich aber mit einer Bitte, ob du mir nicht von der Herzogin und den Fräuleins etwas von putzenden Kleidungsstücken, auch einigen Redouten-Trudel an Silberspitzen, Vordüren, Flintern und dergleichen verschaffen kannst, um Philematium herausputzen. Ich erinnere mich noch, wie gut die Götz in den Brüdern aussah, wodurch das ganze Stück gehoben wurde. Damals aber waren es bessere Zeiten und ich kann jetzt auf die Garderobe wenig verwenden. Auch ist die Elsermann noch nicht lange beym Theater und hat selbst nur wenige Fähnchen. Das übrige wird sich finden, die Decoration ist auch auf gutem Weg.

G.[281]


19/5328.


An Nikolaus Meyer

Weimar den 11. März 1807.

Daß die Sendung von Wein und Butter (also das Schmackhafteste, was die Erde trägt, weil die Butter uns statt seinen Öles gilt), glücklich angekommen sey, will ich mit wenigem melden.

Die versprochenen Antiquitäten und Novitäten an Münzen und Porzelain haben Sie wohl Ursache zurückzuhalten. Lassen Sie uns ja manchmal von sich hören und haben Sie die Gefälligkeit, mir zunächst eine Rechnung zu senden. Was ich für Sie auslegte, ist sehr einfach. Verzeichen Sie, daß die Posten Ihrer Gegenrechnung mannigfaltiger und mühsamer sind. Gute Sorten Wein, wenn Sie zufällig um leidliche Preise dazu kommen, senden Sie uns immer, nur nicht in zu großen Dosen. Im neu angekommen Franzwein haben wir schon Ihre Gesundheit getrunken. Was Sie uns vom Bremischen Zustand sagen können, lassen Sie uns doch wissen. Wir haben uns nothdürftig hergestellt, und was vorher am besten stand, steht jetzt wieder am besten, und so stufenweise hinunter bis zu dem, was gar nichts taugt und woran nichts verloren ist. Grüßen Sie Ihr schönes liebes Weibchen von uns allen, und bleiben unser gedenk.

Goethe.[282]


19/5390.


An Carl Ludwig von Knebel

Die Krankheit des guten Voigt ist mir sehr unangenehm und ich danke dir deshalb, daß du mich so bald beruhigt. Es wäre ein sehr großer Verlust gewesen, wenn er bey so schönen Kräften und so gutem Willen uns wäre entrissen worden. Grüße ihn ja vielmals von mir.

Daß Hegel nach Bamberg gegangen, um den Druck seiner Werke zu sollicitiren, ist mir sehr lieb. Ich verlange endlich einmal eine Darstellung seiner Denkweise zu sehen. Es ist ein so trefflicher Kopf und es wird ihm so schwer, sich mitzutheilen!

Daß die moderne Rhythmik ohne Poesie in der Gestalt einer Recension dich würde belustigt haben, daran hatte ich keinen Zweifel. Es ist übrigens recht gut, daß die Deutschen durch entsteht, ist wohl nicht für uns, doch für unsre Nachfahren nützlich und bequem. Die Menschen können nichts mäßig thun, sie müssen sich immer auf eine Seite legen. In zehn Jahren wird der Dünkel, womit die Rhythmiker von der strengen Observanz sich jetzt vernehmen lassen, höchst lächerlich seyn, und doch leisteten sie nicht, was sie leisten, wenn sie sich nicht soviel darauf einbildeten.

Zu dem Oratorium wünsche ich Glück. Die Jahrszeit ist mir denn doch noch zu unfreundlich, sonst be-[283] suche ich euch bey dieser Gelegenheit; und daß das Fest in der Kirche gegeben wird, macht die Sache für mich noch bedenklicher.

Lebe recht wohl. Besuche uns bald. Du findest bey uns schöne neuangekommene Sachen.

Weimar d. 14. März 1807.

G.


19/5330.


An Heinrich Luden

Sidner habe wohl erhalten. Er steht jederzeit wieder zu Diensten. Der Punct wegen der Pension ist, so viel ich weiß, schon zu Ihren Gunsten entschieden. Was die Biographie des Herzogs Bernhard betrifft, so habe ich den Gedanken daran lange aufgegeben. Warum dieses geschah und wie ich die Sache überhaupt ansehe, werde ich mündlich eröffnen, sobald ich das Vergnügen habe, Sie zu sehen. Vielleicht entschließen Sie sich alsdann, diese Arbeit zu übernehmen. Mit vieler Theilnahme gedenke ich stets des Unfalls, der Sie betroffen hat, und wünsche in der Folge Ihnen manches Freundliche und Nützliche erzeigen zu können.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 14. März 1807.

Goethe.[284]


19/5330a.


An Johann Heinrich Voß d. J.

Weimar, 17. März 1807.

Noch habe ich Ihnen, mein bester Voß, für Ihren letzten gehaltreichen Brief nicht gedankt, als Sie mich schon wieder mit einer neuen Sendung erfreuen. Fahren Sie doch ja fort mit Ihren Schilderungen Ihres Heidelbergischen Kreises, damit ich immermehr angereizt werde, wo nicht in Person, doch in meinen Progenituren einen Besuch abzustatten. August neigt sich schon sehr dorthin, um wieder wie vormals der Nachbar seines geliebten Lehrers zu seyn.

Was die Anzeige Ihrer Vorlesung betrifft, so erregt die Fülle wirklich Verwunderung. Gott gebe den Sämännern Glück und der Saat Gedeihen. Schade daß man eine solche Darstellung nicht im Kreise kann abdrucken lassen: denn jetzt, wenn man sich vorstellt, daß das zu lehrende von vorn bis hinten, von oben bis unten, aufgestellt seyn sollte, so macht der Anblick uns gewissermaßen verwirrt. Indessen kommt es ja auf einen Jeden an, wo er seine Mitte hinsetzen will, und Sie werden uns wohl verzeihen, daß wir diese Anzeige lieber von hinten hervorgelesen haben. Sehen Sie selbst einmal auf der andern Seite, wie hübsch sich das hinterst zuvörderst ausnimmt. – Empfehlen Sie mich Ihren lieben Eltern und allen Wohlwollenden.

Goethe.


[487] 1) Körperliche Übungen.

2) Naturkunde.

3) Mathematische Wissenschaften.

4) Geschichte mit ihren Hülfswissenschaften.

5) Philosophische Wissenschaften.

6) Bildende Künste.

7) Schöne Literatur und deutscher Styl.

8) Philologischer und humanistischer Unterricht.

9) Staatswirthschaft.

10) Arzneygelahrtheit.

11) Rechtsgelahrtheit.

12) Gottesgelahrtheit.

13) Allgemeine Encyclopädie und Literaturgeschichte.

Wenn Sie das Schema auf diese Weise betrachten, so stellt es sich sehr merkwürdig dar; vorzüglich auch, daß der deutsche Styl immer in der Mitte bleibt, und die Philologie sich als Achse, worum sich das Ganze dreht, noch immer darstellen muß. Jeder Freund eines mystischen Schematismus wird noch viel mehr zu finden aufgeregt werden. Leben Sie wohl und gedenken Sie unser.

G.[488]


19/5331.


An Johann Friedrich Cotta

Weimar den 18. März 1807.

Sie haben mir, werthester Herr Cotta, durch Ihre Sendung vom zweyten März ein doppeltes Vergnügen gemacht. Die verschiedenen Abdrücke meiner Werke nehmen sich recht gut aus. Ich bedaure den Irrthum wegen der Velinexemplare, weil gerade diejenigen Liebhaber, welche etwas auzuwenden geneigt waren, dadurch verkürzt werden.

Auch das Humboldtische Werk war mir sehr angenehm, da ich schon so lange drauf gewartet hatte. Die Belehrung, die mir dadurch zuwächst, sowie die Ehre, die mir erzeigt, machen mir diesen Band sehr werth.

Vermuthlich ist die Scene aus Wallenstein nicht gedruckt, vielleicht auch nicht einmal in Ihren Händen; drum sende ich sie für das Morgenblatt, Nur bitte ich bey dieser Mittheilung, sowie bey den übrigen, die ich wohl bald nachsende, meinen Namen nicht zu nennen. An den Damen-Calender habe ich auch schon gedacht und hoffe, dieß Jahr etwas gefälliges zu senden.

Zu dem Humboldtischen Werke gehört ein in Kupfer gestochener Durchschnitt, worauf er sich durchaus bezieht. Dieser ist wohl noch nicht fertig. Ich bitte, mir ihn bald möglichst zu verschaffen.

[285] Der ich recht wohl zu leben wünsche und der Hoffnung entgegensehe, Sie in wenigen Wochen bey mir zu begrüßen.

Goethe.


19/5332.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

habe zuvörderst für manche schöne Recension zu danken. Der Montag wird durch die Ankunft Ihrer Zeitung jederzeit ein Fest: des Abends wird daraus vorgelesen und verschafft einen gemeinsamen Genuß.

Ihre Bedenklichkeit wegen der Medaille hat auch die unsere erregt und wahrscheinlich wird man damit noch zurückhalten. Man hält es ja sonst immer für ein Glück, wenn neutral bleiben kann.

Herr von Mannlich hat uns von München seinen Plan der Vertheilung der königlich bayerischen Gemähldesammlung in München, Schleißheim, Augsburg, Landshut und Bamberg übersendet. Professor Meyer hat vortreffliche Anmerkungen dazu gemacht und es ist dadurch ein Aufsatz entstanden, der allgemeine Theilnahme erregen wird; nur ist er etwas lang und es fragt sich, wie man ihn ins Publicum bringt. Ein Osterprogramm werden Ew. Wohlgeb. nicht drucken wollen, da es das Publicum nicht erwartet. Möchten Sie ihm ein Intelligenzblatt widmen, so würde es vielleicht wohl das Beste seyn. Auf alle Fälle sende ich das Werk, sobald wir solches nochmals durchgegangen.

[286] Wenn ich nicht irre, so schickte ich Ew. Wohlgeb. einmal ein Verzeichniß von Autographis berühmter Männer, die ich besitze. Dürfte ich Ew. Wohlgeb. ersuchen, mir solches zurückzusenden, wenn Sie auch gegenwärtig weder Zeit noch Gelegenheit haben Sollen, meine mancherley Orten her einen schönen Zuwachs bekommen, den ich nachtragen möchte.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich bestens empfehle.

Weimar den 25. März 1807.

Goethe.


Können mir Ew. Wohlgeb. nicht noch mit einem Neujahrsprogramm aushelfen?


19/5333.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

danke recht sehr für das übersendete Buch. Ich hoffe daraus Belehrung und Vergnügen zu schöpfen. Sehr angenehm war mir's zu vernehmen, daß bey allen diesen Unruhen unsre Gönner und Geber noch immer fortfahren, an uns zu denken. Ich wünsche bald bey Ihnen einzutreffen und mich über das alte erhaltene und neu angekommene zu freuen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 25. März 1807.

Goethe.[287]


19/5334.


An Carl Friedrich Zelter

Hierbey sende durch gute Gelegenheit die erste Lieferung meiner Werke. Ich hatte gehofft, daß sie Ihnen in friedlicheren Stunden zukommen sollten; allein da es doch auch in den schlimmsten Zeiten langweilige Stunden giebt, die man sich mit Lesen vertreiben mag, so kommen diese Bände vielleicht auch zur rechten Zeit.

Lassen sie mich bald von sich hören. Von mir weiß ich nichts zu sagen, als daß ich die ruhigen Intervall, die uns gegenwärtig gegönnt sind, so gut als möglich benutze, um der Vergessenheit und Vergänglichkeit zu entziehen, was ich gedacht und allenfalls geleistet habe.

Könnten Sie durch einige meiner Lieder aufgeregt werden, sie zu componiren, so würde mir das ein erfreulicher Beweis Ihres Daseyns und Ihrer Neigung werden.

So viel für dießmal, mit einem herzlichen Gruße von den Meinigen.

Weimar, den 27. März 1807.

G.


19/5335.


An Heinrich Schmidt

Sie haben mir, werthester Herr Schmidt, durch Ihre Briefe viel Vergnügen gemacht, durch die Sie[288] mich theils von dem Zustande der so wichtigen Entreprise ferner benachrichtigen und zugleich die vertraulichen Eröffnungen fortsetzen. Nunmehr tritt aber ein Umstand ein, über den ich mich auch ganz aufrichtig erklären möchte, damit ein wechselseitiges Vertrauen nicht etwa gestört werde. Madame Beck, als die Anweisung jenes von Wien aus ihr zugestandenen Vorschusses hier ankam, behauptete, wegen des niedrig stehenden Curses nicht die sämmtlichen hiesigen Schulden auf einmal tilgen zu können, und verlangte, man sollte das noch fernerhin gestunden und ihr Frist geben, von Wien aus diese Posten zu bezahlen. Man schlug ihr dieses ab und sie trat nunmehr mit dem Gesuche hervor, daß man sie bey dem beschieden, daß da sie einmal ihren Abschied genommen und mit der wiener Direction contrahirt, man sie nicht eher hier wieder aufnehmen werde, als bis sie von dort ihre Entlassung erhalten. Ich melde dieses nachrichtlich, damit kein Misverständniß entstehe, wenn Madame Beck über diese Sache nach Wien schreibt. Empfängt sie von dort hinreichenden Vorschluß, daß sie ihre hiesigen Schulden bezahlen kann, so wird man nicht anstehen, sie zu entlassen. Entläßt man sie dort, so wird man kein Bedenken haben, sie hier wieder anzunehmen, weil sie zwar eine sehr wunderliche Frau, doch eine sehr brauchbare Schauspielerin ist. Dabey versteht sich[289] von selbst, daß sie bis zu ausgemachter Sache auf dem hiesigen Theater nicht auftreten, noch auch hier einige Sage erhalten kann. Haben Sie die Gefälligkeit, mir die dortigen Entschließungen zu melden.

Die verlangten Stücke lasse ich abschreiben und werde mir ein Vergnügen machen, damit zu dienen. Empfehlen Sie mich den Herren, die meiner mit Neigung gedenken, auf das allerbeste. Es sollte mir ein großes Stück seyn, wenn die Umstände mir erlauben, bald eine persönliche Aufwartung zu machen. Wenn die Kriegsbewegungen mich nicht verhindert, so gehe ich nach Pfingsten ins Carlsbad und wünsche vorher noch einige Nachricht von Ihnen zu erhalten. Mich bestens empfehlend u.s.w.

Weimar, den 27. März 1807.


19/5336.


An den Herzog Carl August

Unterthänigster Vortrag.

Das Fach der Liebhaber ist eben so besetzt, daß man den Schauspieler Haide künftig bey dem hiesigen Theater wohl missen und dessen Sage in den jetzigen Zeiten dadurch ersparen kann. Wenn EW. Herzogliche Durchlaucht dem Gesuche desselben gnädigst deferiren und ihm die Annahme des Wiener Engagements im Laufe des jetzigen Contracts, jedoch ohne Consequenz auf ähnliches Gesuch anderer[290] Mitglieder, die man nicht wohl entbehren kann, erlauben wollen, so wird man schleunige Vorkehrungen zu treffen suchen, daß dessen Rollen noch vor dem Abgange der Gesellschaft nach Leipzig möglichst von andern übernommen werden können.

Es kommt daher lediglich auf Ew. Herzogl. Durchl. höchste Entschließung an, in deren Erwartung wir uns ehrfurchtsvoll unterzeichnen.

Weimar den 28. März 1807.

Ew. Herzogl. Durchlaucht

unterthänigst treugehorsamste

Hof-Theater Commission

Joh. Wolfg. v. Goethe. Fr. Kirms.


19/5337.


An Christiane von Goethe

Weimar den 30. März 1807.

Daß uns die liebe gute Mutter noch als Genien in Worten und Werken erkennt, freut mich recht sehr. Es ist als jemals nöthig, genialisch zu seyn, wenn man nur einigermaßen leben und sich des Lebens erfreuen will.

Daß meine liebe Frau glücklich angekommen, war mir sehr beruhigend zu vernehmen. Der Brief, der mir es meldet, kam ganz zur Stunde. Er überzeugt mich von dem, was ich voraussah, daß die Zusammenkunft erfreulich seyn würde.

[291] Wegen künftiger Abenteuer werde ich wohl in Carlsbad ein Paar hübschere Pistolen kaufen müssen, die gegenwärtigen sind doch etwas zu colossal.

Auf die Erzählung mag sich unter den gegenwärtigen Umständen wenig Zeit finden. Dagegen will ich mit meinen Nachrichten etwas umständlicher seyn. Denn ich halte dafür, wenn man lange auseinanderbleibt, so soll man sich wechselseitig um das Detail des Lebens nicht bekümmern. Hofft man sich aber bald wieder zu sehen, so ist es gut, nicht aus dem Zusammenhange zu kommen.

Zuerst also muß zum Lobe der Köchin gesagt werden, daß sie ihre Sachen vortrefflich macht, gute Waare ankauft und sie mit Sorgfalt zubereitet, sodaß wir es uns jeden Mittag können wohlschmecken lassen. Um grünen Donnerstag hatten wir uns Kohlsprossen bestellt und Honig zum Nachtisch, um dieses Fest recht würdig zu feyern. August hatte selbst Eyer roth und hart gesotten. Da die Fastenbrezeln alle sind, so bäckt die Köchin allerley Torten und Kuchen, die ihr nicht übel gerathen. Ein Truthahn ist abgeschlachtet und andre gute Dinge sind im Vorrath.

Mit dem Keller geht es sehr ordentlich. Der Gnome pflegt mich genau zu betrachten, ob ich etwa mich um ein Nößel irren möchte; und so wirst du die Tabellen mit dem Vorrath übereinstimmend finden.

[292] Außer den beyden gewöhnlichen Gästen haben wir noch Niemand zu Tische gesehen. Lorzing hat das Buchstaben Kästchen abgeliefert, welches sehr schön gerathen ist. Dafür soll er auch auf den Truthahn eingeladen werden.

Mit der Elsermann und Deny war ich am grünen Donnerstag zu beyderseitiger großer Erbauung in den Treibhäusern. Und nun muß ich theatralische Neuigkeiten melden, weil bey diesem beweglichsten aller Wesen immer etwas neues und unerwartetes vorgeht.

Erstlich also ist heut Helene, welche Oper Mittwoch wiederholt wird. Sonnabend Emilia Galotti, wozu der Elsermann ihr weißes Atlaskleid fertig ist, über das sie große Freude hat. Nun sind wir daran, ihr das sie große Freude hat. Nun sind wir daran, ihr noch ein ächt italiänisches Morgenkleid zu den ersten Scenen zu erfinden und zuzurichten. Von Hofe her werden sich auch einige Tunikas einfinden, damit das Einsiedelsche Stück recht zum Glanz gelange. Es wird sich aber verzögern, bis du zurückkommst.

Haide hat um seine Entlassung gebeten und hat sie erhalten. Er geht mit vortheilhaften Bedingungen nach Wien, worüber denn der Nachwuchs höchlich erfreut ist. Reinholds gehen auf Michaeli ab. Es war an ihnen nichts zu halten. Übrigens hat sich von Truppen und Einquartirung nichts merken lassen. Das einzige, was uns innerlich beunruhigte, war, daß der Frau Herzogin Mutter Durchlaucht drey bis vier Tage bedeutend krank waren. Nun aber hat sichs[293] wieder gegeben und baldige völlige Herstellung ist zu hoffen.

Unser ganzes Haus befindet sich wohl, August gloriirt über seinen Ritt nach Erfurt, von welchem die Reiter schon vor Tische wieder zurück waren. Er hat sich gestern in einem neuen Starostenkleid gebrüstet.

Über das gute Wetter, das die vergangene Woche anhaltend war, haben wir uns besonders um deiner Reise willen gefreut. Jetzt scheint es wieder ein wenig. Wir wünschen die beste Witterung zur Frankfurter Messe und allem Zubehör; empfehlen uns allen Freunden, besonders der Frau Syndikus Schlosser, bitten um ein paar Zeilen manchmal und wüßten wenig mehr zu sagen.

Der Brief aus Eisenach ist zur rechten Zeit angekommen. – Mittwoch werden die Damen das erstemal wieder bey mir zum Frühstück seyn. Bey Mad. Schopenhauer war es ganz unterhaltend. Das junge Bertuchische Paar fand sich daselbst ein. Demoiselle Bardua hat mich nochmals zu mahlen angefangen.

G.


19/5338.


An Charlotte von Stein

[Ende März]

Die Farbenlehre sende ich gleich zurück, es war mir sehr angenehm an dem Zeichen zu sehen wie weit Sie durchgedrungen.


[294] Mittwoch nach Ostern meinen verehrten und geliebten Besuch zu empfangen will ich mich bestens vorbereiten. Ich hoffe Humboldts Tropenländer vorstellen zu können.

G.


19/5339.


An Christiane von Goethe

Weimar den 3. April 1807.

Obgleich heute kein Brief von Frankfurt angekommen, so will ich doch einen von hier abgehen lassen, um abermals zu melden, daß alles gut steht und daß man sich des schönen Frankfurt und daß man sich des schönen Frankfurt und alles guten, was dort zu genießen ist, mit Gemüthsruhe freuen kann.

Die Herzogin Mutter ist wieder hergestellt und von dieser Sorge wären wir also befreyt. Von Krieg und Kriegsgeschrey hören wir auch kaum etwas weiter, als was August gelegentlich mit großem Triumph aus der Bayreuther Zeitung erzählt. Was die häuslichen Dinge betrifft, so ist das Spargelquadrat nebst den Rabatten umgegraben, obgleich die Witterung keinesweges günstig ist und wir wieder starken Schnee gehabt haben.

Am Mittwoch ist die regierende Herzogin mit den Damen wieder zum erstenmal bey mir gewesen und ich hoffe diese Unterhaltung bis zu meiner Abreise fortzusetzen.

Die Oper Helene ist das zweytemal mit mehr Beyfall gegeben worden als das erstemal. Morgen bleibt es bey Emilia Galotti.

[295] Zu dem neuen Maskenstücke ist durch Herrn von Einsiedels Verwendung von Hof her ein prächtiges Kleid für die Elsermann angekommen, weißer Krepp mit guten Silberflintern, Zickzack gestickt, so daß es von weitem wie Zindel aussieht, nur viel blendender. Wir haben es ihr gestern nach Tische angezogen und sie hätte sich gar nicht wieder auskleiden mögen. Sonntag theile ich das Stück aus. Die Aufführung wird sich aber wohl bis zu deiner Rückkunst verschieben.

Sonst ist von da und dorther manches Freundliche eingegangen. Das Vergnüglichste aber wird mir seyn, wenn du dich mit der lieben Mutter wohl befindest und glücklich wieder bey uns anlangst. Wenn du deine Ankunft genau bestimmen kannst, so wollen dir die Reiter wieder bis Erfurt entgegen kommen. Lebe recht wohl, empfiehl mich der lieber Mutter und den Freunden und laß bald wieder von dir hören.

G.


19/5340.


An Alexander von Humboldt

Seit einigen Tagen zaudre ich, an Sie, verehrter Freund, zu schreiben. Nun will ich aber nicht länger aufschieben, Ihnen für den ersten Band Ihrer Reise auf das beste zu danken. Zu dem großen Geschenk des innern Gehalts kommt noch die freundliche Gabe Ihrer Zuschrift, die nicht angenehmer und ehrenvoller seyn könnte. Ich weiß gewiß den Werth eines solchen[296] Andenkens zu schätzen und danke Ihnen recht herzlich, daß Sie zu dem großen Antheil, den ich an Ihnen, Ihren Werken und Thaten nehme, noch auf eine so zarte Weise meinem Individuum eine persönliche Theilnahme an den schätzen gönnen, mit denen sie uns erfreuen.

Ich habe den Band schon mehrmals mit großer Aufmerksamkeit durchgelesen, und sogleich, in Ermanglung des versprochenen großen Durchschnittes, selbst eine Landschaft phantasirt, wo nach einer an der Seite aufgetragenen Scala von 4000 Toisen die Höhen der europäischen und americanischen Berge gegen einander gestellt sind, so wie auch die Schneelinien und Vegetationshöhen bezeichnet sind. Ich sende eine Copie dieses halb im Scherz, halb im Ernst versuchen Entwurfs und bitte Sie, mit der Feder und mit Deckfarben nach Belieben hinein zu corrigiren, auch an der Seite etwa Bemerkungen zu machen und mir das Blatt bald möglichst zurückzusenden. Denn die durch den Krieg unterbrochnen Unterhaltungen am Mittwoch, bey welchen ich unsrer verehrten Herzogin, der Prinzeßin und einigen Damen bedeutende Gegenstände der Natur und Kunst vorzulegen pflege, haben wieder ihren Anfang genommen, und ich finde nichts interessantes und bequemeres, als Ihre Arbeiten dabey zum Grunde zu legen und das Allgemeinere, wie Sie es ja schon selbst thun, anzuknüpfen.

Können Sie mir freylich dazu einen Probedruck[297] Ihres Durchschnittes vielleicht senden, so würde mir auf einmal geholfen seyn. Ferner könnten Sie mir einen außerordentlichen Gefallen erzeigen, wenn Sie mir nur ganz kurz, nach den Jahren, eine kleine Skizze Ihres Lebens, Ihrer Bildung, Ihrer Schriften, Ihrer Thätigkeit und Ihrer Reise senden möchten. Einzeln ist mir manches, ja ich könne sagen, alles bekannt; aber ich kann es nur nicht chronologisch zusammenbringen und an Zeit fehlt es mir auch, um in den Büchern und Journalen nachzuforschen. Sollten Sie wieder einmal zu uns kommen, so finden Sie die Geister und Gemüther schon vorbereitet, dasjenige aus der Quelle selbst aufzunehmen, was ihnen bisher aus der Quelle selbst aufzunehmen, was ihnen bisher durch die zweyte Hand überliefert worden. Was Sie mir sonst gewiß auf das beste benutzt werden.

Mich beschäftigt noch immer das Farbenwesen und der Druck des Werkes geht sachte fort. Der didactische Theil ist zurückgelegt, freylich zum größten Theil mehr Skizze als Ausführung. Jetzt bin ich auf den dornenvollen polemischen Pfaden. Es ist ein unfreundliches und auch undankbares Geschäft, Schnitt vor Schritt, Wort vor Wort zu zeigen, daß die Welt sich seit Hundert Jahren geirrt hat. Indessen muß ich dahindurch und freue mich zum Voraus auf das breitere historische Feld, in welchem ich lebhaft vorwärts zu schreiten hoffe, wenn ich mich aus dem theoretischen stachelichten Labyrinth herausgewunden habe.

[298] In Ihren und Bonpland's Arbeiten finden sich mehrere Fälle, die sehr bedeutend sind und die ich mir notirt habe, um sie in der Revision meines Buches, womit ich das Ganze schließen will, nachzubringen, wenn ich nur erst schon die Freude hätte, das Werk in Ihren Händen zu wissen und auf Ihre Beurtheilung des Ganzen, so wie auf Ihre Bemerkungen zu den einzelnen Theilen bald hoffen zu können. Doch darüber geht wohl noch ein Jahr hin, welches denn freylich zuletzt auch vergangen seyn wird.

Von Ihrem Herrn Bruder habe ich lange nichts gehört, wohl auch durch meine Schuld, denn ich habe lange nicht geschrieben. Sagen Sie mir doch von ihm.

Unser trefflicher Hackert in Florenz hat vom Schlagflusse gelitten. Er hofft sich wieder für die Kunst zu erholen. Seines gleichen hätte ich wohl in Ihrer Gesellschaft den tropischen Ländern gewünscht.

Sagen Sie mir doch auch ein Wort, wie es Hirt geht, Zelten und Bury. Es ist mir jetzt fast lieb, daß ich mich in Berlin nach wenig Menschen zu erkundigen habe.

Durchlaucht der Herzog hat uns viel von Ihnen erzählt, von Ihrem magnetischen Garten und sonstigen Untersuchungen. Er ist recht eingeweiht in das, was Sie leisten und vorhaben.

Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen!

Weimar den 3. April 1807.

Goethe.[299]


19/5341.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

seit langer Zeit auch wieder einmal zu schreiben veranlaßt mich die vorseyende Expedition unsres Theaters nach Leipzig, das ich Ihnen auf das beste zu empfehlen wünsche. Sie haben immer viel Güte für unsre braven Künstler gehabt, die sich gewiß viel Mühe geben, wenn ihnen auch nicht immer ihre Zwecke gelingen sollten.

Ew. Wohlgeboren werden gewiß den Vorstellungen mit Aufmerksamkeit beywohnen, und ich wünschte, daß Sie Ihre Bemerkungen mir künftig mittheilten. Es ist noch manches, das ich anders wünschte, und doch läßt sich theils nicht alles leisten, wovon man überzeugt ist, und man gewöhnt sich auch nach und nach an Menschen und an Manieren und läßt geschehen, was geschieht; dagegen ein frischer scharfer Blick manches entdeckt und der gute Rath eines Fremden manches leichter und wirksamer anregt als die Lehren eines lange bekannten und gewohnten Vorsetzten.

Diesen Ihren guten Rath bitte ich unsren Schauspielern bey ihrem Aufenthalt in Leipzig nicht zu entziehen, besonders da der Übergang von einem kleinen auf ein großes Theater für die erste Zeit immer seine Schwierigkeiten hat. Dringen Sie gefälligst be-[300] sonders darauf, daß man den Schauspieler an allen Ecken und Enden des Hauses verstehen müsse.

Verschiedene von Ew. Wohlgeboren Stücken sind eingelernt. Haben Sie die Güte, die Proben zu besuchen, damit sie zu Ihrer Zufriedenheit mögen gegeben werden.

Diesen Wünschen füge ich noch eine Empfehlung hinzu. Wahrscheinlich kommt in einiger Zeit ein Engländer, der Chevalier Osborn, nach Leipzig, ein schon bejahrter, höchst erfahrender und interessanter Mann von dem besten Character. Er ist Mitglied der königl. Societät zu London und wünscht den Leipziger Gelehrten aufgeführt zu werden. Sie erzeigen ihm wohl um seinet- und meinetwillen diese Gefälligkeit. Der ich mit vorzüglicher Hochhaltung unterzeichne.

Weimar den 3. April 1807.

Goethe.


19/5342.


An Heinrich Schmidt

Durch Demoiselle Jagemann, welche in Wien gewiß sehr willkommen seyn wird, übersende ich die neue Bearbeitung von »Götz von Berlichingen«. Ich bitte, sie nur vertrauten Händen zu übergeben, und wenn sie allenfalls, aus gewissen Ursachen, nicht benutzt werden kann, mir das Exemplar bald zurückzuschicken. Einiges Andere soll bald nachkommen. Haben Sie die Gefälligkeit, mir Ihre bestimmtere Adresse, als ich[301] jetzt weiß, mitzutheilen, damit ich gewiß sey, daß meine Sendungen bey Ihnen eintreffen. Ich wünsche recht wohl zu leben und empfehle mich Ihrem geneigten Andenken.

Weimar, den 3. April 1807.


19/5343.


An Carl Ludwig von Knebel

Deine Bemerkung ist ganz richtig, daß wir für das Alter ein wenig zu weit auseinandergesät sind. Die Jugend mag sich wohl auseinander begeben, denn sie ist beweglich genug, um wieder zusammenzukommen. Auch sind die Zeiten so wie Herbst- und Wintertage, wo man gern näher zusammenrücken mag. In Humboldts Reisen haben mir deswegen jene Affen gefallen, die, sobald sie in eine kühlere Temperatur kommen, sich gleich in großen Schaaren enge zusammendrängen. Dabey sucht denn jeder in die Mitte zu kommen, um so warm zu sitzen als möglich; welches zu gar possirlichen Unterhandlungen Anlaß geben mag.

Ich weiß nicht, ob ich dir schon geschrieben habe, daß der Humboldtischen Reise erster Theil angekommen ist. Er enthält Vorschläge zu einer Geographie der Pflanzen, und ein allgemeines Naturgemälde der Tropischen Länder. Es ist ein sehr gedrängtes gehaltreiches Werk, das von vielen Seiten interessirt. Da es besonders an die Einbilungskraft Anforderungen[302] macht, so habe ich, da ein Durchschnitt, der ihr zu Hülfe kommen soll, noch fertig und ausgegeben ist, einstweilen selbst eine ideale Landschaft skizzirt und nach dem angeschriebenen Maaß von 4000 Toisen, an der Seite, die Höhen der europäischen und amerikanischen Berge gegeneinander gestellt. Auch deren Schneelinien und Vegetationshöhen bezeichnet; wodurch uns ganz wunderliche Verhältnisse anschaulich werden. Vielleicht schreibt dir deine Fräulein Schwester etwas davon. Denn ich habe diese Dinge zum Gegenstand meiner Vorlesungen gemacht, welche Mittwochs wieder angegangen sind und die ich bis zu meiner Abreise ins Carlsbad fortzusetzen hoffe. Wenn du uns besuchst, so wirst gern daran Theil nehmen.

Die Müllerische Rede übersetzte ich, weil mir die Art sehr wohl gefiel, wie er unter den gegebenen Umständen seinen Gegenstand gefaßt hat. Ich ließ die Übersetzung drucken, weil ich hörte, daß der Verfasser deshalb mancherley Unannehmlichkeiten gehabt hatte, und ich überzeugt war, es werde zu seinem Vortheil gereichen, wenn mehrere das, was er gesagt hatte, in Deutscher Sprache vernähmen.

An dem Farbenwesen wird immer fortgearbeitet, aber ich sehe das Ende noch nicht ab. Bey der polemischen Behandlung muß ich Schritt vor Schritt die Newtonischen Versuche wiederholen, um sie genau beurtheilen und entwickeln zu können; und da läßt mich denn die Sonne mehr als einmal im Stich.

[303] Wolltest du wohl dem Doctor Voigt sagen, er möchte doch die Gefälligkeit haben, mir die große französische botanische Karte zu schicken. Ich bedarf ihrer jetzt gar sehr zu den Studien nach Humboldt. So weit für dießmal, mit den besten Grüßen und Wünschen für dein Wohlseyn und deine baldige Ankunft in Weimar.

d. 4. Apr. 1807.

G.


19/5344.


An Christian Gottlob Voigt

Nach Ew. Excellenz Aufforderung bin ich sehr bereit mitzuwirken, daß unsrer guten Fürstin Andenken nicht unwürdig gefeyert werde. Ich sende daher das mir mitgetheilte Schema weitläuftig geschrieben zurück, mit Bitte, das Besondere gefällig einzuzeichnen. Ich will das Ganze überdenken und einen doppelten Gebrauch vorbereiteten.

Ein kleinerer Aufsatz könnte zum Ablesen von den Canzeln dienen, einen andern etwas umständlichern sendete man an Cotta für seine Blätter, den ich gleich Montags ersuchen wollte, keinen andern Aufsatz über diesen Gegenstand aufzunehmen, da man erwarten kann, daß die Dresden Feder sich gleich in Bewegung setzen wird.

Morgen früh habe ich die Ehre aufzuwarten und das weitre umständlicher zu besprechen.

Weimar den 10. April 1807.

G.[304]


19/5345.


An Christian Gottlob Voigt

Nachdem ich heute früh die Aufgabe einigermaßen durchgedacht und den Aufsatz nach meiner Weise angefangen hatte, empfang' ich das gefällige Blatt von Ew. Excellenz, dessen Inhalt, wie Sie sehen werden, mich immer mehr mit sich fortriß.

Ohne das, was ich dictirt, genau zu revidiren, sende ich es gleich. Vielleicht würden Sie es mit einigem Ausstreichen und Zusetzen für den ersten Zweck des Vorlesens von der Kanzel qualificiren und man würde alsdann Zeit und Luft gewinnen, etwas der verehrten und geliebten Verstorbenen wertheres aufzustellen. Sobald man sich in pragmatische Reflexionen, wie ich anfangs gethan, und die für den nächsten Zweck nicht am Platze sind, auslassen kann; so giebt es wirklich Gelegenheit, etwas Bedeutendes zu sagen.

Mich bestens empfehlend und fernere gütige Mittheilungen und Anlässe erwartend

Weimar den 12. April 1807.

G.[305]


19/5345a.


An Franz Kirms

Hierauf weiß ich nur zu erwiedern, daß, da Ew. Wohlgebornen eigentlich als Casse-Vorsteher in Verlegenheit kommen, wenn es zuletzt an Geld fehlt, ich es ganz Ihrer Entscheidung überlassen muß, ob Sie diese freylich wünschenswerthe Acquisitionen machen wollen. Läugnen läßt sichs nicht daß wir immer das alte Spiel fortspielen, mehr übernehmen als wir sollten, mehr leisten als man fordern könnte und am Ende, anstatt mit einer gewissen Behaglichkeit uns unsrer Thaten zu freuen, noch als Supplicanten und Bettler erscheinen müssen. Da das aber einmal nicht anders ist so will ich mirs auch in Gottes Nahmen gefallen lassen.

Weimar den 12. April 1807.

G.[97]


19/5346.


An Christian Gottlob Voigt

Nach jeder Communication mit Ew. Excellenz hat beyliegender Aufsatz an Gehalt und Form gewonnen. Ich sende ihn daher nochmals zu gefälliger Durchsicht.

[305] Ist erst das Ganze beysammen, so will ich im Einzelnen noch seilen und ausputzen, soviel es die Kürze der Zeit erlaubt, und auch gern Druck und Correctur besorgen. Ich dächte, man ließe es auf ein folio Blatt hüben und drüben abdrucken. Die Jahrzahlen setzte man ad marginem; nur müßte alsdann in den Circularien an die Geistlichen bemerkt werden, daß die Jahrzahlen nicht mit abgelesen werden. Erhalte ich es dießmal von Ew. Excellenz zurück, um vor allen Dingen Serenissimo und dem geheimen Conseil vorgelegt zu werden. Dürfte ich mir auch zugleich Ew. Excellenz Entwurf zurück erbitten zu nochmaliger Durchsicht und weiterm Gebrauch bey fernerer Überlegung. Mich angelegentlich empfehlend

Weimar den 13. April 1807.

G.


19/5347.


An Johann Friedrich Cotta

Wir haben einen großen Verlust an unsrer durchlauchtigsten Herzogin Amalia erlitten. Ich melde Ihnen das sogleich mit der Bitte, nichts in die allgemeine Zeitung noch in das Morgenblatt über diese treffliche Dame aufzunehmen, was nicht von mir kommt. Vielleicht wäre für die allgemeine Zeitung eine simple Anzeige, wie die beyliegende, das schicklichste. Für das Morgenblatt sende ich einen aus-[306] führlichern Aufsatz, wobey ich denjenigen zum Grund lege, der Leichenfeyer bestimmt ist. Heute nicht mehr, in Hoffnung, Sie bald bey mir zu begrüßen.

Weimar den 13. April 1807.

Goethe.


19/5348.


An Johannes von Müller

Weimar den 17. April 1807.

Wenn Ihnen, verehrter Freund, die Übersetzung Ihrer trefflichen Arbeit einiges Vergnügen machte, wenn sie Ihnen sogar gewisser Umstände wegen erwünscht ans Licht trat; so ist mein Zweck vollkommen erreicht. Ich übernahm die Arbeit, weil sie mir Vergnügen machte; ich ließ sie schnell abdrucken, um einem Vorurtheil entgegen zu arbeiten, das sich zu verbreiten schien und schon manchen ergriff, der das Werk nicht mit Augen gesehen hatte. Schon sehe ich in meinem Kreise die besten Wirkungen und schon mehrere Personen haben mir versichert, daß es ihnen unbegreiflich sey, daß man in solchen Äußerungen etwas Tadelnswerthes habe finden können. Sie können denken, wie sehr mich dieses freut, da Sie meiner unwandelbaren Freundschaft versichert sind. Lassen Sie ja nicht ab, nach Ihrer Überzeugung zu handeln und zu schreiben; besonders legen Sie von Zeit zu Zeit, wie bisher, in unserer Literaturzeitung Ihre Gesinnung aufrichtig[307] nieder. Man wirkt und nutzt im Sturme muthig fort; es kommt eine Zeit, wo der Parteygeist die Welt auf eine andre Weise spaltet und uns in Ruhe läßt.

Beygehendes empfangen Sie mit Nachricht. Es mußte leider aus dem Stegreife gefertigt werden. In der Folge läßt sichs extendiren und besser machen.

Tausend Lebewohl.

G.


19/5349.


An Christian Gottlob Voigt

[17. April.]

Bey der verzeichneten Vertheilung müßte nichts zu erinnern. Bey mir sind auch 25 aus der Druckerey abgegeben worden, die mir hinreichen.

Das Übel diesmal sehr heftig hat sich bald entfernt. Ich empfehle mich bestens.

G.


19/5350.


An Jakob Stock

Ew. Wohlgeboren

haben mit den werthen Ihrigen meine kleine Frau so gefällig und freundschaftlich aufgenommen, daß ich nicht genug Dank dafür zu sagen weiß. Ich habe ihr, da sie bisher so manches Ungemach erleiden müssen, von Herzen die guten Stunden gegönnt, die sie in Frankfurt in der Nähe meiner Mutter und meiner ältesten, besten Freunde zubrachte.

[308] Bleiben Sie von unsern erkenntliche Gesinnungen überzeugt und nehmen Sie ein Packet, das die erste Sendung meiner neuen Ausgabe enthält, mit Wohlwollen auf und erneuern vor Zeit zu Zeit bey dem Anblick dieser Bände das Andenken an Personen, die Ihnen ganz ergeben sind. Dem Gegenwärtigen lege ich ein Blatt bey, und indem ich wünsche, daß Sie in langer Zeit keinen Gebrauch davon machen mögen, empfehle ich mich und das Meinige Ihrer gütigen Vorsorge.

Der ich die Ehre habe, mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeboren

gehorsamsten Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar

den 17. April 1807.


19/5351.


An Esther Marie Margarethe Stock

[17. April.]

Sie können leicht denken, wertheste Freundin, daß seit dem 12. dieses, als dem Tage, wo meine kleine Frau zurückkam, Frankfurt unser beständiges Gespräch gewesen, und daß es mir fast zu Muthe ist, als käme ich selbst daher. Haben Sie tausend Dank für alles Gute und Freundliche, das Sie der Reisenden erzeigen wollen, für die eine lebhafte Erinnerung jener heitern Stunden ein kostbarer Schatz für die Zukunft bleiben[309] wird. Gedenken Sie unser manchmal, wenn Sie die beyliegenden Bücher aufschlagen und etwas darin finden, das Ihnen ein angenehmes Gefühl erregen kann. Ihre lieben Töchter grüßen Sie vielmals und danken ihnen so wie meinen übrigen Freunden auf das Beste für Alles, was meiner Abgeordneten Gutes geschehen. Ich genieße es mit und habe dafür, als wäre es mir selbst geschehen, mich verbunden zu achten.

Erhalten Sie uns meiner Mutter jene unwandelbare Freundschaft, die wir zu schätzen wissen und zu verdienen suchen. Ich schließe mit einem herzlichen Lebewohl und mit den besten Wünschen.

Goethe.


19/5352.


An Charlotte von Stein

[18. April.]

Das Fallen des Barometers hat sich auch an meinem Unglauben gerächt indem es mir ein großes Übel angedeutet hat. Von Vorgestern auf gestern hatte ich einen Anfall so heftig als je. Es war in der letzten Zeit so viel zusammengekommen und ich hatte mich nicht geschont. Dank für das Übersendete. Es kommt eben recht.

G.[310]


19/5353.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz übersende einige Papiere, um nur wieder ein Lebenszeichen von mir zu geben. Zu den beyden Veränderungen hier und in Jena will ich gern mit Rath und That an die Hand gehen, ob ich gleich in meinem Leben schon so viel aus- und eingeräumt habe, daß über die Translocation mit dem Translocirten fast nichts gethan worden ist.

Von den Folgen meines Übels habe ich mich so ziemlich erholt; doch muß ich im Zimmer bleiben, besonders bey einem Wetter, das ganz außer der Zeit ist. Doch hoffe ich bald wieder aufwarten zu können und über manches zu conferiren.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 20. April 1807.

Goethe.


19/5354.


An Charlotte von Stein

Für das mitgetheilte Lustspiel danke zum schönsten. Es hat mir sehr viel Vergnügen gemacht und wird uns Gelegenheit zu mancher Unterhaltung geben.

Wenn beyliegender Roman noch nicht in Kochberg gewesen ist, so haben Sie die Güte, ihn mit meinem Empfehlungen hinzusenden.

Dießmal hat mich mein Übel sehr hart behandelt. Ich habe es aber offenbar durch Verwogenheit herbey-[311] gelockt, indem ich mich die letzten 8 Tage gar nicht schonte und sehr vieles zusammenkam. Der Arzt verbietet mir, die angenehme Gesellschaft Mittwochs bey mir zu sehen. Mögen Sie es wohl, mit meinem Bedauern, Durchlaucht der Herzogin anzeigen. Doch hoffe ich bald eine fröhliche Zusammenkunft.

Weimar den 20. April 1807.

G.


19/5355.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

habe schon längst manches zusenden wollen und auch gegenwärtig bleibt noch einiges zurück, was noch nicht ganz aufzunehmen.

Sodann wollte ich eine Anfrage thun. Es kommt eine Schrift heraus ungefähr unter dem Titel: Bemerkungen eines Augenzeugen über den Feldzug des Fürsten Hohenlohe. Wenn Sie dieses Werk noch keinem Recensenten zugetheilt haben, so könnte ich hoffen, Ihnen eine recht schätzbare Recension desselben zu verschaffen. Wollten Sie mir darüber einige gefällige Nachricht geben, so würde ich die nöthige Einleitung treffen.

[312] Beyliegende Briefe bitte gefällig austheilen zu lassen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich bestens empfehle.

Weimar den 26. April 1807.

Goethe.


Wer hat wohl die Rudolphischen Reisebemerckungen recensirt?


19/5356.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeb.

erhalten hierbey die längst angekündigten Aufsätze, die münchner und andre Galerien betreffend.

Daß sie im Königreich Bayern Sensation machen werden, daran Heilsames, besonders für Nürnberg.

Auch die früher mitgetheilten Müllerischen Briefe liegen bey. Verzeihung, wenn ich sie allzulange behalten.

Daß sich wieder eine hübsche Zahl Studirender einfindet, ist mir höchst erfreulich. Es wäre schön, wenn unsre Geduld und Beharrlichkeit belohnt würde.

Leben Sie recht wohl. Ich wünsche nichts mehr als einige schöne Tage bald in Ihrer Nähe zuzubringen.

Weimar den 30. April 1807.

Goethe.[313]


19/5357.


An Nikolaus Meyer

Weimar den 30. April 1807.

Sie verzeihen, werthester Herr Doctor, wenn ich die glückliche Ankunft der köstlichen Fische noch nicht gemeldet, und meinen besten Dank für diese Sendung noch nicht abgestattet habe. Die Meerwunder kamen zwar zur rechten, aber doch zur unruhigen Zeit ins Haus. Geheimrath Wolf von Halle kehrte von Frankfurt zurück, wo sie meine Mutter besucht hatte, und gar manches mischte sich durch einander, was jetzt noch kaum aufgelöst ist. Deshalb ist auch noch keine Antwort auf den Brief Ihrer lieben Frau erfolgt, und die Suppenrecepte sind auch deshalb noch nicht abgegangen. Ich will aber doch nicht länger zögern, ein Lebenszeichen von mir zu geben und für so manches Gute zu danken.

Wenn ich übrigens auf manchen Punkt Ihrer Briefe Antwort schuldig geblieben, so verzeihen Sie mir. Ich bin von manchen Seiten gedrängt und meine körperliche Übel nöthigen mich, auf eine baldige Abreise in's Carlsbad zu denken, da denn noch manches vorher abzuthun und zu berichtigen ist. Unsre Schauspieler werden den größten Theil des Sommers in Leipzig zu bringen, in Lauchstädt nur kurze Zeit.

Für Jena scheint sich wieder die Hoffnung zu beleben.[314] Es sind 60-70 Studenten angekommen, welches für die jetzige Epoche schon hinreicht. Ich sage nichts weiter, als ein herzliches Lebewohl, dem ich viele Grüße der Meinigen hinzufüge.

Goethe.


Auch den köstlichen Madera kann man nicht genug loben, er hat mir schon einigemal statt aller Arzney gedient.


19/5358.


An Christian Gottlob Voigt

[April oder Mai.]

Wir sind eben im Begriff, den gedruckten Bogen zu corrigiren, und machen noch einige Verbesserungen. So wünschten wir zu wissen, ob der Herzog von Braunschweig (der kurz verstorbene preuß. Feldmarschall) der letzte Bruder der Herzogin gewesen, oder ob noch einer übrig sey? Wollten Ew. Excellenz die Güte haben, uns einige Auskunft darüber zu geben.

G.


19/5359.


An Christian Gottlob Voigt

[1. Mai.]

Beyliegendes Conzept kann, wenn es Ew. Excell. Beyfall hat, mundirt werden. Die Sache kommt dadurch in Gang.

Mit Fernow spreche ich heute selbst, schwerlich wird er geneigt seyn sich nach Jena zu verfügen.[315] Beym Bibliotheckswesen wünscht ich ihn nicht einmal angestellt. Wir brauchen mechanisch thätige Subalternen. Bald mehreres mündlich. Mit den besten Empfehlungen

G.


19/5360.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

erwähnten vor einigen Tagen einer möglichen Translocation des Professor Fernow nach Jena und ich verschob, darüber meine Gedanken zu eröffnen, weil ich es als ein Brief von Hofrath Eichstädt und ein Billet von Ew. Excellenz mit, woraus ich sehe, daß die Absicht dringender ist, als ich geglaubt, und ich versehe daher nicht, meine Meinung sogleich zu eröffnen.

Professor Fernow hat alle Ursache zu wünschen, daß eine solche Veränderung nicht sogleich geschehe, und ich will gern gestehen, daß einer meiner liebsten Wünsche zu schreiten droht, wenn sie unmittelbar erfolgte.

Ich kann in meiner gegenwärtigen Stille keine andern Plane hegen als solche, die darauf hinausgehen, daß Weimar seinen alten literarischen Ruf erhalten und von dieser Seite bedeutende Wirkungen äußern möge, zu einer Zeit, da unsre Widersacher,[316] besonders seit den letzten Unfällen, uns so gern für vernichtet erklären möchten.

Einer meiner angelegensten Wünsche seit langer Zeit war, daß eine Ausgabe der Winckelmannischen Werke von hier ausgehen möge. Schon bey Edition seiner Briefe geschah dieser Absicht Erwähnung, und seit der Zeit sind viele Anfragen und manche Mittheilungen bey mir geschehen. Endlich fand sich die Gelegenheit, daß Professor Fernow mit dem Enkel desjenigen Walthers in Dresden, der Winckelmanns erster Verleger war, einen Contract über die Herausgabe sämmtlicher Werke schließen konnte.

Die Sache hat ihre großen Schwierigkeiten: denn es ist hier nicht blos die Rede, das Gedruckte wieder abdrucken zu lassen, sondern es gehört bey einigen Theilen eine ganz neue Redaction dazu. Besonders ist die Geschichte der Kunst durch die Wiener Ausgabe und durch Zusätze, welche Winckelmann besonders edirt, in eine Verwirrung gerathen, daß eine neue Bearbeitung nöthig wird. Auch hat sich seit jener Zeit so manches in der Kunstgeschichte und den Hülfswissenschaften aufgeklärt; es ist so vieles gegen Winckelmann und öfters nicht ohne Grund geschrieben worden, wovon der Herausgeber in beygefügten Noten Rechenschaft abgelegen muß.

So viele zu einem solchen Geschäft nöthige Eigenschaften Professor Fernow auch besitzt, so fühlt er doch, daß nur durch eine Verbindung mehrerer diese[317] Arbeit glücklich vollbracht werden kann. Er hat sich daher mit Hofrath Meyer associirt und beyde halten deshalb regelmäßige Conferenzen, in welchen sie die streitigen Punkte besprechen und das, was jeder für sich gearbeitet , zusammentragen. Hierzu kommt noch der Vortheil, eine in dem Fach wohlversehene Bibliothek in der Nähe zu haben; und ich darf wohl anführen, daß auch aus meinem Hause manches Natur und Kunst, so wie griechische und lateinische Sprache betreffendes beygetragen wird.

Aller dieser Vortheile würde der Herausgeber bey einer Veränderung des Ortes völlig entbehren und schon dadurch die Vollendung der Arbeit unmöglich werden. Rechnet man nun hinzu, daß die Präparation auf einige Collegia einem gegenwärtig so gut als neu antretenden academischen Lehrer in den ersten Semestern seine ganze Zeit wegnimmt, bis er seine Hefte ausgearbeitet und sich in die academische Schnurre gefunden; so läßt sich leicht einsehen, daß kaum eine Hoffnung zu Vollendung jener Arbeit übrig bleibt.

Betrachtet man dagegen den Fall, in dem die Academie sich befindet, so ist zwar nicht zu läugnen, daß der Name des Professor Fernow ihr zur Ehre gereichen werde, ob aber zum Nutzen, das ist eine andre Frage. Die Collegien, welche Professor Fernow lesen würde, sind von der Art, daß sie keinen Studenten auf eine Academie ziehen, sie sind nur nützlich und einigermaßen bedeutend, wenn eine Academie stark[318] frequentirt ist und besonders mehrere wohlhabende Studenten zählt. Gegenwärtig würde sich Professor Fernow schwerlich eines gutbesetzten Auditoriums erfreuen, und was noch schlimmer ist, er würde bey wenigen Zuhörern von den wenigsten honorirt werden; wie es ihm schon früher bey einer besser bevölkerten Academie erging.

Betrachtet man nun, daß von einer Seite ein geringer Nutzen, von der andern ein großer Schaden sowohl für das Individuum, als für die Literatur überhaupt entspringt; so ist es freylich wünschenswerth zur Ehre des Weimar-Jenaischen Wesens, welches denn doch eigentlich nicht separirt werden kann, und bey unmittelbarer Wirkung und Gegenwirkung mit einander stehen und fassen muß, daß Professor Fernow bey verlängertem hiesigen Aufenthalt das unternommene interessante Werk vollenden könne. Er wird dadurch sowohl seinen Namen als den Namen des Landes, wo er sich aufhält, in noch bessern Credit setzen, und er sich Folge, wenn die Academie sich sehr mehr erhebt, ohne seinen entschiedenen Nachricht dort mitwirken können. Gegenwärtig würde es für diejenigen, die sich für diese Sache lebhaft interessiren, höchst traurig seyn, wenn der Tod unserer verehrten Herzogin, durch den uns soviel entrissen worden, auch noch Schuld an der Zerstörung eines Werkes seyn sollte, das sie, wenn sie länger hätte, mit Vergnügen aus ihrer Umgebung hätte hervorgehen sehen.

Weimar den 1. May 1807.

G.[319]


19/5361.


An Heinrich Schmidt

Sie erhalten, werthester Herr Schmidt, durch Herrn Haide, den ich Ihnen nicht zu empfehlen brauchte, drey Stücke: »Egmont«, »Stella« und »Das Räthsel«. Ich wünsche, daß etwas davon brauchbar seyn möge. Empfehlen Sie mich bestens den hohen Theilnehmern und lassen mich von Zeit zu Zeit hören, wie die Anstalt gedeiht. Alles Gute wünschend u.s.w.

Weimar, den 3. May 1807.


19/5362.


An Carl Friedrich Zelter

Für die Composition des Liedes danke ich zum allerschönsten. Es ist in den jetzigen Augenblicken sehr erquicklich, wenn man sich nur kurze Zeit in eine leichte lose Stimmung versetzen kann.

Das gesellschaftliche Spiel, wonach Sie fragen, besteht in folgendem: Man nimmt einen dünnen Span, oder auch einen Wachsstock, zündet ihn an und läßt ihn eine Zeit lang brennen; denn bläst man die Flamme weg, daß die Kohle bleibt; denn sagt man so eilig als möglich das Sprüchelchen:

Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg,

Lebt er lang, so wird er alt,

Lebt er, so lebt er,

[320] Stirbt er, so stirbt er.

Man begräbt ihn nicht mit der Haut,

Das gereicht ihm zur Ehre.


Nun giebt man die glimmende Kerze geschwind dem Nachbar in die Hand, der dasselbige Gesetzchen wiederholen muß; und das geht so lange fort, bis die Kohle bey einem auslischt, der denn ein Pfand geben muß.

Der Verlust unserer Herzogin Mutter ist bey so manchen andern zerrütteten und verruckten Verhältnissen sehr groß. Man darf, wie gegenwärtig überhaupt, über nichts, also auch darüber nicht weiter nachdenken. Man muß von einem Tage zum andern leben und eben thun und leisten, was noch möglich ist.

Sie wieder zu sehen wär' mein großer Wunsch; aber ich mag Sie nicht einladen. Mit meiner Gesundheit will es nicht recht fort, und ich eile gleich nach Pfingsten ins Carlsbad; komm ich zurück, so läßt sich vielleicht auf irgend eine Weise an eine fröhliche Zusammenkunft denken.

An meiner Farbenlehre wird sachte fortgedruckt; aber es geht wohl noch ein Jahr hin, bis ich fertig werde. Ich bin auf gar zu vielerley Weise unterbrochen worden, ob ich gleich den Faden niemals ganz habe fahren lassen.

Gelegentlich meld' ich Ihnen, was ich von Ihren Compositionen meiner Lieder besitze; und Sie haben die Gefälligkeit, mir die fehlenden zu senden.

[321] Leben Sie recht wohl! So viel für heute. Ehe ich weggehe, schreibe ich noch einmal, oder von Carlsbad aus.

Weimar den 4. May 1807.


19/5363.


An Carl Friedrich Zelter

Ihrer Briefe, die nach einander ankommen, erfreue ich mich gar sehr und fahre fort, einiges zu erwiedern. Wie erwünscht wäre mir gewesen, Ihr Oratorium mit anhören zu können: denn leider bin ich von Musik gar zu sehr abgeschnitten, und das Bißchen Operette, ob wir gleich mitunter recht gute Stimmen haben, wills doch auch nicht thun. Daher scheint auch in mir aller Gang und Klang verschwunden, so wie alle Imagination, die sich auf Musik bezieht. Vielleicht führt uns das gute Glück und ein vernünftiger Vorsatz bald wieder zusammen, und wir finden uns im Stande etwas in Gesellschaft zu arbeiten.

Daß Ihnen mein Elpenor Freude gemacht hat, ist mir höchst angenehm und der Zweck dieser Blätter nun schon erreicht. Doch ist vielleicht bey dem Beyfall, den Sie meinem Fragmente schenken, Ihre Neigung zu mir und meinem Wesen als mitwirken anzusehen: denn ich gestehe gern, daß ich diese Arbeit selbst nicht mehr beurtheilen kann. Wenn etwas ins[322] Stocken geräth, so weiß man immer nicht, ob die Schuld an uns oder an der Sache liegt. Gewöhnlich aber wirft man eine Abneigung auf etwas, das man nicht vollenden kann, als auf ein Ding, das uns widerstrebt und das wir nicht Herr werden können. Überhaupt habe ich bey Herausgabe meiner Sachen geworden sind, ja daß ich fast kein Interesse mehr daran habe. Das geht so weit, daß ich, ohne freundliche treu fortgesetzte Beyhülfe, diese zwölf Bändchen gar nicht zusammengebracht hätte. Jetzt haben wir sie aber meist hinter uns und bis Einen kommen sie diese Tage sämmtlich in Cotta's Hände. Da mag nun weiter aus uns werden, was will so wäre doch soviel gerettet. Ich freue mich zum Voraus auf den Spaß, den Ihnen der fortgesetzte Faust machen wird. Es sind Dinge darin, die Ihnen auch von musikalischer Seite interessant seyn werden.

Können Sie mir das Verzeichniß der von Berlin weggeführten Kunstschätze ertheilen, so geschieht mir ein Gefallen. Wenn man nur weiß, wo sie aufbewahrt werden, so sind sie uns nicht verloren.

Leben Sie recht wohl und lassen Sie nach Carlsbad von sich hören.

Weimar den 7. May 1807.

G.[323]


19/5364.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

sende hierbey den Eichstädtischen Brief zurück. Wegen der Gartenbefriedigung kann ich folgende Auskunft geben. Da der obere und untere Garten zum Botanischen Institut gehörte; so daraus ganz natürlich, daß die Befriedigung aus der Botanischen Casse besorgt wurde. Im gegenwärtigen Falle aber, da der untere Theil an einen Privatum abgetreten worden; so möchte dieses onus wohl nicht allein jener Anstalt aufzubürden seyn. Das billigste, sollte ich denken, wäre, wenn man, wie es auch mit andern anstoßenden Nachbarn geschieht, den Aufwand theilte, und wir die eine Hälfte, Herr Hofrath Eichstädt die andre Hälfte besorgten. Treten Ew. Excellenz diesem Vorschlag bey, so kann ich Herrn von Hendrich ein Wort schreiben und unsre Hälfte kann von der Straße herein gleich angefangen werden.

Von den Gatten und Stufen ist ohnehin die Rede nicht mehr, da Niemand aus dem Botanischen Garten in dem Eichstädtischen Besitzthum, und Niemand von daher etwas im Botanischen Garten zu thun hat.

Möchten Ew. Excellenz mir die Haberfeldische Predigt gelegentlich mittheilen; so würde mir angenehm seyn, diesen Ehrenmann daraus kennen zu lernen. Für[324] das andere Übersendete dank' ich aufs beste und remittire es nächstens.

Leider helfe ich mir seit dem letzten Anfalle meines Übels nur von einem Tage zum andern fort, und denke daher, wenn nicht große Hindernisse eintreten, auf die Pfingstfeyertage nach Jena zu gehen, dort, was wegen unserer Anstalten nothwendig seyn möchte, zu besorgen, die vorjährige Rechnung zu betreiben und meine fernere Reise so einzurichten, daß ich vor Ende May in Carlsbad wäre.

Sollte noch etwas vorher einzuleiten oder einzurichten seyn, wobey meine geringe Mitwirkung nöthig wäre, so stehe zu Befehl.

Mich angelegentlich empfehlend

Weimar den 7. May 1807.

G.


19/5365.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren erhalten hiebey ein Blättchen über die Schlacht bey Eylau. Können Sie mir den Plan der Schlacht von Lübeck senden, so wird auch in Kurzem eine kleine Recension davon folgen. Die größere über den Hohenlohischen Feldzug hoffe bald zu schicken. Der ich mich zu geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 8. May 1807.

Goethe.[325]


19/5365a.


An Johann Christian von Mannlich

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebey die kurzgefaßte Kunstgeschichte mit vielem Danke zurück. Die hiesigen Kunstfreunde sind mit mir Überzeugung, daß sie als Vorrede zur Beschreibung der Schleißheimer Gallerie gar wohl stehen werde. Wer mit diesen Sachen schon bekannt ist, wiederhohlt sie sich gern im Kurzen, und für den, der sich erst unterrichten will, ist eine solche Darstellung eine große Wohlthat. Wie viele Fremde sehn[30] nicht eine solche Gallerie, und gar mancher weiß weder was er sieht, noch was er sehen soll. Wie gut ist es daher, ihn gleich bey dieser Gelegenheit, da er bedeutende Kunstwerke vor Augen hat, auf die Geschichte der Kunst aufmerksam zu machen; ihn aufmerksam zu machen, daß solche Werke nur successiv entstehen konnten, und ihm von dieser Succession einen allgemeinen Begriff zu geben. Auf diese Weise wird mancher angeregt und vieles Gute gestiftet.

Was Ew. Hochwohlgeborenen wegen Ausstellung des Gemähldeschatzes mitgetheilt uns gleichfalls sehr schätzbar. Sie werden ehstens in dem Intelligenzblatt der A. L. Z. finden, welchen Gebrauch wir davon ge macht, und ich hoffe es soll zu Ihrer Zufriedenheit gereichen. Wir gehn zwar noch etwas weiter als Sie selbst, indem man ja allerley wünschen und vorschlagen kann; allein Ihre Behandlungsweise erhält dadurch noch verstärkte Argumente, die, wie wir wenigstens glauben, keinem Widerspruch unterworfen sind. Wie sehr sollte mich's freuen, persönlich einmal Zeuge Ihrer schönen Bemühungen zu seyn und die trefflichen Sachen theils wieder zu sehen: Denn die Düsseldorfer und Mannheimer ja die Münchner selbst sind alte Bekannte; doch letztere, wegen Länge der Zeit, mir fast aus dem Gedächtniß geschwunden.

Für die letzte Sendung von Rom habe ich nur noch im Allgemeinen gedankt. Ich darf aber nicht verschweigen, daß sie dießmal besonders gut ausgefallen[31] ist, ja vielleicht war sie unter allen die vorzüglichste, nur bey dem Packen bleibt immer etwas zu desideriren. Ich habe daher auf einem Beyblättchen meine Wünsche geäußert.

Mit den lebhaftesten Empfehlungen an meine vortrefflichen Münchner Freunde unterzeichne ich mich mit vorzüglicher Hochachtung und Anhänglichkeit

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamsten Diener

Weimar den 8. May 1807.

J. W. v. Goethe.[32]


19/5366.


An Johann Friedrich Blumenbach

Bey dem Verkehr mit Ew. Wohlgeboren wirft man immer die Wurst nach der Speckseite, oder um ein edleres Gleichniß zu brauchen: man vertauscht eherne Waffen gegen goldene. So hat mir Ihre letzte Sendung sehr viel Freude gemacht. Das mumisirte Haupt zog alle unsre Aufmerksamkeit auf sich, und mein August, der sich Ihnen bestens empfiehlt, wollte die Absicht des Sticks im Munde darin finden, daß man den Kopf daran aufgehangen, um ihn entweder zu trocken oder trocken zu halten; welche Hypothese ich hiermit zur Beurtheilung übergebe.

Das zweydeutige Geschöpf ist nicht weniger merkwürdig. Nach meiner Weise bin ich nicht abgeneigt zu glauben, daß es ebensowohl stationäre als übergehende Larven geben könne. Vielleicht giebt uns künftig die Anatomie dieses Lebensweise hierüber näheren Aufschluß. Was halten Ew. Wohlgeboren von der Rana paradoxa? Sollte sie eine Larve oder ein bestehendes Thier seyn?

Der Boerhavische Brief ist mir von großem Werth; auch für die andern danke ich zum schönsten. Ich wünschte nur, wieder dagegen etwas angenehmes er zeigen zu können.

[326] Da ich nach Pfingsten wieder ins Carlsbad gehe, so lege ich ein Blättchen bey, nach welchem, auf mein Anrathen, der alte Steinschneider Müller künftig seine Sendung ordnet. Mögen Ew. Wohlgeboren sich etwas auszeichnen; so bitte ich, es nur mit einem Strichelchen an der Nummer zu thun und mir das Blatt bald zurückzuschicken.

Von der merkwürdigen Übergangsgebirgsart, welche mit C bezeichnet ist, lege ich auf alle Fälle einige bedeutende und instructive Stücke bey.

Auf Ihre Anfrage wegen des Purpurino kann ich nur soviel melden, daß uns davon keine antiken Stücke bekannt sind, wenigstens keine entschiedene. Ich besitze den unteren Theil einer runden Dose von diesem Material von sehr schöner Farbe und eine polirte Platte, die deswegen merkwürdig ist, weil sie aussieht, als wäre sie aus lauter Sechsecken zusammengesetzt, auf alle Fälle aber zusammengeschmolzen ist. Doch hat die Farbe nicht das Feuer der Dose. Daß es ein durch Metallkalk gefärbtes Glas oder schlackenhaftes Wesen sey, ist wohl nicht zu läugnen. Sonst gab man dem Gold allein die Ehre, diese Farbe hervorbringen zu können; allein bey Gelegenheit der gemalten und gefärbten Fensterscheiben ist es sehr lebhaft zur Sprache gekommen, daß man diese Farbe auch durch Eisen hervorbringen könne. Nun finden Ew. Wohlgeb. auch noch eine Kupfergarschlacke; woraus denn wohl hervorgehn möchte, daß es bey dieser Farbe nicht so-[327] wohl auf das Metall als auf die Behandlung ankommt; wie es mit den übrigen Farben wohl auch seyn möchte, obgleich nicht zu läugnen ist, daß dieser oder jener Metallkalk diese oder jene Farbe per Excellentiam und ohne große Umstände hervorzubringen im Stande sey. In meiner Farbenlehre, in der Abtheilung von chemischen Farben, habe ich deshalb manches beygebracht; wenn ich nur erst mit dem Druck dieser Arbeit zu Stande wäre, daß ich sie mittheilen und mir Belehrung von meinen Freunden zum weitern Fortschreiten erbitten könnte.

Ihr guter Neveu zu Jena hat einen bösen Einstand zu seiner neuen Existenz gegeben, indem er an einem schlimmen Halse sehr hart darnieder lag. Kein Wunder, daß auch er diesen Tribut bezahlen mußte, da die Schreckenszeit, in der er sich sehr brav gehalten, doch auch in seiner zarten Natur widrige Eindrücke zurücklassen mußte. Er ist nun in den Garten gezogen und ich hoffe, die Frühlingsluft soll seine Wiedergenesung beschleunigen.

Leider konnte ich die in Ihrem letzten Brief enthaltenen Empfehlungen an unsere verehrte Herzogin Mutter nicht mehr ausrichten. Sie hat uns ganz unvermuthet verlassen, denn bey dem Anfrage ihrer Krankheit schien das Übel nicht von Bedeutung. Wir haben sehr viel ab ihr verloren, und um so viel mehr, als schon manche Glieder der eigentlichen alten Weimarischen Societät vor ihr hingegangen sind.

[328] Alle diejenigen, die sich noch des Tagslichtes erfreuen, danken für Ew. Wohlgeboren gütiges Andenken und nehmen aufrichtigen Antheil an Allem, was Ihnen Gutes begegnet. Auch ich empfehle mich bestens und werde nächstens das mitgetheilte Winckelmannische Halbmanuscript mit vielem Dank zurücksenden. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar, den 9. May 1807.

Goethe.


19/5367.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Weimar den 12. May 1807.

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey die bewußte Recension. Wem das Buch selbst gegenwärtig, ist, für den wird sie ein großes Interesse haben. Der Recensent vertheidigt die Hauptarmee gegen die Armee des linken Flügels und durch diesen innern Federkrieg klärt sich für das Publicum manches auf, wodurch die Sache freylich nicht besser wird.

Da die Recension sich gleichsam in Text und Anmerkungen theilt, so werden Sie am besten beurtheilen, wie etwas der Abdruck zu machen ist, da der Recensent in der eigentlichen Recensionsform nicht recht gewandt zu seyn scheint.

Übrigens wünschte ich, daß Ew. W. einige harte Stellen, wo von Unwahrheit u. dergl. die Rede ist,[329] einigermaßen milderten, umsomehr, als der Recensent am Schluß dem Verfasser selbst Gerechtigkeit wiederfahren läßt, und ihn nur einer leidenschaftlichen Ansicht der Dinge beschuldigt. Es wird dieses um so nöthiger seyn, da Sie den Verfasser persönlich kennen, und für Ihr Institut gutes von ihm hoffen, so wie er auch mir ein interessanter und achtungswerther Mann scheint.

Wollten Sie wegen des Zauns nur mit Herrn Major von Hendrich sprechen, welcher die Herstellung unserer Hälfte übernommen hat, sowie der Punct wegen der Gitterthüren auch besorgt ist.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 12. May 1807.

Goethe.


19/5368.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

empfangen meinen lebhaften Dank für Ihren vertraulichen Brief, dessen Inhalt ich bestens zu benutzen gesucht habe. Unsre Regie wird sich gleich bey ihrer Ankunft Ihren fernern gütigen Rath erbitten.

Einen Prolog habe ich nach Ihren Wünschen auch mitgegeben. Wollten Sie die Gefälligkeit haben, ihn durchzusehen und zu beurtheilen, ob er am Platz paßt, welches man in der Entfernung nicht so gut empfinden kann.

[330] Da übrigens die älteren Schauspieler Ihnen schon bekannt sind und sich eher zu produciren wissen, so wollte ich Ihnen besonders jüngeren empfehlen, den Nachwuchs, dessen Emporkommen uns bey der Lage unsres Theaters höchst angelegen seyn muß.

Demoiselle Elfermann, ein munteres Kind, von gutem Betragen, wird Ihnen gefallen und Sie vielleicht anlocken, ihr über diese oder jene Rolle etwas zu sagen. Sie hat etwas Manier von Berlin mitgebracht, worüber sie aber schon aufgeklärt ist und nur manchmal einer kleinen Erinnerung deshalb bedarf.

Die Herren Lorzing und Deny sind gute gesittete Leute, nicht ohne Talent und von besten Willen. Da sie nunmehr in Routine kommen, so wird es auch mit ihnen vorwärts gehen.

Im Ganzen bin ich überzeugt, daß der Aufenthalt in Leipzig für unsre Gesellschaft sehr wohlthätig seyn wird, besonders wenn sich einige Kenner und Freunde zu Mittelspersonen zwischen höchst nothwendig ist, damit man sich bald wechselseitig befreunde und keine Mißverständnisse entstehen.

Ich wünsche, daß alles gut gehen möge, und daß Ew. Wohlgeboren zuletzt mit Zufriedenheit das Amt eines Epilogisten übernehmen möchten. Denn wenn man einen Prolog noch allenfalls in der Ferne schreiben kann, so darf der Epilog nur aus einer unmittelbaren Nähe entspringen.

[331] Zu Ende dieses Monats geh' ich nach Carlsbad und hoffe dort von Zeit zu Zeit sich wieder zeigenden Übel, wo nicht völlige Genesung, doch Linderung. Möge dieser mein Brief auch Sie von jedem Anfall befreyt antreffen. Gesundheit brauchte man wohl niemals mehr als gegenwärtig. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

Weimar den 12. May 1807.

Goethe.


19/5369.


An die Herzogl. Sächsische Canzlei

Einige Schreibmaterialien von Herzogl. sächsischer Canzeley zu erhalten wünscht

W. d. 13. May 1807.

Goethe.


19/5370.


An Christian Gottlob Voigt

Weimar, den 14. May 1807.

Einiges, was noch bei mir liegt, übersende hierbey Ew. Excellenz vor meiner Abreise, mich nochmals aufs angelegentlichste empfehlend.

Daß Hofrath Eichstädt diese Sache nicht weiter zur Sprache bringen will, halte ich selbst für gut. Es kommt nichts dabey heraus und zuletzt möchten denn doch nach dem 14. October gewisse wechselseitige Äußerungen zwischen dem Neckar und der Saale vorgefallen seyn, die man mit bösem Willen wohl auf die Weise, wie man gethan, deuten konnte . . . .[332]


19/5371.


An Christiane von Goethe

Jena den 22. May 1807.

Für das Überschickte danke ich recht vielmals, besonders auch für die schönen Spargel, die du mir hier bestellt hast. Ich habe dadurch ein ganz einfaches Kunststück gelernt, daß ich, wenn ich künftig hier etwas haben will, die Botenweiber bestechen muß, welche die Dinge nach Weimar tragen, und daß ich sie ihnen bezahle, wie man sie in Weimar zahlt. Denn es ist recht eigen, hier kann man nichts haben. Den Aal bleibe ich dir auch schuldig; Herr v. Hendrich aber will dafür sorgen. Künftigen Montag, den 22., gehe ich weg, und bin wahrscheinlich den Donnerstag in Carlsbad. Hast du mir noch etwas zu sagen und zu schicken, so sende es mir durch die Botenweiber. Inliegenden Brief schicke sogleich an Hofrath Meyer und laß dir etwas seine Antwort ausbitten.

Der Mutter Brief hat mir viel Freude gemacht. Ich sende ihn hierbey zurück. Laß es dir in deinem Garten wohl seyn. Herr von Hendrich hat wohlfeile Zelter. Sollte man nicht eins davon nehmen, um es in dem mittelsten Rondel, wo deine Tische und Stühlchen stehen, aufzuschlagen? Schreibe mir deine Gedanken, so mache ich vielleicht bey meiner Rückkunst einen Handel. Gegenwärtig wüßt' ich weiter nichts[333] zu sagen, als daß ich dir wohl zu leben wünsche und von Carlsbad aus bald schreiben werde.

G.


Augusten, den ich schönstens grüße, dient zur Nachricht, daß Carl der Buchbinderin Voigt gegeben, welche es, wie er sagte, mitgenommen.


19/5372.


An Johann Heinrich Meyer

Vor meiner Abreise nach Carlsbad, welche auf künftigen Montag, den 25. May, festgesetzt ist, möchte ich noch gern ein Wort von Ihnen hören. Schreiben Sie mir doch durch die rückgehenden Boten, wie Sie sich befinden und was etwa möchte vorgefallen seyn. Besonders wünschte ich zu erfahren, ob ein Stein zum Monumente, oder vielleicht beyde, inzwischen angekommen sind.

Bey dem schönen Wetter hier habe ich mich ganz wohl befunden. Ich hoffe, ohne Abstoß ins Carlsbad zu gelangen, wo wir denn bey der alten Quelle unser Befinden weiter ajourniren wollen. Einiges erfreuliche ist mir hier vorgekommen, obgleich nicht was sich unmittelbar auf unsrer Wünsche bezieht. Verschiedenes habe ich gearbeitet, aber auch mehr um etwas loszuwerden, als daß ich einen eigentlichen Beruf dazu hätte. Leben Sie recht wohl; sagen Sie mir ein Wort und gedenken Sie mein.

Jena den 22. May 1807.

G.[334]


19/5373.


An Christiane von Goethe

Montag früh um vier Uhr, also früher als du diesen Brief erhältst, fahren wir nach Carlsbad ab, und es ist mir denn doch lieb, daß wir von Jena wegkommen. Ich wußte wohl, daß ich nach allem Vergangenen einen Einstand geben mußte, und damit mag es denn auch gut seyn. Wenn ich wieder komme, werde ich mich schon besser in den gegenwärtigen Zustand finden.

Bleibe ja recht ruhig und vergnügt in deinem friedlichen Thal mit allen denen, die dich besuchen mögen und können. Es sieht in der Welt sehr toll aus, daß man Gott zu danken hat, wenn man auf einem stillen Fleckchen lebt. Was das Haus und Hauswesen betrifft, verlasse ich mich auf Dich in jedem Falle und gehe ruhig weiter.

Mit dem Zelte hat es sich gar wunderlich gefunden: denn es war eben nicht da, als wir nachsahen. Die Zelter von den Gemeinen lagen in der Cammer, aber das Hauptmannszelt nicht. Du wirst dich über diesen Verlust in deiner Laube trösten.

Der Mutter Brief hat mich weit mehr erbaut als der Brief von Bettinen. Diese wenigen Zeilen haben ihr mehr bey mir geschadet, als deine und Wielands Afterreden. Wie das zusammenhängt, auszulegen, dazu würde ich viele Worte brauchen.

[335] Ich lege ein Blättchen bey, wegen einer Bestellung. Sey so gut und mache sie selbst, denn auf August, den ich demungeachtet herzlich grüße, kann man sich nicht verlassen.

Ingleichen findest du die Quittung für das Johannisquartal.

Wenn du Herrn Hofrath Meyer siehst, so grüße ihn vielmals.

Wenn du einmal herüberkommen willst, wirst du dem Herrn Major und Demoiselle Huber willkommen seyn.

Das schöne Wetter wird wohl noch einige Zeit dauern; wenn wir es vorerst nur auf drey Tage haben, so bin ich schon zufrieden.

Lebe recht wohl und gedenke mein. Wenn alles geht, wie es soll, so sind wir Montags Nacht in Schleiz, Dienstag in Hof, wohin du uns mit deinen Gedanken folgen kannst. Lebe recht wohl, besorge die paar beyliegenden Sachen. Wie ich in Carlsbad ankommen bin, so wird gleich geschrieben.

Jena den 24. May 1807.

G.


19/5374.


An Charlotte von Stein

Die Gegenwart des lieben Breslauer Freundes hat uns allen sehr viel Freude gemacht, und der[336] Wunsch, ich länger hier zu behandeln, ist allgemein geblieben. Er hat mich durch sein gutes, natürliches, festes, verständiges und heiteres Wesen gar sehr erquickt und mir aufs neue gezeigt, daß die Welt nur ist, wie man sie nimmt; sie aber mit Heiterkeit, Muth und Hoffnung aufzunehmen, auch wenn sie sich widerlich zeigt, ist ein Vorrecht der Jugend, das wir ihr wohl gönnen müssen, weil wir es auch einmal genossen haben.

Ich finde mich zwar wohl, aber in Jena nicht behaglich. Der Unterschied gegen vorige Zeiten ist gar zu groß, das Alte ist vergangen und das Neue ist noch nicht worden. Doch regt sich so manches, das in einigen Jahren wohl erfreulich werden kann. Die Gegend ist übrigens, bey diesem schönen Wetter, himmlich wie immer und die Fruchtbarkeit dieses Jahres recht auffalend.

Ein Brief der Frau von Sartoris, der mich eben hier noch erwischt und den ich beylege, veranlasst mich zu einem Promemoria, das ich gleichfalls beylege und Sie ersuche, es, mit ein paar Worten begleitet, nach Berlin zu schicken. Vielleicht bringen Sie es mit einer Depesche an unser Müller fort, weshalb der Brief nur an Geheimerath Voigt zu geben wäre.

Denn auf der Post werden die Briefe dorthin gegenwärtig ganz über die Gebühr aufgehalten. Verzeichen Sie diese kleine Bemühung: es betrifft ja das Andenken eines Mannes, der Ihnen auch werth geworden.

[337] Grüßen Sie Ihre lieben Kinder bestens und gedenken Sie mein, indem ich von den heißen Quellen manches Gute hoffe.

Jena den 24. May 1807.

G.


19/5375.


An Carl Ludwig von Knebel

Wir nehmen schriftlich Abschied, da wir uns heute den ganzen heißen Tag zu Hause gehalten haben. Gegen Abend wagte ich den Weg nicht mehr, weil wir Morgen früh um 4 Uhr abfahren und noch so manches zu besorgen ist.

Lebe recht wohl mit den Deinigen, gedenke unserer und empfange uns freundlich, wenn wir wiederkommen. Wir wollen die Carlsbader Felsen zum schönsten von dir grüßen.

Jena den 24. May 1807.

G.


19/5376.


An Johann Heinrich Meyer

Den 26. May 1807.

Sie erhalten, lieber Hofrath, von Hof aus, wo wir glücklich angelangt sind, einen Brief, wozu mich jenes Monument veranlaßt, worüber schon so manches hin und her verhandelt worden. Aus einem Brief einer Berliner Dame, mit der ich durch Frau von Stein[338] in Connexion gesetzt worden, und welche in dieser Sache den Auftrag hat, sehe ich, daß man sich dort nur die gewöhnliche Vorstellung machen kann, daß ein Stein aufs Grab gesetzt werden soll, den Platz zu bezeichnen, wo der Ehrenmann ruht, und ja recht einfach, daß er für Niemand etwas bedeute als für die lieben Angehörigen. Den geübten Kriegen, der bey einer so bedeutenden Gelegenheit mit Ehren umkommen, scheint man lieber ignoriren zu wollen. Doch will ich billig seyn. Es ist sehr möglich, daß man Ursache hat, solche traurige Ereignisse lieber mit Erde und simplen Steinen bedecken zu wollen.

Ich ersuche Sie daher, lieber Freund, die Arbeit, die wahrscheinlich noch nicht angefangen ist, zu sistiren; die Steine können wir immer brauchen und Weißern können wir für seine bisherigen Bemühungen auf eine andre weise entschädigen. Ich lege Ihnen ein Billet an Frau von Stein offen bey, das ich ihr zu bringen und mich vielmals zu empfehlen bitte. Sie sehen daraus, wie ich mich gegen die Berliner Committenten geäußert habe. Tausend Dank für Ihren letzten Brief. Fahren Sie fort, recht thätig zu seyn. Wir haben das schönste Wetter gehabt und sehr gute Wege gefunden. Grüßen Sie Herrn von Stein vielmals und gedenken Sie mein bey den Medaillen.

G.[339]


19/5377.


An Christiane von Goethe

Aus der Beylage, die Herr von Hendrich sendet, wirst du, meine Liebe, sehen, daß es uns wohlgegangen und wohl gehet. Nächstens werde ich mehr schreiben. Verzeihe nur, wenn ich die Spitzen nicht gleich mit dem Kutscher schicke, der morgen früh um 4 Uhr wieder abgeht. Wenn ich von hier an die Mutter schreibe, will ich der Sache erwähnen und dir nachher etwas gutes entweder mitbringen oder, wenn ich in der Zwischenzeit Gelegenheit habe, schicken.

Ich kann dir nicht ausdrücken, was wir uns glücklich fühlen, in einem friedlichen Lande, unter guten Menschen, nach unsrer Bequemlichkeit und Weise nur diese wenigen Stunden gelebt zu haben. Dem Gemüthe nach ist man schon fast ganz geheilt, und der Körper wird ja auch bald nachfolgen.

Lebe recht wohl. Ich werde von Zeit zu Zeit schreiben. Grüße August und Hofrath Meyer zum schönsten.

Carlsbad den 28. May 1807.

G.


19/5378.


An Christiane von Goethe

Carlsbad, Donnerstags den 28. May,

am Frohnleichnamsfeste 1807.

Daß wir glücklich angekommen sind, will ich durch den rückkehrenden Kutscher sogleich vermelden.

[340] Montags gelangten wir bis Schleiz, Dienstag bis Hof, Mittwoch bis Franzenbad und heute sind wir bey guter Zeit hier angekommen. Wir hatten das herrliche Wetter, trockne Wege und also jeden in seiner Art gut, als man es jeden Tag nur eine Spazierfahrt und wir konnten nach der Ankunft noch promeniren, Bekannte besuchen und uns umsehen; wie wir uns denn das Egerwasser gegen Abend noch vortrefflich schmecken ließen. An einem reinlichen Festtage sind wir hier in Carlsbad angekommen und haben lange nichts so friedliches und anmuthiges gesehen. Wir haben altes Quartier ledig gefunden und es sogleich bezogen.

Gegenwärtig sind erst 30 Curgäste angekommen und manche, wie es sich wohl versteht, angemeldet. Das Papiergeld ist seit einem Jahre, wie natürlich, sehr gefallen. Das Kopfstück steht zu 45 Kreuze. Zwar erhört man auch die Forderungen, doch, wie es immer geht, nicht in gleicher Proportion. Deshalb dieser für den Einwohner traurige Umstand dem Fremden, der baar Geld mitbringt, zum Vortheil gereicht.[341]


19/5379.


An Christiane von Goethe

Da morgen die Post in jene Gegend abgeht, will ich ein Briefchen an dich vorbereiten und dir sagen, daß ich mich sehr wohl befinde; an Leib und Seele unvergleichlich besser, als da ich von Hause wegging. Wir haben zwar abwechselndes, aber doch im Ganzen sehr angenehmes Wetter, ein sehr hübsches heiteres Quartier in guter Lage. Bekanntschaften hab' ich auch schon gemacht und so wird das hiesige Leben nach hergebrachter Ordnung fortgeführt. Morgens um 5 Uhr stehe ich auf und gehe an den Brunnen. Zwischen 8 und 9 wird gefrühstückt; dann etwas geruht, angezogen, dictirt, wieder ein wenig spaziert und dann gegessen. Nach Tische wird im Zimmer gezeichnet, gegen Abend auf der Promenade und sonst die Zeit auf eine oder die andre Weise hingebracht. Das Essen ist leidlich, so auch der Wein; doch wird man eben nicht verführt, sich zu übernehmen. Morgen ist unsere erste Woche um und da wird Zahltag seyn. Bis jetzt haben wir sehr ordentliche Rechnung geführt. Heute ist Papier eingewechselt worden; da wir denn für 50 Gulden 103 Papiergulden erhalten haben. Über acht Tage sollst du erfahren, was uns eine Woche kostet.

Von Leipzig habe ich sehr gute Nachrichten. Herr Rath Rochlitz war so freundlich, mir einen recht um-[342] ständlichen Brief zu schreiben. Durch Genast weiß ich die Einnahme, die auch nicht gering ist, und so ginge denn dieses Unternehmen recht schön. In den vier ersten Repräsentation war die Elsermann noch nicht aufgetreten.

Hier ist noch wenig Gesellschaft und die leeren Alleen würden dir nicht gefallen. Doch werden manche Gäste erwartet. Von Spitzen habe ich noch nicht viel Kluges gesehen; aber einen neuen Einfall, der auf der recht gut aussieht; so habe ich auch weder ächte noch falsche Granaten bisher gesehen. Viele Läden sind noch zu, und ist alles erst im Anfang. Mehr will ich dießmal nicht sagen, damit der Brief nicht liegen Bleibe Nachricht und ich hoffe, auch von Zeit zu Zeit etwas von dir zu erfahren. Leute recht wohl und grüße Augusten zum schönsten.

G.


19/5380.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

haben mir ein sehr großes Vergnügen gemacht. Denn gewiß ist eine Theater-Direction ein sorgenvolles Geschäft, besonders wenn man den Kennern und der Menge zugleich gefallen, die Fortbildung der Künstler und gute Einnahmen zugleich erleben will. Ihr[343] Schreiben jetzt alle die Verhältnisse so klar auseinander, daß ich gegenwärtig zu sehn und sehr bekannte Zustände mit eigenen Augen zu sehen glaubte. Haben Sie die Güte, den Antheil, den sie dieser Anstalt gegönnt, immer fort zu erhalten, auch wenn einiges vorkommen möchte, was nicht ganz Ihre Billigung hat. Leiten und lenken Sie dieses Schifflein aufs Beste.

Sehr gern hätte ich Ihnen gegen Ihre Betrachtung auch die meinigen mitgetheilt, die beym Lesen Ihres Briefs in mir erregt wurden; doch ist man durch diese Brunnen-Cur so zerstreut und verstört, daß man nicht leicht brieflich etwas kluges zusammen bringt. Haben Sie jedoch indessen die Güte, mir von Zeit zu Zeit einige Nachricht zu geben, welche mir, je ausführlich und umständlicher sie ist, nur zur angenehmeren Unterhaltung habe ich den Effect des Brunnens sehr zu loben. Könnte es in der Folge so bleiben, so wäre das sehr erwünscht. Mich bestens empfehlend

Carlsbad den 5. Juni 1807.

Goethe.[344]


19/5380a.


An Anton Genast

Carlsbad den 5. Juni 1807.

Ihr Schreiben, mein werthester Herr Genast, hat mich bey meinem Eintritt ins Karlsbad sehr freundlich empfangen, und die angenehmen Nachrichten die es enthielt haben mir viel Vergnügen gemacht. Melden Sie mir von Zeit zu Zeit wie es geht; ich kann hoffen, nach einem so glücklichen Anfang wird sich alles gut machen. An Herrn Rath Rochlitz lege ich einen Brief bey. Die Herren Mahlmann, Gehler und Ehrhardt grüßen Sie zum schönsten, ingleichen Herrn Bretzner, und nützen den Rath dieser wackeren Männer.

Herrn Becker viele Grüße so wie der ganzen Gesellschaft. Die Cur bekommt mir sehr wohl. Ich wünsche daß der Fortgang und die Folge dem Anfang gleichen möge. Es sind noch soviele Badegäste hier als vorm Jahr um diese Zeit; doch sind manche Quartiere bestellt. Unser gnädigster Herzog trifft morgen abend ein.

Eine Schauspielergesellschaft wird erwartet. Sie hat bisher in Amberg gespielt und man hofft wenig Gutes von ihnen. Leben Sie recht wohl und munter und lassen bald wieder von sich hören.

Goethe.


Meine schönsten Danck für Ihren freundlichen Gruß, lieber Herr Genast, so wie für der übrigen Herren theilnehmende Erinnerung. Ich freue mich außerordentlich durch Sie und von andern[98] Orten her zu erfahren, daß Sie sämmtlich in Leipzig den verdienten Beyfall einärndten. Ich hatte nie daran gezweifelt.

Uns geht es hier recht gut. Das Wetter ist im Ganzen sehr gut. Nach und nach füllt sich denn das Bad mit Gästen, im Anfang war es sehr leer. Doch ehe dieser Monat zu Ende geht, hoffe ich es noch brillant zu sehen.

Mögen Sie sich auch in Leipzig recht divertiren, und wenn es Ihnen wohlgeht meiner gedencken. Grüßen Sie die ganze werthe Gesellschaft, nahmentlich Becker, Wolff, Oels, Deni und Lorzing, Mamsell Elsermann und Madam Becker nicht zu vergessen. Leben Sie wohl.

Ihr

F. W. Riemer.[99]


19/5381.


An Christiane von Goethe

Da ein Bote nach Weimar geht, so versäume ich nicht, dir ein paar Stück Spitzen zu schicken. Mit den ausgezackten du dich indessen beliebig putzen.[344] Von den andern schickst du allenfalls 3 Ellen an Lieschen und hebst die übrigen zu weiterem Gebrauch oder zum Verschenken auf.

Dagegen wünsche ich folgendes:

1.) Meine Farbenlehre, welche bey Herrn Professor Kästner oder bey Frau Hofrath Schiller seyn muß. August wird sie herbey zu schaffen wissen.

2.) Die vier Bände meiner Werke. Es liegen noch Drey Exemplare in dem Actenschrank in dem Zimmer neben unsrer Schlafkammer. Davon nimmst du eins auf Schweizerpapier, welches leicht zu erkennen ist, weil es weißer ist und die Bände stärker als vom ordinären übereinander, anstatt daß vom Druckpapier nur ein Exemplar noch daneben liegt. Diese Bände zusammen mußt du wohl in Papier einpacken und mit Bindfaden umschnüren lassen, auch sobald als möglich an Herrn Geheimerath Voigt schicken, weil der Bote bald wieder fortgeht. Du kannst dieser Sache Sachsen brauchen, der gut einpackt, und bey Geheimerath Voigt die Bestellung machen kann.

Du schreibst mir in deinem letzten Briefe, du wolltest etwas Gedrucktes, den Geheimerath Wolf betreffend, beylegen; es war aber nicht in dem Packet.

Was von Brief und Päcktchen in der Zwischenzeit angekommen ist, kannst du auch mitgeben, nur nicht wenn es zu groß ist. Wäre aber etwas der-[345] gleichen gekommen, so könnte es August aufmachen und mir sagen, was es enthielte.

Von unsern jungen Schauspieler habe ich noch nichts gehört. Übrigens sind alle Reisende, die von Leipzig hierherkommen, mit den Aufführungen, denen sie beygewohnt haben, sehr zufrieden.

Ich befinde mich sehr wohl und wünsche nur, daß es continuire. Ich wünsche, daß Ihr auch wohl und vergnügen seyn möget.

August soll mir eins von den flachen spitzwinklichen Glasprismen zu den Büchern packen.

Carlsbad den 9. Juni 1807.

G.


Die beyliegenden Haarnadeln gehören an Durchlaucht die Prinzeß und sind an Demoiselle Lorch zu überschicken.


19/5382.


An Johann Friedrich Cotta

Ich weiß Ihnen sehr viel Dank, werthester Herr Cotta, daß Sie mir das bewußte Scriptum haben aufopfern und übersenden wollen. Dagegen denke ich gleich mit etwas angenehmen zu dienen , mit einem Auszuge aus einer Biographie Hackerts. Das Manuscript soll mit der nächsten Post abgehen; haben Sie nur die Güte, einstweilen folgendes ins Morgenblatt setzen zum lassen:[346] Der vortreffliche und berühmte Landschaftsmahler Jacob Philipp Hackert, welcher im vergangenen April zu Florenz im 70. Jahre seines Alters gestorben, hat eine Biographie hinterlassen, aus welcher ein Auszug nächstens im Morgenblatt erscheinen wird.


Indessen bitte auch nichts anders aufnehmen zu lassen. Mich bestens empfehlend

Carlsbad den 10. Juni 1807.

G.


19/5383.


An Charlotte von Stein

Nachdem ich mich schon einige Wochen in Carlsbad befinde, entschließe ich mich, auch Ihnen, verehrte Freundin, zu sagen, daß ich mich ganz leidlich befinde, wenigstens um vieles besser als kurz vor meiner Abreise in Weimar und Jena. Freylich muß bey einer solchen völligen Umkehrung der Lebensweise irgend ein Effect hervorgebracht werden, ob der aber im Ganzen heilsam sey und gute Folgen haben werde, im Ganzen heilsam sey und gute Folgen haben werde, das ist ungewiß, und wir wollen also mit dem Augenblick zufrieden seyn.

Unserm Fürsten bekommt die Cur auch ganz wohl, und Er hat wirklich einiges Zutrauen zu dem Wasser gefaßt, weshalb er wohl länger bleiben wird, als er sich anfangs vorgesetzt hatte. Die Gesellschaft vergrößert sich nach und nach, wodurch aber meine Art[347] zu seyn wenig verändert wird: denn ich lebe nach herkömmlicher Sitte meist allein, und habe wenig Verkehr mit der übrigen Welt.

Einen sehr interessanten Mann habe ich an dem Residenten Reinhard gefunden. Sie werden sich erinnern, daß er früher in Hamburg angestellt war, sich so lange wurde, wo ihn die Russen, bey dem Ausbruch des letzten Kriegs, mit Frau und Kindern gefangen nahmen, über den Dnieper, Bog und Dniester führten und zuletzt wieder los ließen; da er denn durch Polen und Galizien wieder ins westliche Europa unter die Menschen zurückkehrte. Es ist ein sehr tüchtiger, erfahrner, theilnehmender Mann, mit dem ich sehr erfreuliche Unterhaltung habe.

Durch ihn habe ich ein französisches Buch kennen lernen, woraus hiebey ein Auszug folgt, der Ihnen, hoff' ihn unserer Durchlauchtigsten Herzogin mitzutheilen und mich ihr zu Füßen zu legen. Mögen Sie mich Durchlaucht der Prinzeß auf das beste empfehlen und ihr sagen, daß das Stammbuch sich nach und nach versudelt und nicht ganz erfreulich anzusehen.

Ich muß schließen, weil ich bis kurz vor dem Abgang der Post gezaudert habe. Empfehlen Sie mich unserm schlesischen Freunde und lassen mich[348] gelegentlich von sich hören. Meine besten Wünsche begleiten diesen Brief.

Carlsbad den 14. Junius 1807.

Goethe.


19/5384.


An Johann Friedrich Cotta

Hierbey folgt das Versprochene über unsern trefflichen Landsmann Hackert für das Morgenblatt. Ob ich so glücklich seyn werde, etwas für den Damen-Calender schickliches zu finden, weiß ich nicht: denn ich habe in der Zeit zwar manches gearbeitet, das aber gerade in diesen Kreis nicht passt.

Über das mir mitgetheilte Scriptum habe ich mich wirklich verwundert. Denn ob man gleich recht wohl weiß, daß man Trauben nicht lesen kann von den Dornen, noch man feigen von den Disteln, so hätte doch hier der Stoff dem Schriftsteller nachhelfen sollen. Dagegen manifestirt sich mehr als jemals in diesen blättern das größte Ungefühl und ein völliger Mangel an Geschmack. Wie oft ist gegen den Euphemismus gesündigt! Genug es bleibt ein Muster, wie man eine solche Aufgabe nicht behandeln soll.

Das von Hackert hinterlassene Manuscript, größtentheils von seiner eigenen Hand, ist ein köstliches Denkmal; doch ohne vorgängige Redaction dem Publicum nicht zu übergeben. Ich werde die Sache durchdenken und überlegen, wie man es anzugreifen hat,[349] damit der Sache ihr Recht widerfahre. Gedruckt würde es etwa zwölf Bogen in Octav geben. Ich würde noch einige sehr interessante Briefe, die er mir in den letzten Jahren geschrieben, und eine treue Würdigung seines Kunsttalents hinzufügen. Auch ließe sich, wegen Kunstverwandtschaft und freundlicher Lebenstheilnahme, eine kurze Biographie des Herren Charles Gore, eines Engländers, dessen in der Hackertschen Biographie erwähnt wird, anschließen er lebte bey uns in Weimar in seinen letzten Lebensjahren uns ist erst vor kurzem gestorben. Eine große Sammlung von Zeichnungen, die er nach der Natur, meist durch die Camera obscura, auf seinen Reisen gefertigt und worunter die See- und Hafenprospecte wegen der vielen angebrachten Schiffe sehr merkwürdig sing, hat er der Weimarischen Bibliothek vermacht, und er würde interessant seyn, auch öffentlich seyn, auch öffentlich von dem zu sagen.

Ich lege einen Brief bey, den ich nach Florenz zu schicken bitte. Da ich ihn offen gelassen habe, werden Sie daraus ersehen, daß ein junger Mahler, Namens Titel, die Copie eines Portraits von Hackert offerirt. Das Original ist von Herr Faber im vorigen Jahre gemahlt und zwar nicht in allzugroßem Format. Ich glaube, es würde wohlgethan seyn, sich dieses Bildes zu versichern und es vor die Biographie stechen zu lassen. Sie würden dazu einen geschickten Künstler[350] wählen, deshalb ich auch wünsche, daß es geradezu an sie adressirt werde.

Gegenwärtig wüßt' ich weiter nichts zu sagen, als daß mir jetzt die Cur noch ganz wohl bekommt. Ich wünsche zu hören, daß Sie mit den Ihrigen sich auch befinden.

Carlsbad den 14. Junius 1807.

Goethe.


19/5385.


An Christiane von Goethe

Carlsbad den 18. Junius 1807.

Sowohl durch den Boten als durch Herrn von Herda habe ich von dir zwar kurze, aber doch erfreuliche Nachricht erhalten, daß Ihr wohl seyd und so gut als möglich eure Einsamkeit genießt.

Daß die Spitzen zur rechten zeit angekommen sind, freut mich sehr. Die gezackten sind böhmische und die andern sächsische. Die Fabrikationen beyder Länder unterschreiben sich hauptsächlich dadurch, daß jene schönere Muster haben und diese einen gleicheren Grund. Von schwarzen will ich dir noch etwas mitbringen.

Da einer von den Leuten des Herzogs Morgen nach Weimar gesendet wird, so schickte ich dir zugleich die Granaten mit, die ich dir angeschafft habe. Die kleinen sind ächt, die großen unächt und werden beyderseits zum Schmuck dienen, besonders so lange die Trauerzeit währt. Übrigens will ich nun mit[351] Kaufen ein Bischen inne halten. Die ordinären Ausgaben sind sehr mäßig und man einmal eingerichtet ist. Nur ist die Verführung von allerhand hübschen Sachen so groß, daß man immer etwas einzuhandeln verleitet wird, besonders wenn man damit Freude zu machen denkt.

Von dem Gebrauch des Wassers kann ich noch immer Gutes sagen, und für die Zukunft habe ich auch bessere Hoffnung, da Doctor Kapp, ein alter Freund und vortrefflicher Arzt, sich meiner annimmt, mein Übel wohl überlegt und, wie mir scheint, sehr gut beurtheilt hat. Hauptsächlich läuft alles auf eine sehr genaue Diät hinaus. Ich will noch etwa acht Tage trinken, dann pausiren und haben und was sonst noch weiter für gut befunden wird. Ich lebe übrigens hier ganz ruhig und vergnügt nach meiner Weise, so daß ich mich gar nicht wegsehne. Ihr werdet ja indessen wohl auch die Zeit hinbringen und es wird sich diesen Sommer für euch auch wohl noch ein Spaß aufthun.

Schlossern grüße vielmals, wenn er noch bey euch ist. Weiter wüßte ich nichts zu sagen, als daß der Courier, der dieses bringt, in einer zeit nach Carlsbad zurückkehrt. Mache daher ein Päckchen für mich zu rechte und ersuche ihn, daß er es bey dir abhole. Mit der Post schreibe ich bald wieder und hoffe, immer etwas gutes melden zu können.

G.[352]


19/5386.


An Christiane von Goethe

Carlsbad den 24. Juni 1807.

Wie ich aus den verschiedenen Briefen, die wir gewechselt haben, ersehe, so gehen die Posten von hier auf Weimar und zurück noch immer sehr langsam; und weil man sich also Nachrichten und Entschlüsse nicht gut mittheilen kann, so will ich dir voraus sagen, wie ich es zu halten gedenke, damit du dich von deiner Seite darnach richten könnest.

Die veränderte Curart, nach dem Rathe des Doctor Kapp von Leipzig, schlägt mir sehr gut an und ich will den Gebrauch des Wassers auf diese Weise fortsetzen. Dann soll ich baden, ohne zu trinken, und was weiter für Anordnungen werden gut befunden werden. Auf den Donnerstag sind wir 4 Wochen hier und ich habe mich Lust, auf alle Fälle noch 4 zu bleiben, weil ich für mich keinen angenehmeren und vortheilhafteren Aufenthalt wüßte. Zugleich ist mir freylich sehr daran gelegen, noch hier am Orte zu beobachten, wie mir der Gebrauch des Wassers im Ganzen bekommt, und Doctor Kapp, der auch noch eine Zeitlang hier bleibt, Gelegenheit zu geben, daß er mir Zustände noch genauer beurtheilen könne. Er hat mir gerathen, wenn ich nach Hause komme, Spaawasser zu trinken, und ich schreibe deswegen von hier aus an die Mutter, daß sie mir eine Kiste ver-[353] schreiben läßt: eine Bemühung, die Herr Nicolaus Schmidt, oder sonst ein Freund, gern übernehmen wird.

Nun von dir und deiner Lauchstädter Tour auf dir also folgender Rath, daß du das Haus recht gut besorgest und bestellest, dich nach Jemand Soliden umsiehst, der in deiner Abwesenheit hereinzieht und etwa deine Stube und Alcoven bewohnt: denn ich bitte dich inständig, das Haus nicht etwa Augusten und den Mägden allein zu überlassen, weil uns daraus ein großer Verdruß zuwachsen könnte, der uns daraus ein großer Verdruß zuwachsen könnte, der allen Spaß verdürbe und eine schlechte Nachkur gäbe.

Da nun die Schauspieler wahrscheinlich nicht lange dieß Jahr in Lauchstädt bleiben, so hing es von dir ab, die Zeit zu nutzen und, sobald du es für gut fändest, hinzugehen, ohne daß du weiter bey mir anfragtest noch wegen meines Ausbleibens gesorgt wärest. Es soll mir sehr angenehm seyn, wenn du dort gute Zeit hast und dich wieder einmal auf alte Weise amüsirst. Seit der Einnahme von Danzig haben wir in unsern Gegenden nicht leicht etwas zu besorgen, und überhaupt bist du ja seyn kannst. Schreibe mir nur, wenn du weggehst und wie lange du ohngefähr auszubleiben denkst. Nur stelle Jemand, wie ich schon gebeten habe, im Hause an, wäre es auch nur, um mich dieser Sorge zu überheben.

[354] Sonnabend den 27. Juni geht von hier ab und ich werde alsdann erst wieder ein recht einsames zu thun, wenn nur erst die Trink- und Badekur vorbey ist und ich mich hier wie auf einem Lustort vergnüglich aufhalte.

Die Schauspielergesellschaft ist endlich auch hier abgekommen. Wie sie im Ganzen bestellt ist, kannst du daraus abnehmen, daß in der Camilla unser alter Spitzeder den Herzog und Madame Weyrauch die Camilla gespielt hat. Übrigens ist die Tochter von Spitzeder ein recht hübsches Mädchen geworden, aus der wohl etwas zu machen wäre. Von der Weyrauchschen Tochter will ich nicht dasselbe sagen.

Die Granaten werden nunmehr glücklich angekommen seyn und ich hoffe, sie sollten nebst den Spitzen in Lauchstädt guten Effect thun. August soll ein Paar Pistolen haben. Der Säbel wird schwerer zu finden seyn. Überhaupt haben sich die hiesigen Arbeiter gefürchtet, Waffen fertig zu machen, weil sie dachten, man könne sie ihnen, beym Ausbruch eines Krieges, ohne viel Glaswaaren bring ich etwas mit, sowohl für die Tafel als für den Theetisch. Denn was den letzten betrifft, so kannst ihn künftigen Winter doch nicht ganz entbehren.

Lebe recht wohl und grüße alle Freunde. Von Lauchstädt aus kannst du schreiben. Denn über[355] Leipzig kommen die Briefe von dort eher hierher als von Weimar. Lebe recht wohl und gedenke mein.

G.


Unsern jungen Freund Schlosser grüße vielmals und danke ihm für sein Blättchen. Es thut mir leid, daß ich ihn versäume. Desto angenehmer ist mir die Hoffnung, die er uns macht, bald wieder zu kommen. Augusten grüße gleichfalls schönstens. Wenn er auch einmal etwas ausführlicher als bisher schreiben wollte, so sollte er gelobt werden.


19/5387.


An Heinrich Schmidt

Da sich mir, mein werthester Herr Schmidt, eine Gelegenheit darbietet, Ihnen von meinem Carlsbader Aufenthalt und meinem Befinden einige Nachricht zu geben, so versäume ich solche nicht. Herr Cramer von Quedlinburg, ein junger Mann, der mit der deutschen Literatur sehr bekannt und in mehr als einem Sinne schätzenswerth ist, macht die Reise nach Wien, nachdem er einige Zeit hier mit uns gelebt. Ich bitte, ihn gut aufzunehmen und ihm förderlich zu seyn, daß er bedeutende Männer kennen lerne. Er kann Ihnen erzählen, daß ich mich hier wohl befinde, und ich selbst kann sagen, daß mir die Cur recht gut anschlägt, sodaß ich manchmal verführt werden könnte,[356] meinem Vorsatz auszuführen und Sie in Wien zu besuchen. Nur macht Übel manchmal Paroxysmen, die ich befürchten muß, gerade wenn ich mich am wohlsten fühle, und diese Sorge hält mich ab, an eine weitere Reise zu denken. Ich wünsche zu vernehmen, daß Sie sich wohl befinden, sowie ich mich denen, die sich meiner erinnern, bestens zu empfehlen bitte.

Carlsbad, den 24. Juni 1807.[357]


19/5387a.


An Anton Genast

Ihr Brief, mein lieber Herr Genast, ist zur rechten Zeit angekommen und es hat mich recht sehr gefreut, daß Ihre zwölf ersten Vorstellungen soviel Beyfall erhalten haben. Ich hoffe es wird so fortgegangen seyn, wie ich denn auch von verschiedenen Personen versichert worden bin. Melden Sie mir doch, ob und wann Sie nach Lauchstädt gehen, und was etwa sonst wegen Ihres nachherigen Aufenthalts in Leipzig beschlossen wird, indem ich auf eine oder die andere Weise verführt werden könnte, Sie zu besuchen.

Wir haben hier nun auch ein Schauspiel, wobey sich mancher alte Bekannte findet; Madam Weihrauch habe ich als Camilla, Herrn Spitzeder als ihren Gemahl gesehen. Spitzeders Tochter ist herangewachsen und hat mir ganz wohl gefallen, ob sie gleich für die Rolle des[99] Adolfs, den sie spielte, groß war. Die Weihrauchsche Tochter ist auch ein ganz hübsch Mädchen geworden.

Unserm gnädigsten Herrn bekommt der Brunnen recht wohl. Sonnabend den 27. gehen Sie nach Töplitz. Ich werde mich noch eine Zeitlang hier aufhalten und das Wasser nach dem Rath des Herrn Doctor Kappe fortbrauchen. Die Gegenwart von diesem vortrefflichen Arzte und alten Freunde ist mir von großem Werth. Ich setze weiter nichts hinzu als den Wunsch, daß Ihr Aufenthalt in Leipzig wie bißher für das Publicum und für die Gesellschaft erfreulich seyn möge. Empfehlen Sie mich bestens denen Herren die meiner gedenken und sich gegen unser Unternehmen so freundlich beweisen. Grüßen Sie den Gesellschaft bestens von mir und lassen bald von sich hören.

Möchte Herr Rath Rochlitz mich wieder einmal mit einem Briefe erfreuen, so würde es mir zur höchst angenehmen Unterhaltung gereichen.

Carlsbad den 24. Junius 1807.

Goethe.


Meinen schönsten Dank für Ihren und der werthen Gesellschaft freundlichen Gruß an mich, die ich abermals bestens wieder zu grüßen bitte. Sollten Sie, lieber Herr Genast, den Doctor Hain in Leipzig zu sehen und zu sprechen kriegen, so haben Sie doch die Gefälligkeit ihn zu bedeuten, daß ich mich schon über 4 Wochen hier befinde und in seiner Angelegenheit folglich nichts thun können, und auch nicht eher können werde, als bis wir wieder nach Hause gekommen sind. Verzeihen Sie der Bemühung und leben Sie recht wohl.

Ihr

F. W. Riemer.[100]


19/5387b.


An Anton Genast

Ob ich erst gestern einen Brief an Sie, mein werther Herr Genast, abgesendet, so bin ich doch veranlaßt heut abermals zu schreiben, indem ich Sie um eine kleine Gefälligkeit ersuchen möchte. Ich wünsche nehmlich ein Büchelchen das in Leipzig gewiß zu haben ist

Leonhards Mineralogisches

Taschenbuch

bald möglichst hierher zu haben. Möchten Sie es deshalb aufsuchen und mir mit dem Postwagen nächstens zusenden; so würden Sie mir etwas angenehmes erzeigen. Die Auslagen deshalb, so wie überhaupt das Porto der an mich gesendeten und von mir ankommenden Briefe, will ich mit Vergnügen restituiren. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Carlsbad den 25. Junius 1807.

Goethe.[101]


19/5388.


An Charlotte von Stein

Gegenwärtiges gebe ich Herrn Regierungsrath Voigt mit, dessen unvermuthete Ankunft mir viel Vergnügen gemacht hat. Auch Ihren Brief, verehrte Freundin, erhielt ich zu gleicher Zeit und freute mich, daß die Lobrede der vierfüßigen Freunde gut aufgenommen worden. Der Verfasser hat, auf eben diese Weise, die Wölfe, nicht weniger Ameisen und Bienen vermenschlicht, in kleinen Aufsätzen, die man mit Vergnügen liest.

Ich schicke drey kleine Zeichnungen mit, wovon ich bitte Eine Durchlaucht die Prinzessin auswählen zu lassen und die andern für sich zu behalten, bis mehr nachkommen. Leider sind in diesen Dingen alle meine alten Fehler, ohne daß von neuen Tugenden viel zu spüren wäre. Da es jedoch das gemeine[357] Schicksal der Menschen ist, da aufzuhören, wo man anfangen sollte; so will ich mich denn auch darein ergeben, daß ich zu nichts erfreulicherem gelange.

Der Gebrauch des Wassers bekommt mir ganz wohl, nur will sich der Glaube an recht gute Folgen noch nicht stark machen. Durchlaucht der Herzog ist auch ganz wohl mit der Cur zufrieden. Ich werde wohl noch eine Zeitlang hier verweilen, um so mehr, da der Brunnen mich wenigstens für den Augenblick vor meinen Übeln sicher stellt. Leben Sie recht wohl, empfehlen Sie mich Durchlaucht der Herzogin und danken Brief, auf den ich nächstens etwas erwiedere.

Wie lange bleiben unsere Schlesier noch in Weimar? Mein Wunsch ist, sie noch zu treffen. Indessen grüßen Sie mir solche zum schönsten.

Carlsbad den 28. Junius 1807.

G.


Wollten Sie die Gefälligkeit haben, inliegenden Brief an Frau von Ahlefeld zu befördern. Wegen des Monuments habe ich an Hofrath Meyer geschrieben.

Der Brief an Frau von Ahlefeld ist nicht fertig geworden.


19/5389.


An Franz Kirms

Beykommenden Brief, obgleich er nicht ganz communicabel aussieht, habe ich in der Absicht geschrieben,[358] daß Sie ihn nach Schleswig schicken können. Übrigens ist der Inhalt ganz meine aufrichtige Meinung und ich will ihn daher nicht wiederholen. Ehe die Schauspieler von Leipzig zurück und wir wieder persönlich zusammen sind, ehe ich unser Geschäft und die gegenwärtige Lage desselben wieder einmal recht klar übersehe, kann ich mich unmöglich zu irgend einer Veränderung entschließen, denn es ist eine alte Erfahrung: indem man denkt, einem Übel zu entgehen, fällt man in ein anderes; indem man diese oder jene Mißverhältnisse zwischen Schauspielern zu heben glaubt, entspringen neue durch neue Menschen.

Für Spitzeders Tochter ist es wirklich Schade, denn wenn sie noch ein Jahr in diesen Verhältnissen bleibt, so ist sie wahrscheinlich verloren. Hunger und Kummer, keine Abweisung und keine Übung, eine solche Lage für ein Kind, das wirklich etwas verspricht, ist traurig genug, doch ist nicht daran zu denken, daß man sie annehme, da alles, was sie kann und vermag, auch ohne sie recht gut bey uns geleistet wird.

Übrigens kann ich von meinem Befinden sagen, daß es recht leidlich ist, und wegen der Folge muß man das Beste hoffen. Auch Durchlaucht dem Herzog bekommt die Cur recht wohl, deswegen Sie auch etwas zugegeben haben.

Sollte wieder ein Packet an mich ankommen, so bitte ich, solches ja bis zu meiner Rückkunft zu bewahren. Das Porto kommt seht hoch; es waren[359] Komödienzettel von Wien, deren Lectüre mich so viel als zwei Bouteillen guter Melnicker kostet.

So bevölkert wie vor dem Jahr ist das Bad nicht, doch sind noch immer Menschen genug angekommen. Vom Theater habe ich zu sagen vergessen, daß Mad. Weyrauch auf demselbigen die erste Liebhaberin in Sing-, Trauer- und Luftspiel giebt. Im Ganzen leisten sie sehr wenig, nehmen aber auch wenig genug ein.

Ich wünsche wohl zu leben und hoffe baldiges Wiedersehen.

Carlsbad, 28. Juni 1807.

G.


19/5390.


An Johann Heinrich Meyer

Mit dem Monumente sind wir, wie ich in meinem Brief aus Hof voraussagte, auf dem rechten Wege. Die Welt ist wie ein Strom, der in seinem Bette fortläuft, bald hie bald da zufällig Sandbänke ansetzt wird. Das geht alles so hübsch und bequem und nach und nach, dagegen die Wasserbaumeister eine große Noth haben, wenn sie diesem Wesen entgegenarbeiten wollen.

Deshalb ergeht meine Bitte an Sie, werthester Freund, nunmehr an eine Zeichnung zu denken, etwa in der Art, wie die zu dem Steine, der bey Auerstädt[360] gesetzt werden soll, nur größer und verzierter, da wir noch immer 200 Thaler daran wenden können. Vielleicht nimmt man uns von Gotha gekommenen Stücke bey dem Weimarischen Bauwesen ab, und so haben wir denn die ganze Summe wieder beysammen und können dafür immer etwas artiges machen. Bereiten Sie das vor, damit ich es etwa finde, wenn ich wieder komme, und wir die berliner Beystimmung einholen können. Die Zeichnung des ersten nehmen Sie von Weißern doch zurück und heben Sie bey sich auf. Den Gedanken wollen wir nicht verlieren, sondern ihn auf eine oder die andre Weise der Nachwelt überliefern.

Worauf ich mich bey meiner Rückkehr besonders freue, ist, Ihre neue Generation von Schülern zu sehen. Ich bin recht neugierig, ob wir noch erleben, was wir so sehr wünschen, die doch einmal vorhandenen Talente auf dem kürzesten Weg nach dem Rechten geführt zu sehen. Es ist mir bey verschiedenen Gelegenheiten wieder so merkwürdigen, daß in der Musik man über Nothwendigkeit des Unterrichts, sowohl im höheren Kunst- als im letzten technischen Sinne, viel klarer ist als in den bildenden Künsten. Es mag vielleicht auch daher kommen, daß der Musiker in einer gefährlichern Lage ist, als der Mahler, weil er sich jederzeit persönlich im Augenblicke exponirt und also in seinem Metier die höchste Sicherheit und Gewandtheit zu erreichen suchen muß.

[361] Das Mißvergnügen mit dem Mahler, sogar dem Porträtmahler, äußert sich doch meistens nur durch ein schonendes Geflüster, anstatt daß der Musicus erwarten muß, wie der Schauspieler, ausgepfiffen oder auf sonst eine Weise persönlich beleidigt zu werden.

Es wünscht Jemand hier in Carlsbad das Recept zu haben, wie man das schwarze Wachs macht, mit welchem man die geschnittenen Steine abdrückt, wenn man sich aus dem Stegreife von ihrem Werth versichern will. Unter meinen Papieren liegt es, ich weiß aber nicht wo. Wahrscheinlich besitzen Sie es auch, oder können es von Facius erhalten. Haben Sie die Gefälligkeit, es mir bald zu übersenden und mir von Ihrem Befinden zu schreiben. Ich wünsche nichts mehr als zu hören, daß Ihre Thätigkeit nichts unterbrochen worden.

Carlsbad den 30. Junius 1807.

G.[362]


19/5390a.


An Carl Friedrich Anton von Conta

Wenn ich Ew. Wohlgebornen Schreiben nicht gleich beantworte, so geschah es weil ich mich wirklich in einer Art von Verlegenheit befinde, was ich eigentlich darauf zu erwidern habe. Ich kann nicht läugnen, daß es mein Wunsch, sogar meine Absicht war, aus[101] Carlsbad über Prag nach Wien zu gehen, um beyde Städte, welche ich unverantwortlicher Weise noch nicht besucht, endlich einmal zu sehen und soviel werthen Gönnern und Freunden daselbst aufzuwarten. Auch befinde ich mich gegenwärtig ganz wohl; nur muß ich in beständiger Sorge leben, weil mein Übel gewisse Paroxysmen macht vor denen ich kaum sicher bin, wenn ich mich auch noch so sehr in Acht nehme, und es also noch weniger seyn würde, wenn ich mich auf der Reise oder in den Zirkeln einer großen Stadt bestände. Schwerlich glaube ich daher, daß ich mich dießmal zu einer solchen Tour entschließen werde. Eben so wenig wüßte ich zu sagen, wie lange ich mich in Carlsbad aufhalten werde, weil ich theils von Zeit zu Zeit kleine Excursionen mache, theils auch meine frühere oder spätere Rückkehr von mancherley Umständen abhängt.

Haben Sie die Gefälligkeit dieses der Frau von Savigny mit meinen besten Empfehlungen zu hinterbringen und ihr zu versichern, daß es mir unendlich leid thue, sie, wie ich schon längst gewünscht, dießmal nicht persönlich kennen zu lernen, um so mehr als ihre Schwester Bettine mich vor kurzer Zeit in Weimar durch ihren Besuch sehr glücklich gemacht hat. Möge sichs doch auf irgend eine Weise fügen, daß wir bald irgendwo zusammentreffen.

Der ich in dem lebhaften Wien Ew. Wohlgeboren recht vergnügte Tage wünsche, ob ich gleich[102] daran nicht ganz ohne Empfindung des Neides denken kann.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Carlsbad den 30. Junius 1807.

J. W. v. Goethe.[103]


19/5391.


An Christiane von Goethe

Durch Herrn Regierungsrath Voigt schicke ich dir ein Schwänchen zu deiner Reise nach Lauchstädt. Meine Absicht ist dabey, daß du diese Dinge theils zu eigenem Gebrauch verwendest, besonders aber auch, daß du Personen, die dir gefällig sind, einige Artigkeit erzeigen mögest. Ich habe deshalb der Kleinigkeiten allerley zusammengepackt. Das Kästchen selbst[362] solltest du der Elsermann schenken und mit dem Schmuck der falschen Granaten und des bunten Glases die Theaterfreunde ausputzen, auch mit dem Übrigen nach Beliebten verfahren.

Augusten danke für seinen Brief, der etwas länger als gewöhnlich ausgefallen ist, und sage ihm, daß ein Paar sehr schöne Pistolen bestellt sind. Was aber den Säbel betrifft, so haben sie keinen mit metallener Scheide und wollen, wenn man sie bestellte, sehr hoch hinaus. Auch ist es eigentlich nur eine Offizierstracht. Die Säbel, unter denen man hier die Auswahl hat, sind mit damascirten Klingen, die freylich nicht blinken, mit schwarzen Scheiden, das Beschläge polirter Stahl oder verguldetes Messing. August soll mir zunächst seine Meinung darüber schreiben, auch was er für ein Gehänge dazu haben will.

Mit einiger Hand setzte ich noch einige Worte hinzu. Ich befinde mich recht wohl und weil man nach Verordnung des Arztes gar manche Stunde des Tages nichts thun darf; so schleiche ich in den Boutiquen herum, handle Kleinigkeiten, wovon ich dir einen Transport überschicke. Wenn du nach Lauchstedt gehst; so mache es dir recht bequem und vergnüglich, nimm ein hübsches Quartier und sey überhaupt wegen des Aufwandes nicht ängstlich, wir wollen schon wieder was herbeyschaffen. Ich bin schon fleißig hier gewesen und werde es zunächst noch mehr seyn. Von dem was ich dir übersende behalte für dich was[363] dir Freude macht, das andre verschencke an Personen denen du wohl willst und die sich gefällig gegen dich bezeigen. Lebe wohl, gedencke mein, wie ich deiner gedencke.

Carlsbad d. 1. Jul. 1807.

Goethe.


19/5392.


An Carl Ludwig von Knebel

Eine gute Gelegenheit, die nach Weimar geht, will ich nicht vorbey lassen, ohne dir auch einmal zu sagen, das es mir bisher ganz leidlich gegangen. Das Wasser bekommt mir sehr wohl, besonders seitdem ich eine Veränderung in der Curart gemacht und den Sprudel gegen mildere Quellen vertauscht habe. Übrigens lebe ich hier nach alter weise. Vor allen Dingen werden Steine gepocht, dann vor langer Weile allerley Geld vertändelt und im Spaziergehen manche Conversation geführt. Ich habe mehrere Bekanntschaften gemacht, worunter wohl der Resident Reinhard, der, nachdem er den Posten von Jassy verlassen mußte, auf sonderbaren Umwegen und durch ein eigenes Geschick hieher gelangt ist, wohl die interessanteste seyn möchte. Ich wünsche, daß du ihn kennen lerntest, wenn er auf seiner Reise durch Weimar kommt. Da er über Dresden geht, so berührt er vielleicht Jena nicht, sonst würde ich ihn dir addressiren. Andere will ich nicht nennen; da-[364] gegen aber von ihnen erzählen, wenn ich wieder zu dir zurückkomme. Ich bin nun über 4 Wochen hier und fahre noch fort, in kleinen Portionen zu trinken, doch gedenke ich eine Zeit lang zu baden, und so möchte der Juli wohl hingehen, ehe ich euch wiedersehe. Der Ort und die Gegend sind gar anmuthig und bedeutend. Heute waren wir in Ellenbogen, dessen ich mich gar nicht mehr aus vorigen Zeiten erinnerte und das über alle Beschreibung schön liegt und sich als ein landschaftliches Kunstwerk von allen Seiten betrachten läßt. Das Wetter ist abwechselnd, doch mit unter gerade, wie man es braucht, und das ist ja eben soviel, als man verlangen kann. Der Herzog ist auch länger hier geblieben, als er sich vorgesetzt hatte. Ihm scheint das Wasser ganz gut zu bekommen. So viel für dießmal, in Hoffnung, dich bald wiederzusehen und dich mir den Deinigen gesund und froh anzutreffen.

Carlsbad den 1. Julius 1807.

G.


19/5393.


An Christiane von Goethe

Herr Reg. Rath Voigt machte mir Hoffnung daß er Sonnabends früh dir mein Schwänchen zustellen wollte. Indessen finde ich Gelegenheit dir wieder ein Wort zu sagen, die ich nicht vorbey lassen will. Es behagt mir hier immer besser, ich bin nun eingewohnt,[365] habe aufgehört zu trincken und fange an zu baden. Gegenwärtigen wird den ganzen Tag gezeichnet und illuminirt und Riemer thut ein Gleiches, wodurch wir uns denn ganz gut unterhalten, und noch eine Weile so fort zu leben wünschen. Was meine körperlichen Zustände betrift, so seh ich wohl geht es auf eine sehr vorsichtige Diät hinaus und daß man wachsam sey, ein Übel das man nicht heben kann zu dämpfen und Ausbrüche zu verhüten. Zu keiner größeren Reise habe ich Muth und will, so gut es gehen Mag hier des Lebens genießen.

Dabey bleibt mein Hauptspaß allerley für dich auszudencken. Denn ich muß dir nur verrathen daß ich dir noch eine Kopfkette machen künstlichen Steinen, die so schön sind als die natürlichen nicht seyn können und welche dir gewiß viel Freude machen wird. Ich habe das Werck auf allerley Weise ausstudirt und zusammengeschafft, so daß es recht vergnüglich werden muß. Das Glaswesen kommt auch nach und nach herbey.

Ich möchte dir noch von einem trefflichen Manne sagen, den ich habe kennen lernen, und dessen Umgang das Beste ist was ich hier genieße. Er wird nach Weimar kommen; doch wahrscheinlich nicht eher als biß ich dort bin. Unser Herzog ist noch hier wohl und vergnügt. Mehr sage ich heute nicht. Lebe wohl mein gutes Kind und grüße Augusten schönstens.

CarlsBad d. 3. Jul. 1807.

G.[366]


19/5394.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Unterzeichneter wünscht die Nummer des Intelligenzblatts der Jenaischen Literaturzeitung zu erfahren, in welcher der Aufsatz An Freunde der Geographie wegen der Carlsbader Mineralien befindlich ist.

Carlsbad den 4. Julius 1807.

Goethe.


19/5395.


An Johann Heinrich Meyer

Schon Ihr voriger Brief, mein lieber Freund, hatte mich wegen ihrer Gesundheit beunruhigt, der gegenwärtige thut es noch mehr und leider weiß ich nicht, was ich hiebey sagen soll. Man ist sehr übel dran, daß man den Ärzten nicht recht vertraut und doch ohne sie sich gar nicht zu helfen weiß. Sollten Sie nicht, da die Jahrszeit noch gut ist, sich zu irgend einer kleinen Bad, so unwirksam es aussieht, hat Ihnen früher doch ganz gut gethan. Vielleicht tränken Sie Egerwasser dazu und zerstreuten sich einigermaßen. Ich sage dieß freylich nur so ins Blaue hinein; aber dergleichen allgemeine Anstöße, durch solche Halbmittel, bringen oft gute Wirkungen hervor. Sprechen Sie doch mit einem Arzte und lassen es nicht aufs äußerste kommen.

[367] Wenn Sie eine Zeichnung zu dem bewußten Grabmal gefertigt haben, die Sie mit der bestimmten Summe auszuführen gedächte, so haben Sie die Güte, solche Frau von Stein zu geben und sie nach Berlin befördern zu lassen: denn ich komme doch sobald noch nicht nach Hause und es wäre freylich gut, wenn die Wünsche der Nachgelassenen einigermaßen realisirt würden.

Daß einige Ihres engern Schülerauschusses davongegangen sind, freut mich sehr; desto besser werden es die zurückgebliebenen machen.

Daß Sie mit einer Skizze zufrieden waren, die ich nach Weimar sendete, war mir gleichfalls sehr angenehm. Ich und mein Reisegefährte, wir sind sehr fleißig, in der Absicht, nächsten Winter unter Ihre bessern Schüler gerechnet zu werden.

Überlegen Sie doch und berechnen Sie etwa, was ein Apparat zur Ölmahlerey, wie ihn die Prinzeß braucht, allenfalls kosten könnte, und wie man ihn herbeyschaffte. Sagen Sie mir gelegentlich Ihre Meinung und ich will alsdenn das Übrige einzuleiten suchen.

Versäumen Sie ja nicht, dem Geheimen Hofrath Starke über Ihre Zustände zu sprechen, und thun Sie noch etwas für Winters. Ich läugne nicht, daß ungeachtet meiner Sommerkur mir immer noch vor jener Jahrszeit bange ist.

Carlsbad den 9. Julius 1807.

G.[368]


19/5396.


An Christiane von Goethe

Deinen Brief vom 8. aus Lauchstädt erhalte ich heute am 14. Ich will gleich antworten und dieses Blatt mit der nächsten Post fortschicken, so erhältst du es noch zur rechten Zeit.

Es war mir sehr erfreulich, daß dich Herr Regierungsrath Voigt noch erreichte und dir das Schwänchen auf die Reise mitgeben konnte. Sey nicht zu karg mit dem Inhalt des Kästchen: denn ich bringe dir noch manches ähnliche mit. grüße die Elsermann, danke ihr für ihren Brief und sag ihr, sie soll an mich denken, wenn sie sich im Spiegel gesieht. Ich habe Mühe gehabt, einen so klaren hier zu finden, in den gewöhnlichen Kästchen sind sie meistentheils streifig.

Genieße deines Aufenthalts in Lauchstädt aufs beste. Auch habe ich nichts dagegen, wenn du auf einige Zeit nach Leipzig gehen willst. Was mich betrifft, so habe ich keine Lust hinzugehen. Ich wüßte mir keinen angenehmeren und bequemern Aufenthalt als Carlsbad und werde wohl noch eine Zeitlang hier bleiben. Was sonst Jena für mich war, soll künftig Carlsbad werden. Man kann hier in großer Gesellschaft und ganz allein seyn, wie man will, und alles, was mich interessirt und mir Freude macht, kann ich hier finden und treiben. Wohlfeil ist es[369] auch. die willkührlichen, außerordentlichen Ausgaben betragen das meiste.

Sehr schönes Glaswerk habe ich angeschafft, das eigentlich auch nicht theuer ist, womit du Tafel und Theetisch zum schönsten ausputzen kannst; und sonst ist auch noch allerley Geld vertändelt worden; für Sachen, womit ich aber doch dir und andern einige Freude zu machen hoffe.

Der Herzog ist noch hier und gedenkt, zu Ende der Woche abzugehen. Vielleicht kann ich durch Leute etwas nach Weimar bringen.

Mit meinem Befinden geht es sehr gut, besonders seit acht Tagen. Doctor Kapp von Leipzig und Dr. Mitterbacher von hier haben sich sehr viel Mühe gegeben, meine Umstände zu erforschen und, nachdem ich die eigentliche Brunnen Cur geendigt, mir eine Arzney verschrieben, die ganz wunderwürdige Wirkungen gethan hat. Ich befinde mich seit den letzten acht Tagen so wohl, als ich mich in Jahren nicht befunden habe. Wenn es dauerhaft ist, so wollen wir Carlsbad und die Ärzte loben. Indessen trinke ich noch alle Morgen von dem gelindesten Brunnen einige Becher mit Milch, wobey ich mich den ganzen Tag nach meiner Art beschäftigen kann. Carl macht seine Sache recht ordentlich und auch von dieser Seite sind wir besser dran als vorm Jahre. Um aller dieser Ursachen willen werde ich noch hier verweilen, weil ich nun erst anfange, recht zu Hause zu seyn.

[370] Du brauchst mir deshalb nicht wieder zu schreiben, bis du bestimmen kannst, wenn du wieder in Weimar seyn wirst. Dieses melde mir von Lauchstädt oder von Leipzig aus, weil von dorther die Briefe gar ordentlich ankommen. Ich schreibe dir alsdann gleich nach Weimar, damit du erfährst, wie es mit mir steht und was ich weiter vornehme.

Hier wird gezeichnet, gelesen, mineralogisirt und von Zeit zu Zeit eine Promenade gemacht. Das Wetter ist sehr schön, fast zu heiß. Gestern Abend hatten wir ein starkes Gewitter.

Unter die Menschen komme ich wenig; nur in sondern ich bey dem Herzog speise und von ihm in die Welt gezogen werde, sehe ich manchmal verschiedene Personen. In die Comödie komme ich auch nicht mehr. Nur die Wiener Stücke sind höchstens auszuhalten. Heute wird Fanchon gegeben; Madame Weyrauch macht das Leyermädchen und Spitzeder den Abbé.

Resident Reinhard mit seiner Familie geht morgen ab, über Dresden, und kommt wahrscheinlich in einiger Zeit nach Weimar. Sey freundlich gegen sie, wenn sie dich besuchen, und mache ihnen etwa Gelegenheit, Jemand zu sehen und kennen zu lernen. An ihm wirst du einen ernsthaften, seht verständigen und wohlwollenden Mann finden. In wie fern du zu ihr einiges Verhältniß haben kannst, wird sich geschwind zeigen. Sie ist eine gute Mutter und thätige Gattin, aber belesen, politisch und schreibselig; Eigen-[371] schaften, die du dir nicht anmaßest. Sie kennt Madame Schopenhauer und hofft, auch mit ihr in Weimar zusammen zu treffen. Mehr wüßte ich jetzt nicht zu sagen, als daß übrige Gesellschaft zu grüßen. Unserm berlinischen Kleeblatt gönne ich deine Ankunft in Lauchstädt. Aus den Relationen konnte ich schon merken, wie es eigentlich mit ihnen stand. Es ist eben auch eine Prüfung, durch die sie hindurch mußten. Da sich Madame Beck als Gast bey der Gesellschaft aufhält, so kannst du ja wohl einleiten, daß die Hagestolzen gegeben werden. Lebe übrigens recht wohl und in der Hoffnung eines Fröhlichen Wiedersehens.

Abgeschickt d. 1. Jul. 1807.

Goethe.[372]


19/5396a.


An Christian Gottlob Voigt

Nach Herrn Professor Fernows Anleitung sende Ew. Excellenz das an Serenissimus gerichtete Schreiben durch den Kutscher zurück. Serenissimus sind den 14. Nacht auf eine von H. Verlohren erhaltene Stafette von hier nach Dresden gereist, wie es in Weimar nunmehr auch durch den Geheimen Secretair Vogel bekannt geworden. Höchstdieselben waren bey gutem Befinden und guter Laune.

Der Herzog von Coburg der noch kurze Zeit hier gezaudert, ist nunmehr auch nachgefolgt. Alle Welt ist gespannt auf Nachrichten von Dresden.

Übrigens weiß ich von nichts weiter zu sagen, als was meine vorigen Briefe schon enthalten, daß mir die Cur und die von Dr. Kappe vorgeschriebene Lebensweise ganz besonders wohl bekommt. Ich würde niemals wünschen mich besser zu befinden als jetzt; doch wage ich noch nicht zu triumphiren: denn es bleibt noch immer die Frage ob entfernt von der heilsamen Quelle mich die alten Übel nicht von frischem anpacken. Es ist mir so lange schlimm gegangen, daß[103] ich gar nicht den Muth habe, ein dauerndes Gute zu hoffen.

Von Weimar, von der dort anhaltenden Dürrung, von den besonders im Saalthale heftig eingefallenen Gewitter und was dergleichen mehr ist, hat mir Herr Fernow Nachricht gegeben. Ich wünsche daß Ew. Excellenz die gegenwärtige stille Zeit zu Ihrer Erholung nutzen mögen, um mit uns die Früchte des Friedens, wenn sie anders zur Reife kommen, noch so manchen Leiden mit Behaglichkeit zu genießen. Empfehlen Sie mich den verehrten Ihrigen. Ich denke Ihrer zusammen gar oft innerhalb dieser Felsen und Gebirge. Der alte Müller begleitet mich wie vormals. Er ist noch eben so gut zu Fuß wie vor zwanzig Jahren und spricht immer von der Zukunft für die er zusammenträgt. Sollte nicht ein solches Beyspiel auf den Geist eben so viel Wirkung ausüben als die Brunnen auf den Körper?

Die geognostische Sammlung, die ich früher in dem Jenaischen Intelligenzblatt angekündigt, hat sich noch um manches Interessante vermehrt. Ich bin eben daran nochmals eine Beschreibung dazu anzufertigen. Je genauer man in diese Sache hineinsieht, je mehr bewundert man die stetige Folge merkwürdiger Epochen. Die Suite welche ich vorm Jahre nach Jena gebracht, werde ich dießmal complettiren so daß sie in ihrer Art einzig seyn soll. Titius von Dresden und Sulzer von Ronneburg nehmen einigen Antheil[104] an diesen Dingen; doch nicht so viel als ich wünschte. Natürlich hat jeder seine eigene Ansicht und sein eigenes Interesse.

Mich bestens empfehlend

Carlsbad den 18. Julius 1807.

Goethe.[105]


19/5397.


An Christiane von Goethe

Deinen Brief, meine Liebe, datirt Lauchstädt den 14. July, habe ich am 21. erhalten und daraus mit Vergnügen ersehen, daß es dir wohlgeht. Es ist immer angenehm, an einen Ort wieder zu kommen, wo man in früherer Zeit vergnügt gewesen ist, in eine Gegend, wo man schon Verhältnisse hat und weiß, wie es daselbst beschaffen ist. Ich sende den gegenwärtigen Brief nach Weimar, daß er dich entweder daselbst empfange, oder kurz nach dir gleichfalls ankomme.

[372] In meinem Zustand hat sich nichts verändert. Ich befinde mich sehr wohl und kann nunmehr hoffen, daß es dauern werde; wobey es nur darauf ankommen wird, in wiefern ich mich der Ordnung gemäß halten kann, von der ich nun einmal weiß, daß sie mir convenirt.

Nach Wien habe ich wiederholt Einladungen. Graf Purgstall, ein alter Bekannter von Jena und aus der Schweiz her, hat mir sein Haus offerirt, da er sich den Sommer auf dem Lande aufhält, und was dergleichen Anträge mehr sind. Ich lasse mich aber dadurch nicht reizen, weil ich alles, was die Cur gut gemacht hat, durch einen solchen Spaß wieder verderben könnte. Länger hier zu bleiben aber habe ich große Lust, wo ich ganz nach meinem Sinne leben und nach Belieben meiner pflegen kann. Denn die Ärzte gestehen selbst, daß bey Übeln, welche tiefer liegen und mit denen man schon Zeitlang behaftet ist, die vierwöchentliche stürmische Cur wenig heißen will und daß ein sachterer und längerer Gebrauch vorzüglichere Wirkung thut.

Das Wetter ist außerordentlich schön. Ich sehe wenig Menschen, weiß mich aber den Tag zu beschäftigen und zu unterhalten.

Frau Stallmeister Böhme und Demoiselle Musculus, Professor Fernow und Doctor Schütze sind auch glücklich angekommen und es zeigen sich täglich neuen Curgäste.

Da wir so unerwartet Friede haben, der sich wohl[373] so bald noch nicht hoffen ließ, so wollen wir auf eine zwar stille und bescheidene, aber um desto gemüthlichere Art unsres Lebens den nächsten Winter genießen. Richte dich darauf ein, daß wir unsere alte Gastfreyheit fortsetzen können. Für hübsches Geschirr, Tafel und Theetisch auszuputzen, ist gesorgt. Auch bringe ich dir eine silberne Thee- und Milchkanne mit, zu der ich zufälligerweise, ohne sonderliche Kosten, gekommen bin. Der Herzog nemlich, als er wegging, verehrte mir einen Caminaufsatz von Bronce, der für jemand anders bestimmt gewesen war, und zu letzt beym Umtausch der Geschenke stehen blieb. Diesen vertauschte ich mit geringer Aufzahlung gegen jene Geschirre, die dir Vergnügen machen werden. Die Kette ist auch fertig und sieht sehr schön aus. Wenn ich Gelegenheit wüßte, schickte ich sie zum Geburtstage. Doch wird sie dir auch später Vergnügen machen.

Die Glaswaren will ich einpacken lassen und mit dem Postwagen fortschicken. Ich adressire sie an Herrn von Hendrich, der sie dir besonders gefallen.

Die Pistolen für August sind auch angeschafft und so hätte ich denn ziemlich beysammen, was ich mitbringen oder schicken wollte. Ich wünsche, daß wir uns dessen zusammen erfreuen mögen.

Daß du mit der Theaterwelt, der alten und jungen, in Verbindung bist und bleibst, ist mir sehr angenehm. Ich weiß recht gut, daß alle Händel, die[374] in diesem Zirkel entstehen, gar leicht vermiedet, oder wenigstens viel schneller abgethan werden könnten, als gewöhnlich geschieht. Wenn ich zurückkomme, werde ich die Sache auf meine Weise behandeln. Du kannst alle von mir grüßen und ihnen sagen, daß ich nur wünsche, meine Gesundheit möge auch diesen Winter dauerhaft bleiben, damit ich mich wieder einmal recht ernsthaft und anhaltend einer Anstalt annehmen könne, die so weil gediehen ist, daß es uns denn doch nicht leicht Jemand nachmachen wird. Grüße alles zum schönsten und danke deinem Bruder für die Briefe, die er mir geschrieben, und laß mich erfahren, wie es dir in der letzten Hälfte des July ergangen.


Vorstehendes war geschrieben, als dein Brief vom 21. ankam. Erst war dies Blatt nach Weimar bestimmt, nun soll es aber nach Lauchstädt, da es dich dort noch erreichen kann. Daß du nicht nach Leipzig gehst, find' ich ganz vernünftig. Ich wünsche, daß du zu Hause alles wohl antreffest, wo du auch bald Briefe von mir haben sollst, wenn ich mir etwas näher überlegt habe, was ich fernerhin vornehmen will. Nach Wien gehe ich auf keine Weise, ob ich aber gerade oder durch einen Umweg nach Hause gehe, bin ich noch unentschieden. Lebe recht wohl, grüße Augusten und alles in deiner Nähe. Wenn du in Weimar angekommen bist, so schreibe mir.

Carlsbad den 27. Julius 1807.

G.[375]


19/5398.


An Carl Friedrich Zelter

Sie haben, lieber theurer Freund, lange nichts von mir gehört. Jetzt will ich im kurzen zusammenfassen, wie es mir bisher gegangen. Ich kam nach Carlsbad in dem übelsten Befinden, das sich durch einen zwar gewöhnlichen, aber für meine Zustände nicht passenden, schlendrianischen Gebrauch des Wassers abfänglich so vermehrt, daß ich einen höchst peinlichen Zustand gerieth. Durch eine Abänderung der Cur und den Gebrauch einiger Mittel, nach Verordnung des Dr. Kapp von Leipzig, wendete sichs auf einmal ins Bessere, wobey es denn auch schon sechs Wochen anhaltend verharrt, welches ich sehr gern meinen Freunden zu wissen thue. Acht Wochen bin ich nun schon verschiedene Weise beschäftigt: erst kleine Geschichten und Märchen, die ich lang im Kopf herumgetragen, dictirt; sodann eine Weile Landschaft gezeichnet und illuminirt; jetzt bin ich beschäftigt, meine geologischen Ansichten der hiesigen Gegend zusammenzustellen und eine Sammlung von Gebirgsarten, welche hier ausgegeben wird, kürzlich zu commentiren.

Interessante Menschen von sehr verschiedener Art habe ich kennen lernen, unter welchen der Französische Resident Reinhard, der zuletzt in Jassy gestanden und dessen Schicksale Ihnen gewiß im ganzen bekannt sind,[376] wohl den ersten Platz einnimmt. Übrigens lebe ich denn doch sehr einsam: denn in der Welt kommen einem nichts als Jeremiaden entgegen, die, ob sie gleich von großen Übeln veranlaßt werden, doch, wie man sie in der Gesellschaft hört, nur als hohe Phrasen erscheinen. Wenn Jemand sich über das beklagt, was er und seine Umgebung gelitten, was er verloren hat und zu verlieren fürchtet, das hör' ich mit Theilnahme und spreche gern darüber und tröste gern. Wenn aber die Menschen über ein Ganzes jammern, das verloren seyn soll, das denn doch in Deutschland kein Mensch sein Lebtag gesehen, noch viel weniger sich darum bekümmert hat; so muß ich meine Ungeduld verbergen, um nicht unhöflich zu werden, oder als Egoist zu erscheinen. Wie gesagt, wenn jemand seine verlorenen Pfründen, seine gestörte Carriere schmerzlich empfindet, so wäre es unmenschlich, nicht mitzufühlen; wenn er aber glaubt, daß der Welt auch nur im mindesten etwas dadurch verloren geht, so kann ich unmöglich mit einstimmen.

Sagen Sie mir, mein Lieber, wie es mit Ihnen geworden ist. Ich habe tausendmal an Sie gedacht und an das, was Sie als Privatmann geleistet haben, ohne von Seiten der Reichen und Mächtigen unterstützt oder sonderlich aufgemuntert zu werden. Vielleicht ist das, was wir bey der politischen Veränderung am meisten zu bedauern haben, hauptsächlich dieses, daß Deutschland, und besonders das nördliche,[377] in seiner alten Verfassung den Einzelnen zuließ, sich so weit auszubilden als möglich, und Jedem erlaubte, nach seiner Art beliebig das Rechte zu thun, ohne daß jedoch das Ganze eine sonderliche Theinnahme daran bewiesen hätte.

Diesen allgemeinen Reflexionen, welche freylich nicht zulänglich sind, und die ich wohl einmal mit Ihnen mündlich weiter ausführen möchte, füge ich eine besondere Bitte hinzu, um deren baldige Gewährung ich Sie hinzu, um deren baldige Gewährung ich Sie freundlich ersuche.

Ob wir gleich Stimmen und Instrumente in Weimar haben, und ich noch dazu der Vorgesetzte solcher Anstalten bin; so habe ich doch niemals zu einem musikalischen Genuß in einer gewissen Folge gelangen können, weil die garstigen Lebens- und Theaterverhältnisse immer das Höhere aufheben, um dessentwillen sie allein dasind oder daseyn sollten. Nun haben wir von Schleswig wieder ein paar neue Leute, einen sehr guten Tenor und eine Art von Correpetitor bekommen, die ich noch verständige Leute zu seyn scheinen.

Mit der Oper, wie sie bey uns zusammengesetzt ist, mag ich mich nicht abgeben, besonders weil ich diesen musikalischen Dingen nicht auf den Grund sehe. Ich wünsche daher das Seculum sich selbst überlassen und mich ins Heilige zurückziehen. Da möchte ich nun alle Woche einmal bey mir mehrstimmige[378] geistliche Gefänge aufführen lassen, im Sinne Ihrer Anstalt, obgleich nur als den fernsten Abglanz derselben. Helfen Sie mir dazu und senden mir vierstimmige nicht zu schwere Gefänge, schon in Stimmen ausgeschrieben. Ich ersetze die Notendruck, oder gestochen, dergleichen findet. Auch Canons und was Sie zu dem Zwecke nützlich halten. Sie sollen immer in unserer Mitte seyn, geistig, und herzlich willkommen, wenn Sie persönlich erscheinen möchten. Schreiben Sie mir ein Wort hieher, denn ich bleibe noch 4 Wochen hier, und schicken mir ein Paket nach Weimar, damit ich gleich anfangen kann, wenn ich meiner dauernden Freundschaft gewiß.

Carlsbad, den 27. July 1807.

G.


19/5399.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch Ihr letztes Schreiben abermals viel Vergnügen gemacht. Es war mir sehr erwünscht, zu hören, daß unser Theater sich seine Freunde in Leipzig erhält und seinen Gönnern daselbst keine Schande macht.

Ich will gern gestehen, daß mir diese Sache sehr am Herzen lag. Ich habe seit so vielen Jahren an[379] diese Anstalt viel Zeit und Aufmerksamkeit und viele, wenigstens nicht im Augenblick gedankte, Mühe verwendet. Wie viel muß es mir daher werth seyn, daß wir an einem dritten und so bedeutenden Orte anerkannt und gebilligt werden. Was mich in Ihrem ersten sowohl als letzten Briefe besonders erfreut hat, war dieses Absondern des Guten vom Besser, das höhere Behagen am Vorzüglichen und das Dulden des Erträglichen. Die große Masse, weiß ich wohl, wird durch Vorurtheile regiert. Leider gehören aber gar zu viele zur großen Masse, und ein motivirtes Urtheil, das den Künstler vom Künstler, ja in verschiedenen Augenblicken von sich selbst unterscheidet, ist sehr selten.

Doch muß man gegen die Menge billig seyn. Sie bildet sich doch auch nach und nach und wird für manches empfänglich, was sonst gar weit von ihr abstand.

Daß meine eigenen Sachen gut gegeben worden und eine freundliche Aufnahme gefunden, ist mir sehr angenehm. Die lange Zeit, die ich mich gedulden mußte, bis sie zu einer solchen Erscheinung gelangen konnten, hat mich nicht unempfindlicher gegen den Beyfall gemacht, und ich kann wohl sagen, daß die Mitschuldigen, die ich vor beynahe 40 Jahren in Leipzig schrieb, und die neueren Sachen, in die ich die Resultate meines Lebens zusammengedrängt habe, in sinnlicher Gegenwart auf ein größeres Publicum wirksam gewesen.

[380] Haben Sie die Güte, unsere Gesellschaft auch bey der Rückkehr freundlich zu empfangen und zu fördern, und mir am Schlusse der sämmmtlichen Vorstellung noch ein Wort zu sagen, das mich aufrege, nächsten Winter aufs neue für diese Anstalt thätig zu werden.

Fahren Sie fort, meiner mit Neigung zu gedenken, und grüßen die Wohlwollenden.

Goethe.


19/5400.


An August von Goethe

Da ein Bote nach Weimar geht, so will ich dir mein lieber August, ein paar Worte schreiben.

Das Mütterchen hat vor kurze, in Lauchstädt einen Brief von mir erhalten, worin alles steht, was ich zu sagen habe. Das Wetter ist außerordentlich schön und ich gedenke, noch zu bleiben. Grüße die Mutter, wenn sie von Lauchstädt zurückkommt, und gieb ihr inliegendes. In kurzer Zeit wird Frau Stallmeister Böhme und Demoiselle Musculus wieder nach Weimar zurückgehen. Durch sie sende ich einiges und ihr vernehmt auch, was ich weiter beschlossen habe. Man sagt, der östreichische Kaiser werde den 9. August hier seyn, wodurch also Carlsbad aufs neue sehr lebhaft werden wird.

[381] Gedenkt mein, behaltet mich lieb und genießt der Schönen Jahrszeit.

Carlsbad den 31. July 1807.

G.


19/5401.


An Christiane von Goethe

Dein Brief vom zweyten August hat mir viel Vergnügen gemacht, indem ich durch denselben erfuhr, daß du wieder glücklich nach Hause gelangt bist und alles in gutem Zustande angetroffen hast.

Am 31. July schickte ich durch einen Boten einen Brief an August, worin ein Stückchen Spitze für dich lag; ferner gab ich bemselben Boten ein Päckchen mit, worin zwey Salzfässer nach der allerneusten Mode befindlich waren. Ich hoffe, diese Sendung ist weitläuftigen Brief vom 27. July, den ich nach Lauchstädt schickte, nunmehr wirst erhalten haben. Denn aus deinem Briefe kann ich nicht vermuthen, daß er dir noch in Lauchstädt zugekommen sey. Erkundige dich darnach, denn es wäre mir unangenehm, wenn er verloren gegangen.

Wir haben hier noch immer das schönste Wetter und mein Befinden ist auch ganz gut. Ich kann mich sehr in Acht nehmen und auf mich Acht geben; welches jetzt die Hauptsache ist, damit ich sehe wo es hinauswill und was ich von der Folge zu hoffen habe.[382] Nun möchte ich aber auch Augusten einen Spaß machen, und sollte darin bestehen. Den 19. oder 20. dieses geht von Jena eine Kutsche leer hieher, welche die Herren Fernow hat die Bestellung davon. Nun wünschte ich, daß August mit dieser Kutsche herführe. Fernow und Schütz gehen den 24. von hier ab, ich wünsche durch sie den Wagen bestellen lassen, der mich abholen soll. August bliebe alsdann etwa 8 Tage bey mir und wir wären zusammen Anfangs September in Weimar. Du giebst ihm etwa 20 Thaler in Kopfstücken mit, die er bey seinen 3 Nachtlagern nicht braucht. Es versteht sich, daß Herr Frommann, da der Kutscher ohnedem leer herfahren müßte, einen leidlichen Accord macht, daß August für eine Kleinigkeit herkommt, wie man sonst nur für ein Trinkgeld an die Kutscher eine Retour Chaise haben kann; wie ich dieses auch in einem beyliegenden Briefe an Herrn Frommann ausgedrückt habe.

Findet also August Vergnügen an dieser Reise, so mag er beyliegenden Brief abschicken, oder mag hinüberreiten und mündlich die Sache abthun. Das gegemwärtige Blatt nimmt Frau Stallmeister Böhme mit und du kannst es Freytag früh erhalten. Da Fuhre abgeht. August soll doch Schuhe und Strümpfe und einen saubern Rock, daß er sich kann in ehrbarer Gesellschaft sehen[383] lassen. Sollte er jedoch von seiner Thüringer-Waldreise noch nicht zurück seyn oder sonst sich eine Ursache finden, warum Ihr seine Reise hieher nicht für räthlich hieltet, so ist das Ganze nur ein Vorschlag und keine Ordre; und er kann sich diesen Spaß aufs nächste Jahr versparen.

In einigen Tagen sende ich einen Kasten ab mit Glaswaaren, auf welchen oben Bücher gepackt sind. Wenn er ankommt, so packte ihn sorgfältig aus. Ich wünsche, daß alles ganz seyn möge, besonders die vorzüglich schönen Salatschalen. Die Einladung nach Wien reißen gar nicht ab, auch nach andern Gegenden in Böhmen. Ich kann mich aber nicht entschließen, meine hiesige Ruhe mit einem andern Aufenthalte als mit Weimar zu vertrauen. Ebensowenig möchte ich jetzt nach Leipzig; doch ist mir's sehr angenehm, daß es dir überhaupt von der geselligen Seite in Lauchstädt wohl gegangen ist. August muß nicht vergessen, sich einen RegierungsPaß geben zu lassen, worin ausdrücklich bemerkt ist, daß er nach Carlsbad gehe, um die Cur zu brauchen. Ferner könnte er die Kofferdecke mitbringen, die bey allenfalls einfallendem Regenwetter immer ein nützliches Reisegeräth ist. Auch soll er uns drey Bouteillen roten Wein mitbringen, damit wir auch wieder einmal etwas von jener Sorgte genießen; dagegen wollen wir sie mit Melnicker angefüllt wieder zurückbringen.[384] Weiter wüßt' ich nichts hinzuzusetzen als ein Lebewohl dir und allen Freunden.

Carlsbad den 10. August 1807.

G.


Noch ein Paar Worte von eigner Hand um dir zu sagen daß mich herzlich verlangt wieder bey dir zu seyn, und daß ich mich indessen freue Augusten hier zu sehen. Mir ist daran gelegen ihn einige Zeit allein um mich zu haben, daß ich nur wieder einmal sehe wo es mit ihm hinaus will. Riemer geht vielleicht mit Fernow zurück und wir andern folgen bald.

Was deine Ausgaben betrifft; so mache sie nach deiner Überzeugung ich billige alles. Ich habe mir etwas von Leipzig kommen lassen, weil ich manches kaufte.

Übrigens bin ich fleißig gewesen, habe viel dicktirt und bringe gewiß für das Doppelte meiner Ausgaben Manuscript zurück, an Romanen und kleinen Erzählungen. Auch darüber habe ich mir Plane gemacht. Wie mir denn überhaupt meine hiesige Einsamkeit manchen guten Gedancken zugeführt hat.

Ich lege abermals ein Endlichen Spitze bey, daß ja keine Sendung ohne eine kleine Gabe komme. Lebe recht wohl, liebe mich und bereite mir einen geselligen Winter.

d. 10. Aug. 1807.

G.[385]


19/5402.


An Charlotte von Stein

Unter den Badegästen bin ich wohl nun ziemlich Senior. Eine Generation entfernt sich nach der andern und doch habe ich immer noch gute Lust, hier länger zu verweilen. Seit Zehn Wochen und drüber habe ich in meinem stillen Leben schon mehrere Epochen gehabt. Erst dictirte ich keine romantische Erzählungen; dann ward gezeichnet; dann kam das Stein- und Gebirgsreich an die Reihe und nun bin ich wieder zur freyeren Phantasie zurückgekehrt, eine Region, in der wir uns zuletzt immer noch am besten befinden. Das Geschenk einer französischen Reisebibliothek, das ich erhielt, hat mich eine ganz eigne Welt von Lectur geführt, wo ich sehr viel vergnügliches und erfreuliches gefunden habe. Erlauben Sie, verehrte Freundin, daß ich mich mit diesen wenigen Worten wieder einmal melde, und zugleich einige Blätter beylege, die man mir diese Tage communicirt hat. Auch habe ich nachher mehrere der Müllerschen Vorlesungen erhalten, worin manche zwar sonderbare, aber doch immer heitere und freye Ansicht zu finden ist.

Personen mancher Art habe ich kennen gelernt, besonders viele Wiener, die zu den dringenden schriftlichen Einladungen, die ich erhalten habe, noch soviel mündliche hinzuthun, daß ich meine Entschuldigungs-[386] argumente oft genug wiederholen muß. Denn für dießmal werde ich doch den Frauenplan und die Ackerwand wieder zu suchen haben, wobey ich mich höchlich freue, Sie gesund und froh wieder zu finden. Empfehlen Sie mich unserer gnädigsten Fürstin und erhalten Sie mein Andenken in dem Kreise, in den ich bald mit Vergnügen zurückkehren werde.

CarlsBad d. 10. Aug. 1807.

Goethe.


19/5403.


An den Herzog Carl August

Carlsbad, d. 18. August 1807.

Da mir nunmehr der Hoffnung entsagen müssen, Ew. Durchlaucht abermals hier zu sehen, so bleibt uns nur übrig, uns über Ihre glückliche Ankunft in Töplitz zu freuen und die besten Wirkungen dieser Badefahrt zu wünschen. Blumenstein, der gegenwärtiges überbringt, wird von den bisherigen Ereignissen hinlängliche Nachricht geben, so daß ich wohl mich nur auf den Zustand meines einsamen Individuums beschränken kann, in der Überzeugung, daß Ew. Durchlaucht mit Antheil etwas davon vernehmen mögen.

Wenn man einmal auf die Gesundheit Verzicht gethan hat, so ist es eine hübsche Sache, nur leidlich krank zu seyn, und sich in einer Lage zu befinden, wo man seiner Übel wie ungezogene Kinder pflegen[387] kann. Indem ich nun diese Wohltat Ew. Durchlaucht gnädiger Nachricht verdanke, so habe ich dabey meine Zeit so gut als möglich anzuwenden gesucht. Erst indem ich einige Märchen und Geschichten verfaßte, zuvörderst mir selbst, sodann, wie ich hoffe, auch andern zur Erheiterung. Darauf kam das Zeichen an die Reihe. Von dem Umriß ward ich auf die Masse geleitet und schrieb geologische Betrachtungen über die hiesige Gegend. Sie werden eben gedruckt: denn ich wollte doch auch sehen, wie ein böhmisches Imprimatur aussieht.

Indessen hat auch die Farbenlehre, deren weitere Betreibung mir zu Hause bevorsteht, ihr Andenken bei mir erneuert, und ich habe die Einleitung dazu geschrieben, die man eigentlich nur ganz zuletzt ausarbeiten sollte.

Nun möchte es denn doch, obgleich das Wetter immer schöner zu werden verspricht, Zeit seyn, meine Hausgötter wieder zu besuchen, unter denen Ew. Durchlaucht Bild immer oben an steht, weil ich Ihnen den Heerd verdanke, um den ich die übrigen ordnen kann.

Möchten Sie einen fröhlichen Nachsommer genießen und froh und gestärkt zu denjenigen wieder zurückkehren, die Ihnen mit unveränderlicher Liebe und Verehrung entgegengehen.[388]


19/5404.


An Christiane von Goethe

Carlsbad d. 23. August 1807.

August ist glücklich angekommen und freut und verwundert sich an den seltsamen Felsen, warmen Quellen und dergleichen, daß er sogar gleich angefangen hat, zu zeichnen und zu illuminiren, wobey er, wie es im Anfang geht, wo man noch nichts kann, große Freude hat.

Es ist höchst nöthig, daß du über Jahr, wenigstens auf eine Zeit, auch mit hergehst, damit du wenigstens weißt, wovon die Rede ist, weil das ganze Carlsbader Wesen gar nicht beschrieben werden kann. Augusten schmeckt der Melnicker vortrefflich. Es ist so ein Wasserweinchen, das leicht hinunterschleicht und von dem man viel trinken kann. Wir haben ihm den Spaß gemacht, daß eine Harfenfrau, als wir bey Tische saßen, das famose Lied: »Es kann ja nicht immer so bleiben« zu singen anfing, und was dergleichen Späße mehr sind. Übrigens aber ist es so leer hier, daß in den Sälen Abends kein Kronleuchter mehr angezündet wird und alle gesellige Vergnügen aufhören. Die Natur ist aber so schön, das Wetter so gut und die Umgebung so ruhig, daß ich wohl noch gern ein Bischen hier bleiben mag. Ich habe den Kutscher bestellt, daß er den 5. September wieder hier seyn soll, so daß wir siebenten nach Jena[389] abgingen, und also in drey bis vier Tagen daselbst wären; da du bald nähere Nachrichten haben solltest. Von einem Fall, der jedoch nicht wahrscheinlich ist, will ich zugleich sprechen. Es wäre nicht unmöglich, daß ich nach Töplitz ginge, da denn meine Begleiter allein nach Weimar zurückkehren würden. Ich habe zwar gar keinen eigentlichen Trieb dazu; aber der Herzog hat hier mündlich, und jetzt wieder schriftlich, dergestalt darauf insistirt, daß ich ihn dort besuchen soll, daß ich noch nicht weiß, ob ich es ablehnen kann und werde. Hiervon sagst du Niemanden nichts; ich sage aber nur gern das Mögliche, ja das Unwahrscheinliche voraus, damit es dir nicht einen unangenehmen Eindruck mache, wenn du etwas den Wagen ohne mich zurückkehren siehst. Denn auf der Post mag ich gar nicht nach Weimar schreiben, weil die Briefe gar zu lange ausbleiben.

Ich wünsche nun weiter nichts zu sagen. Erst wollte ich Herrn Fernow einiges an dich mitgeben; ich will es aber lieber selbst bringen. Ich befinde mich ganz leidlich, wenn ich von einem Tag zum andern mein Wesen treiben kann; aber zu irgend etwas außerordentlichem. Wo ich nicht ganz mein eigener Herr bin, mag ich mich nicht entschließen. Lebe recht wohl.

G.


Ein Stück Spitzen folgt doch.[390]


19/5405.


An Carl Ludwig von Knebel

Carlsbad d. 23. August 1807.

Durch den rückkehrenden Wagen, der meinen August hierher gebracht hat, will ich dir gleich für das freundliche Andenken ein Gegenwörtchen zusenden. Die Posten gehen gar zu langsam und verderben einem den ganzen Spaß der Mittheilung nach Weimar und Jena.

Von meinem bisherigen Thun und Treiben will ich nur soviel sagen, daß ich ein paar gedruckte Bogen zu Stande gebracht, die ich leider noch nicht überschicken kann: denn sie sind noch nicht rein abgezogen. Ich habe die Müllerische Sammlung von 100 Stück auf meine Weise commentirt und einen Grund gelegt, worauf man noch manche andre Mängel der currenten geognostischen Vorstellungsart, die ich schon früher zu bemerken glaubte, sind mir deutlicher geworden. Es ist freylich mit allen Vorstellungsarten so eine Sache, und der Mensch gewöhnt sich an die Unbequemste; sehen und sich selbst zu überzeugen. Vielleicht mögen andre künftig auf diesem oder auf eigenen Wegen zu gleicher Überzeugung gelangen.

Wenn ich mich übrigens ferner auf allgemeine Reflexionen einfallen sollte, so müßte ich ein viel größeres Blatt vor mir haben; jetzt will ich dir nur sagen,[391] daß August glücklich angekommen ist und daß es ihm großen Spaß macht, diese wunderliche neue Welt zu sehen. Denn Carlsbad hat, wie jeder gleich bemerkt, der nur einigermaßen reflectirt, nicht allein etwas sui generis, sondern wirklich etwas individuelles, das frappirt und, ohne daß man es selbst weiß, gewisse Cultur giebt.

Es ist noch allerley gethan worden, wovon mündlich zu erzählen ist. Laß mich mit diesen eiligen Zeilen an deine Erinnerung und gute Neigung appelliren. Grüße die Deinigen und ermuntere den Tragödienschreiner.

G.


19/5406.


An Charlotte von Stein

Durch den Wagen, welcher meinen August hergebracht hat, erhalten Sie gleich wieder einige Nachricht von mir, der ich erst in einigen Wochen nachfolgen werde: denn der Aufenthalt ist hier doppelt schätzbar, da er außer seinem natürlichen Gute noch das politische Gute hat, in einem friedlichen Kreise zu liegen, wohin nur der Nachklang äußerer Widerwärtigkeiten gelangen kann.

Es thut mir herzlich leid, daß Sie der Gegenwart Ihres guten Sohnes beraubt worden. Ein Friede nach einem solchen Krankheit. In der Todesgefahr[392] sucht man nur das Leben zu retten und bringt oft nur soviel davon, ohne in das Detail hineinzusehen, wohl denken, was jene guten Länder leiden müssen.

Meine Beschäftigungen in dieser letzten Zeit waren der früheren gleich und ähnlich. Vielleicht läßt sich einiges, wenn ich zurück komme, mittheilen. Ich habe noch einige verschiedene Bücher und Manuscripte mitgetheilt worden, die mich unterhalten und mir manche heitre Stunde gemacht haben.

Corinna habe ich gelesen, und Sie kennen dieses Werk doch wohl auch, was Ihr Brief zweifelhaft läßt. Ich bin bestochen, um gut davon zu reden; aber ich glaube, daß ich es, auch ohne Bezug auf mich selbst, würdigen kann. Daß Wieland nicht ganz gerecht gegen das Werk ist, nimmt mich nicht Wunder. Sind doch die Mitverfasser auch nicht gerecht gegen ihn Die Franzosen und Engländer, von denen in dem Werk viel gesprochen wird, sind nicht zufrieden damit, und es ist nicht übel, daß die Deutschen auch nicht damit zufrieden sind, von denen darin geschwiegen wird.

Weimar ist also jetzt von unsern hohen Herrschaften ganz verlassen. Möchten sie doch unter guten Constellationen bald wieder glücklich dahin zurückkehren.

Genießen Sie des schönen Wetters auf den Spaziergängen, wo ich ihnen bald wieder zu begegnen hoffe.[393] Alsdann wird sich aus dem mitgebrachten Vorrath manches lassen, was Ihnen angenehm seyn kann.

Meine besten Wünsche!

Carlsbad den 23. August 1807.

G.[394]


19/5406a.


An Johann Christian von Mannlich

Hochwohlgeborner

Insonders hochzuehrender Herr,

Indem ich gegen das Ende meines Carlsbader Aufenthalts, welcher ziemlich lange gedauert, meine Briefschulden mustere, so finde ich daß ich auch noch gegen Ew. Hochwohlgebornen stark im Rückstande bin.

Der mitgetheilte Brief von Herrn Müller in Rom liegt hier bey und ich freue mich zum voraus auf die Sammlung, der ich eine glückliche Überkunft wünsche. Mit Dank werde ich Ew. Hochwohlgeboren die Auslangen sogleich wieder erstatten. Man ist glücklich wenn man eine Liebhaberey hat, die ohne große Kosten zu befriedigen ist und auf ein tiefes Studium hinweist. In schlimmen Zeiten, sie mögen nun von[32] außen oder von innen kommen, findet man sich daran getröstet und gestärkt. Kann sich nun der Künstler dasjenige was Herz und Geist bedarf selber schaffen, so ist er um desto glücklicher. Die Sammlung, wovon Sie mir Nachricht zu geben die Güte haben, muß sehr interessant seyn. Man findet es mehr, daß Künstler die zu etwas Höherem berufen sind, wenn sie sich zum Zeitvertrieb, zum Gemüthserheiterung an Thieren und dergl. ergötzen, immer etwas Geistreiches und höchst Angenehmes hervorbringen. Ein Beyspiel davon ist Director Tischbein, sonst in Neapel, gegenwärtig in Hamburg. Sollten bey ruhigern Zeiten Ew. Hochwohlgebornen uns einen Band nach dem andern mittheilen mögen, so würde es uns gewiß zur angenehmsten Unterhaltung dienen.

Die Folge des Pfälzischen Hauses ist glücklich angekommen und mir hierher nachgeschickt worden. Auch für diese Aufmerksamkeit danke zum schönsten, und hoffe bald wieder zu vernehmen, daß Sie sich recht wohl befinden

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

Carlsbad den 27. August 1807.

J. W. v. Goethe.


In wenigen Tagen werde ich von Carlsbad abgehen.[33]


19/5407.


An Charlotte von Schiller

Wenn ich Ihnen, meine wertheste Freundin, für Ihren frühern lieben Brief noch nicht gedankt, so habe ich ihn desto öfter wieder gelesen: denn in fremden Gegenden sind Briefe der schönste Theil einer Reisebibliothek. Ehe ich von hier weggehe, gedenke ich mein Versäumniß gut zu machen dadurch, daß ich nicht allein etwas von mir hören lasse, sondern auch etwas sende. Herr Reinhard, den Sie in Weimar leider versäumten, hat sich für meine Farbenlehre interessirt und einen Brief an Herrn Villers geschrieben, um ihn zur Übersetzung aufzufordern. Dieser Brief liegt bey und zugleich der Versuch einer Übersetzung verschiedener Stellen, den Herr Reinhard selbst gemacht. In dieser sind die unübersetzlichen Paragraphen, von denen im Brief die Rede ist, mit einem # bezeichnet. Da ich Ihnen das Original aus der Hand nahm, um es diesem braven Manne mitzutheilen, so ist es billig, daß Sie auch zuerst von seinen Bemühungen etwas erfahren. Mögen Sie[394] Jemanden davon durch Vorlesung mittheilen, so soll es mir angenehm seyn. Nur geben Sie es nicht aus Händen.

Ich vermuthe Sie noch in Rudolstadt, deswegen lege ich auch ein paar Bogen bey, Die ich über das Carlsbader Gestein schrieb und gleich drucken ließ. Vielleicht finden Sie in Ihrer Nähe Jemand, den dieser einigermaßen räsonnirende Catalog unterhalten und vergnügen kann. In wenig Tagen gehe ich hier ab, und hoffe, Sie bald in Weimar wieder zu sehen. Ich habe mich dieses Vierteljahr in der Nähe der warmen Quellen zwar nicht ohne Unbequemlichkeit, doch ohne Noth und Schmerzen befunden; womit ich schon zufrieden bin. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie die lieben Ihrigen und gedenken mein. Am 28. August, als an meinem Geburtstage, den ich im Andenken an meine abwesenden Freunde am besten zu feyern glaube. 1807.

Goethe.


19/5408.


An Gottfried Wenzel Grafen von Purgstall

Wenn mir aus früheren Zeiten besonders die angenehmen Stunden auf dem Altane zu Stäfa gar wohl im Gedächtnisse sind, so können Sie, theuerster Herr Graf, überzeugt seyn, Daß es mir zu sehen und Ihr gastfreundliches Anerbieten anzunehmen.

[395] Auf Ihren gefälligen Brief habe ich gezaudert zu antworten, bis ich mich hier in Carlsbad völlig überzeugen wußte, daß ich besser thue, gerade nach Hause zu gehen, als auf einem Umwege meinen Freunden vielleicht befinde, so hänge ich doch zu sehr von Tag und Stunde ab und kann schon hier den mildesten Anforderungen der Gesellschaft nicht genugthun.

Nehmen Sie indessen meinen lebhaftesten Dank für das gütige Anerbieten, erhalten Sie mir ein freundliches Andenken und erlauben mir, es zu erneuern, wenn Jemand von denen, die mich näher angehen, Wien besuchen sollte! Meine besten Wünsche begleiten dieses Blatt.

Carlsbad den 28. August 1807.

Goethe.


19/5409.


An Carl Friedrich von Reinhard

Carlsbad, den 28. August 1807.

Ihren Brief von Dresden, mein verehrter Freund, erwartete ich mit Ungeduld. Nun ist es mir höchst erfreulich, zu wissen, daß Sie in eine Lage versetzt sind, in der Sie Ihre nächsten Wünsche befrieden können, ohne die ferneren aufzugeben. Weiß ich Sie nur einmal als Präfect, so mache ich einen Reiseplan, Sie zu besuchen, dem Departement zu gratuliren und Ihnen zu einer schönen und weiter früheren Thätigkeit Glück zu wünschen.

[396] Die Äußerungen des deutschen Großpapas und des französischen Juvenils haben den Vorsatz, dasjenige, was ich zu sagen habe, geschwind aufs Papier zu bringen, in mir aufs neue belebt. Mit sich selbst und mit wenigen einig zu werden, ist ein selbst stolzer Wunsch, und also will ich schon zufrieden seyn, wenn er mir im Leben nur einigermaßen in Erfüllung geht. Auf die Nachkommen muß man doch auch etwas rechnen.

Die Redensweise des guten alten Herren ist gerade die, die mich in meiner Jugend aus den philosophischen Schulden vertrieb und zu dem Huronischen Zustand hindrängte, in dem ich mich noch befinde. Lassen Sie uns auch bey underm Übrigens verharren, denn ich mag wohl hinzufügen: Übrigens freue ich mich recht sehr darauf, Ihnen bald wieder etwas zu schicken.

Ihr Brief an Villers, Ihre Übersetzung, die Gespräche, die wir geführt, haben das ganze Vorhaben vor meiner Seele so lebendig gemacht, daß ich mich getrieben fand, dasjenige, was zur Einleitung dienen sollte, aufzuzeichnen und auszuarbeiten und dabey besonders jene mißlichen Paragraphen verständlicher und zusammenhängender zu wiederholen.

Bezüglich auf die Deutscher und ihre Denkungsart ist mir meine Absicht vielleicht gelungen. Manche unübersetzliche Stelle hingegen mag sich in diesem Aufsatz wohl auch noch finden, worüber man denn wohl sich beruhigen muß. Auf diesem Weg bin ich[397] wieder in die Arbeit hineingekommen, und bey meiner Rückkehr soll der Druck sogleich fortgehen.

Daß Sie den Tasso in Leipzig gesehen, ist mir sehr erwünscht. Sie haben dadurch ein Resultat gar vieler Bemühungen und Anstrengungen kennen lernen; und da die dramatische Kunst doch eigentlich nur ins Wasser schreibt, so ist es mir desto tröstlicher, daß sich diese Züge in Ihren richtigen Sinn und in Ihr theilnehmens Herz einprägen konnten.

Indessen hat das mir so freundlich verehrte schöne Kästchen sich gegen mich als eine Pandorenbüchse in gutem Sinne verhalten. Die Werke des Lafontaine, die alten und neuen Romane haben mich sehr unterhalten und aufgeregt. Besonders aber setzte mich Montesquieu in Erstaunen. Die ganze Geschichte unserer Zeit steht buchstäblich in seinem Werke, so finden die Ärzte schon im Hippokrates diejenigen Krankheiten genau beschrieben, an denen sie ihre Patienten immerfort sterben lassen.

In Ihrem Urtheil über Corinna hat mich Ihr treffender Geradsinn abermals sehr gefreut. Sie lassen ihr vollkommen Gerechtigkeit widerfahren, und das, was Sie tadeln, möchte ich nicht in Schutz nehmen. Nur gestehe ich gern, daß ich gegen dieses Werk wie gegen alles Hervorgebrachte nachsichtiger und schonender verfahre, indem schon Talent erfordert wird, auch das, was nicht recht ist, hervorzubringen. Und so verschmelzen sich vor meiner Ansicht die Fehler[398] ins Gute, wie es ja bey Betrachtung der Individuen auch der Fall ist, an denen wir immer zu loben und zu tadeln finden, und die wir zuletzt doch lieben müssen. Die Synthese der Neigung ist es eigentlich die alles lebendig macht.

Ihr Brief aus Weimar ist mir nun auch zugekommen und hat mir große Vorbedeutung unseres künftigen Verhältnisses ansehen, daß Ihnen unsere Zustände so klar geworden sind, daß die Personen in Weimar meist beysammen waren, die unser Daseyn ausmachen. Bald darauf sind mehrere verreist, und später würden Sie das Local sehr leer gefunden haben. Auch unsern Weimaraner wünsch' ich Glück zu der Bekanntschaft eines Mannes, den ich so sehr schätze und von dem ich so oft werde zu reden und zu erzählen haben. Wohl ist jetzt eine Zeit, da man sich an wechselseitigen Andenken und Zutrauen theilnehmend und hoffend aufrecht erhalten muß.

Daß Ihnen meine Wohnung und die Meinigen bekannt und lieb geworden, ist mir besonders erfreulich, weil mich Ihre Einbildungskraft nicht immer in den drey Mohren aufzusuchen braucht. Wenn Sie am Rheine glücklich angelangt sind, so ersuche ich Sie um eine Beschreibung, oder noch lieber um eine Zeichnung Ihrer Wohnung und der umliegenden Gegend, damit ich die Erinnerung früherer Zeiten wieder auffrischen und mich im Geiste zu Ihnen in das schöne[399] heitre Land begeben könne. Der herrliche Nachsommer und Herbst muß sich am Main und Rhein unendlich schön zeigen.

Ich schließe meinen Brief mit einer Betrachtung, die eine Stelle des Ihrigen rege macht. Der böse Wille, der den Ruf eines bedeutenden Menschen gern vernichten möchte, bringt sehr oft das Entgegengesetzte seiner Absicht hervor. Er macht die Welt aufmerksam auf eine Persönlichkeit, und da die Welt wo nicht gerecht, doch wenigstens gleichgültig ist, so läßt sie sichs gefallen, nach und nach die guten Eigenschaften desjenigen gewahr zu werden, den man ihr auf das schlimmste zu zeigen Lust hatte. Ja es ist sogar im Publicum ein Geist des Widerspruchs, der sich dem Tadel wie dem Lobe entgegengesetzt, und im Ganzen braucht man nur nach Möglichkeit zu seyn, um gelegentlich zu seinem Vortheil zu erscheinen; wobey es denn freylich hauptsächlich darauf ankommt, daß die Augenblicke nicht allzu kritisch werden und der böse Wille nicht die Oberhand habe zur Zeit, wo er vernichten kann.

Verzeihen Sie die Wiederholung einer Betrachtung, die Sie schon selbst gemacht haben. Wir hören aber doch auch wohl gern dasjenige, wovon wir überzeugt sind, von einem Fremden wiederholen.

Mein August, der gekommen ist, mich abzuholen, und Schreiber dieses empfiehlt sich bestens. Empfehlen Sie uns Ihrer Frau Gemahlin und lasse mich bald[400] hören, ob Villers geantwortet hat, wo uns wie Sie sich befinden, und ob Sie vielleicht meine Mutter in Frankfurt gesehen haben. In etwa 8 Tagen werde ich von hier abreisen.

G.


Noch eins füge ich hinzu, daß ich mich seit Ihrer Abreise mit den Gebirgen und Gesteinen dieser Gegend lebhafter beschäftigt, auch eine Sammlung, die davon hier ausgeben wird, auch eine Sammlung, die davon hier ausgegeben wird, commentirt habe. Der kleine Aufsatz beträgt zwey Bogen, die ich hier gleich habe drucken lassen. Sie erhalten einige Exemplare, sobald ich einmal ein Packet für Sie beysammen habe, das auf der fahrenden Post abgehen kann. Nochmals die besten Wünsche für Ihr Wohl und der Ihrigen.


19/5410.


An Adam Heinrich Müller

Carlsbad, den 28. August 1807.

Indem ich Ihnen, mein werthester Herr Müller, Ihre Vorlesungen zurückschicke ich diese Hefte gern mit etwas Freundlichem und etwas Bedeutendem begleiten. Das erste wird mir leicht, das zweyte im gegenwärtigen Augenblicke schwer; doch können Sie ja selbst wissen, was ich Ihnen auf beyde Weise zu sagen hätte. Der Schauspieler führt nicht lebhafter, daß er eines wohlwollenden Zuschauers bedarf, als wenn er eben abtreten will, der Dichter, wenn das[401] Stück zu Ende geht; und so will ich gern bekennen, daß es mich sehr freut, an Ihnen einen wohlwollend Theilnehmenden zu wissen und zu hinterlassen. Die Welt thut ihr Möglichstes, uns gegen Lob und Tadel gleichgültig zu machen; aber es gelingt ihr denn doch nicht, und wir kehren, wenn wir günstige und zugleich im Ganzen mit vernehmen, immer gar zu gern aus unserer Resignation zum Genuß zurück.

Über Amphitryon habe ich Manches mit Herrn von Gentz gesprochen; aber es ist durchaus schwer, genau das rechte Wort zu finden. Nach meiner Einsicht scheiden sich Antikes und Modernes auf diesem Wege mehr, als daß sie sich vereinigten. Wenn man die beyden entgegengesetzten Enden eines lebendigen Wesens durch Contorsion zusammenbringt, so giebt das noch keine neue Art von Organisation; es ist das noch keine neue wunderliches Symbol, wie die Schlange, die sich in den Schwarz heißt.

Der zerbrochene Krug hat außerordentliche Verdienste, und die ganze Darstellung dringt sich mit gewaltsamer Gegenwart auf. Nur schade, daß das Stück auch wieder dem unsichtbaren Theater angehört. Das Talent des Verfassers, so lebendig er auch darzustellen vermag, neigt sich doch mehr gegen das Dialektische hin; wie er es denn selbst in dieser stationären Proceßform auf das wunderbarste manifestirt hat. Könnte er mit eben dem Naturell und[402] Geschick eine wirklich dramatische Aufgabe lösen und eine Handlung vor unsern Augen und Stimmen sich entfalten lassen, wie er hier eine vergangene sich nach und nach enthüllen läßt, so würde es für das deutsche Theater ein großes Geschenk seyn. Das Manuscript will ich mit nach Weimar nehmen, in Hoffnung Ihrer Erlaubniß, und sehen, ob etwa ein Versuch der Vorstellung zu machen sey. Zum Richter Adam haben wir einen vollkommen passenden Schauspieler, und auf diese Rolle kommt es vorzüglich an. Die andern sind eher zu besetzen.

Mögen Sie mir künftig von sich oder von Andern manchmal etwas mittheilen, so soll es mir immer sehr angenehm seyn. Und nun noch einen Wunsch. Wenn Sie Ihre Betrachtungen, was in der deutschen Literatur geschehen, geschlossen haben, so wünsche ich, Sie bildeten uns auch eine Geschichte heraus, wie in der deutschen Literatur gedacht und geurtheilt worden. Wir stehen jetzt auf einem Punkte, wo sich das auch mit einer gewissen Freyheit übersehen läßt, und beydes hängt gar genau zusammen, weil doch auch die Hervorbringenden wieder urtheilen, und dieses Urtheil wieder ein Hervorbringen veranlaßt.

Verzeichen Sie, wenn ich in einem Briefe verfahre, wie man es im Gespräch eher thun darf, und füllen Sie die Lücken aus, die zwischen dem, was ich gesagt habe, geblieben sind.

Die Bekanntschaft des Herrn von Haza, der das[403] Gegenwärtige mitzunehmen die Gefälligkeit hat, ist mir sehr angenehm gewesen. Ich wünsche recht wohl zu leben und manchmal von Ihnen zu hören.

G.


19/5411.


An Carl Friedrich Zelter

Carlsbad den 30. August 1807.

Recht von Herzen sey es Ihnen gedankt, theuerster Freund , daß Sie mich so tief in ihr Wesen, in ihren Zustand hineinsehen lassen. Es ist wirklich etwas prometheisches in Ihrer Art zu seyn, das ich nur anstaunen und verehren kann. Indessen Sie das kaum zu ertragende gefaßt und gelassen tragen und sich Plane zu künftiger erfreulicher und schaffender Thätigkeit bilden, habe ich mich wie ein schon über den Cocyt Abgeschiedener verhalten und an dem letheischen Flusse wenigstens genippt. Übrigens, insofern ich mich noch als Erdbewohner fühle, habe ich auch nach meiner Art das meinige gethan, manche Erfahrung in mich aufgenommen, manches gelesen, gelernt, notirt, ausgearbeitet und wie es eben gehen wollte. Meine Gesundheit ist leidlich und bey einem sehr strengen diätetischen Verhalten kann ich meine Zeit seht wohl nutzen und angenehme Tage zubringen. Auf eine Hachhause-Reise über Dresden, wozu mich der Herzog, der in Töplitz ist, einlud, habe ich leider renunciren müssen. Ich darf mir nichts zumuthen. In der Hälfte Sep-[404] tembers bin ich zu Hause. Können Sie uns durch Ihre Gegenwart beglücken, so wüßte ich nichts erwünschteres. Leben Sie recht wohl und schreiben mir bald.

G.


19/5412.


An Johann Friedrich Cotta

Carlsbad den 30. August 1807.

Indem ich im Begriff bin, nach Weimar zurückzukehren, so will ich nur mit wenigem anzeigen, daß es mir die Zeit über ganz leidlich gegangen ist, und daß ich von meiner Sommerkur für den Winter das beste hoffe.

Daß Sie meinen Aufsatz über Hackert erhalten haben, ist mir dadurch geworden, daß er, wie ich höre, in das Morgenblatt eingerückt ist, denn eigentlich haben wir alles literarische Neue nur von Hörensagen, indem man hier, mehr als sich denken läßt, von aller Communication dieser Art abgeschnitten ist.

Ich wünsche bey meiner Rückkunft bald von Ihnen zu hören und auch zu vernehmen, wie es mit der zweyten Lieferung meiner Werke steht und wann Sie solche auszugeben gedenken.

Ich könnte Ihnen für das Morgenblatt einen kleinen Aufsatz über Carlsbad und besonders über diesen Aufsatz über diesen Sommer schicken, wenn Sie nicht von der allzeit fertigen Hand, welche auch dießmal hier den[405] Sprudelbecher angefaßt hat, schon damit versehen worden. Doch stünde auch schon etwas in Ihrem Blatte, so würde ich es ansehen und vielleicht ließ sich immer noch von einer andern Seite die Sache fassen und etwas nicht unerfreuliches liefern. Von manchem andern, was ich gethan und vorbereitet, schweige ich lieber und füge nur noch den Wunsch hinzu, daß Sie sich recht wohl befinden mögen.

Goethe.[406]


19/5412a.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Carlsbad, 31. August 1807?]

H. Riemer und August wenn letztere zu Hause ist werden in den drey Staffeln baldigst erwarten, die schönen geschnittenen Steine zu sehen.

G.[34]


19/5413.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Carlsbad den 31. August 1807.

Wir senden noch einen Vorläufer vor unseren Ankunft und wünschen, daß dieses Blatt Sie über die Gesundheit Ihrer lieben Kleinen beruhigt antreffen möge. Durch den Kutscher, der uns abholt, lassen Sie uns doch ja wissen, wie es die Zeit ergangen ist, Damit wir uns im Voraus mit Ihnen einer glücklichen Wendung der Dinge erfreuen können.

Beyliegenden Brief hätten Sie ja wohl die Gefälligkeit, Herrn Resident Reinhard nachzusenden, da Sie wohl wissen, wo er zu erreichen ist.

Einen kleinen Aufsatz, mit dem wir uns hier beschäftigt, über die Carlsbader Gebirge und sonstiges Gesteinwesen, lege ich bey. Sollte er Sie auch nicht interessiren, so theilen Sie ihn wohl einem geologischen Freunde mit. Den Ihrigen viele Empfehlungen.

G.[406]


19/5413a.


An Friederike Caroline Sophievon Solms-Braunfels

Ew. Hoheit

so nah und so fern zu feyn war mir schmerzlicher als ich ausdrücken darf und mich nicht einmal persönlich zu beurlauben ist höchst peinlich. Aber Ew. Hoheit ist es gegeben selbst leidend Freude zu bereiten, wie sie mir durch ein Blat gewährt ist, das wie ich es ansehe alles unangenehme auszulöschen scheint. Möge sich eine so theure Gesundheit bald völlig wiederherstellen und mir erlaubt seyn auf irgend eine Weise meine Verehrung, meine Anhänglichkeit wieder in Erinnerung zu bringen.

Carlsb. d. 6. Sept. 1807.

Goethe.[105]


19/5414.


An Johann Friedrich Cotta

Beykommendes zu beliebigen Gebrauch. Ich werde manchmal über unsre Zustände einsenden und bitte dagegen von andern oft mißwollenden Federn nichts aufzunehmen; Seit einigen Tagen bin auch ich wieder hier und melde.

d. 14. Sept. 1807.

G.


19/5415.


An Carl Friedrich Zelter

Sie sind ein trefflicher Freund! Wie ich nach Hause kam, fand ich die Gefänge, und schon ist der Anfang zur kleinen Singschule gemacht. Wir werden nach und nach die Sänger des Theaters und unsrer Choristen herbeyziehen, auch Personen aus der Stadt, und sehen, wie weit wir kommen. Hübschen Raum haben wir im Theatersaal.

Ihre abermalige Einladung macht mir das Herz schwer. Daß ich Ihre Anstalt nicht schon habe kennen lernen, ist unerlaubt; aber ich habe schon seit mehreren Jahren ein gewisses Kleben am Wohnort, das vorzügliche daraus entspringt, weil in mir noch so viel aufgeregtes und doch unausgebildetes liegt. Da habe ich das Jahr zu thun, um nur hie und da ins Klare zu kommen, meine Gesundheits- und[407] die Zeitumstände nicht mitgerechnet. Doch würden mich diese ohne jenes weniger abhalten. Aber ich fürchte mich, wenn man es genau besieht, vor neuen Einwirkungen und Aufregungen, und entbehre daher mit Willen manchen Genuß.

Der Beyfall, den unser Theater in Leipzig erhalten, macht mir Lust und Muth, mich der Sache diesen Winter wieder lebhaft anzunehmen. Wir sind bey dieser Gelegenheit für unser Ausdauern belohnt worden, und wollen mit Zutrauen und Hoffnung auf dem alten Wege fortgehen; und so kann auch die niederträchtigste, detractive Opposition, wie wir sie früher von Berlin her erfahren müsse, nichts ausrichten.

Auch ist mir Ihre Ausdauer, mein werthester Freund, immer vor Augen. Nur ist freylich zu fürchten, daß, wenn Sie nach Italien gehen, der herrliche Bund so vieler Jahre sich auflösen werde. Natürlich und lustig ist es, daß sich Ihre Samenkörner so weit und breit herum und auch an die Theetische disseminirt haben. Schaffen Sie mir doch ja unsern Schnabel gerecht seyn.

Von dem, was ich sonst thue und treibe, schweig' ich und hoffe bald von meinem stillen Fleiße einige Früchte mittheilen zu können. Leben Sie recht wohl und senden mir manchmal auch ein Lied. Auch solcher kleinen Productionen würde ich jetzt eher genießen[408] können, besonders wenn Sie ein leichtes Accompagnement für die Guitarre dazu setzen wollen, deren ich jetzt mehrere um mich habe.

Weimar den 15. September 1807.


19/5416.


An Friedrich Heinrich Jacobi

Von deiner Rede hatte ich schon in Carlsbad gehört und mir sie zu lesen gewünscht. Desto erfreulicher war es, durch deine Sorgfalt sie bey meiner Rückkunst in Weimar zu finden.

Wir sind dir alle, besonders aber wir andern in den besorgten protestantischen Ländern, großen Dank schuldig, daß du diese wichtigen Angelegenheiten so tüchtig und mächtig zur Sprache brachtest und dich zu der Großmeisterstelle deines academischen Ordens durch einen Kampf mit den schlimmsten Ungeheuer legitimiren wolltest.

Soll ich nun, wie es sich unter uns ziemt, über die Ausführung meine Gedanken sagen; so ist dir der Anfang weniger geglückt als die Folge und das Ende. Im Streite gegen die Philister und Nützlichkeitsforderer bist du zu bitter und mitunter ungerechnet. Aus Leidenschaft verwickelst du dich in Tropen und Gleichnisse, die nicht deutlich werden, ob wir andern gleich, die deines Sinnes sind, alles recht gut verstehen und dir beystimmen. Freylich kann ich begreifen, daß dir dieses Geschlecht den Kopf sehr warm[409] machen muß. Leid' ich doch als Poet und Künstler schon so lange Zeit von ihnen. Sie find aber Legion, und man muß sie gewähren lassen, allenfalls nur sie hänseln, wie ichs von Zeit zu Zeit auch gethan habe. Würdest du dich wohl über Kinder ärgern, die lieber in einem Kirschgarten herumnaschen, wo ihnen die Beeren ins Maul hängen, als in einem jungen Fichtendickicht spazieren, das erst in hundert Jahren Enkeln und Urenkeln Vortheil und Freude bringen soll?

Desto vollkommner ist dir, wie mich dünkt, alles übrige, ja der Hauptsieg gelungen, und man darf wohl sagen, daß du dich aufs vortreffliche gehalten hast. Dieses dein Heft, und der sonderbare Artikel im Mercure de France vom 15. August können und wieder einigermaßen über unsre Zukunft beruhigen. Führe nun fort, was du so glücklich angefangen hast. Gebe dir der Himmel leidliche Gesundheit und langes Leben, und dein Vorgesetztes recht zu gründen und auszuführen.

Von dem, was ich thue, ist nicht gut reden. Ich spinne meine alten Fäden langmüthig fort und hie und da wird ein neuer angeknüpft. Schenke dem, was etwa öffentlich davon erscheint, deine Aufmerksamkeit.

Viele Grüße von mir und den Meinigen an dich und deine Schwestern. Sende mir doch von Zeit zu Zeit etwas mittheilbares aus deinen Acten. Lebe wohl und liebe mich wie von jeher.

Weimar den 16. September 1807.

Goethe.[410]


19/5417.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

Sie erhalten, mein werthester Herr Frommann, die für die Fuhre verlangte Summe mit vielem Dank für gütige Besorgung und Bestellung. Eingewickelt ist das Geld in jenes merkwürdige poetische Product, von welchem wir zusammen gesprochen. Das Exemplar steht zu Diensten; ich besitze noch ein zweytes.

Das liebe Minchen wird sich mit dem kleinen Andenken von Carlsbad gefällig herausputzen. Möchten Sie uns auf den Sonnabend zu Eröffnung des Theaters besuchen, zusammen oder einzeln, so sollten Sie uns bestens willkommen seyn. Wir wissen Selbst aber noch nicht, womit wir aufwarten können. Indessen wird ein seltsamer Prolog vorbereitet. Die besten Grüsse.

Weimar d. 18. September 1807.

G.


19/5418.


An Johann Friedrich Rochlitz

So ist denn unser theatralisches Unternehmen in Leipzig glücklich vollendet, mit Ehre und Vortheil belohnt, und was mir gleich lieb ist, ich sehe unsre Schauspieler nach dieser Epoche froher, williger, thätiger, und hoffe sowohl für uns einen unterhaltenden Winter als auch künftig für Leipzig eine neubelebte Sommer-[411] unterhaltung. Denn wir haben mancherley artige und mitunter seltsame Dinge vor uns, an denen wir uns zu üben gedenken.

Haben Sie , mein werthester Herr Rath, den besten Dank für Ihren freundlichen Antheil. Ich weiß die stille geräuschlose Behandlungsart recht gut zu schätzen, mit der Sie den unsrigen nachzuhelfen wußten. Wenn es mit dem Epilog eine Irrung gab, so bin ich vielleicht selbst daran Schuld, weil ich mich nicht deutlich erinnere, ob ich unserer Regie deshalb geschrieben habe, mich auf einen natürlichen Gang der Sache und auf Ihr Einwirken, wie bey dem ersten Abschied, verlassend. Auch dafür nehmen Sie Dank, was Sie gewollt, getan und verschwiegen.

Ihre Briefe nehme ich manchmal wieder vor mich und habe sie schon öfter gelesen. Sie dienen mir zum Leitfaden in dem täglichen Theaterlabyrinth, das einer der wunderlichsten Irrgärten ist, die ein Zauberer nur erfinden konnte. Denn nicht genug, daß er schon sehr wunderlich gepflanzt ist, so wechseln auch noch Bäume und Stauden von Zeit zu Zeit ihre Plätze, so daß man sich niemals ein Merkzeichen machen kann, wie man zu gehen hat.

Leider ist hier in Weimar die sondernde Kritik nicht sehr zu Hause. Man nimmt alles zu sehr im Ganzen. Stücke, Schauspieler, Aufführung, alles wird entweder gebilligt oder gewißbilligt, wobey denn Vorurtheil und Laune herrschend werden, und man[412] sich weder des Lobes recht erfreuen, noch den Tadel sehr zu Herzen nehmen kann.

Daher ist es mir unendlich viel werth, daß unsere Schauspieler wenigstens gewahr geworden, daß eine solche Kritik existirt, welche die Mängel begünstigter und die Tugenden gleichgültiger, ja unbegünstigter Personen zu würdigen weiß. Ich selbst werde diesen Winter das Schauspiel öfter besuchen und meine innern und äußern Sinne zu genauerer Prüfung schärfen. Denn ich gestehe gern, das hiesige Publicum machte mir durch willkührliche Zuneigung und Abneigung oft so böse, daß ich, je mehr ich mir in den Proben Mühe gegeben hatte, desto beyzuwohnen. Nun aber, da mich eine Stimme von außen her aufrecht und bestätigt; so werde ich wieder eine Weile auf meinem Wege strecklings fortgehen und mich der Resultate vielleicht selbst erfreuen.

Die gute Aufnahme meiner Stücke hat mir eine besonders angenehme Empfindung gemacht. Ich dachte wohl, daß sie auch einmal Epoche haben könnten, aber nach der Lage des deutschen Theaters glaubte ich's nicht zu erleben. Artig ist es, daß sogar das kleine Schäferspiel, das ich 1768 in Leipzig schrieb, auch noch auftauchen mußte und gut empfangen ward.

Nochmals vielen Dank, den ich gerne mündlich abgestattet hätte, wenn ich nicht, da mir die Brunnenkur ganz wohl bekommen ist, mich vor einer allzu-[413] raschen Geselligkeit gefürchtet hätte. Jetzt will ich sehen, ob ich meine stille Nachkur auch zu Ihrem und Ihrer Mitbürger künftigem Vergnügen benutzten kann.

Leben Sie recht wohl, und wenn es möglich ist, so besuchen Sie uns diesen Winter.

Weimar d. 21. Sept. 1807.

Goethe.


19/5419.


An Johann Friedrich Cotta

Hiebey sende ich, werthester Herr Cotta, einen Brief, den ich so eben aus Florenz erhalte. Auf diesem Wege wird die Sache zu weitläuftig und Sie sehen, was ich daher geantwortet habe. Wenn Sie auch der Meinung sind, so haben Sie die Gefälligkeit, meinen Brief baldigst abzusenden.

Wenn ich mich diesen Winter leidlich befinde, so kann ich Ihnen das Manuscript bald senden, so daß das Werkchen zu Ostern erscheinen kann. Ich wünschte, daß es gedruckt würde wie Cellini, an den es erinnert. Ich füge eine kurze Lebensbeschreibung des Herrn Gore hinzu, dessen in der Biographie erwähnt wird. Einige sehr interessante Briefe von Hackert an mich und eine etwas weitre Ausführung der Stelle über Hackerts Talent aus unserer Kunstgeschichte.

Nächstens schicke ich einige Anecdoten aus dieser Schrift für das Morgenblatt, von welchem ich seit dem Monat März nichts erhalten habe. Die drey[414] ersten Monate sind in meinen Händen. Ich wollte Sie gelegentlich um die folgenden ersuchen, damit damit ich in Connexion bleibe und manchmal Lust finde, etwas beyzutragen. Der ich recht wohl zu leben wünsche.

Weimar den 21. September 1807.

Goethe.


19/5420.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

bin ich für die Mittheilung höchlich dankbar. Grüßen Sie Herrn Schlegel vielmals von mir, es ist recht schön, daß er mit Ihrem Institute immer in Connexion bleibt. Wenn die Vergleichung der Racinischen und Euripideischen Phädra zu mir kommt, so will ich gern ein Wort darüber sagen, umsomehr, da ich mit dem Verfasser wohl schwerlich in der Ansicht verschieden seyn werde.

Die Quittung über das übersendete Geld lege bey. Das Leben der heiligen Genoveva von Riepenhausen bitte in mein Debet zu schreiben. Von Michaelis an wollen wir Anstalt machen zu einem Neujahrs Programm nach der vorjährigen Weise, wenn es Ihnen recht ist.

Verzeichen Sie, wenn ich heute nicht mehr sage. Die Stunde der Boten drängt. Der ich recht wohl zum leben wünsche.

Weimar den 23. September 1807.

Goethe.[415]


19/5421.


An Johann Heinrich Meyer

Über beykommende Heidloffische Rechnung schreit Hofkammerrath Kirms ZeterMordio, und ich finde sie selbst nicht billig. Denn so bot er mir z. E. alte geschnitzte Sonnenstrahlen, die es im Stadthaus gebraucht hatte, an, die ich keinesweges neu würde bestellt haben, weil sie uns, wie sichs auch in der Folge zeigte, nichts nutzen konnten. Von diesen rechnete er uns nun das Schnitzerlohn an. Allenfalls könnte man ihm was billiges für die Verguldung, und die Strahlen wieder zurückgeben. Haben Sie die Güte, das Übrige, sowohl was die Materialien als was die Arbeit betrifft, genau und mit ihm selbst durchzugehen, und mir gefällig ein kleines schriftliches Parere darüber abzustatten. Es ist mir nicht wegen dieses einzelnen Falls: denn über diesen wäre wohl hinauszukommen; aber das Unangenehme für mich ist das, daß man diesen Mann nicht ganz entbehren kann, weil man gewisse zartere Dinge mit Lautenberg nicht zu Stande bringt und alle Mühe und Qual dabey auf uns beyde fällt. Freylich ist denen, welche für die Casse zu sorgen haben, nicht übelzunehmen, wenn sie in diesem Falle, als die Wächter Zions, gewaltig tuten; wie denn diesmal die Heidloffische Rechnung mehr als die Hälfte unserer Einnahme absorbirt, wobey er doch auch unschuldig ist, daß diese Decorationen nur einmal gebraucht werden können.

Weimar den 27. September 1807.

G.[416]


19/5422.


An Carl Friedrich Zelter

Weimar den 28. September 1807.

Heute, mein Bester, ersuche ich Sie nur um einige kleine Besorgungen, mit dem Wunsche, daß Sie dieses Blatt sein wohl antreffen möge.

Der bey uns engagirte Schauspieler, Unzelmann der jüngere, ist gegenwärtigen in Berlin. Ich höre, daß er daselbst gespielt hat. Wollten Sie die Gefälligkeit haben, mir den oder die Comödienzettel, worauf er angezeigt ist, wo möglich mit umgehender Post zu überschicken.

Zugleich oder bald darauf wünschte ich ein Preiscourant von dem Berliner Porcellan zu erhalten, versteht sich, wie es gegenwärtig abgelassen wird, da, wie ich höre, die Preise heruntergesetzt sind.

Sodann würden Sie mich sehr verbinden, wenn Sie mir einen Scheffel ächte Teltower Rüben schicken könnten, aber freylich bald, ehe die Kälte eintritt.

An den überschickten vierstimmigen Gefängen wird schon fleißig studirt. Alle Sonntag früh kommt man bey mir zusammen. Die angezeigten Haydnschen Dinge habe ich von Leipzig kommen lassen. Können Sie mir nach noch etwas besondere Gefälligkeit; dabey bitte ich zu notiren, was ich Ihnen schuldig werde, damit ich nicht zur Einquartirungslast eine neue hinzufüge. Von anderem nächstens.

G.[417]


19/5423.


An Carl Friedrich von Reinhard

Weimar den 28. September 1807.

Sie haben mich nunmehr, verehrter Freund, durch drey Briefe erfreut und mir dadurch das Andenken an die schönen Carlsbader Tage lebhaft erneuert. Einen von mir abgesendeten werden sie kaum erhalten haben. Leider war er von Carlsbad nach Jena zu lange unterwegs geblieben. Er ging von da etwa den 10. dieses nach Cöln ab.

Daß ich hier von Ihnen reden höre, daß Sie mit Herrn von Wolzogen zusammengekommen sind, daß Sie die Unsrigen in Paris treffen, das alles macht mir Sie abwesend gegenwärtig und läßt mich ein bleibendes, ja ein näheres Verhältniß hoffen.

Tausend Dank sey Ihnen gesagt, daß Sie sich meines Farbenwagstücks von Zeit zu Zeit erinnern und hie und da ein gutes Wort dafür aussprechen wollen. Leider kann ich Sie nicht sogleich in den Stand setzen, um in Paris davon öffentlich im Institut Erwähnung zu thun. Zwar denk' ich immer an einen Prospectus, den man französisch und deutsch mit dem werke herausgeben könnte. Nach Ihrem Rath wäre das Historische zur Einleitung, das Polemische kurz und bündig, wie man an die Newtonische Epoche käme, so wie alles übrige polemische, gegen die epicureische Vorstellungsart und sonst am gehörigen Orte,[418] zwar kurz aber hinreichend aufzustellen. Dazu gehört aber Sammlung und ich muß mich in meiner hiesigen Lage, die mir, bey einem fast viermonatlichen Außenbleiben, einigermaßen fremd geworden ist, wieder zu fassen suchen. Könnten Sie jedoch einstweilen hier und da ein guter Vorurtheil für die Sache erregen und mir irgend Jemand anzeigen, der schon vorbereitet wäre, und den Prospectus freundlich aufnähme und ihn austheilte, wenn ich ihn ihm sendete; so wäre für die Folge viel gewonnen. Ich gedulde mich schon achtzehn Jahre in dieser Sache und kann wohl noch einige Jahre zusehen.

Eigentlich aber ist das Schlimmste, daß Hauy, der nach Verdienst in großem Ansehen steht und, so viel ich weiß, ein kluger, leise auftretender, einflußreicher Mann ist, der des Gunst hat, daß dieser in seinem Compendium der Physik die Newtonische Theorie nächst viel andern als ein himmlisches Palladium aufgeführt und sie zur Norm beym Schulunterricht in den Lyceen aufgestellt hat. Aus Erfahrung weiß ich nun sehr wohl, daß ein Gelehrter das, was er einmal hat drucken lassen, nicht leicht zurücknimmt, sondern wenn er ja eines bessern überzeugt wird, seine Meinung nur nach und nach verschwinden läßt, und eben so nach und nach das rechte unmerklich unterschiebt, wodurch denn die Welt gewissermaßen nicht gebessert, wird weil eine gewisse Indifferenz von Wahrheit und Irrthum auf diesem Wege entstehen[419] muß. Dergleichen Fälle sind mir viele bekannt und ich fürchte sehr, daß die Franzosen, indem sie mit Gewalt die rein weißen englischen Musseline von Häfen und Marktplätzen abhalten, sich noch lange mit diesem schmutz- und aschenweißen theoretischen Schleyer das Haupt verhüllen werden.

Indem Sie Herrn Ebel einigen Antheil an dieser Unternehmung einflößten, so haben Sie mir eine große Gefälligkeit erzeigt. Ich hatte schon längst Ursache, ihn wegen seiner Kenntnisse und seines Charakters zu schätzen. Wir beriefen ihn sogar einmal, als einen Schüler Sömmerings, zur Professur der Anatomie; welche vortheilhafte Stelle er aber auf eine sehr edle Weise ausschlug. Viel kommt darauf an, wie lange sie in Paris bleiben und was ich von Ihnen und durch Sie vernehme. Versäumen Sie die Gelegenheit nicht, wenn ein Courier von den unser herausgeht, damit ich, bey den übrigen nicht so ganz heitren Aspecten, wenigstens persönlich etwas erfreuliches zu erwarten habe.

Im Ganzen habe ich jedoch, wie ich gern gestehen will, seit einiger Zeit wieder guter Muth. Es scheint, daß die menschliche Natur eine völlige Resignation nicht allzulange ertragen kann. Die Hoffnung muß wieder eintreten, und dann kommt ja auch sogleich die Thätigkeit wieder, durch welche, wenn man es genau besieht, die Hoffnung in jedem Augenblick realisirt wird.

In diesem Sinne habe ich ein Vorspiel zu Er-[420] öffnung unsres Theaters geschrieben, wo ich Gewalt und Vertilgung, Flucht und Verzweiflung, Macht und Schutz, Friede und wiederherstellende Freude lakonisch vorgeführt habe. Vielleicht gebe ich es bald ins Morgenblatt, da es Ihnen denn auch wohl zu Gesicht kommt.

So viel sey vorsorglich geschrieben und hingelegt, da man einen Eilbogen von Paris erwartet, der Ihnen auf seiner Rückkehr dieses Blatt bald genug zubringen wird.

Goethe.


19/5424.


An Biondi

Auszug aus einem Briefe Herrn Philipp Hackerts.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –


Carregi, den 27. May 1806.

Meine Biographie, was die Jugendjahre betrifft, war schon in Neapel geschrieben. Da ich gewiß glaubte, daß mein Bruder Georg mich verhindert ist, so werde ich es selbst thun. Nach meinem Tode so wird es der Cavalier Biondi oder seine Frau, die Signora Rosa thun, die es Ihnen überschicken werden. Bey ersterer sicherer Gelegenheit werde ich es ihnen überschicken. Unter Ihrer Feder wird es interessanter werden. Die Biographie meines Bruders Georg sollen Sie bald haben.


Aus dieser Stelle, die man, wenn es nöthig seyn sollte, in vidimirter Copie mittheilen kann, zeigt sich ganz deutlich, daß der Cavalier Biondi von Herrn[421] Hackert den Auftrag erhalten, mir die biographischen Papiere zu weiterer Bearbeitung zu übersenden. Über das Leben Des Herrn Georg Hackert habe ich jedoch nichts erhalten.

Es thut leid, daß Sie über diese Angelegenheit einiges Mißvergnügen gehabt haben, da Sie doch nur das Vertrauen geehrt, welches der Verstorbene zu Ihnen gehabt, und seine ausdrücklichen Aufträge befolgt. Ich wünsche recht wohl zu leben und empfehle mich geneigtem Andenken.

Weimar, den 28. September 1807.

Goethe.


19/5425.


An W. von Rumohr

Die Gedichte, welche mir zugesendet worden, gehören, weil man sie doch vor allen Dingen einordnen muß, zu den gemüthlich didactisch lyrischen. Man kann von solchen verlangen, daß sie rein empfunden, gut gedacht und bequem ausgesprochen seyen. Alle diese Vorzüge besitzen die vorliegenden. Dagegen haben sie kein eigentlich poetisch Verdienst. Unaufhaltsame Natur, unüberwindliche Neigung, drängende Leidenschaft, Haupterfordernisse der wahren Poesie, welche sich im Großen wie im Kleinen, im Naiven wie im Pathetischen manifestiren können, zeigen sich nirgends. Demungeachtet kann der Verfasser, bey seinem Talent,[422] sich den Beyfall seiner Landsleute versprechen. Die Deutschen lieben das moralisch lyrische, diese subjectiven reflectirten Gesänge, die einen andern Jemand wieder licht ansprechen und an allgemeine Zustände des Gemüths, an Wünsche, Seynsuchten und fehlgeschlagene Hoffnungen erinnern.

Ich würde daher dem Verfasser rathen, seine Lieder durch diejenigen Blätter bekannt zu machen, welche sogleich ins Publicum gelangen; wie ich mir denn ein Paar davon für Herrn Cotta's Morgenblatt ausbitten würde. Dabey könnte er sich irgend einen wohlklingenden Namen wählen, durch den seine Gedichte vor andern ähnlich sich auszeichneten. Behagen sie einem Musiker, begleitet er sie mit gefälligen Melodien, so werden sie gesungen und bekannt und der Verfasser wird zuletzt veranlaßt, eine Sammlung derselben herauszugeben. Dieses ist's, was ich nach meiner besten Einsicht und mit aller Aufrichtigkeit dem mir bezeigten Vertrauen erwiedern konnte.


Vorstehendes war geschrieben, als sich der Verfasser selbst an mich wandte. Ich wüßte nur die Bemerkung hinzuzuthun, daß für unsere Literatur nichts wünschenswerther sey, als daß jeder, der eine Zeitlang gearbeitet hat, zum deutlichen Bewußtseyn dessen kommen möge, was er vermag, damit er sich nicht vergebens abmühe, und von sich nicht mehr oder doch nichts anders fordere, als was er leisten kann. Dadurch[423] entspringt eine billige und ungetrübte Freude an dem, was man hervorbringt, und ein reiner Genuß an dem Beyfall, den man erhält.

Weimar den 28. September 1807.

Goethe.


19/5426.


An Carl Cäsar von Leonhard

Wenn Sie beykommende kleine Schrift in Ihres Taschenbuches zweyten aufnehmen wollen, so würde es mir angenehm seyn, da sie nicht in den Buchhandel gekommen, vielmehr bis jetzt nur zu einem Privatzweck gedient hat. Erhalte ich deshalb einige Nachricht, so würde ich noch verschiedene kleine Artikel mittheilen, welche unter Miscellen, oder sonst einem schicklichen Orte eingerückt werden können; wie ich denn auch in der Folge sehr an Ihrem schönen Institut Antheil nehmen würde. Der ich mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche.

Weimar, 28. September 1807.

Goethe.


19/5427.


An Charlotte von Stein

[6. October.]

Hier, meine theure Freundinn das erste vollständige Exemplar des Vorspiels. Bitte es nicht aus Händen zu geben, und meiner dabey zu gedencken.

G.[424]


19/5428.


An Carl Ludwig von Knebel

Diese Zeit über habe ich immer gehofft, meine Jenaischen Freunde zu besuchen. Indessen haben mich manche Theater-Sorgen und Besorgungen, darauf des Herzogs Krankheit und das böse Wetter abgehalten. Nun bin ich in allerley Arbeiten gerathen, die ich nicht unterbrechen mag. Dank daher, daß du mich etwas von dir hören lässest.

Den Prolog, oder vielmehr das Vorspiel, sende ich hierbey, und bitte nur, daß du es nicht aus Händen gebest, auch mir dasselbe Sonnabend wieder zurücksendest.

Leider erhältst du nur den Theil, der in Worten verlaßt ist und auf das Papier gebracht werden kann. Alles, was auf den sinnlichen Effect berechnet war, geht ab; und so bleibt es nur Stückwerk. Die theatralischen Contraste, die hier aufgestellt wurden, lassen sich durch die Einbildungskraft nicht nachbringen. Der furchtbare, bis zum Gräßlichen gesteigerte erste Theil schloß sich, indem eine heitere Steinerscheinung Jeden erfreulich erinnerte, was man unserer vortrefflichen Fürstin vor'm Jahre schuldig geworden, an die zweyte glänzende und prächtige Hälfte durch einen sanften Übergang gefällig an; und die hülfreiche ordnende Erscheinung der Majestät war nicht ganz unerwartet. Der gefällige Friede stellte[425] sich dem Ernst anmuthig entgegen; und dadurch daß die vier Personen durch zwey Schauspielerinnen vorgestellt wurden, welche nur die Kleidung und den Ausdruck ihres Vortrags geändert hatten, erhielt das Ganze für den äußern und innern Sinn eine erquickliche Einheit. Wie denn auch das Andenken an die Herzogin Mutter am Schlusse die treuen, Ihr ergebenen Herzen mit sanfter Rührung entließ.

Ich freue mich, durch diese extemporirte Arbeit, denn ich habe sie in acht Zagen von Grund aus erfunden und verfertigt, durchaus einen guten Eindruck hervorgebracht zu haben. Ich wünsche, daß du beym Lesen und Vorlesen etwas ähnliches empfinden und erregen mögest.

Jacobi's Rede sollst du auf den Sonnabend erhalten. Es ist ein Wort zu seiner Zeit, ob sich gleich in mancher Rücksicht dabey manches erinnern läßt. Man muß sich in die Lage setzten, in der er sie schrieb, und die Verhältnisse beachten, die ihn umgeben.

Deine Pindarischen Übersetzungen wollen wir treulich beherzigen und dagegen einiges erwiedern. Den besondern Abdruck einer Humboldtischen Übersetzung habe ich besessen. Vielleicht findet sie sich und so soll sie gleich aufwarten.

Möchtest du mir wohl eine Abschrift der Stelle des Lucrez über die Farben von dem Vers an


»Oder aus jeglicher Farbe, mit welcher es gänzlich im Streit steht,«[426]


bis zu Ende überschicken. Denn bis zu gedachtem Vers ist abgedruckt. Weil ich aber eine gar zu lange Pause gemacht habe, so weiß ich nicht, wo das übrige Manuscript hingekommen ist. Ich will nun fortfahren und diesen historischen Theil etwas weiter schieben. Meyer hat einen gar schönen Beytrag gegeben, die Geschichte des Colorits bey den Griechischen Malern betreffend, meist nach Plinius. Ich bin nun beschäftigt, einige Betrachtungen über die Farbenlehre der Alten aufzusetzen, und dann über die Kluft des Mittelalters bis zur neuern Zeit herüberzuspringen. Es ist freylich noch gar zu viel, was zu thun ist.

Nun noch einen kleinen Auftrag. Möchtest du mir wohl bey Hertels ein Stammbuch von kleinem Format und gutem Papier ausnehmen und herüberschicken. Ich wünsche ein solches Taschenbüchelchen wieder zu haben, das man zu sich steckte, um von Zeit zu Zeit etwas hineinzuzeichnen. Vor'm Jahr nahm ich dort eins, das recht gätlich war, nur war das Papier schlecht. Veranlasse zugleich Hertels, daß sie mir eine Rechnung machen: denn ich bin von vor'm Jahr her noch etwas schuldig. Grüße die Deinigen und die Hausfreunde. Ich wünsche mir einige ruhige Tage bey euch, um vor Herrn Seebecks und Voigts Arbeiten genießen zu können. Lebe recht wohl, gedenke mein, und laß manchmal von dir hören.

Weimar den. 7. October 1807.

G.[427]


19/5429.


An Johann Friedrich Cotta

Sie erhalten, mein werthester Herr Cotta, das am 19. September aufgeführte Vorspiel, für das Morgenblatt, mit einer Nachschrift, welche hinterdrein abzudrücken bitte.

Indem ich Ihnen nun von der ästhetischen Seite, was wir haben und hervorbringen, gerne mittheile, auch sonst von andern öffentlichen Dingen einiges nachkommen soll; so muß ich nochmals ausdrücklich bitten, das, was unsre politische Existenz betrifft und nicht von mir kommt, von Ihren Blättchen abzuweisen.

Wir sind niemals politisch bedeutend gewesen.

Unsre ganze Bedeutung bestand in einer gegen unsere Kräfte disproportionirten Beförderung der Künste und Wissenschaften. Von andern Seiten sind wir jetzt so wenig und weniger als sonst. So lange also der Zustand von ganz Deutschland sich nicht näher entscheidet, haben alle, besonders die kleineren Staaten, Ursache zu wünschen, daß man sie ignorire; und absurde Nachrichten, welche die Unruhe besoldeter Nouvellenschreiber, der Müßiggang und der böse Wille erfindet und verbreitet, wenigstens von solchen Anstalten nicht aufgenommen werden, mit denen man in guten Verhältnissen steht, und welche zu befördern man selbst geneigt ist. Verzeihen Sie, daß ich dieses[428] Punktes wieder erwähne. Es ist aber jetzt mehr als jemals bedeutende Sache.

Die mir in Ihrem letzten Brief zugesicherte Sendung erwarte ich mit Vergnügen. Ich befinde mich ganz leidlich und bin in meinen Arbeiten ungestört, so daß ich hoffen kann, diesen Winter manches zu fördern.

In Hoffnung guter Nachrichten von Ihrer Seite empfehle ich mich zu geneigtem Andenken.

Weimar den 7. October 1807.

Goethe.


19/5430.


An Nikolaus Meyer

Endlich muß ich doch auch einmal wieder, mein werthester Herr Doctor, das lange Stillschweigen brechen und zu der kleinen dritten Person Ihrer Familie glückwünschen. Wir haben an diesem erwünschten Ereigniß lebhaften Theil genommen und sind versichert, daß der kleine Ankömmling recht wohl in die Familie passen werde. Lassen Sie uns von Zeit zu Zeit hören, daß Sie sich alle recht wohl befinden und durch Unterbrechung der Correspondenz das gute Verhältniß nicht unterbrochen worden, das immer zwischen uns bestanden hat. Von meinem Carlsbader Aufenthalt kann ich nur Gutes erzählen. Es ist mir daselbst recht wohl gegangen und bis jetzt empfinde ich noch immer erwünschte Folgen. Ich wünsche, daß es diesen Winter so durchdauern möge. Sonst weiß[429] ich von uns viel zu sagen. Meine Arbeiten gehen immer sachte vorwärts und ich hoffe, sie nach und nach ins Publicum zu bringen. Ein Exemplar von meinen Werken sende ich, wenn die 12 Bände beysammen sind. Das einzelne Abschicken ist gewöhnlich Irrungen oder Verwechselungen ausgesetzt.

Sie haben uns die Zeit über so mancherley ge schickt, daß ich wohl wünschte, wir rechneten einmal zusammen. Sollte durch Ihre oder meine Abwesenheiten von Haus auch einige kleine Unordnung entstanden sey, so wird das Gedächtniß meiner Frau wohl wieder nachzuhelfen wissen. Das Service ist sehr hübsch und glücklich angekommen. Mögen Sie uns diesen Winter manchmal irgend einen guten Bissen schicken, so werden wir Sie auch abwesend unter unsere Gäste zählen.

Sagen Sie mir doch bald etwas Näheres über Ihren Zustand. Der Arzt hat den Vortheil, daß er in allen Fällen brauchbar und gerade am willkommensten ist, wenn es am übelsten hergeht.

Hat bey diesen Bewegungen sich nichts von Kunstwerken hervorgethan, die früher in wohlhabenden Häusern vergraben lagen? Wie sieht es um Ihre wissenschaftlichen und geselligen Anstalten, wie um den ästhetischen Theil aus? Nehmen Sie sich noch manchmal des Theaters an? Unsere Schauspieler haben in Leipzig, wie Ihnen wohl schon aus öffentlichen Blättern bekannt ist, großen Beyfall gefunden,[430] den ich ihnen um so lieber gönne, als sie sich wirklich in der letzten Zeit sehr viel Mühe gegeben haben. Auch noch zuletzt sind, bey einem hier aufgeführten Vorspiel zur Eröffnung des Theaters, sehr große Kunststücke, in Recitation und Declamation eines schwierigen Textes, geleistet worden.

Übrigens leben wir für den Augenblick in der größten Ruhe. Wir sehen und hören nichts von Militär und gehen also ziemlich gelassen der Jahresepoche des 14. Oct. entgegen. Ja wir gedenken mit Beruhigung der Äußerst bänglichen letzten Tage, die wir vor jener Epoche verlebten. Gern einnern wir uns dabey auswärtiger Freunde, welche denn doch auch, bey dieser großen Welterschütterung, persönlich nicht allzu viel gelitten.

Gedenken Sie auch unser. Grüßen Sie Ihre liebe Frau von uns allen, küssen Sie den lieben Kleinen und lassen uns allerseits in der Hoffnung leben, uns einander irgendwo einmal wieder zu sehen.

Weimar den 7. Oct. 1807.

Goethe.


19/5431.


An Carl Unzelmann

[Concept.]

Der Hofschauspieler Herr Unzelmann hat wegen seines cotractswidrigen Benehmens nach Empfang dieses sich auf die hiesige Hauptsache in Arrest zu begeben und weitere Verfügung gewärtig zu seyn.

Weimar am 8. Oct. 1807.

Commissio.[431]


19/5432.


An Charlotte von Schiller

Hier liebe Freundinn, der Reinhardische Brief, den Sie Sich abschreiben wollten. Ich danke auch für diese Theinahme. Der Prolog soll auch bald aufwarten. Möchten Sie mir doch das französische Journal mittheilen von dem Sie mir schreiben daß es Nachricht von einer Familie enthalte, welche die Farben à la Gildemeister sahen. Verzeihung!

Den 9. October 1807.

G.


19/5433.


An Carl Cäsar von Leonhard

Es war mir sehr angenehm, daß mein Aufsatz zur rechten Zeit ankam, und ich danke, daß Sie ihm einen so guten Platz anweisen wollten. Unter Ihrer Anleitung tritt jene kleine Schrift nunmehr vor ein anders Publicum, vor das wissenschaftliche, da sie früher nur bestimmt war, ein allgemeines Interesse zu erregen und gewisse Gegenstände vor den Augen der Kenner und Nichtkenner in einer bequemeren Ordnung aufzuführen, als sie bisher, mehr oder weniger bekannt, betrachtet wurden. Vielleicht könnte man, da ich mich in einem neuen Fach mit dem Publicum zu unterhalten anfange, nach meiner Legitimation[432] fragen; doch giebt vieljährige Neigung und Beobachtung wohl einiges Recht, in einer Sphäre mitzuwirken, wo ein Jeder auch mit dem geringsten Beytrag willkommen ist.

Um manches Mißverständniß zu vermeiden , sollte ich freylich vor allen Dingen erkälten, daß meine Art, die Gegenstände der Natur anzusehen und zu behandeln, von dem Ganzen zu dem Einzelnen, vom Total-Eindruck zur Beobachtung der Theile fortschreitet, und daß ich mir dabey recht wohl bewußt bin, wie diese Art der Naturforschung, so gut als die entgegengesetzte, gewissen Eigenheiten, ja wohl gar gewissen Vorurtheilen unterworfen sey.

So gestehe ich gern, daß ich da noch oft simultane Wirkungen erblicke, wo andere schon eine successive sehen; daß ich in manchem Gestein, das andere für ein Conglomerat, für ein aus Trümmern Zusammengeführtes und Zusammengebackenes halten, ein auf Porphyrweise und Getrenntes und sodann durch Consolidation Festgehaltenes zu schauen glaube. Hieraus folgt, daß meine Erklärungsart sich mehr zur chemischen, als zur mechanischen hinneigt.

Gewiß würde man, nach meiner Überzeugungen, über Gegenstände des Wissens, ihre Ableitung und Erklärung viel weniger streiten, wenn jeder vor allen Dingen sich selbst kenne und wüßte, zu welcher[433] Parthie er gehöre, was für eine Denkweise seiner Natur am angemessensten sey. Wir würden alsdann die Maximen, die uns beherrschen, ganz unbewunden aussprechen und unsere Erfahrungen und Urtheile diesem gemäß ruhig mittheilen, ohne uns in irgend eine Streit einzulassen: denn bey allen Streitigkeiten kommt am Ende doch nichts weiter heraus, als daß sich zwey entgegengesetzte, nicht zu vereinigende Vorstellungsarten recht deutlich aussprechen, und Jeder auf der seinigen nur desto fester und strenger beharrt. Sollte man also mit meinen geologischen Äußerungen sich durchaus nicht vereinigen können, so wird man den Punct in Betracht ziehen, von dem ich ausgehe und zu dem ich ausgehe und zu dem ich wieder zurückkehre.

Was ich noch zu sagen wünsche, will ich in Briefform verfassen, damit Sie es zum Schlusse bringen können. Haben Sie die Güte, mir den letzten Termin zu bestimmen, wenn Sie das Manuscript brauchen, damit ich mich, bey mannigfaltigen anderen Arbeiten, einrichten kann.

Mögen Sie mir von den erwähnten Mineralien einiges zusenden, so werde es mit Dank empfangen und zu Ihrem Andenken bewahren. Könnte ich die von Ihnen angezeigte Fortsetzung der Bemerkungen des Herrn Legationsrath von Struve im Manuscripte sehen, so wäre es mir angenehm. Ich würde sie sogleich wieder zurücksenden. Ich habe auch diesmal das Vergnügen gehabt, mit diesem Naturfreund in[434] Carlsbad zusammenzutreffen, so wie mit unserem mit unserem mit unserem mittheilenden und belehrenden Werner.

Mich bestens empfehlend

Weimar, 1. October 1807.

Goethe.[435]


19/5433a.


An Johann Caspar von Voght

An einem freundlichen Tage, den besten Gruß! Zugleich meine letzte dramatische Arbeit, bey deren Aufführung ich Sie gegenwärtig gewünscht hätte. Ferner das bekannte Stammbuch mit Bitte um ein[140] renovatum. An meine kleine Haustafel lade ich Sie nicht ein, denn der Hof wird Sie nicht lassen. Doch schenckten Sie mir vielleicht noch ein Stündchen, bey sich oder bey mir.

d. 12. Octbr. 1807.

G.[141]


19/5434.


An Christian Gottlob Voigt

[13. oder 15. October.]

Ew. Excellenz ersuche in so vielen Übeln, daß Falken verboten werde, sein Elysium und Tartarus fortzusetzen, bey Strafe gleich eingesteckt zu werden. Die Übel sind groß, so ein Narr kann sie noch vermehren. Nichts vom Vergangenen.

G.


19/5435.


An Christian Gottlob Voigt

Die in beyliegendem Brief von Madame Batsch verlangte Summe hat ihre völlige Richtigkeit. Sie ist einer früheren Abrede gemäß, wie es auch in den Acten verzeichnet ist. Ich will mit Ew. Excellenz Beystimmung eine Verordnung an den Rentamtsverwalter zur Bezahlung aufsetzen.

Zugleich wäre Bergrath Lenzen ein Gratial von etwa 25 Thaler zu gönnen, da er sich wirklich gut gehalten, die gegenwärtige Ordnung des Musems untadelhaft ist, auch viel bedeutendes Neue durch seine[435] fortgesetzte Thätigkeit herbeygeschafft worden. Die Casse vermag's.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 17. October 1807.

Goethe.


19/5436.


An Heinrich Luden

Ew. Wohlgeboren

sage vielen Dank für die übersendete Bände. Ich werde mich immer Ihrer fortgesetzten Thätigkeit um so mehr erfreuen, als ich Theil an dem unglücklichen Schicksal nahmen, das Sie vor einem Jahre betroffen hat.

Es sollte mir sehr angenehm seyn, Sie einmal bey mir zu sehen. Sprechen Sie nur unangemeldet bey mir zu Mittage ein, und nehmen an unserm Tisch fürlieb, wie Sie uns finden. Bringen Sie Ihre liebe Frau mit, so soll uns auch die recht willkommen seyn. Ich will alsdann, wie ich über den Sächsischen Helden denke, und was ich von einer Biographie desselben hoffe, ganz aufrichtig mittheilen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich geneigtem Andenken empfehle.

Weimar den 18. October 1807.

Goethe.[436]


19/5437.


An Friedrich Heinrich von der Hagen

Ew. Hochwohlgeb.

für das übersendete Exemplar der Nibelungen zu danken, eile ich um so mehr, als ich noch Ihnen und Ihrem Freunde wegen der Lieder ein Schuldner bin. Wie sehr ich dergleichen Arbeiten unserer Vorfahren schätze, brauche ich nicht erst auszusprechen, da ich diese Neigung schon mehrmals durch Nachbildung gezeigt habe. Ja es wäre mir unangenehm, daß ich nicht mehr in diesem Fache gethan, wenn ich nicht eben erlebte, daß jüngere Freunde hier so wacker eingreifen.

Das Lieb der Nibelungen kann sich, nach meiner Einsicht, dem Stoff und Gehalte nach, neben alles hinstellen, was wir poetisch vorzügliches besitzen; wohin ich es bis jetzt mit mir selbst noch nicht einig. Man hatte bisher zu sehr mit den alterthümlichen Eigenheiten zu kämpfen, welche das Gedicht für einen Jeden umhüllen, der es nicht ganz eigen studirt und sich hiezu aller Hülfsmittel bemächtigt. Beydes haben Sie gethan, und uns ist nun die Betrachtung um so viel bequemer gemacht. Indem ich mich nun aufs neue mit dem Gedicht beschäftigte und Ihren Anhang studire, so erwarte ich mich Verlangen die versprochene Einleitung, weil man erst über verschiedene Bedingungen, unter denen das Gedicht entstanden, aufgeklärt[437] werden muß, ehe man darüber noch weiter zu urtheilen wagt.

Alles Übrige, was Sie uns zusagen, und was sich nach der großen Vorarbeit bald hoffen läßt, wird mir sehr erfreulich seyn; so wie die Frage allerdings bedeutend ist, ob aus dieser so reichen epischen Dichtung sich Stoff zur Tragödie heraus heben lasse.

Sollte ich gegen so viel Gutes und Schönes durch Mittheilung irgend etwas wünschenswerthes erwiedern können, so würde es mir sehr angenehm seyn, meine Dankbarkeit auf eine thätige Weise ausdrücken.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und mich geneigtem Andenken empfehle.

Weimar, den 18. October 1807.

Goethe.


19/5438.


An Johann Christian von Mannlich?

In dem Berlinischer Archiv der Zeit, Junius 1797, steht eine Aussicht auf eine Farbenlehre für alle Gewerbe, die ihre Arbeiten mit Farben zieren oder charakterisiren wollen, zur Grundlage einer Färbungslehre für den Maler, von Herrn Matthias Klotz, damaligem Chur Pfalz bayrischen Hofmaler.

Schon zu jener Zeit erregte dieser Aufsatz meine Aufmerksamkeit, welche gegenwärtige abermals auf diesen Künstler gelenkt wird, indem Herr D. Gall in diesen Tagen mir von den fortgesetzten Bemühungen desselben erzählt hat. Ich wünsche deshalb mit Herrn[438] Klotz in einige Verbindung zu gelangen, um so mehr, als ich gegenwärtig an der Redaction meiner Arbeiten in diesem Fache beschäftigt bin, und schon mehr das Vergnügen gehabt habe, mit Künstlerin zusammenzutreffen, denen mein Unternehmen ganz unbekannt war. Da, wie aus jenem Aufsatze erhellt, und ich von Herrn D. Gall abermals vernehme, Herr Klotz aus seinen Ansichten kein Geheimniß macht; so wünsche ich, daß er mir nur kürzlich die Hauptmaximen mittheilte, in welchen sich seine Überzeugung concentrirt. Ich würde dagegen ganz aufrichten die Puncte des Übereinstimmens, oder des Dissenses, heraussetzen und mittheilen. Mein Entwurf einer Farbenlehre ist schon gedruckt, die öffentliche Erscheinung verzögert sich nur, weil ich zugleich den historischen Theil mit herausgeben wollte, um durch eine bequeme Übersicht dessen, was bis auf unsre Tage geschehen, die Sache eingänglicher und nützlicher zu machen. Dabey würde ich unter dem Jahre 1797 Herrn Klotzens, nach dem obenangeführten kleinen Aufsatze, gedenken. Es sollte mir aber viel angenehmer seyn, auch der Fortschritte zu gedenken, die er gewiß seit jener zeit gemacht hat. Wobey es hauptsächlich darauf ankommen wird, ob etwa Herr Klotz selbst, in einer Druckschrift, das Publicum zu belehren gedenkt; wie sich denn manches andre bey einem nähern Verhältnisse aufklären wird.

Weimar den 19. October 1807.

Goethe.[439]


19/5439.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

habe in diesen Tagen zu besuchen gehofft; da ich mich aber hier noch nicht losmachen kann, so sehe ich mich veranlaßt, Dieselben um eine Gefälligkeit schriftlich zu ersuchen.

Der Assessor Leonhard in Hanau, Herausgeber des Mineralogischen Taschenbuchs, wünscht , daß eine Recension des ersten Jahrgangs erscheine, ehe der zweyte ins Publicum tritt. Möchten Sie wohl dem Recensenten, dem es anvertraut ist, eine Erinnerung zugehen lassen, weil das Unternehmen wohl verdient, daß man es befördere. Für diesmal nichts weiter hinzufügen, als die Bitte, mich in geneigtem Andenken zu erhalten

Weimar den 24. October 1807.

Goethe.


19/5440.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

um einige Gefälligkeit zu ersuchen, übersende ich das gegenwärtige Blatt.

1.) Wünscht man gar sehr bey hiesigem Gymnasium eine kleine Mineraliensammlung zum Vortrat dieses Theils der Naturgeschichten Gegenstände aus unsern Dubletten und sonst zusammenlegen und nach Ihren so[440] sehr brauchbaren Tafeln nummeriren wollten; so würde daraus eine sehr nützliche Sammlung entspringen. So ist denn auch nicht allein für die ganze Wissenschaft werth, daß junge Leute schon auf Schulden einen Vorschmack bekommen; sondern der academische Lehrer hat auch den Vortheil, daß bey Zeiten ein Interesse erregt wird, welches die Ankömmlinge alsdann schon mitbringen.

2.) Wünsche ich das Reußische Werk über die Mineralogie und Geologie von Böhmen.

3.) Ersuche ich Ew. W. unter den Gebirgsarten nachzusehen, ob Sie nicht einen Geneuß auffinden, dessen wellenförmige flaserige Textur durch große, mehr oder weniger crystallisirte Feldspatstücke verursacht wird. Ich habe unter meiner ältern Sammlung nur ein einziges gefunden, zwar lange nicht so schön, als das von Carlsbad mitgebrachte, aber doch deutlich genug, Leider weiß ich den Ort nicht, woher es sich schreibt. Entdecken Sie ein Exemplar in dem Museum und der Findort ist bekannt, so bitte mir ihn anzuzeigen.

4.) Wünschte ich, daß Sie Herrn Geheimen Justizrath Reichard mit meiner besten Empfehlung vermeldeten, daß die Wasserbau Geschäfte nicht mehr unter mir stehen, und es mir daher Leid thut, zu seinen Wünschen nicht mehr mitwirken zu können.

Ich hoffe bald von Ihnen zu hören. Noch angenehmer sollte es mir seyn, Sie bald wieder zu sehen.

Weimar den 24. October 1807.

Goethe.[441]


19/5441.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey eine Schellingsche Rede. Da man Gutes genug davon sagen kann, so gedenke ich nächstens eine Anzeige davon zu überschicken, nur wünsche ich, daß eine von Jacobi's Eröffnungsrede voranginge. Ich will die meinige vorbereiten, doch nichts eher absenden, als bis ich jene gelesen habe.

Alles Gute wünschend

Weimar den 27. October 1807.

Goethe.


19/5442.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey den verlangten Reuß, um dessen baldige Rücksendung ich bitte.

Herr von Müller, dessen Brief beyliegt, bitte vielmals von mir zu grüßen. Seine Lage in Berlin hätte nie wieder erfreulich werden können. Ein so zerstückter Körper genes't nicht leicht wieder. In Süden sind doch wenigstens große aus heterogenen Theilen zwar erst zusammengetretene und im ganzen noch ziemlich rohe Massen; doch ist es etwas Neues und Frisches. Mit Klugheit wird er viel Gutes wirken können und was Resignation betrifft, wer muß sich nicht resig-[442] niren? und muß man es nicht? Was das organische Kindheit betrifft, so wollen wir erst seine Geburt abwarten und uns dann nach einem freundlichen Gevatter umsehen.

Zu einer Recension der Jacobischen Rede möchte ich mich nicht gern engagiren; doch will ich sie in diesen Tagen nochmals durchlesen, und meine nähere Entschließung melden. Meine Überzeugung trifft nicht so völlig mit ihr als mir der Schellingschen zusammen.

Herrn Professor Oken empfehlen Sie mich vielmals und entschuldigen Sie mich, wenn ich nicht antworte. Wenn er nach Weimar kommt, so soll es mir angenehm seyn, ihn bey Tische zu sehen. Wollen Sie ersuchen, nur Vormittags bey mir anzusprechen. Könnten Sie ihn begleiten, so wünsche mir angenehm seyn, mich auch wieder einmal mit Ihnen vertraulich zu unterhalten.

Weimar den 31. October 1807.

Goethe.


Ersuchen Sie doch von Müller, mir nur mit ein paar Worten anzuzeigen, in welche Zeit er die Nibelungen setzt, wie wir sie jetzt haben. So viel ich, ohne sonderliches Studium dieses merkwürdigen Gedichtes, einzusehen glaube, ist, daß die Fabel in ihren großen Hauptmotiven ganz nordisch und völlig heidnisch, die Behandlung aber nordisch sey, wie denn auch das Costum schon christlich ist. Herrn von Hagens Arbeiten, welche unser Müller begünstigt, werden uns[443] genugsam darüber aufklären, doch wünschte ich zum voraus von dem Meister einige Winke.[444]


[445] 19/5445.


An Johann Friedrich Cotta

Sie haben, mein werthester Herr Cotta, mich nunmehr mit einer starken Sendung erfreut, wofür ich vielen Dank zu sagen Habe. Die vier Exemplare Velin sind glücklich angekommen, dabey einige sehr lesenswürdige Ihrer VerlagsArtikel. Wer ist doch der Meiners, der Verfasser des Lebens der Erde? Auch wünschte ich, wenn Sie ihn nennen dürfen, den Verfasser von Rom und London kennen zu lernen. Es ist dieses eine sehr glückliche und heitere Manier, die Weltgeschichte zu reassumiren, und besonders im gegenwärtigen Augenblicke sehr dankenswerth, wo man weite Aussichten suchen muß, da uns die heitern versagt sind. Auch das Morgenblatt habe ich erhalten schon bis über die Hälfte Octobers, wofür ich bestens danke und gelegentlich wieder etwas für dasselbe übersende.

Wollten Sie wohl die Gefälligkeit haben, an Herrn Director Mannlich nach München, 147 Gulden Reichsgeld für meine Rechnung auszahlen zu lassen und sie auf meiner Rechnung zu notiren.

Der Band von meinen Schriften, mit dem ich noch im Rest bin, wird auch bald redigirt und in Ihren Händen seyn. Indessen habe ich allerley vorbereitet, daß wir fortfahren können das Publicum zu unterhalten; wovon ich bey unserer nächsten Zusammenkunft das weitere vorzulegen hoffe.

[446] An der Farbenlehre geht es langsam vorwärts. Der Druck wird nächstens wieder angefangen werden. Meine Sommerabwesenheit, freylich sonst nicht unfruchtbar, hat mich aber doch in manchen Dingen sehr aus dem Gleise gebracht.

Ich höre, daß die Wanderung Herrn von Müllers nach Tübingen gewiß ist. Wir haben allerdings den Süden um eine solche Acquisition zu beneiden.

Leben Sie recht wohl und sagen Sie mir bald das Beste von Ihrem Befinden.

Weimar den 1. November 1807.

Goethe.


Ich lege einen Aufsatz aus dem Modejournal bey, und wünsche, daß Sie einen Auszug daraus, oder vielmals eine rhetorische Variation desselben ins Morgenblatt setzen ließen.


19/5446.


An Schmaling

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefälliges Schreiben hat mich an Zeiten erinnert, die vergnüglicher und hoffnungsreicher waren, als die gegenwärtigen. Nach eingezogener Erkundigung ermangle ich nicht, auf Ihre Anfrage zu antworten, wenn ich auch gleich das ganz erwünschte nicht melden kann.

[447] Ein junger Mann, der sich der Jägerey widmen will, thut, nach der Überzeugung der einsichtsvollen Männer in diesem Fache, am besten, wenn er erst auf einem Revier bey einem Förster das Metier lebendig und praktisch kennen lernt; wobey er denn fertig rechnen und schreiben und die Anfangsgründe der Mathematik mitzubringen hätte. Der Aufwand für ein Jahr in diesem Verhältniß würde etwa 200 Thaler seyn.

Nach dieser Vorübung wäre es freylich vortheilhaft, eine Fortschule, etwa die Zillbachische, zu besuchen, welche vor andern den Vorzug hat, daß praktische Anleitung zugleich mit verbunden ist; woselbst der Aufenthalt unter 300 Thaler nicht bestritten werden kann. Ein zweyjähriger Aufenthalt daselbst würde, bey anhaltendem Fleiß und einem zu diesem Geschäft angebornen Naturell, alsdann schon einen ganz tauglichen jungen Mann ausbilden.

Allein hier tritt die leider allgemeine Schwierigkeit einer günstigen und anständigen Versorgung ein. Bey uns hat ein Ausländer wenig oder keine Aussicht, indem die Jägerey mit dem Militär in genauer Verknüpfung steht und die Dienste bey der ersten meistens nur bezüglich und die Dienste bey dem letzten übertragen werden.

Sollten Ew. Wohlgeboren unter diesen Verhältnissen und Umständen Ihren Herrn Sohn in hiesige Gegend senden wollen; so finden sich gegenwärtig[448] ein paar wackre Männer, einer im Ilmenauischen der andre im Eisenachischen, wo er für das erste Jahr gut versorgt wäre. Er würde in dieser Zeit mit dem Personale unserer Jägerey bekannt und nachher in der Zillbach, wenigstens nicht auf fremden Grund und Boden, sich wieder orientiren müssen. Mein freundschaftliches Verhältniß zu den Chefs dieser Departements würde ihm, wenn auch keine ökonomischen Vortheile, doch wenigstens einige andre Agrements verschaffen können.

Der ich mich Ew. Wohlgeboren bestens empfehle und, für geneigtes Andenken und Zutrauen dankbar, die Ehre habe mich zu unterzeichnen.

Weimar den 2. November 1807.


19/5447.


An Christian Gottlob Voigt

Pro Voto.

Das Graumüllersche Gesuch ist wohl nicht zu gewähren. Es steht geschrieben: Niemand kann zweyen Herrn dienen; und eben so wenig kann eine solche Anstalt zwey Directoren oder Disponenten haben. Ich bin sehr zufrieden, daß Dr. Voigt und der Gärtner sich vertragen. Die Einmischung eines Dritten würde sogleich falsche Verhältnisse geben.

Übrigens kann Graumüller seien Zweck sehr bequem erreichen, wenn er sich die sogenannten Lectionen, d.h. Manipulus der jedesmal blühenden Pflanzen[449] wöchentlich gegen ein Gratial abliefern läßt. Die Fälle sind sehr selten, besonders bey uns, daß Blumen blühen, die auf diesem Wege nicht mittheilbar sind.

Ew. Excellenz haben wohl die Güte, ihn auf eine freundliche Weise abschläglich zu bescheiden.

Weimar den 4. November 1807.

G.


19/5448.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Wohlgeboren

übersende mit viel Empfehlungen zwey Hefte von München. Da sich die Herrn dort so frisch dranhalten, so wäre es wirklich recht hübsch, wenn wir in unsrer Zeitung ihrer Arbeiten in einem gewissen Zusammenhange gedächten. Vielleicht übernimmt Johannes Müller die Recension der beyden ersten Sitzungsreden. Über Aretins Arbeit hätte ich wohl auch etwas zu sagen, doch wünschte ich, daß sie erst ein Literator näher ansähe. Ein Recensent muß immer mehr wissen, als der Autor, und das ist hier mein Fall nicht.

Herrn von Müller auch nur eine Stunde zusehen, war mir sehr erfreulich. Leider traf das Resultat unserer Unterredung mit dem überein, was ich neulich schrieb.

Mich bestens empfehlend

Weimar den 4. November 1807.

Goethe.[450]


19/5449.


An Nikolaus Meyer

Heute nur mit wenig Worten vielfachen Dank für die mir zugedachte Gevatterschaft. Möge das liebe aufkeimende Wesen Sie für alles trösten, was hinabsteigt, und Ihnen Muth geben die bösen Tage zu überstehen, in Hoffnung, daß diesen Nachwachsenden manches gute bestimmt sey. Grüßen Sie Ihre liebe Frau vielmals, lassen Sie bald von sich hören. Mir geht es ganz leidlich. Das Carlsbad, freylich mit äußerster Mäßigung und Langsamkeit gebraucht, hat mir vortreffliche Dienste geleistet. Ich bin überzeugt, daß man große Übel der Secretion mit Geduld und Vorsicht, wo nicht heben, doch sehr vermindern kann durch dieses Wasser, und daß ein Arzt, der es recht studirte, Wunder thun würde. Freylich ist es von einer andern Seite sehr gefährlich, wie ich in den Ersten Tagen an mir selbst erfahren habe. Recht wohl zu leben wünschend

Weimar den 4. November 1807.

Goethe.


19/5450.


An Carl Unzelmann

[Concept.]

Durch ein Contract- und Pflichtwidriges Betragen des hiesigen Hofschauspielers Herrn Unzelmann sieht sich Fürstliche Commission veranlaßt, gegen denselben[451] strafend zu verfahren; und zwar, wegen Erscheinung auf auswärtigen Bühne, mit achttägigen HauptwachArrest, und wegen Übertretung des Urlaubs, mit Verkümmerung seiner Gage auf die Zeit der Verzögerung seiner Wiederkunft.

Wie man demselben dieses nun hiermit eröffnet; so hofft man zugleich, daß er durch sein künftiges Betragen und Bemühen den von ihm begangnen großen Fehler wieder gut zu machen suchen werde.

Weimar den 5. November 1807.

Commissio.


19/5451.


An Philipp Otto Runge

Weimar den 5. November 1807.

Vielen Dank, werthester Herr Runge, daß Sie mir einige Nachricht von sich geben wollen. Ich habe mich öfters nach Ihnen erkundigt und nichts bestimmtes erfahren können. Die Deutsche Welt ist jetzt so zerrissen und zerstückelt, daß es Zeit braucht, bis sich selbst die, die sich suchen und zusammen gehören, wieder finden.

Daß Ihre Arbeiten nicht ganz unterbrochen werden können, davon bin ich gewiß und hoffe davon früher oder bin ich gewiß und hoffe davon früher oder später manches Erfreuliche. Ihr Brief, die Farben betreffen, ist schon im Gefolg meines Entwurfs abgedruckt; nur wird es noch einige Zeit dauern, bis das Ganze ausgegeben werden kann. Schreiben Sie[452] mir doch etwas von dem Apparat, auf den Sie sinnen. Es wird mir sehr interessant seyn, welchen Weg Sie auch da zu unserm gemeinsamen Ziele nehmen. Ich mag deswegen nichts voraussagen, damit Sie ganz Ihren eigenen Schritt halten.

Was die angebotene Copie betrifft, so ersucht ich Sie zuerst mir den Preis zu melden. Es ist freylich jetzt wenig Hoffnung, irgendwo ein Kunstwerk unterzubringen. Leben Sie recht wohl und lassen bald wieder von sich hören.


19/5452.


An Charlotte von Stein

Vielmals dancke ich für die freundlichen Worte, sie sind mir sehr erheiternd und aufmunternd. Wenn der Totaleindruck günstig war so macht es mich glücklich, im einzelnen konnt ich nicht zu genau, und eine Intention drängt wohl und werde Dienstags mit Vergnügen wieder aufwarten. Schelling kommt mit. Die Universalmonarchie ist beym Buchbinder.

d. 7. Nov. 1807.

G.[453]


19/5453.


An Carl Cäsar von Leonhard

Jena den 15. November 1807.

Beykommendem wünsche ich eine gute Aufnahme. Vielleicht wag' ich es, das nächste Jahr deutlicher auszusprechen, was mir in Angelegenheiten der unorganischen Regionen das Herz schwer macht und worauf ich bis jetzt nur hindeuten konnte. Ich bin mit Karsten in näheres Verhältniß gekommen und hoffe durch Communication mit einem so höchst unterrichteten Mann viel zu gewinnen. Auch wünschte ich über die Hauptpuncte mit Ihnen erst zu conferiren und Ihre Gedanken zu hören.

Mich bestens empfehlend

G.


19/5454.


An Carl Friedrich von Reinhard

Ihr festtägiger Brief, mein verehrter Freund, hat auch mir einen Festtag hervorgebracht. Ich mag mich gar zu gern durch Sie nach Paris versetzt sehen, das ich wohl in der Wirklichkeit schwerlich betreten werde. Übrigens haben wir alle Ursache unsere innern Familien- und Freundesfeyertage recht fromm zu begehen: denn was die öffentlichen Feyerlichkeiten betrifft, so theilt sich die Welt wirklich in eine Tages- und Nachtseite, und leider befinden wir uns auf der letzten.

Von meinem Befinden, an dem Sie so freundlich[454] Theil nehmen, will ich gleich voraussagen, daß es ganz leidlich ist, daß ich bey einer gleichen Diät mich in einem ziemlich gleichen Zustande erhalte, arbeiten kann und noch mehr thun würde, wenn ich nicht so zerstreut würde durch das Theater, das, als ein Repräsentant der Welt, die Rechte seines Urbildes behauptet, und durch Fremde, deren mehr oder weniger erwünschte Besuche einen lebhaften Reisezirkel durch mein Haus führen.

Das chromatische Geschäft, das mir durch Ihre gütige Theilnahme doppelt interessant wird, habe ich auch wieder angegriffen, aber noch kein Manuscript zum Druck befördert können. Nach der langen Pause, und nach unsern Unterhaltungen, komme ich an die Sache mit einer Frischheit des Blickes, die mich an dem vorgearbeiteten manches aussetzen läßt. Was zunächst zum Druck bestimmt was habe ich wieder umgearbeitet, und die Sache soll gewiß durch diesen neuen Ablauf gewinnen. Doch ist sowohl zum polemischen als zum historischen Theil manches studirt, gefunden und disponirt worden, daß wenn der Faden nur wieder einmal angedrillt ist, die Spule schon rasch wieder fortschnurren soll. Haben Sie tausend Dank für die Verwendung in dieser Sache, und zwar für den doppelt Vortheil, den Sie mir bringen; einmal, daß Sie etwas leisten und vorwärts führen, was ohne Sie nicht geschehen wäre; sodann, daß Sie mir eine Vorstellung, einen[455] Begriff von Zuständen geben, von denen ich wohl eine Ahndung aber keine Anschauung hatte. Da Ihre lebhafte Geschäftsthätigkeit durch jedes Hinderniß eine neue Anregung erhält, so entspringt uns gewiß zuletzt ein Resultat, das uns selbst überrascht. Schon das in einer Sache, die uns selbst beschäftigt, ist höchst bedeutend. Inwiefern Villers sich der Sache annehmen mag, wird sich zeigen, wenn er sich zeigen, wenn er sie näher kennen lernt. Ich meines Theils gestehe gern, daß ich, was die Ausbreitung dieser Lehre und Vorstellungsart in Frankreich und also auch in der übrigen Welt betrifft, nunmehr mein ganzes Vertrauen auf Sie setzte. Sie machen sich mit den Hauptpuncten gegenwärtig so bekannt, daß der polemische und historische Theil Ihnen in wenigen Wochen gleichfalls angehören wird, und daß Sie aus der Revision die bedeutenden Berichtigungen, Erläuterungen und Aufklärungen geschwind ergreifen und ins Ganze verarbeiten werden. Ich scheue mich gar nicht diese Hoffnung zu haben, vielmehr freue ich mich, daß Ihre Thätigkeit in der jetzigen Epoche einen Stoff, den Sie dessen würdig finden, mich selbst so sehr interessirt und uns beyde in lebhafter Verbindung erhält.

Wäre es möglich zu erfahren, was der Straßburger Gelehrte gewollt; es wäre hübsch, wenn man dem auch könnte Gerechtigkeit widerfahren lassen.[456] Denn ganz gewiß hat etwas partiell wahres seine Aufmerksamkeit erregt, das wahrscheinlich durch die Manier solches ans ganze anzuschließen, den Beurtheilern verwerflich vorgekommen ist. Ihrer Vermuthung wegen der couleurs complementaires des Hassenfratz muß ich beypflichten. Schon die Newtonianer erklären das Phänomen auf diesem Wege. Sie nehmen ad hunc actum drey Farben an: Gelb, Blau und Roth; und wenn eine davon das Auge trifft, so kommen die beyden übrigen gelaufen, um die Gesellschaft voll zu machen. Und doch ist auch schon auf diesem Wege die Tendenz nach Totalität ausgesprochen. Ich danke Ihnen zum voraus für alles das, was Sie durch Ihre Connexionen aus den akademischen Registern und Winkeln hervortreiben werden.

Die Connexion mit Archive litteraire ist von Bedeutung. Es steht ein Aufsatz darin über diejenigen, die wir Akyanobleponten nennen. Recht artig ist es, daß er auch auf die Frage getrieben wird, ob sie das Blaue roth, oder das Rothe blau sehen. Er ist von der letzten, eine kurze freundliche Gegenschrift aufsetzen, indem ich das, was ich zur Revision aufgespart hatte, dabey benutzte. Man dürfte nur das Dilemma sehr klar auseinandersetzen; nicht verhehelen auf welche Seite man sich neige; übrigens dem Leser die Freyheit der Wahl lassen und bey der Gelegenheit unser übrigens Farbenwesen durchblicken lassen.

[457] Wie Cuvier die Sache nehmen wird, kann nicht anders als von Bedeutung der organischen Natur nicht ganz günstig ist, und daß er da nur Zufälliges erblicken mag, wo wir Gesetzliches zu sehen glauben. Da nun diese Differenz in der Maxime unendlich ist, so kann man sich auch im Einzelnen, selbst wo man zusammentrifft, nicht vereinigen.

Jener andre Freund, der immer Observations und Expériences fordert, würde wohl schwelich zu überzeugen seyn, daß man den Kopf gerade mit Observations und Expériences zum besten haben kann. Uns so möchte man denn auch immerfort eine stille Schadenfreude nähern, daß die Herren des Continents immer noch vor dem übermeerischen insularen Gespenst eine solche tiefe ängstliche Scheu empfinden. Betrachtet man dieses alles, so wie auch die retardiren Berichte der Commissarien, das Zurücknehmen von Aufsätzen u.s.w. mit einem freyen und weltsinnigen Überblick; so sieht man denn doch in einen der beschränktesten, bedingtesten und wunderlichen Zustände hinein. Daß ich das aus der Ferne kann, dafür sey Ihnen wiederholt von Herzen Lob und Dank gebracht.


Hätte ich mit diesem Blatte nicht gezaudert und es in Weimar gelassen, so käme es früher in Ihre Hände, indem in diesen letzten Tagen die Communication unvermuthet lebhafter geworden. Doch hoffe[458] ich, es soll sich bald eine Gelegenheit finden, und so mögen denn meine besten Grüße und Wünsche zu Ihnen hinübergehen. Ich sitze hier auf den Trümmern von Jena und suche meine eigenen Trümmer zusammen. Ehe ich von polemischen und historischen Abtheilung des Farbenwesens gedruckt zu sehen. Noch einiges andre hoffe ich fertig und bey Seite zu kriegen und mich soviel als möglich einiger Thätigkeit zu freuen. Leben Sie recht wohl, gedenken Sie mein und lassen mich bald wieder etwas hören. Die Berufung unseres Johannes von Müller nach Paris und das Gerücht von seiner Anstellung im Königreiche Westphalen hat viel Sensation gemacht und den guten Deutschen einige Hoffnungen über ihren künftigen Zustand gegeben. Was mich betrifft, so mag ich gern erwarten ohne zu hoffen und bin schon zufrieden wenn ich meinen Tag leidlich und nicht ganz unnütz zubringe. Nochmals meine besten Wünsche aus dem stillsten Winkel Deutschlands in die lebhafte Hauptstadt des Erdbodens.

Jena den 16. November 1807.

Goethe.


19/5455.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Mir ist die höchst schätzenswerthe Vergleichung der Racinischen und Euripideischen Phära und Hippolyt zugekommen. Mögen Ew. Wohlgeboren[459] mir gefällig den Beckischen Euripides auf einige Zeit verschaffen, so würde ich noch tiefer in den Werth dieser Abhandlung eindringen können.

Mich bestens empfehlend

Jena den 18. November 1807.

Goethe.


19/5456.


An Johann Heinrich Meyer

Setzer und Drucker, mein lieber Freund, sind wie hungrige Löwen. Schon ist alles Manuscript aufgespeist und am zweyten Bogen fehlt noch etwas, ohngefähr gedruckte Seiten. Je eher Sie uns also mit der aldobrandinischen Hochzeit versehen, desto besser ist es.

Wegen Heidloff will ich ein kurzes Promemoria an die Gräfin Henkel gelangen lassen.

Der Prinzeß Caroline übergeben Sie ja mit meinem besten Empfehlung sogleich die Kaazische Zeitung. Sie ist werth, von so lieber Hand verdoppelt zu werden.

Haben Sie die Güte, wegen des Monuments besonders Steinern ein wenig zu treiben, daß der Grund herausgeschlagen werde. Er hat Auftrag und Gelb. Leben Sie recht hübsch wohl und thätig. Meine Arbeiten gehen zwar nicht sonderlich, aber doch auf alle Fälle besser als in Weimar.

Jena den 19. November 1807.

G.[460]


19/5457.


An Charlotte von Stein

Aus meiner tiefen Einsamkeit und Stille muß ich doch auch melden, wie es mir geht, besonders da ich etwas interessantes zu überschicken habe. Beykommende Schrift werden Sie mit Vergnügen lesen. Sie ist voller Verstand, Einsicht in die Sache und Kühnheit. Der Verfasser greift die Überwinder des Continents auf ihrer empfindlichsten Seite und in ihrer eignen Manier sehr lebhaft an. Seine Landsleute sind lange schon überzeugt, daß er Recht hat, und es verdient alle Aufmerksamkeit, wie die Franzosen es aufnehmen werden, und was diesen Gründen entgegenzusetzen haben.

Meine Arbeiten gehen ganz sachte fort. An Einigem was ich vorbereite, werden auch Sie, verehrte Freundin, Theil nehmen können. Anders wird auf Hoffnung hin geschrieben und gedruckt. Die Gegenwart stimmt selten und gedruckt. Die Gegenwart stimmt selten zum Gegenwärtigen. Was neben einander existirt, scheint nur zum Streite berufen zu seyn. Für einen Autor ist es daher eine tröstliche Aussicht, daß alle tage neue künftige Leser geboren werden.

Haben Sie doch die Güte mir zu sagen, wie es mit der Hand Durchlaucht der Herzogin geht.

Der Anblick derselben hat mich beunruhigt und aus den Ärzten ist nichts zu bringen. Man weiß niemals, ob sie etwas geheim halten, oder ob sie selbst nicht[461] wissen woran sie sind. Ich bitte mich Durchlaucht vielmals zu empfehlen und die Schlegelsche Schrift mitzutheilen.

So ruhig es mir hier nach meinen Zwecken und wünschen geht, so wünschte ich mich doch manchmal nach Weimar zu versetzen. Besonders sind die Abende hier unendlich lang.

Hofrath Meyer wird Durchlaucht der Prinzeß eine Landschaft übergehen, um eine Copie davon für Ihre Frau Mutter zu machen; es ist wohl eine der interessantesten, die man sehen kann.

Die Arbeit an dem Grabmal geht ununterbrochen fort. Ich hoffe, es soll bald und gut zu Stande kommen.

Mögen Sie wohl beyliegendes an Frau Gräfin von Henckel gelangen lassen und mich empfehlen und entschuldigen.

Behalten Sie mich in einem freundlichen Andenken, bis ich wieder mit meinen Zauberkreisen angezogen komme.

Jena den 19. November 1807.

G.[462]


19/5457a.


An Franz Kirms

Ich billige jede Bedingung, welche Ew. W. dem Stadtrath zugestehen. Zeit und Umstände sind freylich sehr ungünstig.

Jena den 19. November 1807.

G.[105]


19/5458.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ich erbitte mir Schellings akademische Rede.

Jena den 22. November 1807.

Goethe.[462]


19/5459.


An Johann Heinrich Meyer

Ich danke gar sehr für die übersendeten Abdrücke der Gemmen. Sie sind wirklich sehr schön und interessant und der Besitzer deshalb mehr als wegen mancher andern Dinge zu beneiden.

Daß Sie durch Damen, Musen und Dichter abgehalten werden, das alte Colorit zu fördern, müssen wir freylich geschehen lassen. Am zweyten Bogen fehlen noch drey gedruckte Seiten. Wahrscheinlich wird das, was Sie zu sagen haben, noch weiter reichen.

Ich habe hier schon manches gethan; doch gerade das nicht, weshalb ich hergegangen bin. Es wird sich nun aber wohl auch machen. Leben Sie recht wohl, sehen Sie manchmal nach dem Schmettauischen Monument und gedenken mein.

Jena den 27. November 1807.

G.


19/5460.


An Charlotte von Stein

Jena den 1. December 1807.

Für die schöne und reichliche Gabe, die uns, wie Sie mir schreiben, zufließt, sagen Sie doch der Geberin und Vermittlerin den besten Dank. Mich freut es, wenn mehrere Fliegen mir Einer Klappe geschlagen werden, und wenn eine Wohlthat auf mannigfaltige Weise productiv ist. Lassen Sie das Geld und die[463] Sache ruhen, bis ich wiederkomme. Bald habe ich meine hiesigen Tagwerke vollbracht und kann mit heiterem Sinn wieder zurückkehren.

Ich bringe manchen Abend bey Knebel zu; da denn manches gelesen und durchgeschwätzt wird. Im ganzen ist bey einer äußeren höchsten Stille doch im Grunde hier viele Thätigkeit. Gebildete Menschen und die auf Bildung Anderer arbeiten ihr Leben ohne Geräusch zu. Freylich sind die trüben Tage und langen Abende hier fast unüberwindlich.


19/5461.


An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz durch den gewöhnlichen Boten mit einigen kleinen Geschäften zu unterhalten, wird mir zur annehmen Pflicht.

1) habe ich eine kleine Geldsumme, nicht zu verlangen, sondern anzubieten, welches letztere ein seltener Fall ist, und zwar folgendermaßen:

Wir sind bey der Museumscasse den Nschen Erben 750 Rthlr. schuldig. Ich weiß nicht, ob die Aufkündigung vierteljährig oder halbjährig ist. Diese Summe könnte gleich jetzt zurückgezahlt werden. Vielleicht nehmen sie die Creditoren an, da sie das Geld zu fünf Procent anbringen können, und wenn man ihnen auch noch vierteljährige Interessen nachzahlen sollte, so wäre es mir doch lieb, das Geld aus der[464] Casse los zu werden und in Circulation zu bringen, da es überall fehlt. Sie sehen ja ohnehin diese Leute und hätten wohl die Güte, ihnen darüber ein Wort zu sagen. Schriftlich und durch die dritte Hand kommt man nicht zum Zweck.

2)Was wegen des Wasserbaues an mich gelangt ist, wird wohl bis zum nächsten Frühjahr Anstand nehmen müssen, besonders da Goetze von hier weggerufen ist. Er hat vielleicht selbst bey E. E. seinen Jammer vorgestellt, daß er aus seiner hiesigen Existenz herausgerissen, nunmehr bey Buttstedt abermals die Wegebessern soll. Da bey außerordentlichen Fällen man freylich die Tüchtigen von allen Seiten zusammenberufen muß, so ist er, weiß ich wohl, nicht zu dispensiren. Insofern es aber möglich ist, ihn auch außer der Ordnung durch eine Remuneration zu erquicken, bitte gar sehr darum.

Übrigens ist es hier so stille, daß es mir selbst zu still scheint, der ich um der Stille willen herübergekommen bin. Indessen giebt es noch immer hier unbezwingliche thätige und hoffende Naturen, unter welchen mir Lenz das meiste Vergnügen gewährt.

Die sämmtlichen Gebirge Deutschlands kommen nach und nach mit ihren Suiten und Umgebungen dergestalt häufig an, daß man nicht weiß, wo man sie einquartiren soll.

Mich bestens empfehlend

Jena d. 1. Decbr. 1807.

G.[465]


19/5462.


An Johann Heinrich Meyer

Lassen Sie mich auf diesen Botentag, mein werther Freund, nicht ohne Nachricht von Ihnen und schicken, wenn es möglich, einiges Manuscript; damit ich den zweyten Bogen ausgefüllt sehe. Die chromatischen Arbeiten fangen wieder an einigermaßen in Zug zu kommen, und ich würde mich freuen sie nach und nach loszuwerden wenn nicht immer eine neue Mühseligkeit bevorstünde.

Von Rungen habe ich einen recht hübschen Brief. Der gute Mann zerdisputirt sich mit den Newtonianern um ihn her, die ihm nun ein für allemal nach der alten Orthodoxie begreiflich machen wollen, daß jeder Quark weiß sey. Man quält ihn auch mit dem bekannten Schwungrade, und es ist recht hübsch zu sehen, wie er seine Sinne und seinen Menschenverstand zu salviren sucht. Eigentlich kann ich mich aber weder mit ihm noch mit andern erklären. Wenn meine Farbenlehre gedruckt ist, so wird er manches lesen, was ihm frommt.

Schreiben Sie mir doch auch, ob Sie mit den geistlichen Grab- und Höllenwächtern in Ordnung gekommen sind? ob der Grund zum Monument gegraben ist und herausgeschlagen wird? Was haben sie denn verlangt? Wenn es nicht viel ist, so könnte man diese hungrigen Seelen allenfalls erquicken: denn[466] ich behalte noch etwas übrig, das ich aber gern zu anderm Zweck benutzen möchte.

Auf Ihr Prachtgefäß bin ich sehr neugierig und wünsche überhaupt Sie bald wiederzusehen. Wenn ich nur noch einiges abgeschlossen habe; so komme ich hinüber, und dann wollen wir mit gutem Muth dem kürzesten Tag entgegengehen.

Suchen Sie doch von den Gemmen des Fürsten Reuß durch Facius recht schöne Abdrücke zu erhalten, es ist der Mühe werth sie zu besitzen. Leben Sie recht wohl und gedenken Sie mein.

Jena den 1. December 1807.

G.


19/5463.


An Charlotte von Stein

Jena den 4. December 1807.

Sie würden, verehrte Freundinn, nicht schon wieder ein Blatt von mir erhalten, wenn ich nicht beygehendes zu übersenden hätte. Geheimrath Wolf wünscht, daß Beykommendes unserer Durchlauctigsten Herzoginn zu Füßen gelegt werde. Es ist weiter ausgeführt, was er in jener Morgenunterhaltung nur skizzirte. Sehr interessant und für jeden lesbar, der mit alter Geschichte und was dem anhängig ist, sich beschäftigt hat, wenn er auch nicht ins Detail ging.

Wenn ich das Büchlein, die Söhne des Thals, das durch die Gnade Ihro Hoheit sich gegenwärtig[467] in meinem Hause befindet, noch nicht, wie ich leider bekennt muß, studiert habe; so bin ich für diese Unterlassungssünde bestraft, und wenn man will, zugleich belohnt, daß der Verfasser sich gegenwärtig neben mir in Jena aufhält. Ich bin genöthigt, um mich hier der gewöhnlichen Gesellschaftsausdrücke zu bedienen, ihn interessant und sogar liebenswürdig zu finden. Inwiefern ich recht oder Unrecht habe werden meine Freundinnen selbst entscheiden, wenn ich ihn bey meiner Rückkunst mit hinüberbringe. Das beste Lebewohl.

G.[468]


19/5465.


An Johann Heinrich Meyer

Für manches Gute habe ich Ihnen, mein liebster Freund, zu danken, besonders für das letzte Manuscript; wodurch wir um einen gedruckten Bogen reicher geworden sind und doch etwas übrig haben.

Hofrath Eichstädt hat gestern wegen eines Neujahrs-Programms angefragt, freylich etwas spät. Es thäte Noth daß man diesen Herrn ihren eigenen bedankte daß sie sich dienen ließen. Er wird Ihnen schreiben. Möchten Sie bey dieser Gelegenheit auch des Päste-[469] rischen Werkes und Wesens gedenken. Wenn man auch ein Kupfer verlangt, so habe ich den Einfall gehabt, ob man nicht unsern ersten Entwurf zu dem Schmettauischen Grabmal, als zu einem allgemeinen Grabmal der sämmtlichen Helden und des Reiches dazu sollte stechen lassen. Es ist Schade, daß dieser Gedanke sich im Portefeuille verliert. Nur weiß ich nicht recht anzuzeigen, wo die Zeichnung bey mir zu finden ist, und 8 Tage bleibe ich immer noch aus.

Meinen hiesigen Aufenthalt macht mir Werner sehr interessant. Es ist ein sehr genialischer Mann, der einem Neigung abgewinnt, wodurch man denn in seine Productionen, die uns andern erst einigermaßen wiederstehen, nach und nach eingeleitet wird. Übrigens treiben wir allerley wunderliche Dinge und thun wir gewöhnlich was wir sollten.

Leben Sie recht wohl und sagen mir ein Wort.

Jena den 11. December 1807.

G.


19/5466.


An Christian Gottlob Voigt

Das Geldpacket begleite nur mit wenigen Worten. Es wäre schon früher abgegangen, wenn nicht der Rentbeamte für gut geachtet, erst an Steffany nach Weimar wegen der Sorten zu schreiben, der denn für den größeren Theil auf Laubthaler bestanden, welche[470] nicht zu haben sind, wodurch wir denn nicht gefördert worden. Nunmehr kommt eben gewünztes Silber, wie es dalag, mit einer Berechnung wornach, wie man glaubt, der Creditor nichts einbüßt: wir sparen ein Vierteljahr.

Mehr nicht für dießmal, als noch den lebhaften Dank für manche Nachricht, wodurch Ew. Excellenz verhütet, daß ich nicht ganz wie jener Einsiedler werde, von dem man erzählt, daß als ein Jünger nach vielen Jahren zu ihm in die Bergklause gekommen, er gefragt: ob die Leute da unten denn noch wirklich immer auf den Straßen auf und ab gingen, Brod backten, freyten und sich freyen ließen.

Zu Ende der Woche habe ich das Vergnügen aufzuwarten.

Jena den 13. December 1807.

Goethe.


19/5467.


An Anna Elisabeth von Türckheim

Ihr lieber Brief, verehrte Freundinn, kam zu spät, Ihr Herr Sohn schickte mir ihn von Dresden. Er war bey mir gewesen, ohne daß ich's wußte er sey es. Ich verwechselte die beyden Familien, ähnliches Nahmen, und hielt ihn von der andern. Aber auch so, als mir ganz fremd, hat er mir sehr wohlgefallen, das zweytemal kam ein Regenguß gelegen, der ihn[471] lange bey mir festhielt. Ich machte mir Vorwürfe ihn nicht bey Tische behalten zu haben, da es eben an der Zeit war, denn ich empfand eine wahrhafte Neigung zu ihm. Mit Ungeduld erwarte ich den andern Angekündigten schon lange vergeben, ich wünsche bey diesem nachzuholen was ich bey dem ersten versäumte.

Zum Schluß erlauben Sie mir zu sagen; daß es mir unendlich Freude machte, nach so langer Zeit, einige Zeilen wieder von Ihrer lieben Hand zu sehen, die ich tausendmal küsse in Erinnerung jener Tage, die ich unter die glücklichsten meines Lebens zähle. Leben Sie wohl und ruhig nach so vielen äußern Leiden und Prüfungen, die zu uns später gelangt sind und bey denen ich oft Ursache habe an Ihre Standhaftigkeit und ausdauernde Großheit zu denken. Nochmals ein Lebewohl mit der Bitte meiner zu gedenken.

Ihr ewig verbundener

Weimar d. 14. Dec. 1807.

Goethe.


19/5468.


An Johann Heinrich Meyer

Haben Sie die Güte, lieber Freund, dem Prinzen den verlangten Engelskopf mit vielen Empfehlungen zuzustellen. Überhaupt wenn etwas ähnliches in meiner Abwesenheit vorkommt, so entscheiden Sie und handeln nach einiger Überzeugung. Ich komme den Freytag hinüber und so kann die andere Woche das[472] Kupfer angefangen werden. Müller könnte indessen de Platte besorgen. Wenn keine der Art in Weimar ist, so schreiben Sie mir nur Mittwochs und ich bestelle sie gleich bey Pflug. Es ist mir hier sehr wundersam gegangen, besonders hat die Gegenwart des Thalssohnes eine ganz eigne Epoche gemacht. Ich habe mancherley gethan, nur gerade das nicht was ich mir vorgenommen hatte. Leben Sie recht wohl, ich freue mich sehr Sie wiederzusehen.

Jena den 14. December 1807.


19/5469.


An Johann Friedrich Cotta

Sie erhalten, mein werthester Herr Cotta, durch die fahrende Post ein den 8. December abgegangenes Paket, den rückständigen Band meiner Werke enthaltend. Ich habe ihn von Jena abgesendet, wohin ich mich begeben hatte, um manches abzuthun und vorzubereiten.

Es sind indessen auch wieder vier Bogen an der Farbenlehre gedruckt worden und sonst manches in den Gang gekommen.

Mögen Sie mir eine Anweisung auf dreyhundert Thaler schicken, daß ich sie in Leipzig nach dem neuen Jahr erheben könne, so geschieht mir ein Gefalle. Die endlich Abzahlung der Contribution macht eine solche Geldklemme von allen Seiten, daß selbst eine wohl-[473] eingerichtete Haushaltung sich für den Augenblick in einer engen Lage befindet.

Ich wünsche zu hören, daß es Ihnen wohl geht. Von mir kann ich melden, daß ich mich recht leidlich befinde und meine Zeit recht gut gebrauchen kann. Leben Sie recht wohl und geben mir bald von sich einige Nachricht.

Jena den 15. December 1807.

Goethe.


19/5470.


An Carl Friedrich Zelter

Erst konnte ich, mein Bester, von Ihnen nicht genug verlangen, erbat mir dieses bald jenes, ich plagte Sie mit meinen Commissionen, da Sie ohnehin genug zu thun haben; und da nun alles angekommen ist. Gefänge, Preiscourant, Rübschen: so mache ich's wie die erhörten Beter und welche mich ohne weiteren Dank von dem Geber zu den Gaben.

Ich will das nicht entschuldigen, denn zu ein paar Zeilen an einen Freund gäbe es immer Zeit; allein ich bin seit meiner Rückseite aus dem Carlsbad so wunderlich von der Gegenwart geklemmt worden, als wenn ich für jene vier Monate, die ich wie ein abgeschiedener Symnosophist auf ungetrübter Bergeshöhe zugebracht, wieder büßen sollte. Zwar ist mir nichts unangenehmes wiederfahren; doch drängte sich so man-[474] ches Liebes und Unliebes heran, daß meine Kräfte, weder physisch noch moralisch, recht ausreichen wollten.

Endlich dachte ich auch die zweyte Sendung meiner Werke an Sie abgehen zu lassen; sie ist aber bey mir selbst noch nicht angekommen, nicht einmal in vollständigen Aushängebogen, sonst hätte ich die einst weilen geschickt, insofern sie etwas Neues enthalten.

Mein kleines Singechor, das freylich noch kaum über vier Stimmen hinausgeht, bildet sich schon recht hübsch und wirkt auch auf das Theater zu. Kurz vor meiner Abreise ist es durch eine junge weibliche Stimme, die man fast einen Alt nennen könnte, sehr ausgeschmückt worden. Dürfte ich Sie gelegentlich um das Schillersche Punschlied bitten. Es ist davon leider bey mir nur eine Stimme übrig; die andern sind verschleppt.

Werner, der Sohn des Thals, ist seit zwölf Tagen hier bey uns in Jena. Seine Persönlichkeit interessirt uns und gefällt uns. Er liest von seinen gedruckten und ungedruckten Arbeiten vor und so kommen wir über die seltsamen Außenseiten dieser Erscheinung in den Kern hinein, der wohlschmeckend und kräftig ist.

Soviel, mein liebster, für dießmal. Ich packe ein, um wieder nach Weimar zu gehen. Hier ist es mir ganz gut geworden, und was Sie wohl nicht rathen würden, ich bin ins Sonettenmachen hineingekommen. Davon schicke ich Ihnen gelegentlich ein Dutzend, mit der einzigen Bindung, daß sie Niemand sieht und[475] daß keine Abschrift genommen wird. Möchten Sie aber eins davon componiren, so würde es mich recht glücklich machen. Ich mag gar zu gern meine Productionen auf Ihrem Elemente schwimmen sehen. Sagen Sie mir bald wieder etwas, wenn es auch nicht viel ist. Ein Freundeswort ist in diesen trüben und kurzen Tagen doppelt erfreulich.

Geheimerath Wolf hat uns mit einem trefflichen Hefte über das Studium des Alterthums beschenkt, das einen großen Rechthum enthält und an alles erinnert was wir wissen, und uns freundlich andeutet was wir weiter noch wissen und wie wir das alles behandeln sollen. Ein nochmaliges Lebewohl.

Jena den 16. December 1807.

G.


19/5471.


An Friedrich August Wolf

[16. December.]

Wenn Sie, verehrter Freund, selbst Ihrer Arbeit einige Gerechtigkeit widerfahren lassen, wenn Sie sich erinnern, wie sehr wir gerade diese Bemühungen von Ihnen erbeten, wenn Sie sich unsere Zustände und Denkweisen recht vergegenwärtigen; so können Sie sich selbst sagen, wie viel Freude Sie uns durch Ihre Sendung machen. Wir haben das Heft gelesen und wieder gelesen und werden einzelne Seiten desselben zum Text vielfacher Unterhaltungen legen. Ich sage wir, weil wir gerade in Jena uns in Gesellschaft[476] von mehrern theilnehmenden Freunden befinden. Ein beyliegendes Blättchen von Knebel drückt einigermaßen seine dankbaren Gesinnungen aus. Wir stehen alle zusammen mit Staunen und Bewunderung vor der weiten Gegend, von der Sie uns den Vorhang wegziehen; und wünschen sie nach und nach an Ihrer Hand zu durchreisen. Mit einer stolzen Demuth habe ich meinen Namen an einem so ehrenvollen Platze gefunden, und mit herzlicher Freude gedankt, daß Sie mich glauben lassen: ich habe durch meine früheren Anregungen und Zudringlichkeiten ein so verdienstliches Werk mit befördern helfen.

Ich bin schon über vier Wochen in Jena, und da ich hier immer einsam lebte, so finde ich es nicht einsamer als sonst. Ich hatte mir manches zu arbeiten vorgesetzt, daraus nichts geworden ist und manches gethan woran ich nicht gedacht hatte; d.h. also ganz eigentlich das Leben leben.

Werner der Thalsohn ist auch bald vierzehn Tage hier. Seine Persönlichkeit hat uns in seine Schriften eingeführt. Durch seinen Vortrag, seine Erklärung und Erläuterung ist manches ausgeglichen worden, was uns schwarz auf weiß gar schroff entgegenstand. Es ist in jedem Sinne eine merkwürdige Natur und ein schönes Talent. Übrigens läßt sich auch bey diesem Falle sehen, daß der Autor, wenn er einigermaßen vom Geiste begünstigt ist, seine Sachen selbst bringen und reproduciren solle. Er wird in diesem Tagen mit[477] mir zurück nach Weimar gehen. Durch seine Unterhaltungen sind wir auf die angenehmste Weise dem kürzesten Tage näher gekommen.[478]


19/5471a.


An Carl Ludwig von Knebel

[Jena, 18. December 1807.]

Ich sage dir nur noch ein Wort zum Lebe wohl eh ich gehe, und wünsche dich gesund und froh wieder zu finden wenn ich zurückkomme. Jetzt bin ich im Sinnen und Entschließen, womit ich künftiges Jahr anfangen will, man muß sich mit Gewalt an etwas heften. Ich dencke es wird mein alter Roman werden. Versäume es ja nicht von deiner Seite und laß den alten Naturdichter immer walten. Vale.

G.[106]


19/5472.


An Charlotte von Stein

[18. oder 19. December.]

Es thut mir leid daß ich Sie, verehrte Freundinn, kranck antreffe. Bald frage ich selbst an. Für die 300 rh. dancke zum allerbesten, eine Quittung soll folgen. Möchten Sie doch auch die Herrlichkeiten mit ansehen welche durch dieses Zaubermittel hervorgerufen werden. Auf künftigen Mittwoch früh wünschte ich die hohe und liebe Gesellschaft wieder einmal bey mir zu sehen. Werner der sehr gut vorliest sollte sich produciren. Möchten Sie wohl horchen ob es angenehm wäre.


19/5473.


An Carl Wilhelm von Fritsch

Ew. Hochwohlgeboren

bin ich vielen Dank für das Übersendete schuldig. Durch die Aufmerksamkeit und Güte meiner Freunde kommen doch nach und nach disjecti membra poetae wieder zusammen. Zwey Blättchen von den übersendeten habe ich bisher vergebens aufgesucht. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter vielmals. Ich werde ehesten selbst kommen, mich zu bedanken und zugleich[478] bey Ihrem Herrn Vater wegen der Anlage zu entschuldigen, welche ich ihm zu überreichen bitte.

Von Herrn von Hendrich erhalte ich oft, den ich oft Briefe, und so kam auch dieser zu mir, den ich, blos das Siegel betrachtend, aufriß. Da nahm mich's denn schon nicht wenig Wunder, daß Wunder etwas von mir erzählt haben sollte. Als ich aber gar von einem Ausenthalte in Dresden las, sah ich nach der Adresse, ward meinen Irrthum gewahr und schob das Blatt wieder ein. Nochmals also Vergebung. Ihrer Frau Gemahlin mich bestens empfehlend

Weimar, en 23. December 1807.

Goethe.


19/5474.


An Johanna Frommann

Theuerste Freundinn,

Für eine recht hübsche Brieftasche hoffte ich Ihnen zu danken, nun überrascht mich eine sehr schöne, die mir ein außerordentlicher Vergnügen macht. Dank! den besten Dank! saß Sie mich auf ewig vor der Versuchung gerettet haben, meine liebsten Papierschätze, wie Beyreis seinen Diamanten, wie Werner seine Sonette, auf eine wunderliche Weise zu verwahren und zu produciren. Eben diese Sonette voll feuriger himmlischer Liebe sind nun an einen Seite des Portefeuilles eingeschoben, die sich auf diesen Gehalt schon sehr viel einzubilden scheint. Jetzt bleibt uns[479] nichts übrig als an der andern Seite, durch ein zwar irdisches und gegenwärtiges, aber doch auch warmes und treues Wohlmeynen und Lieben eine Art von Gleichgewicht hervorzubringen. In der Mitte mag dann Fremdes Platz finden, heiter gefühlvoll – wie's zutrifft. Sehr angenehm ist mir dieses Zusammensammeln und anreihen, in der Hoffnung bald etwas davon mittheilen zu können. Da es aber sehr ungewiß ist wann ich wieder zu dem Glück gelange, so mache ich einen Versuch dasjenige, was Sie an mir durch Nadeltische gethan haben, durch Lettern und Sylben zu erwiedern. Nehmen Sie die alten Bekannten freundlich auf, ich hoffe das Übrige bald nachsenden zu können.

Wie schmerzlich es war, unsre Erwartung Sie hier zu bewirthen auf einmal getäuscht zu sehen, sollten Sie mitempfinden. Möge doch die Sorge für die liebe Allwine sich immer vermindern mehr zugesichert werden. Gestern Abend, zu August Geburtstag, habe ich Sie sämmtlich hergewünscht, die theatralischen Freunde spielen ein kleines Stück wovon ich die Affiche beylege. Es war sehr artig. Auch von ich die Zettel angebotner Sämereyen. Wir lassen alle Jahre aus dieser Handlung kommen und sind sehr wohl damit zufrieden. Mögen Sie auch etwas bestellen, so verschreibe ich's mit. Hierbey bin ich nicht sie ganz uneigennützig als Sie glauben[480] könnten, diesen Sommer hoffe ich manches davon bey Ihnen zu genießen. Bey Bischoffs ist für mich eingemiethet und ich werde einmal ganz ernsthaft ein Bewohner von Jena seyn. Das Schloß soll hergestellt, das Museum heruntergeschafft, die obere Etage wohnbar eingerichtet werden. Was werde ich nicht alles dabey zu thun haben und mir zu thun machen. Leben Sie recht wohl mit den Lieben Ihrigen. Verzeichen Sie meine Schreibseligkeit, sie überfällt mich noch seltner als die Redseligkeit. Ich schließe und packe ein, in Hoffnung Herrn Frommann Gegenwärtiges mitzugeben. Viel Empfehlungen an das Seebeckische werthe Paar. Unterstützen Sie meine Bitte bey Minchen. Das Packet bringt Herr Frommann.

W. den 26. Dec. 1807.

Goethe.[481]


19/5474a.


An den Herzog Carl August

Seitdem Hofrath Meyer dem hiesigen Zeicheninstitut vorsteht hat er, immerfort wirkend, die Sache auf's ernstlichste durchgedacht und sie ist öfters der Gegenstand unserer Gespräche gewesen.

Das Zutrauen zu dieser Anstalt hat seit einem Jahre sehr überhand genommen, so daß sie jetzt beynahe Vierhundert Schüler zählt. Allein es ist diese Zahl nur scheinbar, indem kaum die Hälfte davon Talent besitzt und Fleiß anwendet. Da es nichts kostet, macht Jedermann den Versuch, ob nicht sein Kind allenfalls etwas lernen möchte; aber wenigern ist Ernst, wenige haben Geschick und gerade die Ungeschickten[106] und Unfleißigen nehmen den Bessern den Platz weg und stören auf mancherley Weise die Aufmerksamkeit. Nun kann man bey einem so liberalen Institut nicht strafen, wie in einer gemeinen Schule, und es ist deswegen unter uns zur Sprache gekommen, ob man nicht lieber nach und nach durch ernstere, unerläßliche, strenge Forderung diejenigen Schüler vertreiben sollte, von denen wenig Hoffnung ist. Da wir aber nichts übereilen wollen und man bey einem immerfortgehenden Institut sehr gemäßigt zu verfahren Ursache hat, so haben wir der Sache bisher nur so zugesehen und den Hauptendzweck möglichst zu erreichen gesucht.

Wegen der Lehrer lassen sich auch besondere Betrachtungen anstellen. Des Hofrath Meyers großes didactisches Talent ist außer allem Zweifel, weil er seine Schüler durch alle Stufen zu beurtheilen, und jedem den augenblicklich nöthigen zu Rath zu geben weiß. Sonst sind die Künstler meist in dem Fall, daß sie wohl etwas machen, aber nicht anweisen können, wie man etwas machen soll. Deswegen die fast incorrigible Unart der Zeichenmeister, daß sie anstatt den Schüler zu unterrichten dasjenige selbst machen, was er machen sollte.

Wir haben von den Krausischen Zeiten her Drey Unterlehrer geerbt (wovon nun Einer gestorben ist) brave gute Leute die nach ihrer Art das Ihrige thun, die aber, da Hofrath Meyer seine Zeit diesen Stunden[107] möglichst widmet, manchmal, um ihren Geschäften nachzugehen, dispensirt werden können.

Daher war unser Wunsch Hornys Stelle nicht wieder besetzt zu sehen. Da wir völlig überzeugend sind, daß, wenn man obigen Gedanken verfolgen, das Institut blos auf wirklich lernende Schüler reduciren wollte, Hofrath Meyer beynahe allein das Ganze versehen und von den beyden gegenwärtig angestellten Männern hinreichend unterstützt werden könnte.

Inwiefern Hose, der übrigens ein geschickter Mann ist, ein didactisches Talent hat, kann ich nicht beurtheilen; doch zweifle ich eher daran, weil auch er blos bey der Technik hergekommen ist. Inwiefern er, da er etwas hypochondrischer und eigner Natur zu seyn scheint, sich den Anordnungen des Directors subordiniren und im Sinn und Geiste desselben das Geschäft treiben werde, läßt sich noch weniger voraussehen. Wer solche Anstalten genau kennt, der weiß daß die Mehrheit der Personen sehr selten Vortheil bringt.

Eins der größten Hindernisse an den Fortschritten selbst wahrhaft geschickter und fleißiger Schüler ist der Mangel an guten Materialien und Werkzeugen. Wir haben uns in einem gedruckten und ausgetheilten Blatt weitläuftig darüber ausgelassen; allein es hat wenig gefruchtet. Die Menschen haben bey dem besten Willen eine gewisse Dinge zu verschaffen, die freylich auch nicht immer ganz nahe liegen. Unser größter Wunsch war daher, uns im[108] Stande zu befinden, die bessere Schüler, welche wirklich Fortschritte machen, durch unentgeltliche Angabe der Werkzeuge und Materialien zu belohnen, welches mit einem geringen Aufstand geschehen Aufwand geschehen kann; und hiezu hofften wir, sollte die vacant gewordne Besoldung des Horny verwendet werden, indem uns selbige zu unserer Casse gnädigst verwilligt würde.

Soviel mit aller Offenheit von der gegenwärtigen Lage unseres Instituts, wie wir dieselbige einsehen. Auch hier tritt der Fall ein, daß man mit wenigen Mitteln und Personen gerade das Rechte thun kann, da man oft über Mittel und Personen den Zweck aus den Augen verliert.

Wollten übrigens Serenissimus Hosen von Eisenach hereinziehn, so ließe sich ihm vielleicht ein von der Zeichenschule abgesondertes Atelier, wie es ja Weißer auch hat, einrichten. Er könnte die bestellten Arbeiten fertigen, junge Leute unterrichten und wenn man ihn näher kennen lernte, oder die Umstände sich änderten, so könnte man ihn immer noch an das Zeicheninstitut heranziehen.

Alles dieses nur zur Aufklärung des gegenwärtigen Zustandes und zur Vorbereitung irgend einer gnädigst zu fassenden Entschließung

Weimar den 31. December 1807.

Goethe.[109]


19/5475.


An Carl Ludwig von Knebel

[December 1807.]

Verzeih mir wenn ich deine Einladung ablehne, ich muß mich gar zu sehr in Acht nehmen und thue immer zuviel in Gesellschafft. Nimmst du Riemer und den Poeten; so giebts eine Conversation in andrem Sinne als wenn ich zugegen wäre. Ich komme einmal Abends wieder allein.

G.[481]


19/5476.


An Christian Gottlob Voigt

Vor einiger Zeit erwähnten Ew. Excell. einer Translocation der Zeichnenschule. Da ich sehr wünschte daß dieser Kelch bey uns vorüber gehen könnte habe ich, da die Sache nicht weiter urgirt worden, auch geschwiegen. Sollte sie aber noch im Wercke seyn; so muß ich inständigst bitten daß eine solche Veränderung nicht in meiner Abwesenheit geschehe. Das Institut wird auf jeden Fall sich dadurch nicht verbessern.

G.

Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 20.
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