1829

[98] 45/90.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

vergönnen, daß ich meinen treusten Wünschen bey der neuen eintretenden Jahresepoche eine kleine Gabe hinzufüge, welche für mich den großen Werth hat: daß sie nichts enthält, als was zu der Zeit entstanden, da ich des Glücksgenoß, Höchst Denenselben anzugehören.

Zugleich sey mir verziehen, wenn ich es als ein gutes Omen betrachte, daß in der Dresdner Kunstverlosung zwar kein bedeutendes, aber doch, wie man mir so eben meldet, gutgedachtes Bildchen auf eine von Höchst Deroselben Nummern gefallen. Möge es nicht unwürdig seyn, in der neuen Wohnung, zu der wir alle Glück wünschen, ein bescheidenes Plätzchen einzunehmen.

Verehrend angehörig.

Weimar den 1. Januar 1829.[98]


45/91.


An den Großherzog Carl Friedrichund die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Durchlauchtigstes Fürsten-Paar.

Ew. Hoheiten vergönnen, daß ich mit den wenigsten Worten, bey der eintretenden neuen Jahresepoche, mich mit so vielen andern Getreuen schuldigst darstelle.

Ich könnte nichts fühlen, denken und wünschen, was Höchst Denenselben nicht schon bekannt wäre. Die Dankbarkeit, die ich empfinde für so viel Gnade und Güte, würde mich oft beschämen, wenn meine Gedanken nicht immerfort dahin gerichtet wären, alle Kräfte, die mir übrig sind, Höchst Ihro Dienste zu widmen, so wie der Inhalt meiner Wünsche nur das Wohl meiner Fürsten und alles Angehörigen seyn und bleiben kann.

Wie ich mich denn, als den Treustgewidmeten, zu fernerer höchster Huld und Gnade empfehlen darf.

Weimar den 1. Januar 1829.


45/92.


An Carl Friedrich Zelter

Sey dir vielmals gedankt, mein Guter, daß du mir durch dein Schreiben Gelegenheit gibst, in leidlicher Stunde etwas Freundliches zu erwidern.

Zuerst will ich also des guten Jungius gedenken und versichern, daß mir das Wenige, was du vom Anfange des 17. Jahrhunderts sagst, schon genügt.[99] Über einige Stellen des Heftes wünsche aufgeklärt zu seyn und werde nächstens deshalb das Weitere vermelden.

Meine Mutter pflegte zu sagen, wenn ihr gar zu viel Freunde über den Hals kamen: Sie lassen mich die Nase nicht putzen. Ich freue mich, daß ich dich in einer ähnlichen Verlegenheit sehe.

Dagegen sagen aber auch die Leute, daß du keine der Gelegenheiten, über die du dich beklagst, zu versäumen pflegest und das ergo bibamus durchaus wissest gelten zu machen.

Ich bin seit vier Wochen und länger nicht aus dem Hause, fast nicht aus der Stube gekommen; meine Wandernden, die zu Ostern bey euch einsprechen werden, wollen ausgestattet seyn. Das Beginnen, das ganze Werk umzuarbeiten, leichtsinnig unternommen, will sich nicht leichtfertig abthun lassen, und so hab ich denn noch vier Wochen zu ächzen, um diesen Alp völlig wegzudrängen, ganz im Gegensatz von deinem Wesen und Thun, da du mit völlig Fertigem und Bereitem retardirt und bey Seite geschoben wirst.

Herr Pascal ist kein fleißiger Leser von Kunst und Alterthum, sonst hätte er seiner liebenswürdigen Sendung, S. 402 des letzten Stücks, freundliche Erwähnung gefunden. Ich halte zwar in meinen Papieren die allermöglichste Ordnung, sonst könnt ich auch nicht einen Tag leben; aber doch fehlt's manchmal in einzelnen Puncten, und ich konnte den Namen jenes[100] höchst freundlichen Gebers, den ich zu nennen wünschte, nicht auffinden. Nur zu spät erinnerte ich mich, daß sein Schreiben unter den Papieren, auf jenen Geburtstag bezüglichen, sorgfältig niedergelegt war. Danke ihm zum schönsten. Des hübschen Töchterchens wirst du dich ohne Aufmunterung annehmen. Hat er keine meiner Medaillen, so schick ich sie dir.

Die großherzogliche gewünschte hab ich selbst nicht in Kupfer gesehen. Ich besitze sie durch des Herren Gunst in Gold. Ich will forschen, ob unter seinem Nachlaß vielleicht broncene vorhanden sind und mir für deinen Freund und mich zugleich ein Exemplar ausbitten.

Herrn Krüger habe ohnmöglich einige Stunden schenken können, ob er es gleich gar wohl verdient hätte; denn durch ein Bild des Prinzen Wilhelm hat er sich bey mir sehr in Credit gesetzt. Niemand begreift aber, was mir die Stunden in einer Folge werth sind, da ich die unterbrochenen für völlig verloren nicht allein, sondern für schädlich und zerstörend achten muß. So sind auch die Fremden, die nicht begreifen, was mir gerade durch eine Unterbrechung geraubt wird.

Und doch ist es mir immer unangenehm, wenn ich weit herkommende Menschen, mich selbst vertheidigend, abweisen muß.

Du hast dich über Gleiches zu beklagen, aber als Musicus mußt du es mit der Welt halten; die Welt[101] hat nichts von mir, als was sie schwarz auf weiß sehen kann.

Wenn ich meine Wandergesellen, redlich ausgestattet, fortgeschickt habe, so mögt ihr leichtsinniges Volk sie aufnehmen, wie ihr könnt; ich aber werde mich alsobald nach der Natur wenden und vor allen Dingen eine französische Übersetzung meiner Metamorphose der Pflanzen, mit einigen Zuthaten, zu befördern suchen. Die paar Monate in Dornburg haben die alten Anschauungen und Betrachtungen wieder auf's anmuthigste angeregt und begünstigt.

Überhaupt muß ich nun versuchen, Tag für Tag, Stunde für Stunde zu seyn, was noch zu leisten ist, um das Gegründete rein aufzurichten und praktisch zu befestigen. Es gibt sehr vorzügliche junge Leute, aber die Hansnarren wollen alle von vornen anfangen und unabhängig, selbstständig, original, eigenmächtig, uneingreifend, gerade vor sich hin, und wie man die Thorheiten alle nennen möchte, wirken und dem Unerreichbaren genug thun. Ich sehe diesem Gange seit 1789 zu und weiß, was hätte geschehen können, wenn irgend einer rein eingegriffen und nicht jeder ein Peculium für sich vorbehalten hätte. Mir ziemt jetzt 1829 über das Vorliegende klar zu werden, es vielleicht auszusprechen; und wenn mir das auch gelingt, wird's doch nichts helfen, denn das Wahre ist einfach und gibt wenig zu thun, das Falsche gibt Gelegenheit, Zeit und Kräfte zu zersplittern.

[102] Das nimm nun also hin, was ich in gewonnener einsamer Stunde für dich dictire, und gib mir Anlaß, auch an einem deiner guten Worte mich wieder zu erbauen.

unwandelbar

Weimar den 2. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/93.


An Justus Christian Loder

Die letzten Tage des Jahres, wo wir des Sonnenlichtes so sehr entbehren, sind mir von jeher ungünstig und drückend; was mir deshalb in solchen Stunden Gutes, Liebes und Erfreuliches zukommt, gewinnt für mich einen doppelten, dreyfachen Werth, sowohl in dem Augenblick, als in der nachherigen Fortwirkung.

Vielleicht erinnern Sie sich, verehrter Mann, noch dieser Idiosynkrasie aus jener Zeit, die weder für mich, noch für die Academie Jena so glücklich und productiv wiedergekommen ist. Gegenwärtig gilt es aber von dem Zustande, in welchem die vorzügliche, unter dem 6. September dieses Jahres angekündigte Sendung mich fand und den sie durchaus verbesserte.

Nur mit wenigem danke in diesem Augenblick zuerst für das Modell der einzigen Goldmasse, welche mehrere Monate her bey mir aufgestellt, jedermann zur Bewunderung ruft, sodann für die anziehende Mineraliensammlung. Ich fand in diesen Tagen noch nicht Raum sie auszupacken, will aber, dem Wunsche[103] des Herrn Rittmeister Küster in Braunschweig gemäß, dieses Blatt nur vorläufig absenden. Welch ein fröhliches neues Jahr wird es mir aber werden, wenn ich die durch den Catalog mir schon gleichsam gegenwärtigen Schätze ausgepackt und geordnet wirklich vor Augen sehe! Es wird mir zu vollständiger Anerkennung und weiterer Mittheilung den schönsten Anlaß geben. Zwar wird mein Dank, mit mehr oder weniger Worten ausgesprochen, immer derselbige bleiben, tief empfunden sowohl für diese Gabe als für alles, was mir in früherer Zeit durch einen so unterrichteten, als thätig geneigten Freund Gutes geworden. Wie ich denn auch überzeugt bin, daß Dieselben, wenn Sie Ihren Lebensgang recapituliren, sich meiner als eines mehrjährigen treuen Begleiters und Wissenschaftsgenossen erinnern werden.

Liebe und Leidenschaft für die Naturkunde ist mit den Jahren nur gewachsen, da gar manches Andere in den Hintergrund zurücktritt, womit man früher seiner Thätigkeit mehr schmeichelt, als daß man sie wahrhaft beschäftigte.

Deshalb kommt auch die bedeutende Sendung so höchst willkommen, weil ich meistens in Weimar, ja zu Hause gehalten werde und daher die Schätze des jenaischen Museums nicht mehr zu Auffrischung und Erweiterung meiner Kenntnisse benutzen kann.

Nur mit den wenigsten Worten berühre noch den großen Verlust, den wir in der Hälfte des vorigen[104] Jahres erlitten, und an welchem Sie wahrhaft theilgenommen, sowie denjenigen gleichbedeutenden, der Sie in der letzten Zeit betroffen, und den wir von Grund aus mit empfinden. Mir persönlich bleibt es immer höchst schmerzhaft, so manche große, herrliche, jüngere Personen vor mir dahin gehen zu sehen, und dabey nichts übrig als fortzuwirken, so lange es Tag ist, und der früher oder später eintretenden Nacht getrost entgegen zu leben.

unwandelbar treu angehörig

Weimar den 2. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/94.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie, mein Theuerster, indem Sie die Mängel ohne weiteres corrigiren, zugleich überlegen und bemerken, ob dieses oder jenes am Orte nicht zulässig sey.

Das Beste wünschend.

Weimar den 3. Januar 1829.

G.


45/95.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

Können Ew. Hochwohlgeboren die Bezahlung inliegender beiden Rechnungen noch aus der alten Casse bewirken, so geschieht mir ein bedeutender Dienst und[105] Gefalle. Wie ich denn die dankbar wieder zu erstattenden 2 Flaschen Madeira in Ihrem Andenken und mit den besten Wünschen nach und nach zu genießen gedenke. In Hoffnung baldiger mündlichen Unterhaltung.

Weimar den 6. Januar 1829.


45/96.


An Carl Friedrich Zelter

Canzonetta nuova

sopra la Madonna, quando si portò in Egitto col

bambino Gesù e san Giuseppe.


Zingarella.

Dio ti salvi, bella Signora,

E ti dia buona ventura!

Benvenuto, vecchiarello,

Con questo bambino bello!


Madonna.

Ben trovata, sorella mia!

La sua grazia Dio ti dia;

Ti perdoni i tuoi peccati

L'infinita sua bontade.


Zingarella.

Siete stanchi e meschini,

Credo, poveri pellegrini,

Che cercate d'alloggiare.

Vuoi, Signora, scavalcare?[106]


Madonna.

Voi, che siete, sorella mia,

Tutta piena di cortesia,

Dio vi renda la carità

Per l'infinita sua bontá.


Zingarella.

So' una donna zingarella;

Benchè sono poverella,

Ti offerisco la casa mia,

Benchè non è cosa per tia.


Madonna.

Sia per me Dio lodato,

E da tutti ringraziato!

Sorella, le vostre parole

Mi consolano il mio cuore.


Zingarella.

Or scavalca, Signora mia;

Hai una faccia d'una Dia,

Ch'io terrò la creatura,

Che sto core m'innamora.


Madonna.

Noi veniam da Nazaretto;

Siamo senza alcun ricetto,

Arrivati alla strania,

Stanchi e lassi dalla via.


Zingarella.

Aggio qua una stallella

Buona per sta somarella;

[107] Paglia e fieno ce ne getto,

Vi è per tutti lo ricetto.


Se non è come meritate,

Signoruccia, perdonate;

Come posso io meschina

Ricettare una regina?


E tu, vecchiarello, siedi,

Sei venuto sempre a piedi;

Avete fatto, oh bella figlia,

Da trecento e tante miglia.


Oh ch'è bello sto figliarello,

Che par fatto col penello!

Non ci so dare assomiglio;

Bella madre e bello figlio.


Hai presenza di regina;

Lo mio core l'indovina,

Questo figlio è il tuo sposo:

Troppo è bello e grazioso.


Se ti piace, oh mia Signora,

T'indovino la ventura.

Noi, Signora, cosi sino

Facciam sempre l'indovino.


Nun fährt die Zigeunerin fort, der Mutter Gottes bescheidentlich vorzuerzählen, was seit der Verkündigung sich ereignet, und was von nun an sich ereignen werde. Das alles in so anmuthigen Reimen, wie man es nur von einer Legende wünschen kann. Und so singen[108] italiänische Kinder und Frauen auf das behaglichste eine kunstlose Harmonie der vier Evangelisten und befestigen den christlichen Glauben in ihren Gemüthern.

Wer sich des Gesprächs Christi mit der Samariterin, das ich vor vielen Jahren herausgegeben, mit Wohlgefallen erinnert, der wird an diesem Parallel-Gedichte nicht weniger Freude haben.

Wünsche davon einige Unterhaltung, so wie von dem Beygelegten, bis ich mich aus dem augenblicklichen drangvollen Zustand erhole und freundliche Zuschriften mit einigermaßen gehaltvollen Worten erwidern kann.

treu eiligst

Weimar den 6. Januar 1829.

G.


[Beilage.]

Über die Aufführung des Faust

im Théâtre de la porte S. Martin zu Paris,

den 8. November 1828.


»Es ist der Goethische Faust, es ist Gretchen, es ist Mephistopheles, Martha, aber travestirt, materialisirt, auf Erde und Hölle beschränkt, alles Geistige verwischt. Es sind – aber kraus durcheinander geworfen – alle Scenen des Originals, der Gang im Garten, der feurige Wein, aber in einer Bauernschenke, der Kerker, die Hexen-Scene, selbst der Blocksberg. Gretchens Kommen, Mephistopheles' Lache sind treu nach den Retzschischen Zeichnungen. Dieser hat die Lache beybehalten, aber es ist wilde Hohnlache, im übrigen ein katholischer[109] Teufel. Faustens Vertrag wird rechtskräftig bey'm ersten Verbrechen. Gretchen ist keine Kindermörderin, aber sie vergiftet die Mutter durch einen Schlaftrunk, den ihr Faust zum sichern Rendez-vous reicht, und wo der Teufel die Dose verstärkt. Dafür wird sie gefoltert, und von der Folter zurückgebracht, sieht man sie mit Entsetzen auf ihrem Stroh sich krümmen, an den Fesseln zerren, von Schmerz wahnsinnig auf die gezwickten Stellen deuten. Martha hat sich verkleidet, kommt sie zu retten; Faust tritt ein, verkennt sie und sticht sie nieder. So verstreicht die Frist; Grethchen kann und will nicht, und der Henker kommt sie abzuholen. Draußen hat man schon vorher das Blutgerüst und die Menge gesehen, die auf sie warten. Kaum ist sie hinaus, so steigt eine Wolke nieder und wieder empor, und man erblickt oben das Paradies in bengalischem Feuer und Gretchen, die vor der Jungfrau kniet, unter den Göttern, und Faust zwischen den Teufeln und Flammen in bekannter Manier. Dafür mehr als zwanzig Decorationen, viele brillant und überraschend. Die Gazette und Quotidienne haben Ärgerniß genommen; selbst noch in dieser vierten Vorstellung vernahm ich einige fromme Siflets. Im übrigen wird das Stück sich bezahlt machen; für den Haufen fehlt es nicht an Interesse; für mich lag es im Contrast.

Wie Gretchen vor dem Marienbild kniet, steigt der Teufel aus der Erde auf einem ungeheuren Piedestal,[110] aus Ungeheuern und Schlangen erbaut, und donnert ihr von dieser Höhe herab seine Flüche zu.

So theatralisirt man hier zu Lande den bösen Geist, der in's Ohr flüstert! Noch muß ich eines Walzers gedenken zwischen Mephistopheles und Martha, der wirklich genialisch ist. Der Teufel hat sie inne wie der Magnetiseur die Magnetisirte; mit entsetzlicher Gewalt folgt sie seinen Gesten im schnellwechselnden Ausdruck bald der sinnlichsten hingebendsten Wollust, bald des furchtbarsten Schreckens und der schmerzlichsten Pein.«


45/97.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit mir in Beantwortung einer Frage beyräthig zu seyn, die man mir in diesen Tagen vorgelegt.

Auf der Rückseite der goldnen Verdienst-Medaille des höchstseligen Herrn stehen, wie Sie wissen, die Worte: Doctarum frontium praemia; nun wünschte man einen und den andern Vorschlag zu einer Inschrift, die in's Weitere, Allgemeinere deutete. Wir hatten früher auf einer Preismedaille für die Zeichenschule die Inschrift: Fähigen und Fleißigen; in dem gegenwärtigen Falle, wo die Worte sich auf Ältere, Verdiente beziehen sollen, müßte man an etwas Ernsteres denken, als wenn man sagte:[111]


Treuen Geprüften,

Thätigen Geprüften,

Thätigen Ausdauernden,

Treuen Verdienten,

denn um diese Begriffe dreht sich das Ganze herum.

Hiezu wünschte man ein paar lateinische Worte, wo möglich aus irgend einem antiken Verse. Geht Ihnen dergleichen bey, so haben Sie die Güte mir solches mitzutheilen, ich werde es dankbar anerkennen.

Die Niederländer haben ein Ordens-Motto: Felix meritis, welches kaum schöner dürfte gefunden werden; vielleicht führt es uns auf einen guten Gedanken.

Bey dieser Gelegenheit vermelde vorläufig: daß ein geistreicher Freund und Kenner, in allem Ernste, den Pomponius Mela verdächtig macht; ist Ihnen etwa schon früher bekannt, daß man an der Echtheit dieses Autors gezweifelt habe?

Soviel für dießmal. Möge im neuen Jahr Ihnen alles wohlgelingen.

ergebenst

Weimar den 7. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/98.


An Carl Friedrich Zelter

Schon längst wollt ich deinen Hasse wieder zurückschicken; auch weiß ich nicht, ob ich von beyliegenden Analecten schon einige Exemplare zugesendet[112] habe; auf alle Fälle findest du Liebhaber zu den beykommenden.

Eigentlich aber erscheint Beykommendes als Hülle der kleinen wohlgerathenen Medaille, wovon ich mir ein Exemplar zu verschaffen gewußt. Möge dir ein freundlich Gesicht von dem Sammler dafür werden.

Das alte Jahr hat mir noch viele unselige Pflichten hinterlassen; ich darf nicht dran deuten, wie ich im neuen zurecht kommen will. Und so bleibt es mit mir wie immer; dir wird es auch nicht besser gehen.

Somit aber zum schönsten gegrüßt in Hoffnung, entweder öffentlich oder in's bald etwas Angenehmes mitzutheilen.

Hierbey ein Gedichtchen eigner Art, das einen entschiedenen Zustand klar und bestimmt genug darstellt.

Die besten Wünsche.

treulichst

Weimar den 8. Januar 1829.

G.


45/99.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

haben vollkommen Recht; jene Worte: Ein Roman von Goethe sind hier überflüssig und wegzustreichen.

Ich ergreife diese Gelegenheit, gleichfalls zu vermelden, daß Sonntags den 11. d. M. auch der 2. Band[113] mit der fahrenden Post abgehen wird. An dem Abschluß soll es zunächst auch nicht fehlen.

Der ich mit wiederholten Wünschen zum Anfang der neuen Jahresepoche mich und die bedeutende Angelegenheit zu fernerer thätigen Aufmerksamkeit bestens empfehle.

ergebenst

Weimar den 9. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/100.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Die Freude, welche mir Ihr letzter Brief gebracht, verehrter geliebter Freund, möcht ich gern so frisch als möglich wieder zu Ihnen hinüberklingen lassen; darum Folgendes eilig ohne Vorbereitung, wie es mir in den Sinn kommt.

Ich habe Sie nie aus den Gedanken, wenn auch schon einige Zeit aus den Augen verloren, war aber immer dabey überzeugt, daß Sie sich derweilen sowohl selbst als auch zugleich andern manches zu Liebe thun würden. Sie setzen mich nunmehr von Ihrer Thätigkeit in Kenntniß; nehmen Sie dafür meinen besten Dank. Die kritische Zwietracht, die Sie erregen werden, muß uns allen willkommen seyn. Ich ehre und liebe das Positive und ruhe selbst darauf, insofern es nämlich von Uralters her sich immer mehr bethätigt[114] und uns zum wahrhaften Grunde des Lebens und Wirkens dienen mag. Dagegen freut mich nicht etwa die Zweifelsucht, sondern ein directer Angriff auf eine usurpirte Autorität. Diese mag Jahrhunderte gelten, denn sie schadet einem düstern dummen Volk nicht, das ohne sie noch übler wäre dran gewesen; aber zuletzt, wenn das Wahre nothwendig wird, um uns das entschieden Nutzende zu verleihen, da mag rechts und links fallen, was da will, ich werde mich darüber nicht entsetzen, sondern nur auf's genauste aufmerken, welche Aussicht ich gewinne, wenn das alte Gehege zusammenstürzt. Manches der Art ist mir in meinem langen Leben schon geworden.

Glück und Heil also zu Ihrem Unternehmen!

Den Pomponius Mela muß ich Ihnen ganz überlassen; ich habe ihn auf meinem Lebenswege niemals berührt. Vom Vitruv kann ich sagen und habe es immer gesagt: daß mir öftere Versuche, durch ihn mich der ältern Architektur zu nähern, jedesmal mißlungen sind. Ich konnte nie in das Buch hineinkommen, noch mir daraus etwas zueignen; davon gab ich mir die Schuld. Und, genau besehen, führte mich mein Weg eigentlich an der römischen Architektur nur vorbey gegen die griechische, die ich denn freylich in einem ganz andern Sinne zu besuchen und zuletzt immer wie eine fremde erhabene Feenwelt zu betrachten hatte.

Das von Ihren Untersuchungen zu Erwartende ist positiv, worauf Sie Ihre Gerechtsame, das bisher[115] Geglaubte, Gewähnte zu bestreiten, kühnlich in den Grund legen; erklären Sie nur den Krieg je eher je lieber, damit ich, für mein übriges Leben höchst Friedliebender, doch auch noch einigen Erfolg des Streitens und des Gelingens zu genießen habe.

Ich selbst werde noch einige Zeit in der Mühsamkeit gehalten, die eine Redaction jeder Art, wenn man abschließen soll, mit sich führt; mögen die Wanderjahre, in der neuen Form, wie sie Ostern erscheinen werden, auch Ihnen irgend eine gute Stunde bereiten. Zu diesem Unternehmen aus innerer Nothwendigkeit, aus äußerer Veranlassung, aus Überzeugung und Grille getrieben, mußte mein Bestes thun, was ich vielleicht besser hätte anwenden können.

Indeß gereicht es mir zur angenehmsten Empfindung, daß die Novelle freundlich aufgenommen wird; man fühlt es ihr an, daß sie sich vom tiefsten Grunde meines Wesens losgelöst hat. Die Conception ist über dreyßig Jahre alt; es müssen sich Spuren davon in der Correspondenz finden.

Und eben diese Correspondenz würdigen Sie vollkommen richtig; man könnte sagen, ich sey sehr naiv dergleichen drucken zu lassen; aber ich hielt gerade den jetzigen Zeitpunct für den eigentlichen, jene Epoche wieder vorzuführen, da, wo Sie, mein verehrter Freund, und so manche andere treffliche Menschen jung waren und strebten und sich zu bilden suchten, da wo wir Älteren aufstrebten, uns auch zu bilden[116] suchten und uns mitunter ungeschickt genug benahmen; solchen damals Gleichzeitigen kommt es eigentlich zu Gute, d.h. zu Heiterkeit und Behagen. Denn was kann heiterer seyn, daß es beynahe komisch wird, die Briefe mit der pomposen Ankündigung der Horen anfangen zu sehen und gleich darauf Redaction und Theilnehmer ängstlich um Manuscript verlegen.

Das ist wirklich lustig anzuschauen, und doch, wäre damals der Trieb und Drang nicht gewesen, den Augenblick auf's Papier zu bringen, so sähe in der deutschen Literatur alles anders aus. Schillers Geist mußte sich manifestiren; ich endigte eben die Lehrjahre, und mein ganzer Sinn ging wieder nach Italien zurück. Behüte Gott! daß jemand sich den Zustand der damaligen deutschen Literatur, deren Verdienste ich nicht verkennen will, sich wieder vergegenwärtige; thut es aber ein gewandter Geist, so wird er mir nicht verdenken, daß ich hier kein Heil suchte; ich hatte in meinen letzten Bänden bey Göschen das Möglichste gethan, z.B. in meinen Tasso des Herzensblutes vielleicht mehr, als billig ist, transfundirt, und doch meldete mir dieser wackere Verleger, dessen Wort ich in Ehren halten muß: daß diese Ausgabe keinen sonderlichen Abgang habe.

Mit Wilhelm Meister ging es mir noch schlimmer. Die Puppen waren den Gebildeten zu gering, die Comödianten den Gentleman zu schlechte Gesellschaft, die Mädchen zu lose; hauptsächlich aber[117] hieß es, es sey kein Werther. Und ich weiß wirklich nicht, was ohne die Schillersche Anregung aus mir geworden wäre. Der Briefwechsel gibt davon merkwürdiges Zeugniß. Meyer war schon wieder nach Italien gegangen, und meine Absicht war, ihm 1797 zu folgen. Aber die Freundschaft zu Schillern, die Theilnahme an seinem Dichten, Trachten und Unternehmen hielt mich, oder ließ mich vielmehr freudiger zurückkehren, als ich, bis in die Schweiz gelangt, das Kriegsgetümmel über den Alpen näher gewahr wurde. Hätt es ihm nicht an Manuscript zu den Horen und Musenalmanachen gefehlt, ich hätte die Unterhaltungen der Ausgewanderten nicht geschrieben, den Cellini nicht übersetzt, ich hätte die sämmtlichen Balladen und Lieder, wie sie die Musenalmanache geben, nicht verfaßt, die Elegien wären, wenigstens damals, nicht gedruckt worden, die Xenien hätten nicht gesummt, und im Allgemeinen wie im Besondern wäre gar manches anders geblieben. Die sechs Bändchen Briefe lassen hievon gar vieles durchblicken.

Indem Sie diesen Brief erhalten und lesen, so denken Sie sich, daß Ihr liebes Blatt auf einmal mir das Bedürfniß erregte, mich wieder mit Ihnen zu unterhalten. Ein stiller Abend gab die Gelegenheit, und so nehmen Sie freundlich, was ich eilig gebe. Gedenken Sie mein zu jeder guten Stunde, und lassen mich wo möglich von Ihren Hauptargumenten[118] in dem wichtigen, so weit schon vorbereiteten Streite das Nöthigste wissen.

Hier aber will ich schließen, damit die nächste Post meinen Dank für Ihr liebwerthes Schreiben überbringe und den Wunsch künftig kürzerer Pausen andringlich ausspreche.

unwandelbar

Weimar den 10. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/101.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie beykommendes Mundum bis auf den Dienstag nochmals durchsehen; das Concept ist schon von Ihnen beachtet worden. Zugleich bitte das liebe Frauchen zu versichern, daß ich heute zu Mittag bey dem Vorgenusse des Frühlings ihre Gesundheit trinken werde.

Weimar den 11. Januar 1829.

G.


45/102.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Anstatt ein langes Verzeichniß aller Hindernisse zu geben, die sich einem schriftlichen Besuch bey meinen theuren Freunden in den Weg stellen, versichere lieber, daß ich, wie früher den Mond, eben so auch die Sterne, nicht weniger die Sonne zum Zeugen anrufen könnte, daß meine Gedanken immer dort sind, wohin sie lange gewidmet waren.

[119] Das vor einiger Zeit angelangte niedliche Kästchen mit anmuthigem Inhalt machte mir viel Freude, doch wüßte ich die angedeuteten Pfeile nicht anders zu versenden als eben auch dahin, wohin schon viele gerichtet wurden, immer mit ganz entschiedener Etiquette.

Der leichte Schleyer kam auch gar sehr gelegen, denn ich konnte ihn alsogleich einem artigen Wesen umhängen, dessen zierlich-grilliger Lebenswandel einem beweglichen Kampf zwischen Paradies-Vögeln und Schmetterlingen gleich sieht. Da denn diese allegorische Gabe die anmuthigsten Scherze veranlaßt.

Was ich aber eigentlich zuerst von meinen weitgereisten Freunden erbitten wollte, war eine folgerechte Reiseroute mit beygefügten Datums. Erhielt ich diese, so würde ich mir die Freyheit nehmen, nach einzelnen Stationen und deren landschaftlichen Umgebungen, nach diesen und jenen Puncten, vielleicht nach der Witterung zu fragen, und dagegen treufreundlich vermelden, unter welchen Umständen, zu dieser oder jener Zeit, ich auch dorthin zu denken oder zu empfinden veranlaßt worden.

Der theure Freund erregt in seiner Nachschrift die allerliebsten Reiseträume und schließt sie mit einer wohlgesinnten Anfrage: was wohl nächsten Sommer meine Plane seyn möchten? Darauf habe ich freylich zu erwidern: Plane darf ich nicht mehr machen, sondern habe von Augenblick zu Augenblick, mit der größten Besonnenheit, zu beachten, was von außen[120] oder innen geboren wird. Die Ausgabe meiner Werke, die ich gewissenhaft behandle, legt mir eine schwere Pflicht auf; hiezu habe ich die Zeit, die mir vergönnt ist, sorgfältigst anzuwenden. Wahrscheinlich, wenigstens nach meinem Wunsche, bring ich einen Theil der Sommermonate wieder auf dem Land in der Nähe zu, wenn ich nicht zufällig nach außen gelockt werden sollte. Doch gebieten mir in meinen Jahren andere Winke, und das Willkürliche wird immer mehr von der Nothwendigen verdrängt.

Mögen, unter allen Umständen, meine Freunde mir gleich gesinnt bleiben, wie sie an mir und meiner Treue gewiß nicht zweifeln werden.

In diesen Stunden kamen denn die Süßigkeiten für die guten Enkel wohlgepackt und glücklich an; auch ist schon eine etwas lebhaftere Wahlverwandtschaft der guten Knaben gegen den stillen Großvater merklich; die Pfeffernüsse haben diese zarten Gefühle eingeleitet, die Brenten werden sie verstärken.

Doch wie die Blume nicht verdrießlich seyn darf, daß dem Schmetterling und der Biene bey dem Hof, den sie ihr machen, eigentlich nur um die Süßigkeit Ernst ist, die sie verheimlicht, so darf ich ja wohl auch der freundlichsten Gesichter genießen, welche diesen schön geformten und wohlschmeckenden Freundesgaben zunächst gemeynt sind. Vielmehr hab ich schönstens zu danken, daß mir in diesen trüben und noch immer allzu kurzen Tagen eine solche Anmuth gegönnt worden.[121] Tausend Grüße daher und alles Gute mit wiederholter Bitte vorerst um die einfache Reiseroute.

unwandelbar

Weimar den 12. Januar 1829.

Goethe.


45/103.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn M. A. Lehmann et. Comp. L. A. Nr. 19 in Frankfurt a/M. die Summe von 45 Gulden rheinisch gegen alsbaldige Erstattung gefällig auszahlen zu lassen.

Weimar den 12. Januar 1829.


45/104.


An Dorothea von Chassepot,geb. von Knabenau

[Concept.]

[Weimar 13. Januar 1829.]

Erst mir den neuen Abenden des Jahres 1829 gewinn ich einigen Raum, meiner unvergeßlichen liebenswürdigen Freundin wenn auch nur wenige Worte zu sagen und zu versichern, daß ich seit dem Empfang Ihres liebwerthen Briefes, im stillen Zusammenhange, immer an Sie gedacht habe. Gewiß nehm ich den aufrichtigsten Antheil an Ihrem Glück, wie Sie es schildern. Denn eben in meinen hohen Jahren gereicht es mir zur Erquickung, die Guten und Werthen, die[122] mir im Laufe des Lebens begegneten, in erwünschtem Zustand zu wissen, welcher der Anlage nach dauernd und, menschlicher Weise, sicher scheint.

Sie haben mir in dem Augenblick eines großen Verlustes, der eine kaum erträgliche Entbehrung und fortdauernde Schmerzen zur Folge hat, ein freundliches theilnehmendes Wort zugesprochen, weshalb Ihnen denn mein später Dank gleichfalls angenehm seyn möge! Sodann lassen Sie mich vertraulich gestehen, daß das Glück, mit so hohen Personen im Leben nah verbunden zu seyn, mir sodann auch wieder zu größerm Unheil gereicht, indem, was mich sonst als Volks- und Welt-Geschick nur vorübergehend berühren, auf meine nächsten Zustände jedoch kaum einen Einfluß haben würde, mich nunmehr, als einen in solche Verhältnisse Verflochtenen, zu unmittelbarer Theilnahme fordert und verhältnißmäßig unglücklich macht. Sie, meine Beste, werden dieß am ersten mitempfinden, da Sie solche Zustände gleichfalls getheilt und daran nicht wenig gelitten haben. Der Tod der Kaiserin Mutter mit seinen Folgen liegt nun auch schwer auf mir, mit empfindend, was unsre Frau Großfürstin schmerzlich entbehrt.

Nach diesen traurigsten Betrachtungen wird es bis zum Komischen heiter, wenn ich mich zu dem ferneren Inhalt Ihres Briefes wende. Können Sie Ihrem reisenden Freunde eine Mystification verzeihen, wie er sich erlaubt hat, so muß ich mir es ja wohl auch gefallen lassen. Ob der gute Mann in Weimar gewesen,[123] ist mir nicht bekannt geworden; bey mir war er nicht, wie sogar seine nicht glücklich erfundene Relation bey'm ersten Anblick argwohnen läßt. Denn vorerst habe ich lange genug in der Welt gelebt, um zu lernen, daß man sich vor einem Weltfremden nicht triste und abbatu zeigen müsse. Was die Worte sind, die mir der unselige Dramatiker in den Mund legt, so werden sie von solcher Art gefunden, daß Menschenkenntniß und Geschmack meiner lieben Freundin nothwendig daran alsobald zweifeln mußte. Genug der Ehrenmann hat sich durch diesen Scherz an Ihnen und an mir versündigt, er sey nur ganz Ihrer Gnade und Ungnade überlassen.

Es gehört wirklich viel Gutmüthigkeit dazu, nach so vielen Jahren noch Fremde zu sehen, nachdem man sich immer gewärtigen muß, beobachtet, bespionirt, ausgeforscht und zuletzt doch mißverstanden zu werden. Dieses Unheil alles abgezogen bleibt denn doch noch mancher Gewinn übrig, und ich kann nicht über mich gewinnen, wenn ich mich irgend in einem präsentablen Zustand befinde, Angemeldete von nah oder fern abzuweisen. Man müßte ja, wenn man reiste, auch mit so mancherlei Unbekannten verhandeln, warum sollt ich mir die Mühe nicht auf meinem Zimmer geben? Besonders in der Herbstreisezeit ist es höchst unterhaltend, Physiognomien, Darstellung, Rede, Betragen der allerverschiedensten Art in wenigen Stunden bey sich vorüber gehen zu sehen.[124]


45/105.


An Johann Martin Lappenberg

[Weimar 14. Januar 1829.]

Ew. Wohlgeboren

konnten freylich nicht denken, daß Ihre würdige, auf die Ursprünge der Hamburger sich beziehende Arbeit mich mitten in der Betrachtung früherer Zeiten dieser großen und seit so vielen Jahren höchst bedeutenden Stadt antreffen würde.

Diese räthselhaften Worte eiligst aufzuklären habe zu vermelden, daß die Naturforscher seit einiger Zeit auf die Verdienste des Joachim Jungius, welcher, nachdem er das Amt eines Rectors und Professors in Hamburg gegen dreyßig Jahre geführt, 1657 mit Tode abgegangen, besonders aufmerksam geworden.

Ich war so glücklich, die sämmtlichen seltenen Schriften dieses trefflichen Mannes in unseren Bibliotheken anzutreffen, eben als vorigen Sommer ein ländlicher Aufenthalt mir die Muße gab, mich auf dergleichen Studien zu concentriren, und zwar in dem Grade, daß es mir gelang, über dessen Leben, Thätigkeit und daher entsprungene Schriften einen Aufsatz wenigstens zu entwerfen, welchen, näher durchgedacht, mit verwandten Heften ich gelegentlich heraus zugeben gedenke.

Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, eine für die Naturwissenschaften höchst wichtige Epoche, mußte ich mir bey dieser Gelegenheit vergegenwärtigen, um[125] zu gewahren, wie sich ein tüchtiger Mann als Zeitgenosse Bacos von Verulam, Descartes', Galilei's und anderer Heroen jener Tage benommen und sich doch wieder auf seinem Lebens-, Studien- und Lehrgange unabhängig und originell gehalten habe.

Zu gleicher Zeit mußte bemerklich werden, auf welchen Grad die Schulanstalten sich schon damals in Hamburg gesteigert hatten, da neben einem dergleichen Manne von solchen Kenntnissen und Lehrmethoden eine Anzahl tüchtiger Collegen und bestrebsamer Schüler nothwendig zu denken sind.

Ein gleich würdiger Zustand ergibt sich denn auch noch seinem Tode, wo die Gewissenhaftigkeit Bewunderung verdient, mit der man seine hinterlassenen Schriften (denn die meisten sind nach seinem Ableben edirt) behandelt und herausgegeben hat. Nicht weniger gibt die Administration seiner auf diesen Zweck gerichteten Stiftung sowohl den soliden Vorstehern, als den wohlwollenden Arbeitern das beste Zeugniß.

Mag nun also der unruhige Weltlauf jener Tage auch Hamburg von Zeit zu Zeit widerwärtig berührt haben, so erblickt man doch schon hier ein sicheres städtisches Fundament, welches, wohlgegründet, von dem Zufälligen, wenn auch getroffen, doch nicht erschüttert wird; wie sich's denn auch durch alle Zeiten und neuerlich bey den ungeheuersten Schicksalen bewiesen hat. Ermäßigen Ew. Wohlgeboren nach dem Gesagten, wie angenehm mir Ihre Sendung ist, und[126] mit welcher Theilnahme ich die Gelegenheit ergriff, meine Kenntniß daraus zu erweitern.

Hieran fügte sich nun zuletzt die erfreuliche Jubelmedaille in Erz, die sehr wohlgedacht und gerathen ist, wozu man allerdings Glück zu wünschen hat. Erlauben Sie, daß ich nächstens von meiner Seite etwas mich besonders Betreffendes dagegen zum geneigtem Antheil übersende.

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.


45/106.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ich wünsche zu erfahren, was von den hierbey verzeichneten Werken Abbate Monti's schon auf großherzoglicher Bibliothek befindlich sey. Weimar den 14. Januar 1829.

G.


45/107.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die vierte Lieferung der kleinen Ausgabe und die erste der in Octav. Wenn ich mit diesen Sendungen fortfahre, so erlauben Sie zugleich den fortgesetzten Wunsch auszusprechen: Sie mögen den Antheil an meinen Arbeiten auch fernerhin erhalten und, wie bis jetzt, gefällig bethätigen. Sie[127] erfreuen und verbinden dadurch einen lebenden Autor, der seinen Dank noch aussprechen kann, da, bey gleicher Begünstigung der Abgeschiedenen, ein treuer Bearbeiter, mit dem größten Fleiß und den besten Absichten, sich oft in Streit und Controversen verwickelt sieht.

Besonders erfreut mich, daß Sie, durch unmittelbare Anschauung der Wirklichkeit, meinen Webern und Spinnern günstig geworden. Denn ich war immer in Sorge, ob nicht diese Verflechtung des streng-trocknen Technischen mit ästhetisch-sentimentalen Ereignissen gute Wirkung hervorbringen könne. So aber bin ich über Sorgfalt und Mühe, die ich auf diese Capitel gewendet, gar freundlich getröstet und hinlänglich belohnt. Der Abschluß des Ganzen folgt nächstens, und ich werde erst wieder frey Athem holen, wenn dieser fisyphische Stein, der mir so oft wieder zurückrollte, endlich auf der andern Bergseite hinunter in's Publicum springt. Bleiben Sie auch dem letzten Schub und Stoß beyhülflich.

ergebenst

Weimar den 17. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


Dankbar hab ich nicht weniger anzuerkennen die reiche Gabe von wirklich schönen Inschriften, wobey die Wohl wehe thun muß, und welche vielleicht den Anlaß gibt, verschiedene Rückseiten zu mehrpassender Anwendung fertigen zu lassen.

wie oben und immer

G.[128]


45/108.


An Carl Wilhelm von Fritsch

[Concept.]

Ew. Excellenz

beeile mich, die Inschriften vorzulegen, welche aus zutraulichen Behandlungen mit dem vorzüglichen Professor Göttling hervorgegangen; es sind folgende:

Exploratae fidei.

Intemeratae fidei. (Virgil. Aen. II. )

Decus quaesitum meritis. (Horat. Od. III, 30, 14. )

Merita decorus fronde. (Horat. Od. IV, 2, 35. )

Prosperis laboribus.

Meritorum conscius.

Meritis nobilis.

Digna pro laudibus praemia. (Virg. Aen. IX, 250.)

Diese, wie sie vorliegen, betrachtend und den Zweck vor Augen habend, würde folgende Vorschläge zu einiger Einleitung wagen.

Man behielte für einen Theil der zu verleihenden Medaillen die bisherige Rückseite bey:

Doctarum praemia frontium,

mit einem Kranze von Blumen und Epheu, als Literatoren, Dichtern und Künstlern geziemend, ließe aber noch etwa zwey andere Rückseiten zu schicklicher Auswahl stechen, z.B.

Prosperis laboribus

mit einem Erntekranz, bestehend aus Ähren, Mohn, sowohl Blumen als Köpfen; für Landleute und auch[129] gar wohl für alle technische Verdienste schicklich. Sodann

Meritis nobilis

mit einem Eichenkranze für die übrigen Verdienste um den Staat.

Würdigen Ew. Excellenz diese ohnmaßgeblichen Vorschläge weiterer geneigten Betrachtung und vergönnen, mich in Verehrung und Vertrauen zu unterzeichnen.

Weimar den 18. Januar 1829.


45/109.


An Carl Friedrich Zelter

Nach Ostern werden meine Leser mit den bekannten, zu guter Jahreszeit herantretenden Wanderern eine Fußreise nach den hohen Alpenthälern anzustellen Belieben tragen, um sich's dort bey Spinnerinnen und Weberinnen einige Zeit gefallen zu lassen. Zu geneigter Vorbereitung melde Folgendes:

Ein wohldenkender einsichtiger Freud, der das Geschäft übernahm, das Manuscript vor dem Abdruck durchzusehen, meldet bey Rücksendung Folgendes:

»Man findet sich gern in den Spinnstuben jener einfachen ehrlichen Gebirgsvölker. Gerade die Beschreibung der letztern war mir doppelt interessant, weil ich bekennen darf, früher nichts Ärmlicheres gekannt zu haben als das Leben städtischer Weber und[130] Spinner, bis mich auf meiner letzten Reise der Haushalt eines ehrlichen Schweizers bey Leuk eines andern belehrte. Ich habe bemerkt, daß diese Weber besser zu reden wissen als andere Handwerker, und erinnere mich noch mit Vergnügen des Gesprächs mit ihnen. Auf meine Verwunderung, wie er im Stande sey, bey so starker Familie – vier Kinder spannen bey der Mutter – in einer so kleinen Stube zu wohnen, antwortete er ganz treuherzig: Und was werdet Ihr sagen, wenn Ihr erfahrt, daß in diesem Neste außer dem Weber noch zwey Handwerker wohnen, ein Schuhmacher und ein Schweinschneider, und alle in demselben Bette liegen und alle auf demselben Stuhle sitzen? Ich bin nämlich selbst diese Dreyeinigkeit, und so begreift Ihr, wie wir uns alle hier recht gut vertragen, da ich selbst ein so gutes Beyspiel gebe.«

Vorstehendes sende zu vorläufiger Unterhaltung, mit Bitte, dieser Scene zu gedenken, wenn man von wandernden Freunden in jene Gegenden geführt wird.

Zugleich wollte schönstens danken, daß meine heilige Familie in Ägypten und deren Wirthin so gut angesehen worden. Ich läugne nicht, mir ist bey diesem Gedicht und seinesgleichen immer, als wenn ich etwas Süßes genösse, Bisquit oder dergleichen; es ist immer noch Speise, aber ein Leckerbissen, welcher also Kindern und Frauen an Ort und Stelle gar wohl munden mag. Überhaupt haben die Kinder in Italien[131] etwas unglaublich Zartes, Attachantes und Anmuthiges, mit diesem Lied Harmonirendes.

In diesen Betrachtungen will ich nicht weiter fortfahren, sondern um eine treue Schilderung des v. Holteischen Faust bitten, wie er einem wohldenkenden wohlmeynenden Freunde vorkommt. In der Zeitung erkenn ich meinen alten Theaterfreund nicht mehr; bald ein Schonen und Schwanken, bald ein gebotener Enthusiasmus.

»Also ist es beschaffen, so wird es bleiben« sagt Reinecke Fuchs.

Um den noch übrigen Raum zu nutzen, will hiermit anzeigen: daß mir das Bild einer berühmt-schönen Frascatanerin verehrt worden; man befindet sich, vor ihr stehend, wie im wohlthätigen Sonnenschein.

Doch ist es etwas Wunderbares! Diese regelmäßigen Züge, diese vollkommene Gesundheit, diese innerliche selbstzufriedene Heiterkeit hat für uns arme nordische Krüppel etwas Beleidigendes, und man begreift, warum unsre Kunstwerke kränkeln, weil sie ja sonst niemand ansehen möchte.

Vor einigen Tagen stand ein sehr gut gemahltes Ecce homo an dieser Stelle; jeder, der es anblickt, wird sich wohl fühlen, da er jemand vor sich sieht, dem es noch schlechter geht als ihm. Der Raum nöthigt mich zur rechten Zeit abzuschließen.

jedoch so fort an!

Weimar den 18. Januar 1829.

G.[132]


45/110.


An Friedrich Jacob Soret

Hierbey, mein Werthester, den Aufsatz für Genf; wenn Sie die Geneigtheit haben, ihn in's Französische zu übersetzen, so werden sich erst die Schwierigkeiten hervorthun, die in der Sache obwalten, und nicht weniger die Nothwendigkeit, sich hierüber mündlich zu erklären; Sie finden mich zu jeder Stunde bereit, darüber zu conferiren.

Auch für diese Gefälligkeit aufrichtig dankbar.

ergebenst

Weimar den 24. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/111.


An Antonie Bovy

[Concept.]

[26. Januar 1829.]

Vorstehendes Bildchen gibt einen genugsamen Begriff, wie man den zweyten Revers der Medaille wünscht; es ist dabey die Absicht, wie auf dem ersten die Tendenz zur Poesie, also hier die Neigung zur Naturforschung, besonders organischer Wesen, anzudeuten.

Zuvörderst aber hat man zu bemerken, daß der Stempel wie die Zeichnung geschnitten werden muß, weil man wünscht, daß auf dem Gepräge das jugendliche Gesicht nach der linken Seite des Beschauers, das[133] ältere nach der rechten hinsehe; welches der Herr Graveur bey dem Wachsmodell beachten würde.

Das jüngere Profil ist so zu halten, wie wir den Antinous zu sehen gewohnt sind, eine in sich befangene Jugend vorstellend, welche die Gegenstände mit stiller Theilnahme und einem ruhigen Blicke ansieht. Der bärtige Kopf ist intentionirt, wie uns auf den geschnittenen Steinen der sogenannte Plato oder, wenn man lieber will, der indische Bachus vorgestellt wird; ein behaglicher Greis, der sich der vorliegenden Früchte wohl erfreuen darf.

Das Massiv der Herme ist etwas ausgehöhlt vorgestellt, damit der Löwenkopf sein Recht behalte und doch nicht zu weit vorspringe.

Hier entsteht nun die Frage: ob der Herr Graveur geneigt sey, das ganze Feld wie eine flachconcave Linse, wie das Segment einer großen Hohlkugel anzunehmen, damit er mit dem Relief der Köpfe nicht genirt sey; wie denn freylich überhaupt alles flach zu halten ist.

Die Ausführung des reichen Einzelnen überläßt man seinem Geschmack. Die Darstellung nimmt den ganzen Raum der Medaille ein, es wird nur ein etwas erhöhter Rand erfordert werden.

Weimar den 23. Januar 1829.[134]


45/112.


An Joseph Carl Stieler

Manchmal, werthester Mann, mach ich mir Vorwürfe, daß ich Sie um dieses oder jenes Geschäft ersuche und Sie von Ihren wahrhaft würdigen und allgemein erfreulichen Arbeiten auch nur auf einen Augenblick abziehe; aber Ihre Gefälligkeit gibt mir hiezu Muth und eine so lang genossene Unterhaltung frischen Antrieb.

Erlauben Sie also, daß ich auf einem beyliegenden Blättchen Herrn Nickel, den geschickten Optiker, um die Fertigung des bewußten Instrumentes ersuche.

Bleiben Sie überzeugt, daß ich gar oft meine Unterhaltung mit Ihnen zu erneuern wünsche. Mit dem praktischen Künstler ist am besten sprechen, denn das Wahre bewahrheitet sich sogleich an der That. Daß Sie meiner Farbenlehre fortgesetzte Aufmerksamkeit gönnen, freut mich sehr; sie enthält nichts, als was Sie Ihre Lebzeit über gethan haben und thun; wenn Sie sich genau bekannt machen, so werden Sie finden, wie leicht das Ganze zu fassen sey. Nehmen Sie, wie Sie thun, dasjenige zuerst auf, was Sie anmuthen, das Übrige lassen Sie liegen, bis es Sie irgend einmal aufsucht und sich aufdringt. Ich habe mich vierzig Jahre mit dieser Angelegenheit beschäftigt und zwey Octavbände mit der größten Sorgfalt geschrieben; da ist es denn auch wohl billig,[135] daß man diesen einige Zeit und Aufmerksamkeit schenke. Den Mathematiko-Optikern verzeih ich gern, daß sie nichts davon wissen wollen, ihr Geschäft ist in diesem Fache blos negativ; wenn sie die Farbe aus ihren schätzbaren Objectiv-Gläsern los sind, so fragen sie weiter nicht darnach, ob es einen Mahler, Färber, einen die Atmosphäre und die bunte Welt mit Freyheit betrachtenden Physiker, ein hübsches Mädchen, das sich ihrem Teint gemäß putzen will, ob's diese in der Welt gibt, darum bekümmern sie sich nicht; denn freylich die Ehre, den Astronomen den Weg zu den Doppelsternen eröffnet zu haben, ist bedeutend genug. Dagegen lassen wir uns das Recht nicht nehmen, die Farbe in allen ihren Vorkommnissen und Bedeutungen zu bewundern, zu lieben und wo möglich zu erforschen.

Ist mir doch, indem ich dieses dictire, als wenn Sie mich wieder auf den Stuhl gebannt und mit freundlicher künstlerischen Thun zu angenehmer Unterhaltung gefesselt hätten.

Hieraus können Sie sehen, wie gern ich mich recht in die Mitte von München wünschte. Die Hoffnung, von Ihro Majestät großer gesegneter und unermüdeter Thätigkeit unmittelbar zu vernehmen, mit den tiefdenkenden und frohwirkenden Männern mich zu unterhalten, mich und mein Bestreben gefördert und gesteigert zu sehen, würde mir eine wahre Glückseligkeit bereiten.

[136] Gerade jetzt habe ich Herrn v. Cornelius für eine höchst bedeutende Gabe zu danken, Herrn v. Martius die Verfolgung eines Gedankens, den er mir eingeimpft hat, vorzutragen, und von beiden schnellere Förderung zu erbitten; dieß wird mir aber aus der Ferne, da ich meine Gedanken nicht immer gerade auf solche bestimmte Puncte wenden könnte, besonders in dem Augenblicke ganz unmöglich. Suchen Sie mir Verzeihung vorzubereiten. Das Manuscript zu der fünften Lieferung meiner Werke ist noch nicht völlig nach Augsburg abgegangen; Sie werden darin drey erneute, ja neue Bändchen finden, die ich ungern vom Herzen loslasse; da es aber seyn muß, in Hoffnung lebe, daß sie wieder zu Herzen gelangen werden.

Gar manches Andere, besonders auch das Porträt Betreffende verspare bis zum nächstenmale.

treu gedenkend

Weimar den 26. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/113.


An Carl Friedrich Zelter

Die Ankündigung, daß du zum Ritterfeste eingeladen seyst, hat mir freylich viel Freude gemacht; dich sodann Nr. 17 in der Zeitung aufzufinden und in so guter Gesellschaft, vermehrte mein Behagen, und nun erzählst du selbst das Nähere; dabey mag es denn sein freundliches Bewenden haben.

[137] Was den Menschen auf irgend eine Weise aus der Menge hervorgeht, gereicht immer zu seinem Vortheil; wird er auch dadurch in eine neue Menge versenkt, so geräth er doch in ein frisches Element, worin er wieder schwimmen und waten muß. Diese Ehrenzeichen gereichen eigentlich nur zu gesteigerten Mühseligkeiten, wozu man aber sich und andern Glück wünschen darf, weil das Leben immerfort, wenn es gut geht, als ein stets kämpfend-überwindendes zu betrachten ist.

Verzeih diesen abstrusen Worten, ich weiß mich aber nicht anders auszudrücken; denn wie ich mich immer besser zu verstehn glaube, schein ich andern undeutlich zu werden. Du bist ja aber auch ein so wunderlicher Kauz, daß dir von der Art nichts unerklärlich seyn kann.

Ich bin seit acht Wochen kaum aus dem Zimmer gegangen, doch hat es mir da nicht an Anregungen zur Thätigkeit gefehlt. Die nächsten Anforderungen macht das verrückte Volk, das es auf's Wandern angelegt hat. Bis ich sie ausstatte, die Mobilen einschiffe und die Zurückbleibenden unterbringe, hab ich nicht mehr viel, aber Beschwerliches zu thun. Mehr darf ich nicht sagen; zu Ostern wird ein jeder sehn, was er sich von meinem Krame zuzueignen beliebt.

Der Schauspieler Winterberger hat sich heute früh mir vorgestellt, es ist eine angenehme Gegenwart; meine Kinder und Genossen sprechen gut von seinem Auftreten; daß man ihn engagirt hat, beweist, er[138] gefalle doch im Allgemeinen. Und so wollen wir abwarten, wie es ihm ferner gelingt.

Die neue Direction ist bis jetzt auf guten Wegen, nicht negativ und ablehnend wie die vorige, und da ist schon alles gewonnen. Wenn man hübschen Männern und Frauen die Bretter gönnt, so ist schon viel gethan, und wenn man in Gastrollen von Zeit zu Zeit ein vorzügliches Talent auftreten läßt, so findet sich unser kleiner Kreis schon zufrieden. Dieß scheint man zu verstehn. Mit neuen Stücken muß man's wagen; was auf dem Repertoir bleibt dankbar bewahren, alte Stücke, die an den Schauspieler starke Forderungen machen, auch wohl einmal als Aufgabe aufstellen, mehr braucht es nicht, in unserm Verhältniß fortzuwirken, wovon doch jetzt nur die Rede seyn kann. Übrigens steht die allgemein ästhetische Bildung so hoch, daß es an Schauspielern nicht fehlen kann, weil sich so manches Talent schon in geselligen Kreisen entwickelt; wenn nur noch halbweg etwas von Handwerk übrig bleibt, so ist das deutsche Theater schon geborgen. In Berlin muß man freylich schon viel Knicken in die Karte machen, wenn man nur einigermaßen Gewinn hoffen und ziehen will.

Wenn ich nun Gegenwärtiges am stillen Abend an dich dictire, ohne mich weiter zu bekümmern, wie Schnee und Kälte draußen ihr Wesen treiben.

Und so fort an!

Weimar den 26. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.[139]


45/114.


An Heinrich Wilmans

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

in Ihrem gefälligen Schreiben vom [7. Januar] ausgesprochenen Wunsch: ich möge einiges zur Einleitung der Übersetzung des Schillerschen Lebens von Carlyle mittheilen, kann ich zu erfüllen zwar nicht versprechen, weil mir gar zu vieles obliegt, was von Tag zu Tag geleistet werden muß. Mögen Sie aber die Einrichtung treffen, daß ich von Zeit zu Zeit die Aushängebogen erhalte, so gewinne ich bey'm Lesen derselben vielleicht eine Anregung, die mich befähigt, zu Ihren löblichen Zwecken mitzuwirken.

Das Weitere erwartend, mit aufrichtigsten Wünschen mich bestens empfehlend.

Weimar den 26. Januar 1829.


45/115.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

verzeihen, wenn ich, nach Art der Sultanin Scheherazade, meine Mährchen stückweise zu überliefern anfange; da es jedoch zu Ende geht, so wünsche nichts mehr, als daß Ew. Wohlgeboren Geduld nicht ermüden und die bisher so treulich bewiesene Theilnahme nicht ermatten möge.

Mit den treusten Wünschen mich bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 27. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.[140]


45/116.


An Joseph Stanislaus Zauper

In dem Augenblicke, da ein Paquet an des Herrn Grafen Sternberg Excellenz zu siegeln ist, in welches ich auch gern die beykommenden Hefte an Sie, mein Werthester, einzuschließen wünsche, bleibt mir keine Zeit übrig als nur soviel, um zu sagen: daß wir öfters zusammen, Professor Riemer, Doctor Eckermann und ich, Ihre Thätigkeit in Gedanken begleiten, leider nur aus der Ferne, ohne fördernde Einwirkung. Immerfort sich häufende Obliegenheiten heißen, ja nöthigen mich, in so hohen Jahren immer mehr auf Zusammengezogenheit zu denken, weil desjenigen, was vor der Hand liegt, gar zu viel ist.

Hoffentlich finde Raum, ehe unsere Kurgäste sich nach Böhmen begeben, mich auch für Sie zu sammeln, einiges zu senden und zu berichten. Was Sie uns senden wollten, ist alles glücklich angekommen.

Wie sehr ich meine jährlichen Besuche und das Wiedersehn so mancher wackern Personen in Böhmen vermisse, wag ich nicht auszusprechen.

Mit den besten Wünschen für Ihr Wohlseyn.

das Fernere hoffend

ergebenst

Weimar den 28. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.[141]


45/117.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

lesen beykommendes Büchlein wohl mit Antheil und senden solches sodann an den wahrhaft guten und redlichen Freund. Aus beyliegendem Briefe sehen Sie, wie artig er für die culinarische Sendung dankt; ingleichen daß wir Hoffnung haben, in der bessern Jahrszeit ihn hier zu sehen, deshalb er aber nochmals zu bitten ist, sich ja anzukündigen, weil wenig Tage auf oder ab in unsern Verhältnissen oft einen großen Unterschied machen.

Mich zugleich schönstens und bestens empfehlend.

Weimar den 28. Januar 1829.


45/118.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen gnädigst, daß heute bey der Wiederkehr des schönsten Festes ein unauslöschliches Leiden sich in das tiefste Herz verberge und ein heiteres Äußere die Hoffnungen bezeichne, denen ich mit so vielen Andern mich getrost überlasse; Höchst Dieselben werden zunächst bey'm Eintritt in eine heitere Umgebung, mit erneuter Gesundheit und bestätigten Kräften eine[142] Epoche beginnen, welche die innigsten Wünsche der treuen Angehörigen durchaus zu erfüllen geeignet ist.

Mich und das Meinige zu fortdauernden Gnaden und Hulden andringlichst empfehlend.

Weimar den 30. Januar 1829.


45/119.


An Kaspar von Sternberg

Seit dem beruhigenden Schreiben vom 22. Januar hatten Frau v. Löw von Zeit zu Zeit Nachricht von dem bessern Befinden des verehrten Freundes gegeben; nun aber wird es doch Bedürfniß, zu erfahren, wie er die erste Hälfte des Winters zugebracht und wie er in die zweyte hineintritt, welche sich frostig genug andeutet? Wir hatten 21° bei mittlerm Barometerstand, den 22. Januar.

Ich habe diese Zeit her nicht aufgehört, mich mit Beobachtung jener wunderbaren Pflanze zu beschäftigen, seitdem ein bezeichnender Name, Abbildung und kunstgemäße Beschreibung sie noch werther gemacht hat. Nachkommendes möge davon ein Zeugniß geben. Doch muß ich hier noch des Allgemein-Merkwürdigen gedenken, daß vielleicht keine prolifikere zu finden ist, welche gleichzeitig und in so kurzer Zeit so eine unendliche Menge von Blättern, Augen, Zweigen, Blumen und zugleich Wurzeln entwickelt. Denkt man nun, daß in ihrem Geburtslande die Blüthenzahl[143] sich vermehren und die Samen alle reif werden, so reicht keine Einbildungskraft hin, eine so häufige eilige Fortpflanzung zu verfolgen. Zwar hat der Mohn von jeher sich erhoben als eigen lebensreich und fruchtbar:

foecundum super omne germen me Deus fecit.

Dieß mag denn von der Samenkapsel gelten; dafür wächst er aber auch langsam und einzeln in die Höhe. Man wird meine hartnäckige Aufmerksamkeit auf einen so beschränkten Gegenstand belächeln; es ist aber nun meine Eigenschaft, mich monographisch zu beschäftigen, und von so einem Puncte aus mich gleichsam wie von einer Warte rings umher umzusehen.

In das Ganze ward ich wieder gezogen durch meinen Aufenthalt in Dornburg, inmitten von blumig-bunten Terrassen und sogar von Weinbergen, welche damals mehr versprachen, als sie hielten.

Hofrath Soret übersetzt meine Metamorphose der Pflanzen in's Französische; vielleicht lassen wir sie im Laufe des Jahres mit einigen Zusätzen abdrucken. Ich erinnere mich nicht, ob ich hievon früher schon Nachricht gegeben. Was sagte der würdige und erfahrne Freund von der Vermuthung des Franzosen? sur les modifications successives de l'atmosphère. Für mich ist es eine von den läßlichen Hypothesen, welche man immer eine Zeitlang kann gelten lassen, da sie doch eine Art von Fußpfad in die schwer zugängliche Vorzeit eröffnet.

[144] In diesem Augenblicke kommt das unter dem 22. Januar abgesendete Paquet mit angenehmem Inhalt und erwünschtem Schreiben. Höchst erfreut über die darin gegebene Aussicht und Hoffnung sage dießmal nichts weiter, um sogleich dagegen eine Sendung von meiner Seite anzukündigen, welche fertig daliegt, um morgen, Sonntag den 1. Februar, ungesäumt abgehen zu können. Indem ich den Inhalt bestens empfehle, füge noch soviel hinzu: daß mir in dem Augenblick die auf Ostern versprochene Lieferung viel zu schaffen macht. Das Wesentliche liegt glücklicherweise vor, nur fordert die Art und Weise solches zu geben noch mancherlei Betrachtung. Sobald ich dieß Geschäft beseitigt habe, melde ich noch manches und nehme mir die Freyheit über einiges anzufragen.

Weimar am festlichen

treu angehörig

dreyßigsten Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/120.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

habe schuldigst zu vermelden, wie das angezeigte Gemählde angekommen und von der nunmehrigen hohen Besitzerin freundlich aufgenommen worden. Für die Zukunft bitte, alles hierher zu Sendende unmittelbar an mich zu adressiren; da ich portofrei bin, so macht es mir keine Beschwerde, und es kommt jederzeit schneller an seine Bestimmung.

[145] Zugleich habe anzuzeigen, daß nächstens mit der fahrenden Post eine von unserm Lythographen Heinrich Müller gegenwärtig in Carlsruhe, auf Stein gefertigte Copie des Müllerischen Kupferstichs nach der Madonna del Sisto an Dieselben abgehen wird, in der einzigen Absicht, die Dresdener Kunstfreunde mit diesem schätzbaren Blatte bekannt zu machen und, soweit es auch Ihren Beyfall erhält, durch anderweite geneigte Empfehlung dessen Absatz zu bessern.

Indem ich nun, in Erwartung der zugesagten Umrisse der von dem ansehnlichen Verein angeschafften Bilder, mich bestens empfehle, so habe die Ehre dankbar anzuerkennen, daß derselbe mich als auswärtiges Comitémitglied betrachten und in den Vereinsli sten geneigt aufführen wolle. Sehr freundlich werde ich die Fortsetzung eines so schätzbaren Verhältnisses auf jede Weise zu ehren für Schuldigkeit erachten.

In aufrichtigster Theilnahme mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar am festlichen dreyßigsten Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/121.


An Henriette von Pogwisch

Die hier zurückgehenden Werke, meine Gnädige, würde um den halben Preis, nachdem sie in der Gesellschaft circulirt haben, zu großherzoglicher Bibliothek[146] gern annehmen. Ich habe jedoch, bis hierüber entschieden ist, die nicht aufgeschnittenen aufzuschneiden nicht räthlich gefunden.

Mich auf das angelegentlichste empfehlend.

gehorsamst

Weimar den 30. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/122.


An Johann Friedrich Rochlitz

Herrn

Hofrath Rochlitz

dem

sinnig Reisenden

empfielt

einen alten

Vorfahren

und

sich selbst

zum

besten und schönsten

J. W. v. Goethe.


Weimar

d. 30. Januar

1829.[147]


45/123.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die eingesendete Rechnung mich vorläufig angenehm unterrichtet, wie Sie hinreichende Anstalt getroffen, um das chemische Studium sowohl theoretisch als praktisch zu fördern; deshalb denn auch mit der völligen Abzahlung der einzelnen Posten zu Ostern kein Anstand seyn kann.

Nun wird es aber der guten Sache sehr zu Nutzen gereichen, wenn Sie mir in einem kurzen Vortrag zu vernehmen geben, was durch diese neuere Behandlung einer so erreicht werden. Ein solches würde unserer höchsten Gönnerin vorzulegen nicht verfehlen, sowohl um den Erfolg der bisherigen, durch Höchstdieselben bewirkten Thätigkeit dankbarlichst anzuerkennen, als auch dieses edle Bestreben für die Zukunft andringlichst zu empfehlen.

In vorzüglicher Hochachtung.

ergebenst

Weimar den 31. Januar 1829.

J. W. v. Goethe.[148]


45/124.


An den Großherzog Carl Friedrich

[Concept.]

Ew. Königliche Hoheit

genehmigen gnädigst, daß an dem heutigen höchst erfreulichen Feste mit dem treusten Wünschen zugleich eine Frucht vieljähriger fleißiger Anstrengung vor Augen stelle und zugleich die so wohlgegründeten als freysinnig begünstigten Anstalten, den dießmal sich hervorthuenden Künstler und mich selbst zu Höchst Deroselben Huld und Gnade zu empfehlen wage.

Weimar den 2. Februar 1829.


45/125.


An Adele Schopenhauer

Die Künstlerin mit dem Kunstwerke ist schönstens willkommen, besonders wenn sie gegen zwey Uhr in der Einsiedelei eintreffen und daselbst ein frugales Mittagsmahl einnehmen wollte.

Weimar den 5. Februar 1829.

G.


45/126.


An Johann Heinrich Meyer

Diese Zeit her hab ich mich gar oft zu Ihnen versetzt, auch Sie vielfach zu mir gewünscht, da ich recht hübsche Sachen mitzutheilen habe. Mögen wir doch bald wieder zusammenkommen!

[149] Vorerst also wegen der letzten Anfrage, die Antiquitäten des Raul Rochette betreffend, so hab ich zu vermelden: daß ich sie selbst besitze durch die Gunst des Verfassers, welcher ein gutes Wort von den Weimarischen Kunstfreunden sich wünscht. Gestern hab ich die zwey ersten Hefte der Frau Großherzogin vorgelegt, und sie hält also, wenn es auch von bedeutendem Werth wäre, nicht nöthig, es anzuschaffen, da es zum Nutzen der Kunstfreunde von mir mitgetheilt werden kann.

Durch Gunst und Theilnahme dieser herrlichen Fürstin hoff ich nun auch mit dem unseligen Handel der bey Artaria für uns noch liegenden Fortsetzungen zu Stande zu kommen. Alsdann erst, wenn dieses Geschäft im Reinen ist, können wir überlegen, was fernerhin zu thun sey. Doch läßt sich hoffen, daß man bis Ostern ziemlich im Klaren und in Ordnung seyn werde.

Dieses alles zu besprechen und Ihre Mitwirkung zu erbitten, hoffe nächstens günstige Gelegenheit.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 6. Februar 1829.

G.


45/127.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mit dem vollkommensten Beyfall, ohne das mindeste Bedencken, sende das gefällig mitgetheilte[150] Gedicht dankbar, nach wiederholtem Lesen zurück. Dem ganzen Unternehmen den besten Succeß wünschend

W. d. 8. F. 1829.

G.


45/128.


An Carl Wilhelm Göttling

Sehr ungern ersuche Ew. Wohlgeboren die Revision der noch übrigen Bändchen der vorigen Lieferung gefälligst zu fördern; der zwölfte Band der Octavausgabe ist schon abgedruckt, und die Setzer lechzen nach den folgenden. Könnt ich nur den 13. Band indessen haben, so wäre jenes Bedürfniß einigermaßen gestillt. Sehen wir künftig die vierzig Bände in einer Reihe auf dem Repositorium, so werden wir uns mit Vergnügen der überstandenen Unbilden erinnern.

Mich geneigtem Andenken bestens empfehlend.

ergebenst

Weimar den 9. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/129.


An Wilhelm Reichel

Auf das von Ew. Wohlgeboren unter'm 3. Februar an mich erlassene Schreiben erhalten Dieselben durch den Mittwochs, den 11. d. M., von hier abgehenden Postwagen das Manuscript zum dreyundzwanzigsten[151] Bande. Der völlige Abschluß des Werkes kommt nach; er möchte etwa noch drey gedruckte Bogen füllen.

Mit demselben erhalten Sie zugleich noch eine Zugabe zum zweyundzwanzigsten Bande, damit derselbe nicht hinter der normalen Bogenzahl zurückbleibe.

Der revidirte dreyzehnte Band soll baldigst übersendet werden, so wie die folgenden.

Der zweyte Band der Schillerischen Correspondenz wird, auch etwas verspätet, willkommen seyn. Bey so bedeutenden und verschränkten Geschäften kann es wohl einmal solchen Anstoß geben.

Für bisherige Sorgfalt für unser Geschäft schönstens dankbar, mich fortwährender geneigter Mitwirkung sowie einem freundlichen Andenken empfehlend.

ergebenst

Weimar den 9. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/130.


An Johann Georg Lenz

Die an dieser von Batavia angekommenen Sendung fehlenden Bände V und VIII werden wieder aufgelegt, und man verspricht von dorther sie nachzusenden.

Weimar den 9. Februar 1829.

G.[152]


45/131.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Können Sie, mein Werthester, in den nächsten Tagen einige Aufmerksamkeit beykommendem Hefte zuwenden? Ich würde Sie gern von Ihrem sonst so angenehmen Besuch morgen Dienstag Abends dispensiren, wenn wir nur bis gegen Ende der Woche mit diesen Bogen in's Reine kämen. Der lästige Alp lüftet sich nach und nach, und man kann alsdenn mit einiger Freyheit wieder umherschauen.

Von den Abdrücken des Festgedichtes bitte mich bald sehen zu lassen.

Mit den besten Wünschen.

treulichst

Weimar den 9. Februar 1829.

G


45/132.


An Johann Heinrich Meyer

Sie erhalten, mein Theuerster, hiebey das letzte Verzeichniß der bey Artaria in Mannheim für uns bereitliegenden Fortsetzungen; ich habe eben mit gnädigster Genehmigung Ihro Kaiserlichen Hoheit darauf 1000 Gulden rheinisch geboten. Wahrscheinlich wird es annehmen, und dann wäre zu bestimmen, was wir fortsetzen wollen?

Sie haben ein umständlicheres Verzeichniß schon einmal durchgedacht, hier rückt die Sache näher zusammen[153] und ist leichter zu übersehen. Sagen Sie mir ein Wort von Ihrem Befinden, ich hoffe, es geht Ihnen wie mir. Ich befinde mich in einem so leidlichen Zustande, daß ich wenigstens im Zimmer meine Tage nutzen kann und in emsiger Geduld die nächsten Winterwochen zu überstehen hoffen darf.

Möge es Ihnen eben so ergeben, bis wir freudiger wieder zusammen kommen.

Herzlichst

Weimar den 10. Februar 1829.

G.


45/133.


An Carl Victor Meyer

Ihre Sendung, mein Theuerster, erkenne ich dankbar und erwidere sogleich wohlgesinnt Folgendes: Die Frage, wie Sie es zunächst mit Ihren Studien, mit Ihrem Aufenthalt einrichten sollen, kann ich nicht direct entscheiden und beantworten; gehen Sie mit sich selbst und Ihrem Herrn Vater zu Rathe.

In Berlin, wenn Herr Rauch hinweggeht, bleiben Ihnen die Herren Tieck, Wichmann und wie manche Männer, deren Namen ich nicht kenne, deren Gegenwart ich aber bey großen dortigen Anstalten vermuthen muß; Sie kennen den dortigen Gang, haben Verhältnisse, und was sonst auch auf's Leben sich beziehen mag, ist Ihnen klar geworden. Wozu sich noch gesellt, daß Sie auch dort in Bezug auf[154] Gesundheit Ihren Einstand gegeben, also auch dem Klima, und was dazu gehören mag, Ihren Tribut abgetragen haben.

Es ist nun wohl die Hauptfrage: ob Sie, als ein junger rüstiger Mann, der zwar südlichen, aber mancherlei klimatischen Einflüssen ausgesetzten Hauptstadt Bayerns sich anvertrauen wollen? Das, was dort zu schauen, zu lernen, zu gewinnen ist, dürfte wohl auch für den Künstler von der größten Bedeutung seyn. Indem Sie Ihren bisherigen Lehrer dorthin begleiten, bleiben Sie in Ihrem vortheilhaften Studiengang, und was Sie dort unter den Händen des Meisters entstehen sehen, ist von der Art, daß es vielleicht im Leben Ihnen nicht wieder zur Erfahrung kommt.

Sie sehen hieraus, daß ich mich neige, Sie in München zu wissen; aber bereden Sie das mit Herrn Professor Rauch, berathen Sie es mit Ihrem Herrn Vater, ich gebe nur meine Ansichten; die Entscheidung gehört der Einsicht, dem Gefühl derjenigen, die es zunächst angeht.

Für die übersendende Abdrücke danke zum schönsten, ich habe das Glück, sie in meiner Sammlung bey ihren Verwandten niederlegen zu können.

Aufrichtig theilnehmend

Weimar den 10. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.[155]


45/134.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey den Abschluß des Ganzen! Könnten wir dieses Heft, wie es vorliegt, Freytags absolviren, so würde die Versendung dadurch sehr gefördert seyn. Vielleicht können Sie eine Stunde früher; mich verlangt sehr diese Last los zu werden, freylich genau besehen, um eine neue aufzuladen.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 11. Februar 1829.

G.


45/135.


An Nicolaus und Sophie Doris Elise Meyer

Ew. Wohlgeboren

ersehen aus beyliegender Abschrift, was ich Ihrem lieben Sohn auf eine wichtige Anfrage geantwortet, weshalb ich hierüber nichts weiter hinzufüge.

Die Notizen mit dem Interims-Riß der neuen Anstalten an der Einmündung des Weserflusses sind von mir höchst dankbar empfangen worden; sagen Sie das ja Ihrem theilnehmenden Freunde und bitten denselben, von Zeit zu Zeit mir das Nähere wissen zu lassen. Ich habe dabey kein anderes Interesse als das allgemein Deutsch-Continentale. Seit der Cassler Zusammenkunft und den dortigen Beschlüssen muß[156] uns höchst wichtig seyn, eine Unternehmung, die der Weser erst ihre Würde gibt, vorschreiten zu sehen; und wenn an jenem westlichen Ende etwas Bedeutendes der Art eingeleitet wird, so muß es bis zu uns herauf in die Werra bis Wanfried wirken.

In Erwartung des Weitern bitte mir die Orte zu nennen, durch welche der Weg von der neuen Anlage bis Bremen geführt wird; ich habe drey Special-Charten vor mir, und es würde mir angenehm seyn mich näher zu orientiren. Müssen wir doch so viel von den englischen Docks, Schleusen, Canälen und Eisenbahnen uns vorerzählen und vorbilden lassen, daß es höchst tröstlich ist, an unsrer westlichen Küste dergleichen auch unternommen zu sehen.

Das Übersendete ist glücklich angekommen, wir haben uns in die werthen Gaben dankbar getheilt und wünschen, daß eine Gegensendung nebst Schreiben auch gleichfalls wohl möge eingelangt seyn.

Zu fernerem freundschaftlichen Andenken mich und die Meinigen bestens empfehlend und von allen gegrüßten Freunden die besten Grüße erwidernd.

treulichst

Weimar den 10. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.


Ein farbiges Blättchen zur Nachschrift ergreifend, begrüße glückwünschend die theuern Eltern, besonders die liebenswürdige Mutter. Wobey ich es für eine große Wohlthat zu achten finde, daß die Stiftungsgesetze[157] unserer protestantischen Orden den verpflichteten Damen nicht hinderlich sind, der Nachkommenschaft gleich anmuthige Sprößlinge zu überliefern. Wenn hiernach einer mir so theuern Familie frischer Zuwachs gegönnt ist, dazu wünsche wiederholt Glück und Heil, in Hoffnung und Aussicht, es werde dieses Ereigniß dereinst auch meinen Enkeln zu Gurte kommen.

Treu angehörig

Weimar den 12. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/136.


An Carl Friedrich Zelter

Deine Sendung, mein Theuerster, ist wohl angekommen; die Medaillen haben Vater und Sohn erfreut; Lessingen hat dieser sogleich sich angemaßt, der eine Sammlung von Denkmünzen auf gute merkwürdige Menschen zu meiner besondern Zufriedenheit sich anlegt. Denn in der immer zunehmend zerstreuten Welt heftet ein so geprägtes Metallstück immer einmal wieder die Aufmerksamkeit des Beschauenden und bringt alterprobte, zwar halb verschollene, doch immer noch fortwirkende Verdienste zur Erinnerung.

(Etwas über die Bronce-Medaille folgt auf einem besondern Blatte, damit du es allenfalls Herrn Mendelssohn zustellen könnest.)

Da nicht nur meine Matrosen auf dem Mastkorb, sondern ich selbst Land erblicke und vor mir sehe,[158] mag ich gern freundlichen Glückwunsch annehmen. Ich wünsche, daß, wenn zu Ostern meine Ware zu euch kommt, ihr auch an dem, was ich von dieser Fahrt mitbringe, möget Freud und Nutzen haben.

Deine Klagen oder vielmehr Invectiven bey nicht gemäßer Ausführung längst vorbereiteter Ton-Exhibitionen glaub ich zu verstehn. Die Tendenz der Zeit, alles in's Schwache und Jämmerliche herunterziehen, geht immer mehr durch und durch. Ich habe ein halb Dutzend Gedichte vorzuweisen, mir zu Lob und Ehren, wo ich aber eigentlich schon als ein selig Abgeschiedener behandelt bin. Am Ende wird noch, der neusten Philosophie gemäß, alles in nichts zerfallen, eh' es noch zu seyn angefangen hat.

Übrigens ist mir die Zeit her allerlei Gutes begegnet. Staatsrath Loder sendete mir eine sehr schöne Sammlung russischer Mineralien, deren Anblick mich wahrhaft erfrischt und auf die mannichfaltige Stereographie der Natur hinweist. Ich überspringe, was sonst auf Natur bezüglich mit Gutes geworden, und sage nur: daß mich Professor Rauch mit einem lebens- und thatenlustigen Basrelief erfreut hat, auch Professor Tieck mit einem ehrenwerthen heldenmäßigen Kriegsgotte.

Mir Ober-Baudirector Coudray ergetze ich mich de Abende an Herrn Schinkels Heften. Die darin mitgetheilte neue und, wie wir hören, schon im Bau begriffene Kirche hat uns einige Abende angenehm[159] unterhalten. Ich wünschte wirklich darin einer Predigt beyzuwohnen, welches viel gesagt ist. Siehst du die Herren, so magst du wohl ihnen von mir ein freundlich Wort sagen und meinen aufrichtigen Dank recht löblich ausdrücken.

Gegenwärtiges dictir ich Abends um acht Uhr, durch die anfrierenden Fensterscheiben in meinen schneebedeckten mondbeschienenen Garten hinausblickend. Einsame Abende kann ich jetzt genug genießen, man spielt viermal in der Woche, und meine sämmtlichen lieben Kinder, Freunde und Genossen gingen, aus zunehmender Gewohnheit, wohl noch öfters hinein. Dagegen kann ich aber auch den jetzigen Theaterführern das Zeugniß geben, daß sie auf guten Wegen sind und die Sachen so zu stellen wissen, daß sich alles nach und nach besser bilden muß. Das ganze Geschäft steht unter dem Hofmarschall, dem es darum zu thun ist, etwas Anziehendes hervorzubringen, wohldenkende und gescheite Leute in's Interesse zieht, und was alles noch dazu gehört, um ein Geschäft zu führen, welches nicht mehr Schwierigkeiten hat als ein anderes, wenn man es einfach nach seiner Art nehmen will. Ostern laß ich vorbey, dann sag ich dir wohl das Besondere. Wünsche du unsern Schau- und Hörlustigen einstweilen zu diesem Allgemeinen Glück.

Und so wie an diesem Theil können wir auch überhaupt zufrieden seyn. An meiner Lage hat sich[160] nichts verändert. Hie und da werd ich, durch die sehr zweckmäßigen Absichten unsrer regierenden Frau Großherzogin, zu ein und anderer Thätigkeit aufgerufen, die meinen Jahren und Kräften noch wohl geziemen mag.

Nach wie vor

der Deine

Weimar den 12. Februar 1829.

Goethe.


N. S. Dieses gehe nun auch den alten herkömmlichen Weg und werde wohl empfangen. Wir haben heute 23-24 Grad Kälte, es ist also schön, daß wir durch Boten communiciren. Versäume nicht zu schreiben; auch bey mir liegt manches allernächst zu Communicirendes.


45/137.


An Johann Lorenz Schmidmer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke verpflichtet für die abermals gefällig übernommene Besorgung; der Majolika-Teller ist gar wohl das Geld werth, die Münzen könnten etwas zu theuer scheinen, doch kommt ja in Auctionen der Preis auf die Concurrenz der Liebhaber an.

Ihre Rechnung beträgt 36 Gulden 41 Kreuzer, ich habe Ordre gestellt, daß Ihnen 39 Gulden ausgezahlt werden; für den Überschuß bitte eine kleine Commission[161] zu übernehmen. Hiesige Freunde, welche in vorigen Zeiten sich in Nürnberg aufgehalten, gedenken manchmal scherzhaft gewisser Bratwürstchen, welche dort so vorzüglich gut gefertigt werden, sie sind mit Majoran gewürzt und ein wenig geräuchert. Gedachte Personen wünschte scherzhaft in diesen Wintertagen damit zu überraschen, und Ew. Wohlgeboren ausgezeichnete Gefälligkeit läßt mich hoffen, daß Sie auch diesen vielleicht wunderlichen Auftrag geneigt besorgen zu lassen nicht verschmähen werden.

Mich bestens empfehlend, zu angenehmen Gegendiensten bereit.

Weimar den 13. Februar 1829.


45/138.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Julius Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, die Summe von 39 Gulden rheinisch an Herrn Johannes Schmidmer, Buch- und Kunsthändler in Nürnberg, ingleichen die Summe von 96 Gulden rheinisch an Herrn Buch- und Kunsthändler Velten in Carlsruhe gegen unmittelbare Erstattung auszahlen zu lassen.

Weimar den 13. Februar 1829.[162]


45/139.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

werden nunmehr den unter'm 11. hujus abgegangenen dritten Band der Wanderjahre erhalten haben. Das Wenige, was daran, so wie an dem zweyten, noch mangelt, wird nächstens erfolgen. Anbey sende den dreyzehnten Band der kleineren Ausgabe, revidirt, die übrigen sollen nicht außen bleiben; und so wird hoffentlich Ende des Monats alles in Ihren Händen seyn.

Der ich mit den besten Wünschen mich schönstens empfehle.

Weimar den 14. Februar 1829.


45/140.


An die Großherzogin Maria Paulowna

Durchlauchtigste Großherzogin,

gnädigste Fürstin und Frau.

Bey herannahendem, in jedem Sinne höchsterfreulichem Feste erlauben Ew. Kayserliche Hoheit einige Betrachtung über meine eigne Lage, wozu ich mich eben heute dringend aufgefordert fühle.

Wer ich hohen Jahren sich beobachtet und prüft, der findet freylich daß diejenige Munterkeit und Beweglichkeit, welche der Jugend gegönnt ist, womit sie[163] es wagt Plane zu entwerfen und ihre Ausführung zu verfolgen, daß diese sich nach und nach vermindere, wo nicht gar verliere, und man hat solches als ein allgemeines Menschen Schicksal bescheiden dahin zu nehmen; dagegen aber auch möglichst zu Rathe zu halten was noch übrig geblieben und dasselbe wo es nur nutzen kann treulichst anzuwenden.

Welchen lebhaften Dank habe ich daher Ew. Kayserlichen Hoheit abzustatten daß Höchstdieselben das Wenige was ich allenfalls noch zu leisten vermag nicht verschmähen; sondern mir sowohl meine Kräfte zu erproben, als einen rein gewiedmeten Willen darzuthun, gnädigste Veranlassung zu geben geruhen.

Enthalten kann ich mich aber nicht bey dieser Gelegenheit des schmerzlichen Ausdrucks: Höchstdero näheren Umgebung nicht angehören zu können, nicht jeder Zeit, als bereiter unermüdeter Diener Höchstdenenselben zur Seite zu bleiben.

Vorstehendes, welches meine aufrichtigsten Gesinnungen, zugleich mit den lebhaftesten Wünschen für Höchstderoselben und des durchlauchtigsten Hauses Wohl auszudrücken beabsichtigt, möge gnädigster Aufnahme, Verzeihung und Nachsicht in diesen wichtigen Augenblicken sich einigermaßen zu erfreuen haben.

Verehrend, lebenslänglich angeeignet,

Ew. Kayserlichen Hoheit

Weimar den 16. Februar

unterthänigster Diener

1829.

J. W. v. Goethe.[164]


45/141.


An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

vergegenwärtigen sich geneigtest und lebhaft den Zustand, in welchen mich das Abscheiden unseres unvergeßlichen Fürsten setzen mußte, und Sie entschuldigen gewiß mein bisheriges Stillschweigen. Seit jenem Augenblick, der uns in die traurige Gewißheit versetzte, fand ich mich, in so hohen Jahren, kaum fähig denen Obliegenheiten genug zu thun, die der Tag gleichgültig von mir forderte, eben als wenn es noch die freudige und behagliche Zeit wäre, wo man unter den Augen des vorzüglichsten Fürsten sich zu beschäftigen das Glück hatte.

Auch ist seit jenem Ereigniß meine Wirkung in die Ferne sehr viel geringer, und erst nach und nachricht ich mich wieder ein, die früheren Verhältnisse, nach Maaßgabe der gegenwärtigen Zustände, wieder anzuknüpfen.

Nehmen Ew. Hochwohlgeboren daher verpflichteten Dank, daß Sie mir Veranlassung geben, zu versichern: Gesinnungen und Vertrauen voriger Zeit seyen noch immer dieselbigen, auch habe sich wahrhafte Hochachtung und treue Anerkennung keineswegs vermindert. Ich erwarte daher dankbar die nächste Sendung der Flora brasiliensis, welche mir besonders in dem Augenblicke sehr[165] willkommen ist, da ich Veranlassung finde mich wieder für einige Zeit mit Botanik zu beschäftigen.

Sollte sich einiges, zur comparirenden Anatomie gehöriges Osteologisches um einen billigen Preis wieder vorfinden, so bitte mir solches als einen Versuch in unsern neuen Verhältnissen zuzusenden. Es steht zu hoffen, daß unser gnädigst regierender Herr seinem Herrn Vater, wie im Übrigen, also auch in Förderniß der Naturwissenschaften nachzustreben sich beeifern werde.

Für die früher mitgetheilten Notizen, die Reise der jungen Giraffe betreffend, danke verpflichtet. Wie ist es diesem zarten, Wärme gewohnten Geschöpf bisher ergangen?

Warum kann ich nicht an Ihrer Seite, und wär es auch nur auf einige Zeit, unter so vielen Schätzen frische Belehrung suchen und gegenwärtig seyn, wenn Ihr brasilianischer Reisender das Allerneuste entfalten.

Hier darf ich wohl aussprechen, daß die Naturbetrachtungen, denen ich so viele Jahre meines Lebens gewidmet, mich erst jetzt in hohem Grade belohnen, indem sie unter den Trost- und Ermunterungsgründen, bey manchen eindringenden Übel, sich am treusten und wirksamsten verhalten.

Viele werthe Männer hinwegraffend hat der Januar sich grausam gegen uns erwiesen. An mehreren Erdpuncten waren unsere vorzüglichen Männer nicht sicher. Adam Müller in Wien, Friedrich Schlegel in Dresden,[166] Doctor Hassel in Weimar, Professor Reisig in Venedig wurden ganz unvermuthet, letzterer am frühzeitigsten, abgerufen; und mir kommt es in meinen hohen Jahren ganz eigen vor, von dem Verluste so vieler Jüngeren Zeuge seyn zu müssen.

Halten Ew. Hochwohlgeboren sich daher versichert, daß ich, so wie den Wissenschaften, also auch treuerprobten Freunden immer gleich anhänglich verbleibe, und lassen mich von Zeit zu Zeit aus dem Reichthum Ihrer Erfahrung das Geeignete freundlichst vernehmen.

Weimar den [16.] Februar 1829.


45/142.


An Heinrich Carl Abraham Eichstädt

Ew. Hochwohlgeboren

darf mit der reinsten Wahrheit versichern, daß gerade das Höchstvorzügliche Ihrer Arbeiten, welche Sie unserm verewigten Fürsten gewidmet, mich gehindert hat, bisher meinen schuldigen Dank für die Übersendung abzutragen. Denn Ihre Darstellungen, wie ich mich wieder zu denselben wendete oder auch nur deren gedachte, erneuerten meinen Schmerz so lebhaft, daß ich die Gedanken davon wieder abzulenken genöthigt war. Und was mußte auch ein solches Talent, auf einen solchen Gegenstand gerichtet, nicht hervorbringen! Hier findet sich das Außerordentliche ohne Übertreibung und das Gewöhnliche ohne Gleichgiltigkeit.

[167] Sie haben unsern Mann und Fürsten durch und durch gekannt, zu seinen edel-großen Zwecken viele Jahre mitgewirkt und daher wußten Sie das in seinem eigentlichsten Werth zu schätzen, was andere wohl im Allgemeinen gelten lassen, aber auf keine Weise in seiner Eigenthümlichkeit zu würdigen verstehen.

Hier darf ich nun nicht weiter fortfahren, sonst komme ich in den Fall, gegenwärtigen Brief unvollendet liegen zu lassen wie manche andere, deren Inhalt mir keineswegs genügen wollte, wenn ich ihn mit demjenigen verglich, was hätte gesagt werden sollen.

Wenn nun Ew. Hochwohlgeboren mitempfinden, wie die Erinnerung an mein vergangenes Leben durchaus verflochten sey in die Erinnerung an den Lebensgang des außerordentlichen Mannes, so werden Sie sich gleichfalls überzeugt halten, daß ich Ihrer, als eines der vorzüglichsten Mitwirkenden, immerfort anerkennend zu gedenken habe.

Erhalten Sie mir auch fernerhin eine wohlwollende Theilnahme und bleiben meiner vorzüglichen lebenslänglichen Hochachtung gewiß.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

Weimar den 16. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.[168]


45/143.


An Carl Georg Hase

[Concept.]

Die Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 1828 nehme gern für die Hälfte des Preises zu großherzoglicher Bibliothek, weshalb dahin mit den Heften zugleich eine Quittung abzugeben wäre.

Wie ich denn auch, wenn diese Zeitschrift für 1829 fortgesetzt werden sollte, mich fernerhin als Mitglied der Gesellschaft anzuschließen, auch am Ende des Jahrs die Hefte gleichfalls nach obigen Bedingungen großherzoglicher Bibliothek zu acquiriren gedenke.

Weimar den 16. Februar 1829.


45/144.


An Caroline von Wolzogen

Erlauben Sie, verehrte Freundin, daß ich über die erst jetzt bey mir angekommenen Frey-Exemplare des Briefwechsels, nebst einiger Nachricht ohnmaaßgeblichen Vorschlag thue.

Es liegt nämlich contractmäßig vor mir:

Velin-Papier 25.

Den Goetheschen 12.

Den Schillerischen 13.

Gewöhnlich Papier 15.

Den Goetheschen 8.

Den Schillerischen 7.[169]


Die den Schillerischen gehörigen bin sogleich abzuliefern bereit, solche jedoch zu vertheilen, einpacken und versenden zu lassen, ist in meiner Lage ganz unmöglich. Ich wollte daher anfragen: ob ich sie Ihnen nach Jena schicken dürfte, wo die Herren Frommanns, in solchen Dingen gewandt und mit allem versehen, was zur Ausfertigung gehört, die Freundlichkeit wohl haben möchten, nach Ew. Gnaden Einleitung das kleine Geschäft zu übernehmen. Gleicherweise würden wir die folgenden Lieferungen behandeln können. Mich angelegentlichst empfehlend und zu der Herankunft eines fröhlichen Märzes Glück wünschend.

Verehrend

treu angehörig

Weimar den 18. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/145.


An Henriette von Pogwisch

[Concept.]

Die von Ew. Gnaden in dem gefälligen Billette fernerhin bezeichneten Werke bin gleichfalls geneigt, unter den bekannten Bedingungen zur großherzoglichen Bibliothek zu nehmen; deshalb Dieselben bitte, die Titel, nebst zu erlegendem halben Betrag, auf das hiebey zurückgehende Blatt zu bemerken. Ablieferung[170] und Abzahlung werden ja auch in kurzem zu berichtigen seyn.

Mich angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 18. Februar 1829.


45/146.


An Friedrich Jacob Soret

[Concept.]

[18. Februar 1829.]

Haben Sie nunmehr die Güte, theuerster Herr und Freund, mir die Übersetzung der Metamorphose gefällig zuzusenden; es wird mit noch langer einsamer Anstrengung das erfreulichste Geschäft seyn, diese gemeinsame Arbeit endlich vorzunehmen.

In Hoffnung baldiger Zusammenkunft.

Weimar den 17. Februar 1829.


45/147.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten beykommend die gewünschte Copie des, auf eine so ehrenvolle Weise, abhanden gekommenen Briefes. Damit dieselbe sogleich abgehe, versichre nur noch mit wenigem, daß die Hoffnung, das verehrte Paar bey uns zu sehen, mir und den Meinigen die angenehmste Aussicht verleiht.

Nur noch den Wunsch füge hinzu: es möge gefällig seyn, Ihrem Beauftragten in Leipzig Ordre zu[171] geben, mir ein Exemplar der Italiänischen Reise (Aus meinem Leben, zweyter Abtheilung erster und zweyter Theil) baldigst zu übersenden, welches dankbar anerkennen werde.

Manches Andere auf die zu hoffende persönliche Zusammenkunft versparend, mich angelengetlichst empfehlend.

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar den 19. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/148.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

erhalten mit der heut abgehender fahrenden Post den Abschluß der dießmaligen Lieferung. Durch die beykommenden Einzelheiten, unter dem Titel: Betrachtungen pp., wird der XXII. Band das rechte Maaß zu den übrigen erlangen.

Der zweyte Band des Schillerischen Briefwechsels ist gleichfalls angekommen. Das Publicum erweist sich mit mir, wie billig, gegen Druck und Papier ganz wohl zufrieden.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 21. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.[172]


45/149.


An Justus Christian von Loder

Nicht ohne Kopfschütteln werden Sie, verehrter Mann, aus meinem Schreiben vom 2. Januar ersehen haben, daß die mir so freundlich gegönnte Mineralien-Sammlung damals noch nicht ausgepackt gewesen; der geneigtest eigenhändig geschriebene Catalog ließ mich den höchst bedeutenden Werth derselben deutlich erkennen, und weil meine vieljährige Erfahrung mich leider genugsam belehrt hatte, was ein übereiltes Auspacken für Verwirrung und Schaden bringt, so sollte zuerst alles darauf vorbereitet werden. Einzelne Kästchen wurden bestellt, Schubladen der nächsten Mineralienschränke geleert, und, da ich seit Wochen nicht aus meinem Zimmer gekommen, alles in demselben zurecht und die Kiste selbst endlich herbeygetragen.

Diese wollte nun schon von außen einer Mineralien-Kiste nicht ähnlich sehen, und da nun gar bey Eröffnung derselben Baumwolle zum Vorschein kam, ferner eine zugeschnallte lederne Umgebung von etwas Bedeutendem, so riefen die Anwesenden einstimmig: hier müsse ein Irrthum obwalten, diese Kiste sey auf eine oder die andere Weise verwechselt.

Das lederne Gehäus wurde geöffnet, und es ist leicht zu denken, was nach gemeldeten Vorspiel der Anblick eines Prachtkästchens für einen Eindruck machte,[173] dessen Eröffnung nicht Mineralien, sondern wahrhafte Juwelen sehen ließ. Klänge dieses auch einigermaßen poetisch und exaltirt, so ist es doch nicht hinreichend, das vergnügte Erstaunen auszudrücken, was jedermann und mich selbst ergriff; und auch Sie, verehrter Freund, werden eine gewisse Zufriedenheit hegen, daß diese vorzügliche und im besten Sinne beabsichtigte Gabe durch diese Folie des Zweifelns und Zauderns wo möglich noch erhöht worden.

Nicht ohne genügende Heiterkeit trug man die bereiteten Schubladen und Kästchen bey Seite, da man, bey sorgfältigem Auspacken, sogleich zu bemerken hatte, daß jedem schätzbaren Exemplar auch schon sein Fach angewiesen, ja demselben, nach abgenommener Hülle, sogar ein weiches Unterlager bereitet war.

Von dem einzelnen Stücke und zuletzt von dem Ganzen, wie es vor Augen lag, wurde man in diese Wissenschaft, der zu nähern ich mich seit einiger Zeit gehütet hatte, gleichsam wider Willen hineingezogen; wo man denn, wie jener Antäus, durch Berührung des Urbodens wieder gestärkt und neu gekräftet wurde. Diese unschätzbaren Crystalle nöthigen sodann zu der Lehre hin, die wir Hauy verdanken; da mir denn ein Schüler von ihm und Biot, Herr Hofrath Soret von Genf, der treuste Führer bleibt, indem diese neue Sprache, mit ihren wundersamen Worten, Ausdrücken, Terminologien, Ausmessungen und Berechnungen in meine späteren Jahre traf, wo man weder solchen[174] Eindrücken mehr offen, noch auch sie festzuhalten im Stande ist.

An diesen Beyspielen jedoch, die, als ein von so werthem Freunde gegönnter Besitz, mir vielfach lieb und werth seyn mußten, fand ich mich wirklich in kurzer Zeit tiefer eingeführt in dieses Feld, als es mir lange Zeit hatte gelingen wollen, und Sie genehmigen gewiß diese Geschichterzählung, welche, so mancherlei sie darstellt, doch die Zufriedenheit und den Genuß, den ich bey wachsenden Tagen an Ihren herrlichen Gaben empfinde, nicht in ganzen Umfange aussprechen kann.

Nun soll man zwar bey einer so bedeutenden Gabe nicht gleich zu einer dankbaren Erwiderung das Nachsinnen hinwenden; aber das Gefühl darf sich den Wunsch nicht versagen, bey irgend einer Gelegenheit etwas, wo nicht in dem Grade, doch wenigstens der herzlichen Eigenschaft nach, dem so freundlich gesinnten Geber anbieten zu können.

Lassen Sie mich nun fernerhin bezeugen, wie angenehm und interessant es mir gewesen, ausführlichen Bericht Ihrer ununterbrochenen Thätigkeit durch die Reihe so vieler Jahre zu erhalten. Zwar bin ich im Allgemeinen diesem Verfolg so vorzüglichen Strebens und Leistens immer nachgegangen; doch ist es höchst erfreulich, mir denselben nunmehr auf eine so authentischen Weise vergegenwärtigt zu sehen.

Wenn ich nun hierüber meine Betrachtungen anstellte, so konnte mir nicht entgehen, welchen großen[175] Einfluß Ihro der verwittweten Kaiserin Majestät auf diese Angelegenheit ausübe. Dieß ist, was mir bey'm Empfang Ihres werthen Schreibens Bewanderung erregte und Freude gab, bald aber darauf in bittern Schmerz verwandelt ward, als die Nachricht von dem Tode dieser außerordentlichen Frau zu uns gelangte, und deshalb Trauer auf Trauer in unserm Kreise sich anhäufte.

Was man auch nun hiebey denken und empfinden mag, so muß man sich zuletzt bey der tröstlichen Überzeugung beruhigen, daß vorzügliche Personen dasjenige, was von ihnen abhängt, immer dergestalt zu führen, zu leiten und einzurichten wissen, daß nicht allein ein günstiger wirksamer Augenblick, sondern zugleich Folge und Dauer sich daraus entwickeln.

Und so darf ich mir denn auch wohl denken, daß die höchst wichtigen, unter Ihre Leitung gegebenen Anstalten sich schon auf den Grad lebendig und gesichert finden, daß die Thätigkeit des verehrten Freun des sich in einer stetigen Folge wirksam erweisen kann.

Gleiche Beruhigung finden wir in unserer Lage, wo wir den höchstseligen Herrn noch immer als gegenwärtig denken dürfen, indem dasjenige, was er begonnen, gefördert, eingeleitet, gegründet, in stetigem Wachsthum und Fortschreiten sich erweist und denenjenigen, die damit beschäftigt sind, an das Unsterbliche der edelsten Wirkung Glauben und Überzeugung verleiht.

[176] Dieses Blatt abzuschließen ward ich durch mancherlei zusammentreffende Umstände gehindert; doch find ich alle Ursache, meinen lebhaftesten Dank aber- und abermals zu wiederholen, indem jederzeit, nach Tische, der mir gegönnte Schatz eröffnet, durchgeschaut und mit den neusten oryktognostischen Schriften verglichen wird. Da ich denn zu bemerken habe, daß von mehreren vor mir liegenden Mineralien gerade der nordische Fundort nicht angegeben oder mit einem Fragzeichen behandelt ist.

Zum Schluß will ich nur noch vermelden, daß ich so eben meine Correspondenz mit Schillern von den Jahren 1794-1805 wahrscheinlich zum Vergnügen und Erbauung damals mitlebender Freunde getrost abdrucken lasse. Wenn Sie, nächst so manchen theuren Namen, auch den Ihrigen, unter guten Auspicien, wieder finden, so gedenken Sie jener Zeit mit Neigung.

Lassen wir es sodann wechselseitig an einem Zeichen nicht fehlen, daß wir immer noch, auf das freundlichste verbunden, dieses Erdenrund betreten.

In solchen Hoffnungen unwandelbar

Weimar den 22. Februar 1829.

J. W. v. Goethe.


45/150.


An C. Küster

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit gehabt, ein Schreiben an des Herrn wirklichen Staatsrath v. Loder Excellenz,[177] welches am 10. Januar übersendet, geneigt zu befördern; in Gefolg dessen ich mir die Freyheit nehme, auch die Bestellung des beykommenden abermals zu empfehlen.

Zugleich bitte um Beantwortung der Frage, ob Herr Christian Heinrich Keitel in Braunschweig, durch dessen Vermittlung mir jene Kiste zugekommen, eine kleinere dorthin zu bestellen geneigt seyn möchte; wobey bemerke, daß dieselbe Bücher enthalten würde, welche, wie man weiß, nicht wohl Eingang in Rußland finden. Indessen würden die deshalb zu nehmenden Cautelen Ew. Wohlgeboren nicht unbekannt, auch die vorkommenden Hindernisse durch das genaue Verhältniß mit Ihrem Herrn Bruder gar wohl zu beseitigen seyn. Weshalb ich denn gefällige Nachricht erbittend, in einiger Zeit ein solches Kistchen würde zu übersenden haben.

Weimar den [23.] Februar 1829.


45/151.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Sollte es Ihnen, mein Werthester, nicht unbequem seyn, heute, Montag Abends, oder künftigen Mittwochen mich zu besuchen, so wird es mir angenehm seyn, weil morgen Verhinderungen eintreten.

Das Beste wünschend.

Weimar den 23. Februar 1829.

G.[178]


45/152.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie Beykommendes, mein Werthester, zu guter Stunde durchlesen und das Nöthige dabey bemerken, so würde unsere nächste Conferenz desto besser gefördert werden.

Wollten Sie zugleich das artige Liebesgeschichtchen der guten Frau mit meinen schönsten Grüßen mittheilen, so wird es ihr wohl ein angenehmes Viertelstündchen machen.

Unter den besten Wünschen mich schönstens empfehlend.

Ergebenst

Weimar den 24. Februar 1829.

G.


45/153.


An den Obristen von Lützow

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

sende, mit verpflichtetem Danke, das gefällig anvertraute bedeutende Manuscript zurück; es gibt wichtigen, wenn schon unerwünschten Aufschluß über das Vergangene. Möge das Künftige sich dagegen mit größerer Gunst erweisen. Was ich aber sehr zu bedauern habe, ist, mit Ew. Hochwohlgeboren mich hierüber nicht besprechen und mancher aufklärenden Belehrung nicht genießen zu können.

[179] Eine glückliche Reise wünschend, mit geziemender Bitte, mich Ihro des Prinzen Wilhelm Königlicher Hoheit unterthänigst zu empfehlen, mir aber ein wohlwollendes Andenken aus der Ferne geneigtest zu erhalten.

Weimar den 28. Februar 1829.


45/124.


An Peter von Cornelius

Ew. Hochwohlgeboren

haben vollkommen meinen zutraulich ausgesprochenen Wunsch durch Ihre Sendung erfüllt, und mein dagegen zu erwiderndes Dankschreiben ward nur dadurch verzögert, daß ich wünschen mußte, mich ausführlicher über das hiebey empfundene Vergnügen auszusprechen. Für's erste jedoch muß ich dieser angenehmen Pflicht entsagen bey dem Andrang so mancher unausweichlichen Obliegenheiten. Auszusprechen jedoch darf ich nicht unterlassen, wie durch die farbige Ausführung von der einen Seite die Wirkung des Gemähldes mir dergestalt entgegentritt, als wenn ich es von ferne oder durch verkleinernde Linsen ansähe; dagegen aber mit Hülfe der Durchzeichnungen die einzelnen charakteristischen Intentionen in ihrer großen Mannichfaltigkeit, Abstufungen und Gegensätzen, ganz nah und deutlich, dem äußern sowohl als dem innern Sinne mir sich offenbaren. Verarbeitet nun die Einbildungskraft[180] diese Elemente, so scheint mir nach und nach ein Kunstwerk gegenwärtig, von dessen entschiedener Wirkung ich mich überzeugen kann, wenn ich schon niemals hoffen durfte, mich demselben zu nähern und in seiner hochbedeutenden Umgebung mich dessen recht im Zusammenhange zu erfreuen.

Doch ich gerathe ja hier bey'm unmittelbaren Anblick dieser Mittheilungen schon auf den Weg, welchen zu betreten ich fürchtete, und ich würde darauf gerne fortgehen, wenn meine nächste, zugleich eintretende Umgebung mich nicht davon abmahnte.

Darf ich bitten mich denen Herren Stieler und v. Martius bestens zu empfehlen, und wenn meine denenselben schuldigen Antwortschreiben noch einige Zeit außen bleiben, mir gleiche Nachsicht, die ich von Deneselben hoffen darf, zu erbitten.

Ihro des Königs Majestät auf der unternommenen Reise nach Italien mit den frömmsten Wünschen begleitend und auf das fernere Wohlwollen meiner Münchner Freunde fest vertrauend unterzeichne mich hochachtungsvoll,

dankbar verpflichtet

Weimar den 1. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/155.


An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Ihr werthes Schreiben, theurer verehrter Freund, ob es mich schon zu einem schmerzlichen Antheil aufrief,[181] war mir doch höchst willkommen, indem es mich des wünschenswerthesten Antheils und fortdauernden herzlichen Zutrauens versicherte. Mir aber werden Sie nach so vieljährigen Verhältnissen auch ohne Betheurung glauben, daß mein Andenken immer lebhaft und das Aufhorchen auch aus der Ferne immer thätig sey, im Stillen hie und da zu vernehmen, wie es denjenigen ergehe, die ich nicht anders als an und in mein Leben gegliedert betrachten kann. Den gefährlichen Zustand Ihrer Frau Gemahlin hab ich schon seit einiger Zeit vernommen. Auch dieser hab ich ja unter meinen frühsten Verhältnissen zu gedenken, und erinnere mich noch recht gut der Zeit, wo ich in Erfurt das Gedicht: die Geheimnisse, kaum als es geschrieben war, in ihrer Gegenwart vorlas und großen Antheil erweckte; wie ich denn auch des Malteserritters oft gedenken muß, der sich nach ihr so eifrig in Palermo erkundigte. Möge derselben nach meinem Wunsche noch manche gute Stunde gegönnt seyn.

Bey dem stillen Lebenswandel, den ich gegenwärtig führe, ist meine Beschäftigung gleichsam nur testamentarisch. Das Original meiner Werke dergestalt zuzurichten, daß die vierzig Bände auf jeden Fall, auch ohne mein Zuthun abgedruckt werden können, ist gegenwärtig meine nächste Sorge. Ist nun dieses zunächst abgethan, so hat sich so viel gehäuft, das auch redigirt und zurechte gestellt seyn will, daß ich eigentlich auf mehr Jahre als billig Arbeit vor mir[182] sehe und nur immer daran zu denken habe, wie ich jeden Tag das Nöthigste vorwärts schiebe und beseitige.

Sodann findet mich die Beylage Ihres werthen Schreibens mit ähnlichen Gedanken beschäftigt; ich habe sie mit großem Vergnügen gelesen und wüßte durchaus nichts, was meiner Denkart über diese Angelegenheit im mindesten widerspräche. Die Absicht ist höchst löblich, das Unternehmen war, bey dem Zustand unsrer Kunst- und Künstlerwelt, nothwendig und unerläßlich. Wir bilden Künstler, Künstler bilden sich ohne unser Zuthun, und wo sollen die Käufer aller Arbeiten herkommen. Actien auf gut Glück, Verlosung mit unwahrscheinlichem Gewinn, Belohnung durch den Gedanken, etwas Gutes gestiftet zu haben, und was dergleichen mehr ist, mußten eingeleitet und durch einflußreiche Männer gefördert werden.

Wir in unserm kleinen Kreise fühlten schon längst die Unzulänglichkeit unserer Mittel, deswegen haben wir uns voriges Jahr an den Dresdner Verein angeschlossen und sind mit etwa vierzig Actien zu demselben getreten. Bey Verhandlung hierüber kam zur Sprache, ob ein Verhältniß zu dem Berliner nicht vorzuziehen sey, welchen Vorschlag aber die von ihren Statuten ausgesprochene Ausschließung der Fremden nicht begünstigte. Dieß gibt mir schon die Überzeugung, daß Ihr Vorschlag sehr der richtige sey: hierin jede Beschränkung aufzuheben. Ohne diese[183] hätten Sie sich wahrscheinlich zum Mittelpunct der bildenden Kunst vom nördlichen Deutschland gemacht; denn es scheint, daß die übrigen Zweige des sächsischen Hauses, nach unserm Beyspiel, sich an den Dresdner Verein anzuschließen, zunächst folgen werden.

Es ist eigen, daß die Düsseldorfer Schule, von einem Berliner Künstler angeführt, sich so bedeutend hervorthut. Am Rhein und in den niederländischen Gegenden bleibt eine gewisse heitere Sinnlichkeit durchaus lebendig; die gesunde derbe Natur, die sich im siebzehnten Jahrhundert dort so unvergleichlich hervorthat, waltet noch fort; und es ist zu wünschen, daß die Unsrigen sich an diesem Beyspiel und Vorgang ermannen und von ihren frömmlenden Ritterlichkeiten erholen mögen.

Über die Angelegenheiten der Vereine, um hievon noch einiges zu sprechen, hab ich zeither Gelegenheit gehabt, vielfach nachzudenken und werde mich auch wohl hierüber in dem nächsten Stück Kunst und Alterthum zu erklären suchen. Gar manches hierauf bezüglich steht fest, und man wird wohlthun dabey zu beharren; manches jedoch ist problematisch, hängt auch wohl von Zeit und Umständen ab. Hierüber möcht es wohl Pflicht seyn, Erfahrungen und Überzeugungen mitzutheilen.

Die herrlichen Früchte, die wir von Ihres Herrn Bruders Reise zu erwarten haben, wünschte an meinem Theil auch dankbar hinzunehmen. Da ich ihn mit[184] meinen Gedanken überall hin begleite, so empfehle ich mich ihm zu schönsten, mit dem Wunsch, er möge meiner bey interessanten Gegenständen, in bedeutenden Augenblicken als eines wahrhaft Theilnehmenden bestens gedenken.

Aufrichtig zu sagen, so möcht ich jetzt, indem ich schließen will, von vorn anfangen, da mir so unendlich vieles im Sinne liegt was ich mittheilen möchte; wie denn auch das schon Ausgesprochene weiter ausgeführt werden könnte. Den eifrigen Wunsch will ich jedoch hinzufügen, daß die Tage, die wir noch zusammen auf Erden zu verleben haben, von erträglichen Leiden und mäßigem Genuß mögen begleitet seyn; so wie an treuen wechslseitigen Gesinnungen gewiß niemals ein Mangel seyn wird.

Weimar den 1. März 1829.


45/156.


An Johann Peter Eckermann

[Concept.]

Sie sind in beykommenden Papieren so erfahren, daß ich Sie wohl ersuchen kann, nachzusehen und zu überlegen, ob nicht etwa noch ein paar Druckbogen mathematischen Inhaltes daraus zu redigiren wären.

Weimar den 1. März 1829.[185]


45/157.


An Johann Heinrich Meyer

Beykommendes übersende im Namen Ihro Kaiserlichen Hoheit; wenn Sie das Werk durchgesehen, soll es auf die Bibliothek gelangen. Es wird mir nach und nach ganz unerträglich, Sie nicht zu sehen und zu sprechen. Es ist manches Interessante bey mir angekommen und auch darüber vielerlei zu verhandlen. Den ersten Tag lasse anfragen: ob Sie nicht mit mir spazieren fahren und den Mittag bey mir vorlieb nehmen wollen.

Noch eine Frage: ist Ihnen im griechischen Alterthum jemals eine Göttin oder Heroine vorgekommen, welche sich mit dem Ferkelchen, gleichsam als Schoßhündchen, abgibt? Ein so wunderbares Monument ist gegenwärtig bey mir zu sehen.

Sagen Sie mir ein Wort von Ihrem Befinden. Mir ist es die Zeit her auch nicht sonderlich gegangen.

treulichst

Weimar den 1. März 1829.

Goethe.


45/158.


An Carl Friedrich Zelter

Eigentlich für solche alte Käuze, wie du bist, hab ich, mein Theuerster, die Schillerische Correspondenz schon gegenwärtig drucken lassen; die Jetzt- und Folgewelt mag sie hinnehmen, wie sie kann, für sie bleibt[186] dieß Wesen alles historisch, und auch so wird es manchem Verständigen und heilsam werden; denen aber, die damals schon lebten und wirkten, dient es zu größerer Vollständigkeit und Bequemlichkeit, wenn auch sie das Facit ihres Lebens zu ziehen Luft haben.

Im Allgemeinen aber bleibt es gewiß einem jeden Denkenden interessant, in das Spiel zu sehen, wie damals die Karten vertheilt waren, und wie mit verschiedenem Geschick, Glück und Klugheit das Unternommene getrieben wurde.

Auf Ostern kommen euch die neuen Wanderjahre in die Hände, und da möcht ich immer das alte Wort wieder ausrufen: »O, ihr Athenienser!«

Die Übertriebenheiten, wozu die Theater des großen und weitläufigen Paris genöthigt werden, kommen auch uns zu Schaden, die wir noch lange nicht dahin sind, dieß Bedürfniß zu empfinden. Dieß sind aber schon die Folgen der anmarschierenden Weltliteratur, und man kann sich hier ganz allein dadurch trösten, daß wenn auch das Allgemeine dabey übel fährt, gewiß Einzelne davon Heil und Segen gewinnen werden; wovon mir sehr schöne Zeugnisse zu Handen kommen. Ist doch eigentlich das wahrhaft Vernünftige und Auslangende das Erbtheil weniger, im Stillen fortwirkender Individuen.

Für die Berichtigung der Namen danke zum schönsten; es kommt mir oft vor dergleichen zu verwechseln,[187] besonders von Personen, die ich nicht von Angesicht kenne; wenn sich's nicht nur gar auf Adressen verirrt, so mag es noch hingehen.

Wegen des Wappens will ich mit Meyern sprechen, sobald ich ihn sehe; er ist nicht wohl, und wir kamen lange nicht zusammen. Verlangst du aber ein Roß, so muß es wenigstens Flügel haben und aus einem Felde in's andere springen, welches noch weiter zu überlegen seyn wird.

Das höchst artige Geschichtchen von dem Diener, der im Kopfe nicht zusammenfinden konnte, daß heißes und kaltes Wasser laues hervorbringe, kommt mir gerade zu rechter Zeit. Es hat etwas Ähnliches von den Irish Bulls, die aus einer wunderlichen Unbehülflichkeit des Geistes hervorkommen, und worüber im psychologischen Sinn gar manches zu sagen ist. Hier etwas dergleichen: »Ein Irländer liegt im Bette; man stürmt herein und ruft: rettet euch, das Haus brennt! Wie so? erwidert er, ich wohne ja zur Miethe hier!« Findest du dergleichen in deinem Gedächtniß oder könntest du es sonst nachweisen, so geschähe mir ein Gefalle. Die Betrachtungen darüber sollen dir mitgetheilt werden.

Das Studium der Witterungslehre geht, wie so manches Andere, nur auf Verzweiflung hinaus. Die ersten Zeilen des Faust lassen sich auch hier vollkommen anwenden. Doch muß ich zur Steuer der Wahrheit hinzufügen: daß derjenige, der nicht mehr[188] verlangt, als dem Menschen gegönnt ist, auch hier für angewandte Mühe gar schön belohnt werde. Sich zu bescheiden ist aber nicht jedermanns Sache. Hier wie überall verdrießt es die Leute, daß sie dasjenige nicht erlangen, was sie wünschen und hoffen, und da glauben sie gar nichts empfangen zu haben. Man müßte z.B. vor allen Dingen auf das Vorauswissen und Prophezeyen Verzicht thun, und wem ist das zuzumuthen.

Soviel für heute! Schreibe bald wieder, denn es gibt auch bey mir unter großem Drang, der manchmal in Verwirrung ausarten will, doch immer noch ein Stündchen ruhiger Fassung zu freundlichstem Erwidern.

und so fort an!

Weimar den 4. März 1829.

Goethe.


45/159.


An Friedrich August von Stägemann

Ew. Hochwohlgeboren

höchst schätzbare Sendung würde schon früher mit verpflichtetem Danke erwidert haben, wenn ich nicht diejenigen Gedichte, welche ihrer Zeit als wirksam und bedeutend schon einzeln gekannt, hier im ganzen Zusammenhange und vereinter Kraft kennen zu lernen gewünscht hätte. Nun aber darf ich wohl sagen, daß ich diesen Band als ein Zeugniß ansehe: wie bey einer der bedeutendsten Epochen der Weltgeschichte, bey[189] dem wichtigsten und unter den größten Gefahren bestandenen Unternehmen ein ächter Mann und Vaterlandsfreund empfunden, gedacht und in höherem Sinne sich ausgedruckt.

Daß diese mitten unter kriegerischen Tumulten, von denen ich selbst soviel gelitten, mit freyem Geist entstandenen Gedichte mich nun bey einem hohen Alter, nach soviel Jahren, in einem friedlichen Lande, zu ruhiger Zeit freundlich begrüßen, erregt mir die angenehmste Empfindung, für welche höchlich dankbar ich nur wünschen kann, daß Denenselben der beste Lohn in dem Bewußtseyn, als Mitglied einer so großen, weit verbreiteten Staatsverfassung fortzuwirken, dauerhaft gegönnt seyn möge.

Genehmigen Sie bey dieser Gelegenheit den Ausdruck der vollkommensten Hochachtung.

Ew. Hochwohlgebornen

gehorsamster Diener

Weimar den 4. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/160.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde hiedurch auf das gefällige Schreiben vom 22. Februar, daß die darin angezeigte Sendung glücklich angekommen. Zu dem ersten Band der Wanderjahre sende noch einen Nachtrag, da er gar[190] zu mager ausgefallen ist. Mich hat die weitläufige Hand des Abschreibenden getäuscht. Kommen noch einige Bogen hinzu, so setzt er sich, sowohl was das Äußere als das Innere betrifft, mit den folgenden eher in's Gleiche.

Was die Anfrage der Magdeburger Buchhandlung angeht, habe von meiner Seite nur soviel zu sagen, daß ich das Bedeutendste, was von Altem und Neuem meiner Arbeiten gedruckt oder ungedruckt vor mir liegt, in diese Bände zusammenzudrängen gesinnt bin.

Bey dieser Gelegenheit, unter uns gesagt, darf ich wohl der Hoffnung leben, daß die Verlagshandlung hiezu den gehörigen Raum bewilligen werde.

Die oben bemerkte Zugabe zum 1. Theil erfolgt nächstens, und bitte darnach Ihre Einrichtung zu ma chen.

Der ich mich bestens empfehle und, fernern guten Fortgang des Geschäfts anwünschend, mich unterzeichne.

Weimar den 4. März 1829.


45/161.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Ich theile einen Gedanken mit, mein werthester Herr Doctor: es scheint mir schicklich und für die Folge nützlich, daß wir die Bücher, welche wir durch die Gunst des Herzogs von Coburg erhalten haben[191] und gar wohl als Geschenk ansehen dürfen, mit dem Stempel dieses Herrn, einem gekrönten E., bezeichnen. Besprechen Sie dieß mit Herrn Bibliothekar Göttling und melden Sie mir das Nöthige. Hiebey wäre auch zu beachten, wie die Bände beschaffen sind. Wären sie von der Art, daß man die Stempel nicht unmittelbar auf die Deckel drucken könnte, z.B. rohe Pappe und dergleichen, so druckte man die Chiffre erst auf Maroquinpapier und klebte sie auf. Was und wie es zu thun, werden Sie drüben am besten berathen. Ich lasse alsdann den Stempel von Facius schneiden; da die Bücher, so viel ich davon kenne, Folio und Quart sind, so wird man wohlthun, denselben etwas groß zu halten.

Mit den besten Wünschen mich schönstens empfehlend, Herrn Professor Göttling zum besten grüßend.

Weimar den 4. März 1829.


45/162.


An Johann Wolfgang Döbereiner

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

habe hiermit zu vermelden, daß der Cassirer Hoffmann unter dem heutigen Datum die Anweisung erhalten hat, Denenselben auf die eingerichtete Rechnung die noch schuldigen 101 Thaler 8 Groschen Courant auszuzahlen. Wie er dieß zunächst bewirken wird, so ist es mir angenehm, das vorliegende Geschäft insoweit beendigt zu sehen.

[192] Die weiteren wünschenswerthen Vorschläge möchten freylich so leicht nicht in Erfüllung kommen; doch würde ich rathen, auf alle Fälle darauf los zu arbeiten. Wie ich denn im nächsten Frühling Veranlassung geben würde, diese bedeutende Angelegenheit an Ort und Stelle zu überlegen, nicht weniger Riß und Anschlag zu fertigen und einen deshalb zu thuenden Vorschlag einstweilen einzuleiten.

Haben Sie die Güte, diese Sache indessen näher zu überlegen und darauf zu denken, wie die unerläßlichen Bedürfnisse zwar sachgemäß, aber doch in verjüngtem Maaßstab könnten hergestellt werden, indem wir freylich mit allzu hohen Summen unsre hohe Gönnerin nicht angehen dürfen.

Den aufrichtigsten Antheil an Ihren höchst schätzbaren Bemühungen, welche die Wirkung einer so edlen Wissenschaft in's Leben und in's Ganze bezwecken, weiß ich gewiß zu schätzen und werde, was an mir liegt, zur Förderung der hiezu nöthigen Mittel alles mit Vergnügen beytragen.

In Hoffnung auf angenehme Frühlingstage, um vielleicht selbstgedachten Berathungen beywohnen zu können, empfehle mich zu geneigtem Andenken und unterzeichne mich mit vorzüglicher Hochachtung, die uneigennützige Anhänglichkeit an Ihre gegenwärtige Lage durchaus anerkennend.

Weimar den 4. März 1829.[193]


45/163.


An Wilhelm Reichel

Die Kupferstecherkunst hat an der Lithographie eine Nebenbuhlerin bekommen, welche durch die bedeutenden Fortschritte, die sie macht, immer mehr Anhänger gewinnt. Allein es kann daraus für die erstere selbst ein großer Nutzen erwachsen, indem durch die Vervollkommnung dieser die Künstler, welche sich jener gewidmet haben, ihren Vorrang zu behaupten aus allen Kräften sich bestreben müssen; wie denn auch wirklich in der Kupferstecherkunst in den neusten Zeiten besonders Italiäner, Franzosen und Engländer das Außerordentlichste leisteten.

In Deutschland hat die Lithographie eine bedeutende Ausbildung erlangt, wird als Vervielfältigerin künstlerischer Ideen durch deren leichte Verbreitung dem Kunstsinn sehr förderlich und zeigt sich besonders auf Gegenstände anwendbar, deren Schönheit auf der Zeichnung und einfachen Größe mahlerischer Massen beruht.

Madonna di San Sisto von Raphael war daher eine sehr günstige Aufgabe für die Lithographie, welche von J. Velten in Carlsruhe und Heinrich Müller aus Weimar sehr glücklich gelöst worden ist, von welchen letzterer dieses keiner Empfehlung erst bedürfende Bild auf Stein gezeichnet hat.

Da Müllers unübertrefflicher Original-Kupferstich in guten Drucken so äußerst selten zu finden ist, so[194] wird dieses sehr gelungene lithographirte Blatt von Herrn Heinrich Müller den Kunstfreunden, welche sich durch Nachbildungen gern an Raphaels edles Werk erinnern wollen, sehr willkommen seyn. Auch empfiehlt dieses Blatt sich denen, welche mit anziehenden Gegenständen gern ihr Wohnzimmer decoriren, wozu aber vorzügliche Kupferstiche zu kostbar sind, weil solche unter Glas und Rahmen verderben, durch den mäßigen Preis. Es ist genau von derselben Größe wie Müllers Kupferstich nach der Madonna di San Sisto und kostet 8 Gulden.


Ew. Wohlgeboren

werden mich verpflichten, wenn Sie Vorstehendes in die Beylage der allgemeinen Zeitung gefällig aufnehmen mögen.

ergebenst

Weimar den 6. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/164.


An Johann Heinrich Meyer

Ich sende, mein Theurer, Johnen ab, um Ihnen die Zeichnung, von der ich gestern sprach, vorzulegen. Leider will sich die Radirung Rembrandts, die, wie Sie aus Nr. 37 beyliegenden Catalogs ersehen, vollkommen mit der Zeichnung übereinstimmt, die ich[195] ganz deutlich gesehen zu haben mich gar wohl erinnere. Das Blatt ist meisterhaft und wird Ihnen anzuschauen gewiß Vergnügen machen.

John bringt Papier und Bleistift mit, um Ihre Gedanken und Entscheidung sogleich ohne Ihre Beschwerde aufzuzeichnen.

In der Hoffnung, Gegenwärtiges werde Sie in zunehmender Besserung antreffen.

Weimar den 11. März 1829.

G.


45/165.


An Carl Gustav Börner

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersehen aus beyliegendem Blatte, was ich von den mir übersendeten Zeichnungen und Kupfern behalte und ich mich deshalb als Ihren Schuldner anerkenne. Herr Banquier Elkan hat den Auftrag, Ihnen die 42 Thaler 16 Groschen auszuzahlen.

Läßt sich der Fischzug Petri nach Raphael von Dorigny um eine Rolle wickeln, welches wohl angeht, wenn er nicht etwa aufgeklebt ist, so haben Sie die Gefälligkeit, mir ihn mit der fahrenden Post wohlgepackt zu übersenden; nicht weniger, wenn etwas ankommt, solches wie bisher mir auch in der Folge zu überschicken.

Sodann geschähe mir ein Gefalle...

[196] Das Verzeichniß, wie Sie es gesendet, liegt bey dem Überrest der Zeichnungen und Kupfer, welcher nächstens mit der fahrenden Post wieder zurückgeht.

Weimar den 13. März 1829.


45/166.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird höflichst ersucht, an Herrn C. G. Börner, Mahler und Kunsthändler in Leipzig, die Summe von

zweyundvierzig Thalern 16 Groschen sächsisch

gegen alsbaldige Wiederbezahlung gefällig auszahlen zu lassen.

Weimar den 13. März 1829.


45/167.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Übernehmen Sie, werthester Herr Doctor, gefällig nachfolgendes kleine Geschäft.

Alexander Netz, ein Knabe von vierzehn Jahren wohnhaft zu Jena, auf dem Steinwege bey seiner armen Mutter, meldete sich schon verschiedentlich bey dieser und jener Behörde, Zeichnungen vorweisend, welche, bey aller ihrer Unvollkommenheit, doch immer auf ein angebornes Talent hindeuten. Endlich gelangt sein Gesuch auch an mich; und ob ich gleich niemanden[197] bestimmen möchte, sich der bildenden Kunst zu widmen, weil sie schwer zu erlernen und noch schwerer ist, durch das Erlernte seinen Lebensunterhalt zu erwerben, so bin ich doch geneigt, mich versuchsweise nach diesem Knaben umzuthun.

Wollen Sie also sich zunächst erkundigen:

1) Um seine jetzige Lage.

2) Welchen Schulunterricht er genossen, und welche Zeugnisse er von seinem Lehrer erhält?

3) Wann er etwa confirmirt wird?

4) Was für ihn zunächst zu thun.

Freylich sind die Zeichen-Anstalten in Jena nicht sehr förderlich: Oehme ist alt, und Schenk möchte wohl schwerlich einen Schüler weiter bringen.

Da aber der Knabe sonstige Fähigkeiten zu haben scheint, auch schon eine hübsche Hand schreibt: so wünschte ich ihn am liebsten hierauf gerichtet zu sehen, nicht weniger auf Geometrie, welche denn doch zuletzt alles Nachbilden regeln muß; da er denn nebenher Köpfe, Figuren und wozu er sonst Lust hat, nachzeichnen mag. Wie gesagt, mein Werthester, unterrichten Sie sich zuerst von den Umständen: viel kann ich nicht thun, und das Wenige möchte ich wohl angewendet wissen.

Mündlich oder schriftlich Nachricht hierüber erwartend, wünsche wohl zu leben und meiner freundlich zu gedenken.

ergebenst

Weimar den 14. März 1829.

J. W. v. Goethe.


[198] Nachschrift.

So eben werd ich aufmerksam gemacht, daß Herr Rector Gräfe wohl der Mann sey, wenn er sich dieses Knabens annehmen möchte, den Bildungsgang desselben am besten zu reguliren und zu leiten.

Der Herr Rector hat, wie ich weiß, die Neigung, neben andern gewöhnlichen Schulbeschäftigungen auch die Schüler sich im Zeichnen üben zu lassen, und das wäre ja hier das Wünschenswerthe, wo man am ersten versichert seyn könnte, daß das Angewandte auch entschiedenen Nutzen bringe.

Überdenken Sie die Sache, mein werthester Herr Doctor, und geben mir zunächst Kenntniß von Ihren Untersuchungen.

Wie oben und immer

G.


45/168.


An Friedrich Christoph Perthes

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefällige Vermittelung hat mich abermals mit einem angenehmen Büchlein bereichert, welches über die serbischen Zustände hinlängliche Auskunft gibt. Des Verfassers beygelegter Brief ist aus Venedig datirt; mein Dank wird ihn durch Ihre Geneigtheit wohl eher zu treffen wissen, als es unmittelbar von mir geschehen könnte.

[199] Eine frühere, auch in Ihrem Verlag herausgekommene Schrift kenn ich nur dem Titel nach, allein die gegenwärtige gibt mir auch für keine Person besonderes Interesse. Er unterschreibt sich als außerordentlicher Professor an der Universität von Berlin und war vielleicht Reisegefährte des uns leider zu früh entrissenen Reisig. Mögen Sie mir etwas Näheres von ihm, von seiner Herkunft, so wie von seinen nächsten Studien und Absichten mittheilen, so werden Sie mir eine besondere Gefälligkeit erweisen.

Der ich übrigens, für Ihr fortgesetztes geneigtes Andenken bestens dankend, mich Denselben auch fernerhin andringlich empfehle.

Weimar (etwa 16.) März 1829.


45/169.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

Vorstellung und Wünschen füge mich um so lieber, als der letzte Band auch nicht stark ist und es hauptsächlich darauf ankommt, daß diese übersendeten Aphorismen mit gegenwärtiger Lieferung in's Publicum treten. Hiernach käme also das Nachgesendete: Aus Makariens Archiv an's Ende des dritten Bandes der Wanderjahre.

Die ferneren Sendungen, wie der Abdruck wächst, erwarte mit Vergnügen. Der 26. Band soll Sonntag[200] den 22. März von hier abgehen, auch die übrigen nicht außenbleiben. Der 15. Band, revidirt den 8. März von hier abgegangen, wird nun auch wohl in Ihren Händen seyn.

Wollen Sie mir die Folge des Originals, im Manuscript sowohl als Druck, einmal wieder zusenden, so wäre mir angenehm, es mit dem übrigen zu verwahren.

Das Beste wünschend, für fortgesetzte freundliche Theilnahme dankend.

ergebenst

Weimar den 19. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/170.


An Friedrich Jacob Soret

Ihro Kaiserliche Hoheit heute nicht, wie ich hoffte, bey mir zu verehren, schmerzt mich dießmal besonders, indem ich schon einiges Bedeutende zurecht gelegt hatte.

Indem ich nun zu den neuen Staats-, Luft- und Scherzwürden meinen Glückwunsch abstatte, vermelde, mein Theuerster, daß ein Tiroler Mineralienhändler angekommen, welcher sehr hübsche Sachen bringt. Mögen Sie, etwa morgen früh, mich besuchen und die Stufen mit mir durchgehen, so wird es beiden angenehm und belehrend seyn, auch mich bestimmen, dieses oder jenes mir zuzueignen.

Wollten Sie Ihren lieben Zögling zu uns bringen, so wird es wohl auch für Ihn erfreulich werden, da der Garten zugänglich ist.

[201] Zu unsern botanischen Zwecken hab ich auch wieder einige Schritte gethan.

treu ergeben

Weimar den 21. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/171.


An Johann Gottlob von Quandt

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

danke verpflichtet für das freundliche Schreiben und die gehaltreiche Sendung. Mich däucht, es sey schon genug erzweckt, wenn das Publicum erfährt, wo der Künstler hinaus will, auch ein Künstler vom andern vernimmt, wie er denkt und was er thut. Ich habe die übersendeten Umrisse an die Actionärs vertheilen lassen, und man hat sie wohlgefällig aufgenommen; nur müßte ich wegen der Zahlung bitten, daß man den Termin weiter hinaus setzte.

Die hiesigen Gönner und Freunde sind zwar wohlwollend und generös, allein es möchte doch hie und da Anstoß geben, wenn man gleich im nächsten Vierteljahr den Betrag noch einmal forderte. Die deshalb nöthigen Erläuterungen würden mich in eine unangenehme Lage setzen. Der wohlgeordneten Casse des Vereins kann es gleichgiltig seyn.

Denn ich wünschte auch deswegen erst eine Ausstellung vorüber zu sehen, wozu unsre Künstler etwas eingesendet hätten, eine Verlosung, wodurch vielleicht[202] ein bedeutendes Bild hierher gekommen wäre. Auch hab ich schon wieder einige Gönner angeworben, und ich hoffe; sie sollen sich im Laufe des Jahres vermehren. Wenn man sein Publicum kennt, so wird man es auch in seiner Art behandlen; und Sie bleiben überzeugt, daß ich zu Gunsten dieses Verhältnisses das Mögliche thun werde.

In diesem Sinne frag ich an: ob man nicht auch irgend eine Arbeit eines hiesigen Künstlers zu Ihrer Ausstellung hinschicken dürfe, welche schon einem hiesigen Liebhaber gehört, die also keine Ansprüche auf den Concurs macht, sondern schon mit einer ehrenvollen Meldung allenfalls zufrieden wäre.

Auch hierbey ist die Absicht, den Antheil augenfälliger zu machen, welchen wir durch den Beytritt zu Ihrem schönen Verein gewonnen haben.

Die sach- und zweckgemäße Anzeige der Müllerischen Lithographie erkenn ich deshalb mit lebhaftem Dank. Freylich ist diese Art die rechte und aller pomposen Manier durchaus vorzuziehen; wobey es mir aber leid thut, daß ich zu einem Irrthum mag Gelegenheit gegeben haben, da dieses lithographische Blatt für 8 Gulden verkauft wird, welches immer noch für einen mäßigen Preis gelten kann.

Die Quittungen für die sämmtlichen weimarischen Actien erhalten zu haben bescheinige hiermit, wie ich denn solche bis zu deren obgemeldeten Vertheilung und Eincassirung der Gelder bey mir verwahren werde.

[203] Mich sowohl Deneselben als dem ansehnlichen Verein zum allerbesten empfehlend.

Weimar den 22. März 1829.


45/172.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

haben vollkommen Recht, der fragliche Brief ist, wahrscheinlich wegen undeutlich geschriebenem Datum, zweymal, als am 2. März und am 2. May, abgeschrieben worden. Am letzten Orte steht er richtig, wo wir ihn also belassen und den ersten herauswerfen. Doch dächte ich, man ließe (die) ihn bezeichnende Nr. 434 weg, ohne übrigens an den Zahlen zu ändern; es ist kein Unglück, wenn eine Nummer ausfällt.

Bey dieser Gelegenheit aber bemerke, daß wir besser thäten, Seite 186 statt der Namen Posselt und Gentz nur die Anfangsbuchstaben P. und G. zu setzen. Man hat durchaus alles Verletzende zu vermeiden getrachtet, und doch ist eins und das andere durchgelaufen.

Der Abschluß der Wanderjahre unter der Rubrik: Aus Makariens Archiv ist den 15. d. M. abgegangen und wegen dessen näheren Bestimmung ein Schreiben am 19. Beides wird indessen wohl angekommen seyn.

Vielen Dank für die baldige Beförderung der Anzeige; es verdient dieses Blatt allerdings bekannt[204] zu werden, und Sie erlauben mir, daß ich, mit nächstem Postwagen, davon einen guten Abdruck übersende. Möge er Sie lange als Andenken an mich und an ein wichtiges, oft bedenkliches, mit beiderseitiger Thätigkeit und Übereinstimmung geführtes Geschäft angenehm erinnern. Das Übrige zu seiner Zeit mit Beruhigung erwartend.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 25. März 1829.

J. W. v. Goethe


45/173.


An Johann Georg Lenz

Ew. Wohlgeboren

sehen gewiß mit Vergnügen aus beykommenden Mineralien, daß unsre gnädigste Fürstin immer noch, neben so vielem Andern, auch Ihrer Anstalt gedenkt. Stellen Sie diese wenigen, aber, wie mich dünkt, interessanten Stücke in dem Zimmer auf, das den frühern Gaben dieser verehrten Dame gewidmet ist.

Mir aber übersenden Sie gefällig die eigentliche Benennung der übersendeten Stücke, besonders der größern, die inwendig dicht und auswendig crystallisirt sind; da ich die Dupla von allen hier behalten habe, so werde mich, auch ohne Nummer, gar wohl in die Bezeichnung zu finden wissen.

[205] Mit den besten Wünschen zum eintretenden Frühjahr.

ergebenst

Weimar den 25. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/174.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hiebey das Manuscript zurück. Einiges kann ohne den Sinn zu stören ausgelassen werden, anderes mit wenigen Federstrichen zurechte gerückt. An einigem sey ich das Bedenken nicht ein. Wollen Sie nun vorerst das Auffallende rectificiren, so sprechen wir wohl noch einmal über das Problematische.

Das beste wünschend.

Weimar den 25. März 1829.

G.


45/175.


An Christian Daniel Rauch

[Concept.]

[26. März 1829.]

Ew. Wohlgeboren

habe mit wahrem Unmuth zu vermelden, daß ich Herrn General v. Brause nur ein einzig Mal gesprochen. Leider hinderten höhere Pflichten diesen würdigen Mann so wie die übrigen Begleiter Ihro Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm, den Einsiedler zu besuchen. Soviel aber darf ich wohl sagen, daß die einsichtige, freye und zugleich vertrauensvolle[206] Art, womit der werthe Mann sich gegen mich betrug und erklärte, den wahrhaft sehnlichen Wunsch zu weiterer Unterhaltung bey mir zurückgelassen hat; denn es kommt selten vor bey häufigen Besuchen, selbst verdienstvoller Fremden, daß man bald zu bedeutender gründlicher Erklärung gelangt. Ich schätze Sie glücklich, einen solchen Nachbar zu besitzen; sagen Sie ihm das Verbindlichste von meiner Seite.

Das Kreuzchen hatten Sie an der rechten Stelle angebracht. Hier war es wirklich, wo das sonst sich gut ausnehmende Bildchen an einiger Unform litt, und in der That war hieran, wie ich den guten Kaufmann leicht überzeugen konnte, eine versteckte Unnatur schuld: denn hier kommen als Bedürfniß unsrer Kleidung Riemen, Schnallen, Knöpfe, Bund und Latz dergestalt auf einem Punct zusammen, daß der ohnehin Beleibte ganz mißgeleibt erscheinen muß; weshalb denn der Künstler mit bestem Gewissen seine Emendation, hoffentlich auch zu Ihrer Zufriedenheit, vollführen konnte.

Im Ganzen aber halten Sie sich ja überzeugt, daß ich für all Ihr Vornehmen mich höchlich interessire. Wenn ich mich einer größern Mobilität erfreute, so würde ich sie, von Zeit zu Zeit, vor allem Andern anwenden, Sie in Ihrer Werkstatt zu besuchen und an Ihrer lebendigen Thätigkeit durch mannichfaltige Reflexion, um mich selbst zu fördern, sehr gerne theilnehmen. Wenn der plastische Künstler sich zu jedem[207] Werk auf alle Weise vorbereitet und durch die mannichfaltigen Modelle sich erst sicher zu stellen sucht, so hat dieß meinen vollkommensten Beyfall, und es würde mir höchst angenehm seyn, auch das Technische davon kennen zu lernen.

Lassen Sie uns nur im herannahenden Frühjahr nicht umsonst auf Ihre Gegenwart hoffen, wo meine Sommerwohnung wieder zugänglich ist, und Sie diese mit allen den Gaben nunmehr ausgeschmückt finden, welche ich den Berliner Freunden, Ihnen, Herrn Tieck, Wichmann und Beuth schuldig geworden. Außerdem ist manches Schätzbare an alten und neuen Zeichnungen bey mir eingetroffen. Nach Süden werde ich Ihnen sodann auch manchen dankbaren Gruß aufzutragen haben.

Gypsabguß und Pasten sind mir von des edlen Welsers Denkbild zugekommen. Unter meiner ältern Medaillensammlung habe sowohl in Originalbronce, als in Gypsabgüssen, nicht weniger in Holz geschnitten manches ähnilche Vorzügliche. In Nürnberg und Augsburg muß zu jener Zeit, welche freylich eine sehr schöne war, auch dieser Kunstzweig auf einen hohen Grad gebracht worden seyn, wie denn ja alle Künste gleichzeitig immer auf einander wirken. Wahrheit und Tüchtigkeit ist der Ausdruck alles dessen, was um die Epoche der Reformation gebildet wurde. Ist denn doch auch diese eigentlich das Beyspiel, wie tüchtige Menschen, gleich wie in sittlichen[208] und religiösen, auch so in allen Dingen wahr zu seyn sich verpflichtet fühlten.

Was die Medaillenstempel betrifft, so wünsche wohl, daß Sie solche zu sich nähmen und mir, sorgfältig eingepackt, hierher sendeten; ich lege deshalb ein Blatt bey, worin ich Wunsch und Auftrag deutlicher ausdrücke. Der Kriegsgott des Herrn Tieck nimmt sich gar heldenhaft aus gegen die schüchterne Heroine. Denen Herren Schinkel und Beuth empfehlen Sie mich bestens. Von den außerordentlichen Werken des ersten kann ich nach den vorliegenden Zeichnungen mir nur den allgemeinsten Begriff bilden; denn die Architektur ist vielleicht diejenige Kunst, von der sich am wenigsten durch Nachbildung überliefern läßt; sie will in ihrem ganzen selbstständigen Daseyn geschaut und anerkannt werden. Auch Herrn Beuth die verbindlichsten Grüße; ich bin ihm schon sehr viel schuldig geworden; er möge mein gedenken, wenn er sein großes Atelier in Thätigkeit versetzt. Man stellt sich nicht leicht vor, wie sehr ich anerkenne, wenn man mir in meinen kleinen Bezirk etwas Würdiges stiftet, wie sehr ich zu schätzen weiß, wenn irgend etwas Vorzügliches irgend woher zu meinem Besitz gelangt. Vor einiger Zeit erhielt ich unermuthet eine Capitalzeichnung von Rembrandt, woran ich schon einige Wochen zehre, bey dieser Gelegenheit andere Werke dieses unvergleichlichen Meisters hervorsuche und in sein Verdienst einzudringen mir zu Angelegenheit mache.

[209] Können Sie theuerster Freund, mir die Durchzeichnung von einem Theil der gerühmten Friese verschaffen? Ich besitze vieles, was die Alten in dieser Art unternommen, was Mantegna, Raphael selbst, Julius Roman, Polidor, auch neuerlich Appiani in Mayland und Thorwaldson in Rom hierin geleistet; ich habe oft und viel darüber nachgedacht, und ein neues Beyspiel würde mich abermals belehren. Nur bemerk ich hie bey: daß Sie, als ein wahrer Meister, sich hinter einen geistreichen Schüler allzu bescheiden zurückstellen; ich sollte denken, Ihre beiden Basreliefe, die ich jetzt das Vergnügen habe täglich anzuschauen, sollten hiernach gar wohl Rang und Würde behaupten.

Und so könnt ich fortfahren in dieser mir so angenehmen Unterhaltung bis zu dem Augenblick, wo Sie uns zu besuchen kommen; doch schließe ich in solcher freudigen Aussicht, deren Erfüllung Sie uns gewiß gönnen werden. Auch Ihrer lieben Tochter die schönsten Grüße von mir und den Meinigen.

Weimar den 23. März 1829.


[Beilage.]

Es würde mir sehr angenehm seyn, wenn Herr Professor und Hofbildhauer Rauch die Stempel, von Herrn Brandt zu meinem Jubiläum geschnitten und in königlicher Münze abgeprägt, gegen diesen Empfangschein zu sich nehmen und mir solche anher schicken wollte.

Weimar den 26. März 1829.[210]


45/176.


An Friedrich Jacob Soret

Hiebey, mein Theuerster, wieder etwas zu fortgesetzter Beschäftigung. Auch ohne gemeinsame Überlegung deshalb werden Sie die Gefälligkeit haben dasjenige, was Ihnen recht dünkt, aufzunehmen und, was allenfalls noch zweifelhaft seyn sollte, auf eine Unterredung zu versparen.

Ich freue mich, unser Geschäft so wohl prosperiren zu sehen.

Alles Wünschenswerthe!

ergebenst

Weimar den 26. März 1829.

J. W. v. Goethe


45/177.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Es ist mir sehr angenehm, mein werthester Herr Professor, zu vernehmen, daß der Heilsberger Stein an schicklichem Orte glücklich angebracht ist. Wollen Sie Herrn Baurath Steiner, bis ich es selbst zu thun Gelegenheit finde, deshalb den besten Dank sagen. Angestrichen aber darf die Inschrift nicht werden, weil sonst die zarten, ohnehin schon sehr ausgewitterten Züge noch mehr an ihrer Lesbarkeit verlieren würden.

Das Beste wünschend.

Weimar den 27. März 1829.[211]


45/178.


An Johann Heinrich Färber

[Concept.]

Zeigen Sie doch, mein guter Färber, das von mir hinübergeschickte Tiroler Mineral in Säulenform, inwendig derb, auswendig durchaus crystallisirt, an Herrn Zenker, mit Gruß und Ersuchen: er möge mir den eigentlichen Namen desselben anzeigen, auch was etwa sonst an diesen Exemplaren merkwürdig wäre. Übrigens dürfte er sich nur auf Naumanns Lehrbuch der Mineralogie 1. Band berufen, welchen ich nebst den dazu gehörigen Tafeln besitze.

Zu der besseren Jahreszeit Glück wünschend.

Weimar den 27. März 1829.


45/179.


An Carl Philipp von Martius

Wenn ich aufrichtig seyn soll, theuerster Mann, so würde ich sagen, wir haben die wenigen Stunden, die uns zusammen zu seyn so glücklich gegönnt waren, nicht genug, nicht würdig genug benützt. Scherzhafte Discussionen sind zwar auch nicht zu tadeln, noch zu schelten, denn es blickt immer Ernst und Absicht durch, vielleicht kommt man auch auf diese Weise über gewisse Differenzen eher hinweg; nur fühlt ich nach Ihrer Abreise allzu sehr, daß Sie mich mit der spiralen Tendenz des Pflanzenwachsthums, der Sie[212] eine so geistreiche Entwickelung gegeben, nicht genugsam bekannt gemacht. Nach Anleitung der kleinen zurückgelassenen Skizze bin ich indessen weiter geschritten und finde die merkwürdigsten Zeugnisse und liebenswürdigsten Analogien zu dieser Ansicht, habe manches notirt, einzelnes stehen lassen, anderes zusammengereiht. Nun aber wünscht ich zu Beschleunigung meiner Forschung, daß Sie mir die Entwickelung Ihrer Gedanken auf die Weise mittheilten, wie Sie es in Berlin gethan; läßt man ja nach Tausend Nächten noch die Eine gelten, und beglücken Sie nach dreyhundert Naturforschern auch mich, als einen, der in Liebe und Leidenschaft zu diesen ewig lebenden Gegenständen niemandem nachstehen möchte.

Herr Soret von Genf, an die Erziehung unseres jungen Erbfürsten berufen, übersetzt meine Metamorphose, angeregt durch seine Landsleute, welche wie die neusten Werke des Herrn De Candolle zeugen, auch mit uns in Anerkennung der originären Identität aller, in der Erscheinung noch so mannichfaltig hervordringenden Pflanzentheile sich vereinigen. Dadurch bin ich, bey meinem letzten Aufenthalte in Dornburg, wieder so in den Strudel dieser Gestalten hineingezogen worden, daß ich fast wie jener Taucher, bey zu oft wiederholtem Versuch unterzugehen fürchten muß. Überzeugt, daß Sie mir hiebey Ihre hülfreiche Hand nicht versagen werden, wiederhol ich meine eben ausgesprochene Bitte.

[213] Da auch hiebey von einem Modell die Rede war, so würde solches gut eingepackt mit dem Postwagen, unfrankirt, zu meiner höchsten Zufriedenheit je eher je lieber anlangen. Dieß soll mir mit Ihnen, mein Werthester, eine neue mentale Geselligkeit werden, wie es jetzt schon durch die übersendete brasilianische Reise geworden ist. Bey Durchlesung derselben bin ich Ihnen immer zur Seite und freue mich so über Ausbauer als Gewandtheit bey'm Verfolgen Ihrer Zwecke. Nicht geringe Aufopferungen, fast unerträglichen Entbehren auch der nächsten Bedürfnisse und unerläßlichen Forderungen des Lebens. Aber der reichliche Gewinn, den Sie davon zurückbrachten, der sich jetzt so fruchtreich aus einander faltet, kann nicht anders als mit dankbarer Bewunderung angesehen und aufgenommen werden.

Eiligst, in Hoffnung baldigen Erwiderns.

unwandelbar

verpflichtet und verbunden

Weimar den 28. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/180.


An Joseph von Hormayr

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

ansehnliches Geschenk blickt schon lange von meinem Repositorium freundlich auf mich herunter und erinnert[214] mich, bey allem Vergnügen, auf eine gewissermaßen schmerzliche Weise an meine schuldig gebliebene Danksagung.

Erlauben Sie in einer ruhigen Stunde soviel zu sagen: daß ich mich niemals überwinden konnte, für ein würdiges mir gegönntes Geschenk mich durch allgemeine Worte und leicht niederzuschreibende Phrasen eilig und schicklich abzufinden. Ich trachtete, insofern es möglich war, den Geber zu überzeugen, daß ich an seinen Bemühungen wahrhaften Theil genommen und mich von dem Werthe derselben wirklich durchdrungen habe. Darüber kam ich in so manchen Rückstand, daß mir schon öfters am Ende des Jahrs nichts übrig blieb, als mich für insolvent zu erklären.

In Bezug auf Ihr wichtiges Werk find ich mich nun in einer ganz eignen Lage. So wie ich mich in meinen Jahren scheuen müßte die hohe Kaiserstadt zu betreten, ihren Umfang zu beschauen, den bedeutenden Personen aufzuwarten und die gehäuften Schätze aller Art, welche dem Menschen überhaupt, sodann auch dem Freunde der Natur und Kunst höchst wichtig sind, zu besuchen und mit Augen zu schauen; eben so ergeht es mir mit Ihrem Werke, ja vielleicht empfind ich noch eine größere Scheu davor als vor der Gegenwart selbst. Denn hier werd ich ja, ohne den Vortheil des unmittelbaren Anschauens zu genießen, in die Tiefen der Vergangenheit gefordert. Das mannichfaltigst Geschichtliche der verschiedensten Localitäten[215] tritt mir vor die Seele, ohne daß die Örtlichkeit selbst mir jemals gegenwärtig gewesen wäre und also auch durch die Einbildungskraft wieder hervorgerufen werden könnte.

Denken Ew. Hochwohlgeboren aber nicht, daß hiernach Ihr vortreffliches Werk auf mich und meine Freunde ganz unwirksam geblieben wäre; gar manchen Abend, seitdem ich mich im Besitze dieses Schatzes befinde, haben wir uns gemeinsam an manchen Einzelnheiten erfreut, besonders, wie es zu gehen pflegt, durch die das Werk auch vorzüglich belebenden Kupfer angelockt und bestimmt.

In diesem Sinne daher haben Sie uns einen wahrhaften Schatz zu wichtigen theils ganz neuen, theils unsre Kenntnisse vermehrenden Unterhaltungen in unserm Kreise niedergelegt und können überzeugt seyn, daß uns nicht ein vorübergehender Antheil an diesem Werke leichtsinnig hinführt, sondern daß wir es oft genug in gewissen Stunden, wo genaue Kenntniß abwesender Zustände uns vorzüglich anlockt, immer wieder vornehmen und uns an dessen genauer und gründlicher Behandlung höchlich erfreuen.

Möge dieses aufrichtige Bekenntniß das unangenehme Gefühl völlig auslöschen, das mein verzögerter Dank für eine so wichtige Gabe bey Denenselben erregt haben muß. Von meiner Seite kann ich versichern, daß ich mich nur von dem Schwersten dieser Schuld für den gegenwärtigen Augenblick als erleichtert fühle[216] und erst an einigen Zeichen einer fortgesetzten Wohlgewogenheit von Ihrer Seite mich wieder völlig getröstet werde empfinden können.

Weimar den 22. März 1829.


Zum Schlusse darf ich jedoch nicht säumen, zu der hohen Bestimmung Glück zu wünschen, welche Denenselben zu Theil geworden. Sie sind berufen, innerhalb der unermüdlichen Thätigkeit eines erhabenen Fürsten mitzuwirken, deren Einfluß auf die Zukunft sich nicht berechnen läßt, uns andern aber, die wir vom Schauplatze abzutreten uns anschicken, höchst erfreulich und segenreich erscheinen muß.

Hochachtungsvoll mich unterzeichnend.

Weimar den 28. März 1829.


45/181.


An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die übersendeten Pröbchen von Strontianglas bey mir den Wunsch erregt, etwas zu weiterer Förderniß dieser schönen Entdeckung beyzutragen.

Das Wichtigste nach meiner Einsicht hiebey wäre, das Verhältniß des Brechungs- und Zerstreuungsvermögens auch bey diesem Glase zu ermitteln. Sollten Sie nicht abgeneigt seyn, den Hofmechanicus Körner bey Versuchen dieser Art durch gefällige Anleitung zu unterstützen, so würde ich gern hiezu den erforderlichen[217] mäßigen Aufwand zu tragen geneigt seyn, um mich des Resultats auch in meinen Ansichten zu erfreuen. Hierüber mir einige Auskunft erbittend bemerke zugleich, daß die quittirten Rechnungen über die von der regierenden Frau Großherzogin Kaiserlicher Hoheit verwilligten Gelder bey mir angelangt sind. Welches bemerkend mit Vorbehalt eines Weitern mich hochachtungsvoll unterzeichne.

ergebenster

Weimar den 28. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/182.


An Carl Friedrich Zelter

Deine letzten Briefe, mein Theuerster, in Ernst und Spaß, haben wir zu guter Stunde wohlgethan. Der neuste, die Nachricht der glücklichen Aufführung des großen älteren Musiktücks enthaltend, macht mich denken. Es ist mir, als wenn ich von ferne das Meer brausen hörte. Dabey wünsch ich Glück zu so vollendetem Gelingen des fast Undarstellbaren. In dem Innern des Kenners und Mitgenossen solcher Kunst mag es bey dem Anhören von dergleichen Werken vorgehen, was mit mir in diesen Tagen geschah, da ich die Verlassenschaft des Mantegna wieder vor Augen stellte. Es ist schon die ganze Kunst, das Mögliche und Unmögliche derselben vollkommen lebendig, und noch nicht entwickelt; wäre sie es aber, so würde sie das nicht seyn, was sie hier[218] ist, nicht so ehrwürdig, nicht so reich an Grund und Hoffnung. Was du an Felix erlebst, gönn ich dir von Herzen; mir ist es unter meinen vielen Schülern kaum mit wenigen so wohl geworden.

Zwar hab ich einige Zeit dir geschwiegen, aber indessen manches beseitigt und auch für dich gesammelt und vorbereitet. Meinen Entwurf zu deinem Wappen habe an Facius überliefert; ich will es gleich stechen lassen, denn was hilft da viel Fragen und Zaudern; ist der Stempel da, so siegelt man damit und gewöhnt sich dran. Möge dir das Gebildete gefallen und ich es oft auf deinen Briefen zu begrüßen haben.

Mit dem guten Meyer konnt ich darüber nicht conferiren; er ist schon mehrere Wochen unwohl und wagt sich bey dem wunderlichen Wetter nicht aus, wie ich denn auch nicht.

Manches schöne Blatt von Zeichnungen und Kupfern ist mir zur Hand gekommen: eine capitale Zeichnung von Rembrandt unter andern, welche ohne eine besondere Gunst der Dämonen nicht hätte zu mir gelangen können.

Doctor Eckermann, den ich täglich sehe, bildet sich schrittweise reiner aus zu Urtheil und Antheil; er durchsieht mit löblicher Geduld meine alten, hoffnungslos zugeschnürten Manuscripten-Massen und findet, zu meiner Freude, manches darin wohl werth erhalten und mitgetheilt zu werden, so daß man das Übrige nun mit Beruhigung verbrennen kann.

[219] Unser Theater hat seinen ganz guten Fortgang. Schauspieler und Publicum leiden freylich an manchen neuen Stücken, dagegen spielen sich andere leicht und fröhlich weg zu Erheiterung des Hauses. Man martert sich nun mit einem neuen Quälodram, kommt durchgeprügelt nach Hause und holt sich doch noch einmal den Buckel voll. Genast und Frau, sonst am Leipziger, jetzt am Magdeburger Theater, sind engagirt, das verspricht neues Leben und Bewegung, und eure gute Wolff, hör ich, wird auch zu einigen Gastrollen hierher kommen; das gibt also für die nächsten Wochen lauter freundliche Gesichter. Meinen Faust wollen sie auch geben, dabey verhalt ich mich passiv, um nicht zu sagen leidend. Doch überhaupt darf mir für dieses Stück nicht bange seyn, da es Herzog Bernhard, in Obercarolina, bey einem Indianer gefunden hat.

So weit für dießmal! Alle guten Wünsche begleiten gegenwärtiges Blatt.

treu verharrend

Weimar den 28. März 1829.

Goethe.


45/183.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Möchten Sie wohl, mein Werthester, Beykommendes vorläufig durchsehen, es kommt uns bey der nächsten Session zu Gute.

Weimar den 29. März 1829.

G.[220]


45/184.


An Ernst Heinrich Friedrich Meyer

Nach langer Zeit ergreife eine Gelegenheit, Ihnen, mein Theuerster, zu versichern, daß ich der Naturwissenschaft, so wie den Freunden, die ich durch sie erworben, im Stillen treu geblieben sey, wenn ich auch schon in dem bewegten Kreise des Lebens, von den mannichfaltigsten Obliegenheiten umhergetrieben, Jahre lang, wo nicht als abtrünnig, doch wenigstens als vernachlässigend erscheinen mußte.

Der große Verlust, den wir vergangenen Juni erlitten, trieb mich von dem Orte weg, welcher nur als Wohnsitz des vorzüglichsten Fürsten reizend erscheinen konnte; ich verbrachte einige Monate auf dem Luftschloß Dornburg, wo man von blumenreichen Terrassen, umgeben von reichen Weingeländern und Stöcken, in eine Gegend hinabsieht, welche sich durch Fruchtbarkeit jeder Art dem Auge wie dem innern Sinn empfiehlt. Hier lebte die Neigung zur Pflanzenwelt unmittelbar wieder auf, eine übermäßige Flora von Zierblumen weckte manchen guten Gedanken, und die damals hoffnungsreich überdrängten Traubengeländer machten aufmerksam auf eine der wichtigsten Früchte. Die von Kecht empfohlene Methode, den Stock zu behandeln, hatte die dortigen Weinbauenden im Ganzen angeregt und im Einzelnen zur Nachahmung gestimmt.

[221] Hiezu fügte sich nun die zufällige Kenntniß, daß man in Frankreich, besonders auch in Genf auf die Maxime der Metamorphose aufmerksam geworden; ich las die Werke des Herrn De Candolle in diesem Sinne. Herr Hofrath Soret, die Erziehung unsres jungen Herrn Erbgroßherzogs leitend, von Genf gebürtig, von woher man ihn eben über diese Angelegenheit angeregt hatte, fand sich geneigt, mein bekanntes Heft zu übersetzen, und ich ward unter diesem allen wieder in den Kreis hineingezogen, in welchem ich so viele glückliche Stunden verlebt hatte.

Wir wurden einig, Original und Übersetzung abdrucken zu lassen; allein wie vieles Andere regte dieser Vorsatz nicht auf. Eine Betrachtung schloß sich an die andere, eine Untersuchung folgte der andern, und ich fand bey dem traurigsten Ereigniß, wahrhaft zu meinem Glück, eine beynah dreymonatliche Beschäftigung, die mich überraschend unterhielt und meine ganze Besinnung forderte, weil ich, genau besehen, in diesem Felde beynah fremd geworden.

Das erst beschränkt scheinende Unternehmen erweiterte sich, die sich entwickelnden Forderungen erschwerten das Geschäft, und wie ich jetzt wieder dran gehe, fühle ich, daß ich eines kräftigen Beystandes bedarf; und indem ich mich umsehe, besuch ich Sie in Ihrem Garten, dessen blühendes Bild Sie mir gefällig mittheilten, und der wohl jetzt wie unsre Beete mit hohem Schnee bedeckt liegen mag.


[222] Vorstehendes ist so lange liegen geblieben, bis der aufgehäufte Schnee beynah in seinen letzten Schlupfwinkeln schmelzen mußte, und ich sie nun bey'm Eintritt unsres Frühlings, bey schon hervorbrechenden Blümlein schönstens begrüßen kann. Ich zauderte mit Absendung dieses Blattes, weil ich in dem Geschäft etwas weiter vorrücken wollte. Und ich sage nur noch soviel:

Die Metamorphose wird zunächst abgedruckt, wörtlich nach der ersten Ausgabe, die Übersetzung dem Original möglichst angenähert, wenige Stellen, nach Maaßgabe der französischen Sprache, paraphrastisch ausgebildet. Als Einleitung wird die Geschichte der Studien des Verfassers, in weiterer Ausführung dessen, was schon im morphologischen Hefte angeführt war , vorgetragen. Mit beiden sind wir schon überhaupt im Reinen; was noch an der Ausführung und Vollendung fehlt, wird nächstens gethan seyn.

Nun aber sollte die Wirkung dieses Büchleins auf den Gang der Wissenschaft bis auf den heutigen Tag hinzugefügt werden; da mir hievon aber nur wenig bekannt ist, so hab ich mich nach fremder Hülfe umgesehen. Hofrath Voigt in Jena, welcher der erste war, der sich der Sache annahm, hat mir einen kurzen flüchtigen Aufsatz, auf mein Ersuchen, diesen Sommer mitgetheilt; das Verzeichniß der darin aufgeführten Namen lege hier bey; sie sind nach den Jahren aufgeführt, aber der Ihrige fehlt, und von wem könnt[223] ich mir besser als von Ihnen selbst die Geschichte Ihrer eignen freundlichen Einwirkung erbitten, wie ich es hier thue und zugleich anfrage: ob Sie mir zu meinen Zwecken nicht noch weitere Umsicht geben wollen? So findet sich z.B. der Name Röper nicht darunter, von dem ich zwar nur im Allgemeinen weiß, daß er diese Maxime, vielleicht auf Ihre Anregung, benutzt hat; ja es scheint, da er eine Lehrstelle in Bern bekleidet, daß die Genfer Naturfreunde erst durch ihn aufmerksam geworden seyen.

Ihnen ist so manches gegenwärtig, was ich mühsam zusammen zu suchen nicht einmal Zeit und Gelegenheit habe. Geben Sie mir von allen Dingen die Versicherung Ihrer Theilnahme und lassen uns in diesem Falle wieder einmal recht gesellig seyn. In so hohen Jahren gibt mir nichts ein so reines befriedigendes Gefühl von Dauer als die Consequenz der Natur und die Beharrlichkeit derer, die sich treu und liebevoll mit ihr beschäftigen.

Der große Verlust, den ich durch den Abschied meines Herrn und Freundes erlitten, veranlaßt mich, aufmerksam umherzuschauen, wo noch Wohlwollende und thätig Theilnehmende in der weiten Welt zu finden seyen. In Hoffnung des Ferneren.

Treulichst strebend und liebend

Weimar d. 30. März 1829.

J. W. v. Goethe.[224]


Wollten Sie nun, theuerster Mann, bey diesem Anlaß von Sich, Ihren Studien und Zuständen das Nähere mittheilen, so würden Sie mich in jedem Sinne wieder neu beleben und aufregen.


Anfrage.

Haben Sie Notiz genommen von einer Pflanze, die uns einige Zeit her beschäftigt? Graf Sternberg hat sie unter dem Namen Anthericum comosum, beschrieben und abgebildet in der Monatsschrift der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen, welche Hefte wohl aber schwerlich zu Ihnen gelangen, eingeführt und näher bekannt gemacht. Die Luftstolonen, die sie treibt, sind höchst merkwürdig. Sie verträgt alles, nur nicht Frost; in feuchten Gewächshäusern, an dunkeln Stellen treiben diese Stolonen, wie ich sie nenne, fingerlange rübenartige Wurzeln; ich kann, auf Verlangen, das Nähere und Nächste, ja eine Pflanze selbst schicken, sie läßt sich auf jede Weise leicht transportiren.

wie oben u. immer

G.


Chronologisch aufgeführte Namen der Naturforscher,

welche sich für die Metamorphose der Pflanzen

interessirt:

1803. Voigt, Handwörterbuch der botanischen Kunstsprache.

1808. Voigt, System der Botanik.[225]

1810. Voigt, Analyse der Frucht und des Samenkornes von C. L. Richard, übersetzt etc.

1814. G. F. Jäger, Über Mißbildung der Gewächse.

1815. D. G. Kieser, Elemente der Phytonomie.

1817. Voigt, Grundsätze einer Naturgeschichte, als Geschichte der Natur etc.

1818. Sprengel, Geschichte der Botanik.

1818. G. C. Nees von Esenbeck, in der Zeitschrift Isis.

1821. Autenrieth, Disquisitio de discrimine sexuali etc.

1821. Runge, Materialien zur Phytologie.

1822. H. G. Bronn, Deformis plantarum leguminosarum.

1823. C. H. Schulz, Die Natur der lebendigen Pflanze.

– – – – Friedlaender, De Institutione in medicinam.

1825. Voigt, Wörterbuch der botanischen Kunstsprache, 2. Ausgabe.

– – – – Link, Elementa philosophiae botanicae.

– – – – Botanische Zeitung.

1827. Voigt, Lehrbuch der Botanik, 2. Ausgabe.

– – – – De Candolle, Organographie végétale.

Diese leere Seite läßt noch eine Frage zu: Ist Ihnen das erste Stück des sechsten Bandes von Kunst und Alterthum zu Gesicht gekommen? So werden Sie Ihr freundliches blumenhaftes Gedicht dankbar[226] darinnen gefunden haben; wäre dieß nicht, so würde mit der nächsten Sendung auch gedachtes Heft zu geneigter Aufnahme senden und empfehlen.


Verzeihung diesem Stückwerke, welches aber doch aus Geist und Herzen, als einem zuverlässigen Ganzen, hervortritt.


45/185.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Ew. Kaiserlichen Hoheit

schuldige Verpflichtung für das gnädig Mitgetheilte sogleich abstattend hoffe nächstens Donnerstag auf das Glück, manches Angenehme dankbar vorzulegen; wie ich denn als angehende Steinmetzen und Zimmerleute. zusammen 46 an der Zahl, mit den nöthigen Erklärungen im Druck, durch die Geneigtheit des Herrn Beuth angekommen und die folgenden versprochen sind.

Bey welcher Gelegenheit ich auch frühere Verhältnisse, zu diesen Absichten gewiß dienlich, wieder angeknüpft habe und hoffen darf, zu Höchst Deroselben ehrwürdigen Zwecken möglichst mitzuwirken.

Weimar den 30. März 1829.[227]


45/186.


An Johann Nepomuk Hummel

Ew. Wohlgeboren

übersende eiligst den Auszug aus einem Zelterischen Schreiben, das ich so eben erhalte, zu geneigter Beachtung und Überlegung. Es schien mir im Gefolg unseres heutigen Gesprächs ganz willkommen.

Mich bestens empfehlend.

Ergebenst

Weimar den 30. März 1829.

J. W. v. Goethe.


45/187.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Für die übersendete Disputation schönstens dankend sende hiebey die autorisirte Quittung; auch bitte Inliegendes Herrn Professor Göttling zuzustellen, es enthält ein Arrangement, wodurch ich gewiß werde, daß er das Velin-Exemplar auf alle Fälle erhalten wird. Wegen des jungen Netz haben Sie die Gefälligkeit das Weitere einzuleiten.

Im Übrigen habe ich noch die besten Wünsche hinzuzufügen.

Weimar den 2. April 1829.[228]


45/188.


An Johann Heinrich Färber

[Concept.]

Hierbey sende, mein guter Färber, einen Schnepfenkopf, welchen ich reinlich skelettirt wünsche, so daß er ganz und zusammenbliebe. Sobald ich mehrere erhalte, so sende ich sie nach, und zwar daß sie gleichfalls skelettirt, aber durchschnitten würden, dergestalt daß man die Einwirkung der übergroßen Augen und des sehr langen Schnabels auf die übrigen inneren Kopfknochen, welche dadurch sehr zusammengedrängt werden, gut bemerken könnte. Burgemeister wird ja wohl dieses kleine Geschäft sorgfältig verrichten. Bey dem gegenwärtigen Exemplar wär auch der Hals beyzubehalten.

Weimar den 2. April 1829.


45/189.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Verzeihen Sie ein eignes Ersuchen oder vielmehr eine wunderliche Zumuthung: ich bedarf einer deutschen metrischen Übersetzung beykommender sechs ovidischen Verse, finde aber hiezu nicht den mindesten rythmischen Anklang in meinem ganzen Wesen. Möchten Sie mir damit aushelfen, so geschähe mir ein besonderer Gefalle.

[229] Mit dieser Gelegenheit schicke die versprochene Pflanze; sie verträgt alles Mittlere gar wohl: Trockne, Feuchtigkeit und Schatten; nur die Extreme: Sonnenhitze und Kälte wollen ihr nicht behagen.

Auch liegt der Ovid bey, dessen Sie doch wohl bedürfen, um sich in Stimmung zu setzen.

ergebenst

Weimar den 2. April 1829.

Goethe.


45/190.


An Carl Friedrich Zelter

Deine freundliche Meldung einer vorzüglichen Sängerin habe sogleich Capellmeister Hummel mitgetheilt, welcher, nach Berathung mit Collegen und Vorgesetzen, mir eine zwar dankbare, aber ablehnende Erwiderung zubrachte. In ihren beschränkten Zuständen, hieß es, wär ihnen mit einer Altistin nicht geholfen; könntest du ihnen eine dergleichen Sopranistin zuweisen, so würden sie es dankbar erkennen. Und wie die Sachen stehen, ist dieses eigentlich das nächste Bedürfniß unsrer Bühne.

Auf die Anfrage des Herrn Ben David liegt ein Blättchen bey; ich hätte es beynahe bey'm Wiederlesen zurückbehalten. Ich kann an diese Dinge nicht denken, ohne einigen Unmuth zu bezeugen; nicht um meinetwillen, denn ich habe diesen Studien großen Vortheil, aber umgebildeter Menschen willen, die[230] noch als sechzig, siebzig Jahre zurück an Problemen herumtasten, deren Verhältniß, Ableitung und Erklärung schon längst am hellen Tage liegt, ohne anerkannt zu werden.

So mag dieß abgehen mit den besten Wünschen und Grüßen. Mir geht es verhältnißmäßig ganz wohl. Die Alte Frau v. Kotzebue ließ kurz vor ihrem Ende unsrer Frau Großherzogin auf gnädigste Anfrage antworten: achtzig Jahre mögen noch angehen, neunzig aber sey ein schlechter Spaß.

Und hiemit allen guten Geistern empfohlen.

Der dritte Theil des Schillerischen Briefwechsels ist unterwegs, erbaue dich daran; ein dir bestimmtes Exemplar kommt nicht eher, als bis alles beysammen ist; da fängst du ja wohl wieder von vorn an.

and so for ever

Weimar den 2. April 1829.

Goethe.


[Beilage.]

Wäre meine Farbenlehre nicht ein verbotenes Buch und deshalb schwer aufzufinden, so würde ich sagen: die unter dem Datum 2. Januar 1766 von dem wackern Franklin als problematisch hinterlassenen Erscheinungen sind in obgedachten meinem Büchlein, und zwar gleich zu Anfang in der ersten Abtheilung, überschrieben: Physiologische Farben, mit allen ihren Seitenverwandten auf's deutlichste und vollständigste, wie mir scheinen darf, abgeleitet, ausgelegt und erklärt,[231] wie man sagen möchte. Diese meine Arbeit ist nun bald zwanzig Jahre öffentlich; das Nützliche davon hat sich aber noch nicht in die Masse verbreitet. Vielleicht schwirrt das laufende Jahrhundert vorüber und es bleibt bey'm Alten. Die Vortheile, die ich mir dadurch selbst verschafft habe, kenn ich, andere mögen für sich sorgen. Die Herren vom Fach, denen es freylich ihr Fach zu zerstören droht, haben alle Ursache sich zu wehren und abzuwehren, daß niemand darüber in's Klare komme. Ich habe geschwiegen und werde schweigen.

Gar vieles wäre noch zu sagen, leider ist dieß schon zu viel.

G.


45/191.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

haben die Gefälligkeit, beykommende Vollmacht anzusehen und ihr die rechte Form zu geben, daß ich sie abschreiben und circuliren lasse. Den 12. April ist eine Generalversammlung daselbst, und der gute Vorsteher, Herr v. Quandt, ist in Sorge, es möchten in Vorschlag gebrachte Albernheiten durchgehen, und bittet um unsre Vota zur Vernunft. Das Nähere mündlich!

gehorsamst

Weimar den 3. April 1829.

J. W. v. Goethe.[232]


45/192.


An Friedrich Wilhelm von Bielke

[Concept.]

Hochwohlgeborner

insonders hochgeehrtester Freyherr.

Das von Ihro Kaiserlichen Hoheit, unsrer gnädigsten Fürstin, mir gegönnte hohe Vertrauen kann ich dießmal nur insoferne verehren, als ich dem zurückkommenden Gedichten kein sonderliches Zeugniß gebe. Es ist ganz ohne poetisches Verdienst, und schon die Wahl des Gegenstandes zeigt, daß der Verfasser nicht überlegt hat, welch ein Stoff sich zur Dichtkunst eignet. Die ungeheure Begebenheit gehört ausschließlich der Geschichte, und es ist ein verwegenes Unternehmen, sich in Reimen an ihr zu vergreifen.

Diesem vielleicht hart scheinenden Urtheil füge noch im Allgemeinen hinzu, daß Ihro Kaiserliche Hoheit dergleichen Zudringlichkeiten wohl noch oft genug erfahren dürften, und daß es daher nothwendig scheint, die ersten Versuche ohne weiteres abzulehnen, um nicht andere, die sich einem solchen Autor gleich halten möchten, zu einem ebenmäßigen Unternehmen aufzumuntern.

Bey diesem erwünschten Anlasse mich zu fernerem Wohlwollen und Geneigtheit angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 4. April 1829.[233]


45/193.


An Johann Heinrich Färber

Hiebey noch einige Schnepfenköpfe zum skelettiren und spalten, wobey bemerke: daß, wenn auch einer oder der andere zufällig zerbräche, mir alle Stücke angenehm seyn würden.

Weimar den 4. April 1829.

Goethe.


45/194.


An die Section für Handel, Gewerbe,und Bauwesen im Ministerium des Innern

zu Berlin

[Concept.]

Mit verpflichtetem Danke habe ich die besondere Gefälligkeit zu erkennen, womit eine hochansehnliche Section für Gewerbe, Handel und Bauwesen im Ministerium des Innern den von hier aus ergangenen Wunsch geneigt erfüllen wollen.

Die große bewundernswürdige Thätigkeit, die in den königlich preußischen Staaten zu Bildung jeder Art von Talenten sich wirksam erweist, besonders auch solcher, welche zu der in alle menschliche Bedürfnisse eingreifenden Technik geeignet sind, erstreckt sich dadurch, wie schon früher, auf das günstigste zugleich in die Nachbarschaft und kommt jedem ähnlichen Bestreben zu Gute, das, auch bey gleichmäßigem[234] Eifer, dennoch der zu so hohem Zwecke auslangenden Mittel bis auf einen gewissen Grad entbehren muß.

Daher kann und wird die vorliegende günstige Gabe bey uns ein lebendig wirksames Andenken unterhalten und wohl manches Talent vorbereiten helfen, um sich der weitern höheren und praktischen Belehrung in jenem ausbildenden Kreise, die schon mancher der Unsrigen bisher genossen, möglichst würdig zu machen.

In Aussicht auf fernere geneigte Theilnahme zu nutzbarer Anwendung der lehrreichen Gabe sich verpflichtend und die dankbarsten Gesinnungen hochachtungsvoll aussprechend.

Weimar den 5. April 1829.


45/195.


An Ludwig Heinrich von L' Estocq

[Concept.]

Durch Ew. Hochwohlgeboren abermalige gefällige Vermittelung ist meinem nächsten Geschäftskreise ein besonderer Vortheil zugewachsen, weshlab ich meinen verpflichteten Dank dafür abzustatten nicht verfehle. Eine hochansehnliche Section für Gewerbe, Handel und Bauwesen im Ministerium des Inneren hat die Geneigtheit gehabt, mir diejenigen Hefte und Vorlegeblätter zuzusenden, welche, für den technischen Unterricht so bedeutend, meinem guten Willen, Kunst und Handwerk nach Maaß und Möglichkeit zu fördern,[235] gar wirksam zu statten kommen. Ein schuldiges Danksagungsschreiben nehme mir die Freyheit hier beyzulegen, mit Bitte, auch von Ihrer Seite meine dankbaren Gesinnungen deshalb zu betheuern.

Nun aber erhalte ich mich nicht auszusprechen, daß Ew. Hochwohlgeboren geneigt freundliche Erinnerungen an heitere harmlose Tage mich zu ernstschmerzlichen Betrachtungen veranlaßt. Damals genoß ich das Vergnügen einer wünschenswerthen Gesellschaft in Beyseyn meines fürstlichen Freundes, dem ich mein Leben gewidmet zu haben für das größte Glück halten mußte. Er ist nun, obgleich jünger, vor mir abgeschieden, und es bleibt mir für den Rest meiner Tage nur noch die Verpflichtung übrig, unter dem Schutz und mit Genehmigung eines wohlgesinnten Nachfolgers, in seinem Sinne fortzuhandeln, wozu nun Ew. Hochwohlgeboren mir ein geeignetes Hülfsmittel in bedeutenden Fächern zu verschaffen die Geneigtheit hatten; wodurch ich mich aufgefordert fühle, so wie ich begonnen, mit dem lebhaftesten Danke hochachtungsvoll zu schließen.

Weimar den 5. April 1829.


45/196.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes Schreiben trifft mich in einem Drange von Umständen, so daß ich nur auf das kürzeste und[236] eiligste, wegen einstehendem Termin, bemerken kann: daß der in der Einladung erhaltene zweyte Punct: »Ob Arbeiten von Mitgliedern des Comités, so lange diese bey demselben activ sind, zur Ankaufsconcurrenz gezogen werden können?« den hiesigen Kunstfreunden, als dem Hauptzweck des Vereins widersprechend, nicht zulässig erscheine. Es ist in der Einladung ausdrücklich von Aufmunterung und Unterstützung die Rede, wobey also solche Künstler nicht wohl gemeynt seyn können, welche sich auf einen solchen Grad des Verdienstes und des Zustandes erhoben haben, um als Mitglieder des Comités erwählt zu werden.

Da ferner dem Comité die Unterhandlung mit den Künstlern überlassen ist, so würden abgedachte Männer eine doppelte, nicht eben günstige Rolle spielen; deshalb zu vermuthen ist, daß sie diesen Antrag selber ablehnen werden.

Durch meine bisherige Geschäftsführung in dieser Angelegenheit glaube ich zu einer solchen Äußerung genugsam legitimirt zu seyn; sollte jedoch eine förmliche Vollmacht sich nöthig machen, so kann solche in der Folge nachgebracht werden.

Verzeihung diesem eiligen, nur durch die Nähe des Termines beschleunigten Schreiben, welchem viele Empfehlungen an die verehrten Glieder des Comités und des ganzen Vereins hinzuzufügen nicht ermangele.

Ew. Hochwohlgeb. gehorsamster Diener

Weimar den 6. April 1829.

J. W. v. Goethe.[237]


45/197.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie wohl, mein Theuerster, beykommendem Versuch einige Aufmerksamkeit schenken?

Weimar den 9. April 1829.

G.


45/198.


An Joseph Carl Stieler

Dießmal, mein Theuerster, vermelde nur eiligst, daß von Ihro Majestät dem Könige ein allergnädigstes Schreiben von Rom unter'm 26. März bey mir eingelangt, worin Höchstdieselben voraussetzen, daß die mir bestimmte Copie des wohlgerathnen Porträts schon bey mir eingelangt sey. Deshalb wäre es gar wohlgethan, wenn Sie die Absendung beförderten. Das v. Heygendorfische Bild könnte nachkommen. Tausend Grüße und Wünsche! Mehr füge nicht hinzu, damit das Blatt nicht liegen bleibe.

treu ergeben

Weimar den 10. April 1829.

J. W. v. Goethe.


45/199.


An Johann Friedrich Blumenbach

[Concept.]

[10. April 1829.]

Das von Ew. Hochwohlgeboren dem Nordamerikaner Herrn Richmond mitgegebene Schreiben ist auf[238] das beste von mir und meiner lieben Schwiegertochter honorirt worden. Leider wollte der gute Mann sich nicht bey uns aufhalten, versprach aber wieder zu kommen, da wir denn ihn auf das möglichste zu unterhalten suchen werden.

Nun aber erinnert mich seine Gegenwart an eine Sendung, die schon lange für den verehrten Freund bereit liegt, und zwar in Erwiderung jenes geneigt überschickten Heftes, womit Sie unserm nachbarlich ausgegrabenen Schädel so besondere Ehre erzeigen. Es ist eine untere Kinnlade, welche wegen ihres schönen gedrängten Baues Bewunderung verdient, und deren vollkommne Zahnreihe nicht wohl ohne Neid betrachtet werden kann. Sie ist gleichfalls aus jenem Grabe bey Romstedt. Möge sie verdienen, unter so vielen Seltenheiten vor Ihrem Angesicht einigen Platz einzunehmen.

Mich und die Meinigen zum schönsten und besten empfehlend.

Weimar den 9. April 1829.


45/200.


An den König Ludwig I. von Bayern

[Concept.]

[14. April 1829.]

Die lebhafte Sehnsucht, welche mich bey'm Empfang von Ew. Majestät gnädigstem Schreiben ergriff und sich in den Wunsch auflöste, an dem würdigen und herrlichsten Lustort selbst meinen gefühltesten Dank[239] auszusprechen, konnte ich nur dadurch einigermaßen beschwichtigen, daß ich alle mir zur Hand liegende Plane und Abbildungen, welche mir jene Weltstadt im Ganzen und Einzelnen vergegenwärtigen konnten, vor mich nahm und mich möglichst zu orientiren suchte.

Als dieß aber nicht sonderlich gelingen wollte, kam mir ein Freund zu Hülfe, welcher das Glück hatte, zu Anfang des Jahrhunderts auf gleicher Stelle eine Zeitlang zu wohnen.

An dessen Hand ging ich nunmehr vom Obelisk aus nach S. Maria Maggiore zu, bald aber links ab nach der Porta Pinciana. Anstatt nun aber einen Fuhrweg den Hügel hinan einzuschlagen, führt' er mich in ein Gebäude, eine Wendel-Treppe hinauf, wo ich mich in einem Zimmer gleichen Fußes mit einem anstoßenden Garten befand. In demselben war ich bereits bis an die steinerne Treppe gelangt, welche auf die Terrasse vor Ew. Majestät Zimmern führt und wünschte, eh ich mich an der herrlichen Umsicht ergetzte, mich dankbar persönlich darzustellen.

Hier aber fiel ich leider in die unmittelbare Gegenwart zurück, die beschränkte Aussicht in meinen klösterlichen Garten mußte mir genügen, wobey ich aber dankbarlichst anzuerkennen hatte, welch ein herrlicher Umblick meiner Einbildungskraft und welch tiefe Rührung dem Gemüthe durch das so vollkommen schildernde, theilnehmende und aufrichtende Schreiben geworden sey.

[240] Wenn ich aber irgend zunächst an eine Äußerung dachte, welche hier zuvörderst am Platze wäre, so fand ich mich gedrängt dankbar anzuerkennen, daß Allerhöchst Dieselben geneigt gewesen, Sich uns auf eine so verehrungs- als liebenswürdige Weise in Ihren Gedichten zu offenbaren. Die Gabe der Dichtkunst hat das Eigne besonders darin, daß sie den Besitzer nöthigt, sich selbst zu enthüllen. Dichterliche Äußerungen sind unwillkürliche Bekenntnisse, in welchen unser Innres sich aufschließt und zugleich unsre Verhältnisse nach außen sich ergeben.

Von welchem Werth also müssen diejenigen Strophen seyn, worin ein gefühl- und talentvoller Fürst, zum Throne hinschreitend, vom Throne sich entfernend, die Welt in sich aufnimmt und von einer geahneten, begonnenen und durchgeführten Entwicklung des selbstständigsten Wesens unverhohlen das Geprüfteste, Ausgesuchteste mittheilt.

Hier aber sey mir erlaubt abzubrechen und das Einzelne, welches sich so kräftig als anmuthig darstellt, einem eignen stillen Genusse anheim zu geben.

Möge gegenwärtiges Blatt nach Allerhöchst Dieselben an der vielleicht einzigen Stelle in der Welt finden, wo zugleich so viel übersehen wird, was war, verging, geworden ist und vergeht: Betrachtungen des höchsten und schönsten Geistes würdig.

Mögen Ew. Majestät, besonders zu ruhiger Tafelstube, unter deren beneidenswerthen Genossen auch[241] meiner günstig gedenken und Sich überzeugt halten, daß ich unter diejenigen gehöre, welche ihren Productionen möglichsten Werth zu geben trachten, um Allerhöchst Deroselben Neigung und Beyfall zu gewinnen.

Da ich nicht über mich gewinnen kann, eigentlich abzuschließen, so müßte ich abbrechen, wenn ich nicht noch für die besondere Gnade zu danken hätte, welche mir eine Copie des in jedem Sinne schmeichelhaften Bildes zugedacht hat. Hofmaler Stieler kündigt es mir so eben an, und ich erwarte es begierig, um solches als ein ewiges Denkmal von Ew. Majestät unschätzbaren Wohlwollen mir und den Meinigen für alle Folgejahre sorgfältig aufzubewahren.

Wie oftmals würde gegenwärtiger Brief, wie er sich zum Ende neigt, sich wieder auf's neue hervorthun, wenn ich alles anführen wollte, was wir seit der letzten Zeit von München her Gutes, Liebes und Bedeutendes zugekommen. Möchte ich doch an allem dem fortwährend bewundernswürdig daselbst Entstehenden einen nähern Antheil, als der mir jetzt gegönnt ist, gewinnen können.


45/201.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

finden auf dem nächsten Blatte die wenigen Kupferstiche verzeichnet, welche dießmal zurückbehalten, und deren Bezahlung zugleich mit der Mappe durch den Postwagen ankommen wird. Leider sah ich keine Zeit[242] vor mir, die eingesendeten Abdrücke mit den bey mir schon vorhandenen zu vergleichen. Ich besitze davon manche, von denen ich bessere Exemplare wünschte.

Wenn Ihnen deshalb entschieden gute alte Drucke, z.B. von Both, Teniers, Brauwer, Berghem pp. auch nur einzeln vorkommen, so denken Sie an mich und lassen mir solche sehen. Die complett sich vorfindenden Sammlungen sind meistens spätere, mehr oder weniger nachgeholfene Abdrücke.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 15. April 1829.

J. W. v. Goethe.


Von der, unter'm 21. März an mich abgegangenen Kupferstichsendung, deren Verzeichniß hier wieder beyliegt, habe die fünf unterstrichenen hier verzeichneten Blätter behalten.

Nr. 281 Bl. A. v. Dyck, Justus

Suttermanns 1 Thlr. 8 Gr.

321 " H. Goltzius, Theo-

dor Cornhertius 412

381 " J. Miele, der Mann,

der sich den Dorn

aus dem Fuß zieht 412

47A. v. Ostade, Die Scheune –16

51Rembrandt nach dessen

Zeichnungen von

Joseph Smidt 3 –

Summa:11 Thlr.2 Gr.[243]


45/202.


An Heinrich Mylius

[Concept.]

[21. April 1829.]

Ihren wohlgestalteten und wohlausgebildeten jungen Neffen konnte nicht abgehen, ohne ihm den freundlichsten Gruß an die hochgeschätzten Freunde nach Mailand mitzugeben. Mögen Sie bey Erblickung dieser Zeilen beiderseitig meines treuen Andenkens versichert seyn.

Wie sehr Sie den großen Verlust, der uns betraf, gefühlt haben, mußte ich mitempfinden, indem ich sogleich an Sie dachte, an die Theuren über den Alpen, welche den trefflichen Fürsten so nah kannten und im liebevollsten Sinne verehrten. Wir andern leben nun in seinem Andenken, und, auf seinen Wegen stell vor uns hingehend, glauben wir immer, wir hätten ihm noch Rechenschaft zu geben.

Eine kleine Commision erlauben Sie nun gefälligst: ein dortiger Mineralienhändler, welcher sich Doctor Cajetan Senoner unterschreibt, bietet mir italienische Mineralien an, und meine Absicht ist, einen Versuch mit ihm zu machen. In beyliegendem Billet ersuche denselben, mir für funfzig Thaler sächsisch dergleichen zu schicken, und wollte Dieselben hiemit ersuchen, diese Summe an ihn gegen Empfang des Kistchens auszuzahlen. Ich habe ihm sorgfältige Packung anempfohlen. Dieselben werden beurtheilen, ob auch[244] äußerlich genug gethan sey, und so bitte mir solche mit nächster Gelegenheit zu übersenden. Was jene Summe betrifft, so bitte solche an Herrn Geh. Hofrath Helbig einzurechnen, welchen schon davon avertirt habe.

Wenn Sie die Redacteure oder Mitarbeiter der Zeitschrift L'Eco kennen, so sagen Sie ihnen ein gutes Wort von mir. Sie halten sich gar brav und zeichnen sich durch Gründlichkeit, Mannichfaltigkeit und Gefällichkeit unter und vor andern Zeitschriften gar löblich aus. Auch Herrn Cattaneo bitte mich vielmals zu empfehlen, so wie Herrn Manzoni, wenn er sich wieder in Mailand befindet.


45/203.


An Cajetan Senoner

[Concept.]

[21. April 1829.]

Ihr Schreiben, mein Werthester, hat mir viel Vergnügen gemacht, weil es mir die Aussicht gibt, mit italiänischen Mineralien mehr als bisher bekannt zu werden.

Vorerst ersuche ich Sie, mir für die Summe von 50 rh. sächsisch aus Ihrem Vorrath bedeutende Gegenstände zu senden. Ohne in's Einzelne zu gehen wünsche ich:

1) Crystallisirte, in ihrer Art vollkommene instructive Körper.

2) Etwa neue, von kurzem entdeckte, gleichfalls charakteristische und belehrende Mineralien.

[245] 3) Bedeutende Gebirgsarten. Hätten Sie z.B. ein schönes Stück von dem Kugel-Sienit aus Corsica, so würde mir solches angenehm seyn; auch von den problematischen Gebirgsarten welche vom Neptun zum Pluto überzugehen auf dem Wege sind, würde ich gerne sehen.

4) Auch Versteinerungen und Fossilien legen Sie hinzu, doch nur bedeutende, deren lebende Beyspiele sich nicht mehr finden. Wie ich denn das Ganze Ihrem Urtheil überlasse, wie am besten und interessantesten eine Communication zu eröffnen sey.

Außer Vorstehendem bemerke nur, daß ich von dem Jenit, sonst Lievrit, von Elba, von dem weißen Cölestin aus Sicilien, auch von den sogenannten vesufischen Gemmen die schönsten Exemplare schon besitze, deshalb deren nicht beyzulegen wären.

Was die Rechnung betrifft, so führen Sie den Preis der einzelnen Stücke nach Belieben in mailändischen Liren auf und mir allenfalls zugleich einen Preis-Courant oder dergleichen, wie Sie solchen ausgeben, damit ich die Freunde von Ihren Ansätzen unterrichten kann.

Sorgfältige Einpackung, besonders der Crystallisationen, darf ich Ihnen wohl kaum anempfehlen, weil bey solchen Sendungen ja alles darauf ankommt. Auch äußerlich wird das Kistchen wohl zu verwahren seyn, denn es hat einen weiten Weg zu machen. Herr Banquier Mylius wird die Gefälligkeit haben, obgenannte[246] Summe Ihnen zu zahlen und die Spedition zu besorgen.

Mehr füge nicht hinzu als die aufrichtigsten Wünsche für das Gedeihen Ihres Geschäftes, das ich auch zunächst zu empfehlen nicht ermangeln werde.

Weimar den 20. April 1829.


45/204.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu benachrichtigen, daß ich unter dem heutigen Datum eine Anweisung auf siebentausend fünfhundert Thaler sächsisch in 20 fl. à 5 g. Thalern zu Gunsten des hiesigen Banquiers Herrn Julius Elkan für Rechnung der J. G. Cotta'schen Buchhandlung zu Stuttgart ausgestellt habe, welche gefällig zu honoriren bitte, und mich Denenselben zu geneigtem Andenken unter Versicherung aufrichtigsten Antheils bey dieser Gelegenheit empfehle.

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 21. April 1829.

J. W. v. Goethe.


45/205.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey sende ein ganzes Fascikel Anerbietungen. Mir will darin nichts wünschenswerth erscheinen als die Monumente von Rhodus. Haben Sie die Güte[247] die Blätter durchzusehen, damit wir nächstens drüber conferiren können, was allenfalls der Frau Großherzogin anzurathen sey.

Weimar den 21. April 1829.

G.


45/206.


An Friedrich Ludwig Schmidt

Geneigtest zu gedenken:

Die Freunde der Geschichte des deutschen Theaters werden bey ihren Untersuchungen gar oft nach Hamburg geführt, und einer derselben that vor kurzem die Frage: ob man nicht etwas Näheres erfahren könnte von den Balletten, welche unter Kochs und Schröders Direction daselbst aufgeführt worden. In Gefolg dieses entweder im Druck oder handschriftlich vorhanden seyen, um deren Mittheilung man bittet. Man erinnert sich, daß von einem »weiblichen Deserteur«, von »Ulysses und Circe« mit Beyfall die Rede gewesen. Sollten zu Förderung dieses kleinen Geschäftes einige Auslagen nöthig seyn, so würde man sie mit Vergnügen erstatten.

Weimar den 21. April 1829.

Goethe.


45/207.


An Ernst Heinrich Friedrich Meyer

Ew. Wohlgeboren

sehr werthe Blätter bestätigen meine Gefühle und Gedanken, die sich bey Abfassung meines Schreibens zu[248] regen begonnen, daß man nämlich die Art und Weise, wie eine in's Leben tretende Idee fortgewirkt habe, eigentlich historisch nicht werde darstellen können: denn sie weckt sogleich die Eigenheiten der Individuen auf, wirkt psychisch, wirkt moralisch und kommt daher in den Fall, anstatt einer reinen gesunden Entwicklung zu genießen, vom rechten Wege krankhaft abgeleitet zu werden. Wird ja ebnermaßen die Geschichte der Kirchen und Nationen dadurch so verwirrt, daß der Hauptgedanke, der höchst rein und klar den Weltlauf begleiten mag, durch den Augenblick, das Jahrhundert, durch Localitäten und sonstigen Besonderheiten getrübt, gestört und abgelenkt wird.

Wenn wir aus uns selbst etwas Echtes, Würdiges gewahr werden, ist es die angenehmste Empfindung; auch eine wichtige Überlieferung, indem sie unsere bereiten Fähigkeiten aufschließt, veranlaßt ein freudiges Auffassen; und doch sind wir in beiden Fällen nicht sicher, das Gewonnene recht zu gebrauchen, das Erlangte gehörige durchzuführen und zu benutzen.

Herzlichen Dank deshalb für die ausführliche Ableitung der verschiedenen Sprossungen jenes Samenkorns! Ich werde weiter darüber denken und mir alles anzueignen suchen. Dann melde wieder und frage weiter an. Es ist der Mühe werth sich hierüber aufzuklären.

Sonderbarer ist es, daß der Mensch nicht so leicht begreift, wie räthlich und nützlich es sey, die einmal anerkannten[249] Anfänge getrost gelten zu lassen, indem wir uns in der Anwendung doch immer unendlich abzumüden haben. Mäkelt man doch nicht am Einmal-Eins und rechnet in Gottes Namen lebenslänglich weiter.

Mir war dieses wunderliche Bestreben der Menschen, immer auf ihre eigne Weise von vorn anfangen zu wollen, desto auffallender, als ich für mich selbst und um mein selbst willen auf das Erste hinzudringen strebte und, wo ich es auch finden mochte, in der Natur oder Überlieferung, nachher unbesorgt blieb, wie sich Leben aus und auf Leben enthüllen mochte. Anstatt aber das Einfachere sich und andern fruchtbar zu entwickeln, dreht man sich um den Anfang herum, dem man doch eher nichts abgewinnt, als wenn man auf ein lebendiges Fortschreiten aufmerkt.

Wenn daher Ihr wackrer Respondent sagt und dar auf beharrt: die Catyledonen seyen

Primi nodi folia,

so hat er alles Mögliche ausgesprochen, Folia und nodus sind die ganze Pflanze, die lasse man nun wachsen und sich entwickeln, und alles wird congruiren.

La nature est une redite perpetuelle.

An der Mannichfaltigkeit der Welterscheinungen freut sich der Lebemensch, an der Einheit dieser Mannichfaltigkeit der höhere Forscher.

Auch die stockende Wirkung meiner Farbenlehre hat mich hierüber denken lassen. Wenn die Herren[250] vom Fach sie ablehnen und verrufen, so ist es natürlich; sie müssen dem Borstbesen fluchen, der ihre Gespinnste bedroht. Daß aber vorzügliche, gute, wohlsinnige Männer, jüngere und ältere, die mit Eifer und Überzeugung daran gingen, doch gar bald an gewissen Puncten stockten und stecken blieben, mußte mir auffallen. Ich sah's mit Bedauern. Weniges von solchem Bestreben ist in's Publicum gekommen. Ich habe mir im Stillen Mühe gegeben mit diesen schätzbaren Personen, und ich mußte doch zuletzt auf das alte Wort wieder zurückkommen:

Longe aliter utimur propriis quam alienis.

Sie sehen, daß ich mich nach einer langen Abwesenheit wieder ganz bey Ihnen zu Hause finde. Lassen Sie mich so fortfahren und sagen mir auch einiges, was man gewöhnlich nicht sagt, von Zeit zu Zeit.

Gegenwärtiges sollte eigentlich nur ankündigen, daß mit dem heutigen Postwagen an Sie abgeht: eine Rolle, umwunden mit der Abbildung des Anthericum comosum, einem dazu gehörigen Druckblatt und einem geschriebenen zu fernerer An- und Umsicht.

Sodann ist am Ende dieses Stabes angebracht: ein hohler Pappenraum, in welchem zwey Stolonen gedachter Pflanze sich befindet. Bringen Sie solche sogleich in die Erde, und die Andeutungen der Luftwurzeln werden sich bald in Erdwurzeln verwandeln und sodann die haargleichen Stengelchen mit Büscheln[251] geendigt hervortreten. Die Fortpflanzungsgabe dieser species ist ganz gränzenlos, jeder Knoten ist ein unerschöpflicher Quirl von Augen, und hiezu denke man sich, daß die zahllosen Blüthen, die sich freylich auf heimischen Boden nach lebhafter und häufiger entwickeln mögen, auch alle Samen tragen.

Ein vierecktes Paquet, wie jenes in Wachspapier, enthaltend die beiden letzten Stücke von Kunst und Alterthum, in welchen Sie das liebenswürdige Gedicht freundlich anblicken möge!

Übrigens fahre zu guter Stunde mit dergleichen Betrachtungen fort, um, wenn ich die Nachricht von der Ankunft meiner Sendung erhalte, sogleich wieder einiges erwidern zu können.

Gründlich theilnehmend

ergebenst

Weimar den 23. April 1829.

J. W. v. Goethe.


Wir lesen von großem Unglück, das die Weichsel auf ihrem Laufe bis Danzig angerichtet hat; da der Pregel einen ungleich kürzern Weg durchläuft, so wird wohl Königsberg von dergleichen Unglück verschont geblieben seyn?

Nun aber lege ich noch ein Blättchen bey, um auszusprechen, was Sie mir ohnehin zutrauen, daß ich mich herzlich freue über das Ihnen neuerlich gewordene Gute. Hängt doch unser inneres Thun so sehr mit unsern äußern Zuständen zusammen, daß[252] eins durch das andere gefördert oder gehindert wird.

Mit Ungeduld erwart ich Ihre Schrift über die Vegetation von Labrador, und da tritt die Frage wohl wieder auf; inwiefern in Absicht auf Begünstigung des Pflanzenwachsthums die mittlere Temperatur oder die höchste des Jahres zu beachten sey.

Sodann aber lassen Sie mich nicht lange auf die allgemeine Morphologie der Pflanze warten. Meine Freunde haben sich zu eilen, wenn sie mich von den Resultaten ihrer Forschungen wollen genießen lassen. Nun aber, da noch Raum übrig ist, wird es Sie gewiß interessiren, zu erfahren, wie es mit der Pflanzenwelt bey uns aussieht: die Schneeglöckchen wuchsen etiolirt unter dem Schnee und gaben keine erfreuliche Blüte; die Crocus kamen zu rechter Zeit, wurden aber durch gewaltsame Regen niedergeschlagen. Den 7. April zog ein großes Gewitter herauf; der Regen wüstete gar sehr, ein Wandernder ward auf freyem Felde erschlagen. Jetzt stehen die Kaiserkronen, mit denen ich etwas chinesisch meinen Garten verziert habe, in völliger Pracht; sie kamen nicht zu früh und litten nicht im Wachsthum. Die gelbrothen stehen in völliger Blüthe, die hellgelben noch nicht, wie diese denn überhaupt einen schwächern Wachsthum zeigen (wobey ich bemerke, daß die violetten und weißen Crocus später als die hochgelben hervortreten; die mehr energische Farbe deutet auf ein rascheres, ja selbst mehr charakteristisches Leben).[253] Dieß alles ereignet sich vor meinem Fenster, wo denn auch Knospen der Zwergmandel sich zu röthen anfangen. Die grünen Wunderhäupter der monstrosen Tulpen fangen an sich zu färben, und die Knospen der Birnbäume sind im Begriff sich aufzuschließen. Zugleich kommt der alte Pflanzen- und Kräutermann von Ziegenhayn und bringt die Rediten der Flora Jenensis von Ruppe's Zeiten und wer weiß wie lange her, welche mich noch jedes Frühjahr seit mehr als 50 Jahren heimsuchen. Zum scherzhaften Zeugniß der heutigen Lection lege seine Zettelchen bey; sie mögen zum Beweis dienen, daß die Pflanzenluft noch immer um mich her lebendig ist.

treulichst

Weimar den 23. April 1829.

G.


[Beilage.]

Adonis vernalis, 13, Böhmisch Christwurz.

Pulmonaria officinalis, 5, Lungenkraut.

Thlaspi montanum, 15, Täschelkraut.

Veronica triphyllos, 12, Ehrenpreis.

Lamimum purpureum, 14, Traube Nessel.

Primula veris elatior, 5, Waldschlüsselblume.

Adoxa moschatellina, 8, Bisamkraut.

Primula officinalis, 5, Schlüsselblume.

Salix fragilis, 22, Bruchweide.

Brassica napus, 15, Rapssame.[254]


45/208.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey übersende, mein Theuerster, die fragliche Zeichnung zu gefälliger farbigen Wiederherstellung; frage zugleich an: ob nicht noch ein altteutsches Bild von seiten großherzoglicher Bibliothek her bey Ihnen befindlich ist; wir könnten es Liebern geben, um solches gelegentlich zu restauriren.

Weimar den 25. April 1829.

J. W. v. Goethe.


45/209.


An Johann Heinrich Meyer

Hofrath Voigt hat allerley Antikaglien bey mir niedergelegt, die wohl werth sind gesehen zu werden. Mögen Sie vielleicht nach geendigter Stunde mich besuchen, so wäre es, um unsrer und des guten Mannes willen, der über seine Besitzthümer aufgeklärt seyn will, wohl angenehm und gäbe freundliche Unterhaltung. Sollte es regnen, so schicke den Wagen allenfalls nach vier Uhr.

Weimar den 25. April 1829.

G.


45/210.


An Oskar Ludwig Bernhard Wolff

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

gefällige Sendung dankbar zu erwidern, halte ich mich verpflichtet zu bemerken, daß der Bogen 15 durchaus[255] verdruckt ist und die durch einander gemischten Seitenzahlen als ein fast unauflösbares Hinderniß sich dem Leser entgegen stellen. Nehmen Sie diese Bemerkung als ein Zeichen der Theilnahme an dieser höchst interessanten Arbeit.

Weimar den 25. April 1829.


45/211.


An Carl Emil Spiegel von und zu Pickelsheim

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

erlauben durch Gegenwärtiges zu bemerken: daß Frau Großherzogin Mutter befohlen hat, das in ihren sonstigen Zimmern befindliche landschaftliche Originalgemählde von Hackert dort abholen und in das Museum versetzen zu lassen. Wobey ich mir die Freyheit nehme zu bitten, deshalb die nöthige Anordnung gefällig zu treffen und allenfalls den Überbringer zu Abholung gedachten Bildes zu autorisiren.

In vorzüglichster Hochachtung.

Weimar den 25. April 1829.


45/212.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

[27. April 1829.]

Möchten Sie, mein Theurer, mir aus einem Zweifel helfen? Mein Diplom, welches ich von der[256] Gesellschaft der Arcadier in Rom erhielt, ist datirt: Neomenia di Possideone. Wie trifft dieses allenfalls mit unserm Calender zusammen?

Hiernächst erbitte mir denn auch einige nähere Nachrichten über die Gesellschaft selbst, ihre Stiftung, Fortgang und gegenwärtigen Zustand, wie es irgendwo aufgezeichnet ist.

In Hoffnung baldigen Wiedersehns.


45/213.


An Carl Friedrich Zelter

Höchst erfreulich war es, den Abdruck des gewagten Siegels auf dem ersten deiner Briefe zu sehen. Wir hatten unser Mögliches gethan, ich und der gute Facius, und so war denn auch der Beyfall des Besitzers ausgesprochen. Möge ich es oft wiederholt erleben.

Den thörichten Aesthetiker hast du gut bedient. Einen solchen beschränkten und eigendünklichen Menschen möchte man sich nicht leicht imaginiren. Auch würde man gewiß in solcher Umgebung nach und nach wenn uns nicht die Nothwenigkeit eingeboren wäre, auf unsern Wegen unverrückt fortzuwandeln.

Ich habe über das Menschengeschlecht, besonders wie es jetzt nachwächst, allerlei Gedanken und werde sie wohl einmal in ruhiger Stunde dir auf das Papier sprechen.

[257] Auf alle Fälle ist man genöthigt weit in der Welt umherzusehen, um bedeutende Stimmen zu vernehmen. Das neuste Vierteljahr der Edinburger Revision der ausländischen Literatur ist so eben angekommen, und höchst merkwürdig, wie sie die Continental-Autoren betrachten. Sie sind sehr gewissenhaft gegen sich selbst und haben Respect vor ihrem Publicum. Ernst, Ausführlichkeit, Mäßigung und Offenheit ist durchaus ihr Charakter, und es ist unglaublich wie weit und tief ihr Blick trägt.

Vorstehendes hatte einige Tage gelegen, inzwischen las ich in dem siebenten Bande der Calderonschen Schauspiele, übersetzt von Gries, das merkwürdige Stück: die Locken Absalons. Vielleicht kommt es auch zu dir an gerechten Tagen und du findest Muße es zu lesen.

Bey mir ist die alte Wahrheit wieder aufgestanden: daß, wie Natur und Poesie sich in der neuern Zeit vielleicht niemals inniger zusammengefunden haben als bey Shakspeare, so die höchste Cultur und Poesie nie inniger als bey Calderon. Unsern Zeitgenossen ist ein klarer Begriff hievon nicht zuzumuthen.

Manches andere wunderbare Gelesene zeige nächstens an.

Herrn Director Klöden empfiehl mich bestens und danke ihm für sein willkommnes Heft. Eine gar klare geologische Umsicht leitet ihn durch die Labyrinthe jener nordischen Niederungen. Er ist aufmerksam und[258] genau, wobey er uns immer in's Ganze schauen läßt; sodann aber ist seine Gewerbschule bewundernswürdig. Er gehört unter die Männer, mit denen ich von Zeit zu Zeit conversiren möchte; sie werden immer seltener unter den Bekannten, und es gibt deren gewiß mehrere vorzügliche hie und da ausgesät.

Ein Franzose hat acht Stellen meines Faust componirt und mir die sehr schön gestochene Partitur zugeschickt; ich möchte dir sie wohl senden, um ein freundliches Wort darüber zu hören.

Hiebey fällt mir ein, daß du noch eine Partitur bey dir hast von meiner Cantate Rinaldo für Prinz August von Gotha, componirt von Winter. Ich besitze die Stimmen noch; und gar manche wundersame Erinnerungen knüpfen sich an diese Opus. Las es mir daher wieder zukommen, wenn du es finden kannst.

Die königlichen Gedichte sind mir noch nicht zugekommen; kein freundliches Exemplar von des Herrn Verlegers Seite ist bey mir erschienen, und unser Buchhändler, ob er gleich Commisionsrath heißt, besorgt seine Commisionen sehr langsam und nur, wie es auch dießmal heißt, mit Meßbequemlichkeit. Übrigens würde ich in diesem Falle erst abwarten, was dich selbst aufregte und anspräche; das Singbarste wirst du gewiß herausfinden; alsdann ist es immer noch Zeit zu sagen, was ich mir allenfalls noch ausbäte. Ob ich gleich an Geduld und Harren gewöhnt bin, so verlangt mich doch, dieses merkwürdige Werk näher[259] kennen zu lernen. Gewiß gibt es Aufschlüsse über einen Charakter, der uns immer problematisch vorkommen muß.

Hiemit sey denn für dießmal geschlossen, um bald wieder einige gute Erwiderung zu vernehmen und weiter fortzufahren.

und so fortan!

Weimar den 28. April 1829.

G.


45/214.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

kann vermelden, daß die unter'm 26. vorigen Monats angekündigte Sendung anheute glücklich angekommen, wofür ich verbindlichsten Dank abstatte.

Es war mir angenehm, daß schon vor Empfang des gedachten Letzten das Paquet mit dem 27. und 28. Bande abgegangen gewesen, zugleich den 16. und 17. Band der Sedez-Ausgabe revidirt enthaltend.

Der 30. Band liegt auch bereit, nur bin ich nicht sicher, wenn ich den 29. werde absenden können, der meinen zweyten Aufenthalt in Rom enthält, und dem ich das möglichste Interesse zu geben hoffe.

Dem übersendeten lithographischen Blatt wünsche fortdauernde Geneigtheit und dabey eine freundliche Erinnerung meiner auf viele folgende Jahre.

ergebenst

Weimar den 2. May 1829.

J. W. v. Goethe.[260]


Einzelnen Gebrauch von den Sprüchen aus Makariens Archiv wünsche nicht vor Heraustritt des Werkes. Am Schluß desselben und im Zusammenhang des Ganzen finden sie erst ihre Deutung, einzeln möchte manches anstößig seyn.


45/215.


An Carl Jügel

[Concept.]

[Weimar 2. May 1829.]

Ew. Wohlgeboren

habe durch Gegenwärtiges zu vermelden, daß die letzte Sendung so eben angekommen; weshalb ich denn bey eintretendem Jubilate-Termin Dieselben ersuche, mir baldigst die Rechnung einzusenden, damit ich die aufgelaufene Schuld zunächst abtragen könne.

Weitere Bestellungen und gefällig zu übernehmende Aufträge mir auch für die Folge verhaltend.


45/216.


An Johann Christian Friedrich Körner

Ew. Wohlgeboren

gefällig übersendete Glasproben haben durchaus ein gutes Ansehen; möge die Wirkung dieser Schmelzung sich auch bey Anwendung günstig erweisen. Ich sende sie zusammen zurück; das größere abgerundete Stück Flintglas wünsche nur glatt geschliffen, um seine entoptischen Wirkungen besser zu erproben. So würde[261] es denn auch gut seyn, wenn Sie eiserne Formen bey solchen Schmelzungen zur Hand hätten, worin Sie einen und den andern Cubus eindrucken könnten. Dergleichen, theils schnell, theils langsam abgekühlt, würden zu instructiven Beobachtungen Gelegenheit geben.

Das Barytglas von vollkommner Weiße und Klarheit verdient wohl in etwas größerem Maße verfertigt zu werden, damit man mit seiner Brechung und Farbengebung, wie auch deren Verhältniß bekannt würde.

Alles andere ferneren Versuchen und Folgerung....... Herrn Hofrath Döbereiner mich bestens empfehle......

Weimar den 2. May 1829.


45/217.


An Johann Heinrich Meyer

Schon heute frag ich an, ob Sie morgen die Gefälligkeit haben wollen, ein Mittagessen bey mir einzunehmen. Es gibt mancherlei vorzuzeigen und zu besprechen. Da wohl schwerlich besseres Wetter eintreten wird, so müssen wir leider unsere Spazierfahrten unterlassen; auf alle Fälle aber sende ich den Wagen, Sie abzuholen.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 2. May 1829.

G.[262]


45/218.


An Friedrich Wilhelm Wahl

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersuche um die Gefälligkeit mir anzuzeigen, wie es mit der Gesundheit der Johnschen Kinder stehe, und ob man ohne Gefahr und Sorge den Vater wieder in's Haus zur Arbeit berufen könne?

Mich bestens empfehlend.

Weimar den 2. May 1829.


45/219.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey die Tessera, welche das Glück hatte Ihnen einigen Antheil abzugewinnen, in originali, nebst dem davon handelnden Büchlein vorsorglich, wenn solches nicht schon auf der jenaischen Bibliothek befindlich seyn sollte.

Dankbar für die Revision der zurückgesendeten Bände, darf ich wohl versichern, daß ich mir keinen umsichtigern Leser und Theilnehmer als Ew. Wohlgeboren wünschen dürfte. Der gegönnte Beyfall ist immer belehrend, weil bey Umsicht in aller Literatur Sie einer jeden Production ihre Stelle genau anzuweisen verstehen.

Merkwürdig ist es mir nunmehro selbst, wie die späte Manifestation eines zwar einfach, aber emsig[263] geführten Lebens zweyter Freunde auf die Nachfolgenden wirkt, indem sie solche rückwärts zu einem Mitseyn und Mitwirken auffordert und nöthigt.

Möge das eintretende schöne Wetter nicht eine blos vorübergehende Erscheinung seyn! damit ich mich hierüber, sowie über manches Andere in Ihren kühlen angenehmen Räumen bald mündlich unterhalten könne.

ergebenst

Weimar den 6. May 1829.

J. W. v. Goethe.


45/220.


An Johann Friedrich Blumenbach

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

durch den Herrn Major Beamish überbrachte Schreiben war für mich oder vielmehr für meine Hauscanzley ein beschämender Mahnbrief. Das Kästchen mit der Kinnlade sollte schon den 9. v. M. zugleich mit dem Briefe abgegangen seyn und erfolgt nun hier mit dem Wunsch, daß es willkommen seyn möge. Auch sah ich einen jungen Mann, Herrn Murray, durch Herrn v. Müller mir zugeführt, sehr gerne, denn er brachte mir unter erwünschten Grüßen die Nachricht von dem Wohlbefinden meines verehrten Freundes.

Mit den treusten Wünschen und Hoffnungen.

Weimar den 7. May 1829.[264]


45/221.


An C. Küster

[8. Mai 1829.]

Ew. Wohlgeboren

geneigtem Schreiben vom 14. vorigen Monats gemäß übersende zunächst an Herrn Keitel in Braunschweig ein Kästchen für den wirklichen Geh. Staatsrath Herrn v. Loder in Moskau. Ein an den Herrn Spediteur gerichtetes Schreiben, in welchem auch die verlangte Declaration befindlich, lege, um mich nicht zu wiederholen, ungeschlossen bey mit Bitte, die weitere Besorgung dieser Angelegenheit gefällig zu leiten und mich Ihrem Herrn Bruder in Moskau bestens zu empfehlen.

Wie ich denn die dadurch erwiesene Geneigtheit dankbarlichst anerkenne und mich hochachtungsvoll unterzeichne.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 2. May 1829.

J. W. v. Goethe.


Auch liegt ein Schreiben an Herrn v. Loder bey, welches wohl mit dem Avisbrief abgehen kann.


45/222.


An Christian Heinrich Keitel

[Concept.]

[8. Mai 1829.]

Ew. Wohlgeboren

habe ein Kistchen mit der fahrenden Post zu übersenden, auf Anrathen des Herrn Rittmeister Küster, mir die Freyheit genommen. Es ist solches für Herrn v. Loder, kaiserlich russischen wirklichen Geh. Staatsrath, Excellenz,[265] nach Moskau bestimmt; wohin selbiges gelangen zu lasse Sie höflichst ersuche. Das Kästchen ist mit schwarzem Wachstuch überzogen, möchte aber noch besser zu emballiren seyn, in Betrachtung des ferner Weges, den es zurückzulegen hat, welches Dero einsichtigen Beurtheilung überlasse.

Zugleich lege die nothwendige Declaration wegen Inhalt des Kästchens bey, welche getreulich abgefaßt ist. Sollte von Assecuration die Rede seyn, so könnte man diese Sendung auf 30-40 Thaler schätzen, für welches alles geneigt Sorge zu tragen und die deshalb nöthige Mühwaltung, so wie die auflaufenden Spesen gefällig zu notiren bitte. Sollte es thulich seyn, das Kästchen völlig franc an seine Bestimmung gelangen zu lassen, so würde den Betrag mit Vergnügen ersetzen.

Weimar den 2. May 1829.


45/223.


An Justus Christian von Loder

[Concept.]

[8. Mai 1829.]

Bey nun wieder eröffneter Fahrt auf dem baltischen Meere verfehle nicht, verehrter Mann, sogleich ein Kistchen zu übersenden, enthaltend die bisher herausgekommene zwanzig Bände meiner Werke, worin ich das Neue zum Alten bestens empfohlen wünsche. Ferner drey Bände Schillerischer Correspondenz, welche besonders der damals Mitlebenden willen schon gegenwärtig herausgegeben. Auch Sie, theuerster Freund, werden sie gern[266] bey'm Lesen derselben in jene Tage versetzen, welche allen, denen sie gegönnt waren, als reine heitere Lebensepoche wieder erscheinen müssen, und auch Ihnen gewiß manche angenehme Erinnerung zurückrufen werden.

Glücklicher Weise kann ich auch noch für ein angelangtes Kästchen Mineralien schönstens danken, welches ich Herrn Hermann, einem vorzüglichen Mineralogen, schuldig werde. Die entschieden geformten Meteorsteine sind von großer Bedeutung, so wie der Korundporphyr eine neue, höchst wichtige Erscheinung. Wegen der merkwürdigen Eigenschaft des Eisens aus den Schwefelkiesen veranlasse unsere Chemiker zu einiger Untersuchung und melde gelegentlich die Resultate. Wie ich denn meine dankbaren Gesinnungen und die Versicherung wiederhole, daß jener bedeutende Mineralienschatz uns noch immer beschäftigt und zu belehrendem Betrachten und Vergleichen Anlaß gibt.

Die beygefügte, schön gearbeitete Brieftasche gab einen augenfälligen Beweis, daß auch diese, so wie jede andere Art von Technik in Moskau glücklich geübt wird.

Mich zu fortgesetztem wohlwollenden Erinnern angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 7. May 1829.


45/224.


An Carl Ernst Schubarth

Sie sind, mein Werthester, beschäftigt, sich in dem weiten Kreise, der dem menschlichen Geist eröffnet ist,[267] neben aller Philosophie zu ergeben und die hie oder dort, wo es Ihnen gefallen möchte, sich anzusiedeln. Da ich auch kein anderes Bestreben kenne als mich selbst, nach meiner Weise, soviel als möglich auszubilden, damit ich an dem Unendlichen, in das wir gesetzt sind, immer reiner und froher Antheil nehmen möge, so kann ich nicht anders als den Weg billigen, den Sie auf gleiche Weise eingeschlagen haben.

Dabey muß ich jedoch bekennen, daß die polemischen Richtungen bey mir immer schwächer werden und sich nach der inneren Einheit zusammenziehen; denn die Gegenstellungen sind überall dergestalt unvermeidlich, daß, wenn man den Menschen selbst ganz genau in zwey Hälften spaltete, die rechte Seite sogleich mit der linken in einen unversöhnlichen Streit gerathen würde. In eben dem Sinne tadle ich jedoch die Jugend nicht, wenn sie den Gegensatz, den sie in sich gegen anders Denkende empfindet, polemisch ausspricht, sich von dem Widerwärtigen trennt und sich in der Theilnahme Gleichgesinnter höchlich erfreut.

Hiebey das früher Übersendete, worüber ich kein Urtheil habe, indem sich meine Gedanken in diesen Regionen nicht mehr umsehen. Gelinge Ihnen alles, was Sie zu eignem und anderer Nutzen und Frommen treu-gesinnt unternehmen.

ergebenst

Weimar den 10. May 1829.

J. W. v. Goethe.[268]


45/225.


An Johann Jacob Nöggerath

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde, dankbar verpflichtet, hierdurch eiligst, daß die unter'm 25. April angekündigte Sendung heute glücklich eingelangt und sogleich zu meiner und der verbundenen Freunde größter Zufriedenheit aufgestellt worden.

Sobald ich einen ruhigen Augenblick ersehe, schicke an die werthen Künstler sogleich einen brieflichen Aufsatz, wie sie ihn zu erwarten scheinen; denn es muß mir freylich höchst erwünscht seyn, einen Gegenstand, dem ich, bey seiner eignen Merkwürdigkeit, noch durch besondere Umstände angeregt eine persönliche Vorliebe gewidmet, auf eine so vollständige Weise zu schauen und hoffen zu können, daß sowohl Darstellungen und Inschriften sich immer mehr aufklären werden.

Einen vortrefflichen Philologen in unsrer Nähe, mit dem ich gemeinsam zu arbeiten das Glück habe, finde schon dafür interessirt. Die zu erwartenden Zeichnungen und Erläuterungen werden demjenigen, was darüber gedacht und gearbeitet ward, neue Förderniß geben.

Nicht einen Augenblick konnten wir zweifeln, daß Ew. Wohlgeboren Ihren hiesigen Aufenthalt in gutem Andenken behalten würden, da uns die Erinnerung Ihrer Gegenwart noch immer lebendig und belebend[269] blieb. Nur wäre zu wünschen gewesen, Sie möchten uns noch einige Tage geschenkt haben, damit man über Zustände, Bestrebungen und Denkweisen sich wechselseitig aufzuklären Raum gefunden hätten.

Die Meinigen empfehlen sich mit mir zu geneigtem Erinnern, wobey ich versichern darf, daß jede Sendung aus Ihrem interesssanten Bereich uns höchst willkommen seyn werde.

Den jungen Männern in Bendorf bitte von abstehender Zusage, mit vorläufigen dankbaren Beyfall, gefällig Kenntniß zu geben. Nächstens das Weitere.

Weimar den 11. May 1829.


45/226.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ihr gehaltreiches Schreiben, mein Allerwerthester, kann ich aus mancherlei Drang und Drängen nur eilig beantworten. Bleiben Sie ja dabey, vorerst den Frontin zu geben: auf einer vorhergehenden Bejahung findet die Verneinung einen bessern Grund. Leider ist weder das gewünschte Buch noch auch die Übersetzung auf unsrer Bibliothek. Im Fea will ich nachsehen lassen.

Ich darf hoffen, Ihr Antheil an dem Schillerschen Briefwechsel wird sich mit den nächsten Bänden steigern; die letzteren, obschon durch unser Zusammenseyn in Weimar magerer ausfallend, werden doch immer dadurch[270] interessant seyn, daß daraus ein reines, redliches, mäßiges, selbstbewußtes Streben hervorgeht, welches überall erfrischend und belehrend wirkt.

Bürgers Versuch liegt im Merkur von 1776 vor, auch ist er in dessen Werke, in deren zweyten Band, aufgenommen. Der damalige Antheil von Weimar und seinen Genossen an dieser Arbeit zeigt von dem guten Willen, den man hatte, alles zu fördern, was sich nur irgend Hoffnungsvolles hervorthat. Seit soviel Jahren hab ich diese Bemühungen nicht wieder angesehen und wüßte, wenn ich sie wieder vornehmen sollte, wahrscheinlich nicht viel darüber zu sagen. Möge Herrn Professor Wiedasch bey so gesteigerter Cultur in Verständniß und Rhythmik etwas recht Vorzügliches gelingen.

Unser Berliner Farbenfreund, Herr v. Henning, läßt nichts wieder von sich hören; er ist einigemal in Thüringen gewesen ohne bey mir einzusprechen. Ich begreife recht gut, daß das entscheidende Leben ihn aus einem so weiten und gränzenlosen Felde zurückrief.

Wahrscheinlich finden Sie in einer dortigen Lesegesellschaft das Morgenblatt, und unter dem 12. Januar dieses Jahrs, wenn ich nicht irre, Bemerkungen über das Colorit, in Bezug auf Goethes Farbenlehre. Es wird Sie gewiß freuen, daß diese Samenkörner, wenn auch langsam, doch kräftig hie und da aufzugehen anfangen.

[271] In Genf ist eine französische Übersetzung meiner Metamorphose der Pflanzen herausgekommen. Nachdem dieses Büchlein vierzig Jahre in der Welt ist und mannichfaltig gewirkt hat, so glauben die Franzosen ganz unschuldig, sie seyen a posteriori auf gleiche Gedanken gekommen. Läugnen kann man nicht, daß ihnen die Anwendung der Maxime sehr wohl gerathen ist.

Wie vieles Andere hätte ich noch zu sagen, doch ich sende dieses Blatt in Hoffnung baldiger Mittheilungen von Ihrer Seite. Die hohe Staatsmaxime: Eile mit Weile, gilt in meinen Jahren nicht mehr.

Und so fortan!

treulichst

Weimar den 16. May 1829.

J. W. v. Goethe.


45/227.


An Carl Friedrich Zelter

Zuvörderst will ich für deine Schilderung Paganini's alleschönstes gedankt haben. Vergleich ich sie mit dem, was in der Berliner Zeitung zu lesen ist, so kommt mir durch Verstand und Einbildungskraft wenigstens ein begreiflich scheinendes Bild zu Stande; und was man eigentlich hören müßte, wird dem höhern Sinn gewissermaßen anschaulich. Ich gönne ihm einen solchen Hörer und dir einen solchen Virtuosen.

Sodann sollst du gleichfalls vielen Dank haben für die Entwickelung der wichtigen musikalischen[272] Grundsätze in deinem letzten. Entschließe dich von Zeit zu Zeit zu dergleichen, du sammelst dir selbst einen Schatz in meinen Heften. Ich freue mich meiner Tabelle als eines zwar nackten, aber wohlgegliederten Skeletts, welches der echte Künstler allein mit Fleisch und Haut überkleiden, ihm Eingeweide geben und in's Leben praktisch und denkend einführen mag. Ich sehe dadurch auf eine wundersame Weise in eine Region hinüber, in welcher ich nicht einmal genießen, geschweige genießend denken sollte.

Auch das ablehnende Brieflein laß ja nicht ohne Gesellen! Dergleichen Zudringlichkeiten sind durch aus nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt rege. Die jetzige Zeit ist eigentlich enkomiastisch, sie will etwas vorstellen, indem sie das Vergangene feyert: daher die Monumente, Feste, die säcularen Lobreden und das ewige ergo bibamus, weil es einmal tüchtige Menschen gegeben hat.

Die werthe alte Dame, welche meine Farbenlehre wie eine Art Bibel behandelt, mußte mich sehr freuen. Das Büchlein enthält freylich vieles, was man sich zueignen kann, wenn man auch das Viele, was uns nicht angeht, auf sich beruhen läßt. Ein gar verständiger Aufsatz über das Colorit, in Bezug auf diese Farbenlehre, steht in Januar des Morgenblatts dieses Jahrs. Es ist ein praktischer Künstler, welchem das ihm Nutzbare lebendig geworden ist; er konnte noch etwas weiter gehen; ich nehme zu meiner Beruhigung[273] in diesem Sinne die Sache selbst noch einmal vor. Wenn eine Haupt- und Grundmaxime nur erst einmal eingreift, so kann man schon nachrücken. Glücklicherweise widersteht dem Künstler nichts in dem Meinigen, und was er mir zugibt, kann er gleich brauchen. Daß aber ein Mathematiker, aus dem Hexengewirre seiner Formeln heraus, zur Anschauung der Natur käme und Sinn und Verstand, unabhängig, wie ein gesunder Mensch brauchte, werd ich wohl nicht erleben. Es wird allein dadurch möglich, daß ein junger frischer Mann, ehe er sich in jene Labyrinthe einläßt, den Faden aus den Händen der liebenswürdigen Natur empfange, der wahren Ariadne, die uns allein beseligt, welcher wir zeitlebens nicht untreu werden können.

Die Medaille der Facius ist gut genug gerathen. Das: Loos direxit ist nicht vergebens hinzugefügt. Ich hoffe, man wird von hier aus diesem Manne etwas Freundliches erweisen, um ihn für das Mädchen noch weiter zu interessiren. Ihr Aufenthalt in Berlin ist ihr zu gönnen: hier, wo sie keine Technik im Rücken hat, würde sie geradezu nichts vermögen. Dort sollte sie sich doch schon selbst etwas verdienen und unter hiesigem Zuschuß in Berlin sich fortwährend aufhalten können; zuletzt fände sich ein Mann, wo es dann an naiven Interjectionen nicht fehlen würde.

Soviel für heute! Mit den besten Wünschen und Grüßen.

treu verharrend

Weimar den 17. May 1829.

Goethe.[274]


45/228.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe zu vermelden, daß der aberaufsichtliche Cassier die Ordre hat, Denenselben die letzte Rechnung ungesäumt auszuzahlen, wobey ich den Wunsch bemerke:

die Revue Française

sowohl den vorigen completten Jahrgang, als die dießjährig herausgekommenen Stücke baldigst zu erhalten.

Das Beste wünschend.

Weimar den 17. May 1829.


45/229.


An Christian Daniel Rauch

Ungeduldig über mancherlei Hindernisse, die mich abhielten, auf Ew. Wohlgeboren höchst erfreulichen Brief bisher zu antworten, sage dießmal nur mit den wenigsten Worten, wie sehr mich und die Meinigen jene so zeitig und freundlich gegebene Nachricht gerührt hat. Wir fühlten bey dieser Gelegenheit recht lebhaft, wie sehr wir Ihnen verknüpft sind, denn es war eben, als wenn es in unserm eignen Familienkreise geschehen wäre. Möge das Beste und Angenehmste sich hier anschließen, besonders auch für uns Ihre und der Ihrigen Hierherkunft gewiß bleiben. Bis dahin sey manches verspart! Herrn Ober-Baudirector[275] Schinkel meinen vorläufigen besten Dank, allen Berliner Freunden, denen ich soviel schuldig geworden, die schönsten Empfehlungen.

Eine kurze, vorläufige, näh're Anzeige, wann Sie uns Ihren Besuch gönnen wollen, wäre freylich wünschenswerth; denn die Sommerzeit möchte wohl die Glieder unserer Familien- und geselligen Vereine nach allen Seiten hin zerstreuen.

Ich wiederhole die dringendsten Einladungen und freundlichsten Grüße.

treu ergeben

Weimar den 24. May 1829.

J. W. v. Goethe.


45/230.


An Friedrich Jacob Soret

Ihre Entfernung, mein theuerster Herr und Freund, so gering sie auch ist, beraubt mich Ihres lieben Besuches und läßt mich in einem Mangel, den ich schmerzlich empfinde. Aufrichtigen lebhaften Dank deshalb für die angenehme Sendung. Die Gedichtchen sind allerliebst und schließen sich dem Sinne nach, so wie in Darstellung und Ton vollkommen an die Originale. Wir gehen sie wohl nächstens mit einander durch, wobey sich zu interessanten Betrachtungen Anlaß finden wird. Für die übersendeten Samen danke zum allerschönsten; ich werde sie mit Ihrer Vergünstigung nach Königsberg schicken an einen dortigen Freund, den ich für unsere Arbeiten interessirt[276] habe. Es ist der Director des botanischen Gartens daselbst, Doctor Ernst Meyer, einer der gründlichsten Mitwirkenden, seit vielen Jahren die Lehre der Metamorphose anzuwenden beschäftigt, dessen Beystand uns zu der Geschichte dieser vierzig Jahre höchst nöthig ist; denn es thut sich manches hervor, was bisher mir völlig unbekannt blieb, weil ich mich um die Wirkung meines Heftchens nicht weiter bekümmerte.

Gelte Ihnen das Gegenwärtige für einen freundlichen Morgengruß, wie ich bitte, mich dem lieben Prinzen bestens zu empfehlen.

treu ergeben

Weimar den 25. May 1829.

J. W. v. Goethe.


45/231.


An Johann Heinrich Meyer

Ich wünsche selbst diese merkwürdigen Exhibition zu sehen; können Sie mir eine Stunde andeuten, wo ich kein Gedränge finde und die Gegenstände mit Ruhe und Muße betrachten kann, so werde ich mich mit Vergnügen dahin begeben. In welchen Zimmern ist die Ausstellung, und wo führt man an, um den rechten Weg zu finden!

Vielen Dank für geneigte Vermittlung.

Nur muß ich nachschriftlich bemerken, daß Prinzeß sich auf 12 Uhr anmelden läßt, und ich also für diese Stunde versagt bin.

Weimar den 26. May 1829.

Goethe.[277]


45/232.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

vermelde in Gefolg unsres neulichen Gesprächs, daß auf Weihnachten bey großherzoglicher Cammer noch einige Capitalien angenommen werden; die Anmeldung mit Bestimmung der Summe müßte jedoch gleich geschehen. Die Subscription auf Michaelis ist schon complett; es werden 4 p. C. Interessen bezahlt.

Mich geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 30. May 1829.


45/233.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

hoffte durch die wohlgerathene Abbildung der bedeutenden Umsicht einige Freunde zu machen. Es ist mir höchst angenehm, daß es gelungen ist. Ich weiß nicht, warum die beiden Künstler, die das Blatt radirt haben, ihre Namen nicht ausschrieben; sie heißen:

Fries und Thürmer.

Übrigens wüßte nichts von ihnen zu sagen, sie verlieren sich in der großen Masse thätiger, in diesem Fach beschäftigten, jungen Männer.

Verknüpfen Sie bey'm Anblick dieser Darstellung das Andenken an mich mit dem Andenken an jene[278] unvergeßlichen Stunden, die Ihnen an Ort und Stelle geworden sind. Mich verlangt gar sehr, Sie in Ihren kühlen Sälen zu besuchen.

Das freundlichste Lebewohl!

ergebenst

Weimar den 30. May 1829.

J. W. v. Goethe.


N. S.

Als Vorstehendes geschrieben war, erinnerte ich mich eines Wegs, das Nähere über die genannten beiden Künstler zu erfahren. Fries aus Heidelberg hält sich gegenwärtig daselbst auf; Thürmer lebt als Professor der Architektur seit ohngefähr zwey Jahren in Dresden; er war lange in Rom und Griechenland.

Kein Sachse, vielleicht ein Bayer.


45/234.


An Friedrich Christian August von Schwendler

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

halte mich verpflichtet beyliegenden Aufsatz zu überreichen, wie er großherzoglicher Ober-Baubehörde mitgetheilt worden ist. Ich darf hoffen, daß er mit der gepflogenen Beredung sich übereinstimmend finden wird; wie den Hoch Dieselben in einem Puncte Ihre eigenen Worte wiedererkennen werden.

Um fernere Theilnahme angelegentlichst bittend.

Weimar den 30. May 1829.[279]


45/235.


An Johann Jacob Nöggerath

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

ersehen gefällig aus Beykommendem, wie sich der Antheil der Weimarischen Kunstfreunde an dem bedeutenden überschickten Werke immer gesteigert hat. Die braven Künstler, denen ich diese Blätter einzuhändigen bitte, werden davon beliebigen Gebrauch machen, entweder im Ganzen oder theilweise, je nachdem es mit ihren Absichten zusammentrifft.

Indessen fahren wir in unsern Betrachtungen weiter fort, wobey ich bemerke, daß sich noch sehr viel Günstiges über das Einzelne sagen läßt, welches wir nicht aussprechen wollten, um den Fluß des Vortrages nicht zu hemmen und die Übersicht des Ganzen nicht schwieriger zu machen.

Für dieses Einzelne gibt es immer noch Zeit und Gelegenheit, wenn das Unternehmen erst im Gange ist und das Publicum anfängt, sich dafür zu interessiren. Haben Sie die Gefälligkeit, mich von der Ankunft des Gegenwärtigen zu unterrichten und gedenken unsrer zu guter Stunde.

Diese Tage habe ich, durch die gütige Aufmerksamkeit der ansehnlichen amerikanischen General-Bergwerksdirection in Elberfeld, den dritten Bericht erhalten, der mich in Erstaunen gesetzt und zugleich mit Bewunderung des dortigen Directors, Herrn Schmidt,[280] erfüllt hat. Bey einem so labyrinthischen Gegenstand und einer so verflochtenen Administration läßt die Klarheit des Vortrags nichts zu wünschen übrig. Möge der Erfolg die aufgewendeten Kosten und Bemühungen eines löblichen Unternehmens reichlich belohnen.

Weitere geneigte für Kunst und Wissenschaft förderliche Mittheilungen mir angelegentlichst erbittend, unterzeichne mich in vorzüglichster Hochachtung.

Weimar den 1. Juni 1829.


45/236.


An Jacob Friedrich Fries

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

das mir anvertraute Bild dankbar zurücksendend, füge mit Vergnügen die beyliegende Anerkennung des Künstlerverdienstes hinzu. Die Weimarischen Kunstfreunde haben sich daran erfreut und mögen es gerne aussprechen.

Empfehlen Sie uns dem werthen Manne.

Zugleich bemerke, daß das Bild auf einen hinlänglichen Stab aufgerollt, auch sonst gepackt ist, daß es allenfalls sogleich könnte fortgeschickt werden. Der ich mich bey dieser Gelegenheit bestens empfehle und mit vorzüglichster Hochachtung mich unterzeichne.

Weimar den 3. Juni 1829.[281]


45/237.


An Gerhardt Wilhelm von Reutern

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die Sendung der vortrefflichen Aquarellen Ihr Andenken bey Ihren alten Freunden lebhaft angefrischt und sich neue dazu erworben. Denn was soll ich weiter sagen, als daß, so oft ich solche vorzeigte, mein lebhafter Wunsch war, Sie möchten unsichtbar gegenwärtig seyn, oder es ließe sich durch Registraturen und Protocolle Ihnen im Einzelnen der Beyfall wie die Vergnüglichkeit darstellen, die sich jederzeit bey'm Anblick der Blätter bewies und sich steigerte! Die große Wahrheit, die treue Behandlung der Theile, die anmuthige Übereinstimmung des Ganzen, alles wurde allgemein empfunden und sodann bemerkt. Genug, Sie würden sehr zufrieden gewesen seyn, zu sehen, daß dasjenige, was Sie ganz eigentlich für sich zu besonderster Erinnerung guter Tage in den bestimmtesten Localitäten gearbeitet, auch im Allgemeinen das gewünschteste Interesse hervorbringt.

Mögen Sie nun hinzudenken, daß ich, vielleicht als geübterer Kunstfreund, die Behandlung frey und bewundernswerth finde, unvergleichlich aber, wie ein gemüthlicher Antheil an der unschuldigsten Gegen wart durch eine vollendete Technik rein und klar hier ausgesprochen ist.

Schon längst wären diese schätzbaren Blätter zurückgekehrt, hätte ich nicht dem Vergnügen entgegengesehen,[282] sie einem Paar für Sie sich höchst interessirender Freundinnen vorzustellen; dieses ist gestern geglückt, und auch da hätte ich Ihnen gewünscht, die herzliche und zugleich einsichtig-enthusiastische Theilnahme, wie sie diesen Werken gezollt ward, zur schönsten Belohnung mitgenießen zu können.

Doch was sollen da viel Wort, wo Sie das gewissermaßen Unmögliche in der That geleistet haben; Sie werden auf diese Weise fortfahren und jedem Beschauer das Verlangen erregen, sein Liebstes ebenso charakeristisch genau und anmuthig, auch in der Abwesenheit vor Augen zu halten.

Gleichfalls für die Radirungen danke zum schönsten! Ihre Hand wird sich immer gleich bleiben, und Sie werden Technik und chemische Kräfte, die Ihnen dabey zu Hülfe kommen müssen, gar bald bewältigen lernen. Empfehlen Sie mich in Ihrem werthen Kreise und behalten uns in freundlichem Andenken; dabey bleiben Sie überzeugt, daß jede fernere Mittheilung mit der aufrichtigsten Zustimmung wird begrüßt werden.

in treuster Theilnahme

Weimar den 3. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/238.


An Joseph Rinald

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht hiedurch anzuzeigen, daß die schönen und höchst lobenswürdigen Mahlereyen des Herrn[283] Obristlieutenant v. Reutern am heutigen Tage unter Ihrer Adresse wohlgepackt abgegangen sind. Auch hat Herr v. Reutern hievon unmittelbare Kenntniß erhalten.

So lange ich auch diese schätzbaren Werke bey mir aufbewahrt, so send ich sie doch ungern wieder zurück, indem ich dadurch sowohl mir als andern wiederholt großes Vergnügen zu machen im Falle war.

Nehmen Sie daher für die gehabte Bemühung den besten Dank und versichern wiederholt den edlen Mann meiner treusten Gesinnung.

Der ich mich vorzüglich hochachtend bekenne.

Weimar den 4. Juni 1829.


45/239.


An Carl Friedrich Zelter

Die vielen brieflichen Freundlichkeiten, die anmuthigen und belehrenden Notizen, mit denen du mich bisher begünstigt, zu erwidern war ich außer Stande. Wahrhaft umflochten vom Allernächsten konnt ich in die Ferne kaum denken, geschweige wirken.

Deshalb wurden am heutigen Tage eingepackt die fünf Sendungen meiner Werklein, kleine Ausgabe, Velin, in Hoffnung die drey übrigen auch noch mit einem guten Worte zusenden zu können.

Übrigens wird ja wohl das neuste Geschlinge der Wanderjahre, so wie der vierte Band der Schillerischen[284] Correspondenz, der dir ja auch wohl zugekommen ist, statt eines unmittelbaren Wortes von mir genügt haben.

Heute nahm Prinzeß Auguste freundlichst von mir Abschied, sie ist wirklich so bedeutend als liebenswürdig. Mag es ihr wohlergehen in dem ungeheuer weiten und bewegten Elementen.

Säume nicht zu schreiben. Ich redigire jetzt an meinem zweyten Aufenthalte in Rom, einem wundersamen Büchlein, das, wie es auch werde, immer zu fühlen und zu denken geben wird.

treu festhaltend

Weimar den 5. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/240.


An Friedrich Wilhelm Riemer

[Concept.]

Wenn Sie, mein Werthester, beykommende Hefte gefällig durchgehen, so werden Sie die Beantwortung zweyer Fragen nöthig finden:

1) Kann man die darin vorkommenden Wiederholungen nicht dadurch benutzen, daß man, wenn sie eben denselben Gegenstand behandelt, sie zusammenzieht und Einen Artikel daraus macht?

2) Sind etwa in der Correspondenz Gegenstände nur leicht angedeutet, die man in dem Bericht weiter ausführen und dadurch das allzu Subjective der brieflichen[285] Mittheilungen auf eine objective Weise balanciren könnte?

Bis zur nächsten Session das Beste wünschend.

Weimar den 6. Juni 1829.


45/241.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

habe hiermit anzuzeigen, das durch Vermittlung des Herrn Goldbeck zu Nürnberg abgesendete Paquet sey glücklich angekommen, und also für dießmal kein weiteres Bedenken. Zugleich vermelde jedoch, daß mit der nächsten fahrenden Post ein kleines Paquet an Dieselben abgehen wird, enthaltend den 18., 19., 20. Band der kleinen Ausgabe, revidirt zum Behuf der Octav-Edition.

Der ich, das Beste wünschend, mich zu geneigtem Andenken bestens empfehle.

ergebenst

Weimar den 7. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/242.


An Luise Seidler

Wollten Sie, meine Theure, bey den werthen Reisenden anfragen, ob sie morgen mit Ihnen bey uns ein frugales Mittagsmahl einnehmen mögen? Mir und meinem Sohn würde es sehr angenehm seyn, einigermaßen[286] die Stelle Ottiliens zu vertreten. Ich erbitte mir eine gefällige Antwort; gegen 2 Uhr, wie Sie wissen, ist unsre herkömmliche Stunde, die wohl auch den lieben Gästen nicht unbequem seyn wird.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 9. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/243.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Excellenz

erhalten hiebey die verdienstlichen Rouxischen Wachsmahlereyen wieder zurück. Hofrath Meyer wird nicht verfehlen, ein freundliches Wort von Seiten der Weimarischen Kunstfreunde dagegen zu erlassen.

Womit ich zugleich die Blätter ausspreche, beykommendem Abdruck des beliebten lithographischen Blattes bey sich einigen Raum zu gönnen und bey'm Anschauen dieses in manchem Sinne schätzenswerthen Kunstwerkes auch meiner geneigt zu gedenken.

Weimar den 11. Juni 1829.


45/244.


An Friedrich Jacob Soret

[Concept.]

Wenn Herr Wilhelm Mejer, Doctor der Rechte, Lehrer am königlichen Berg- und Forst-Institutes zu Clausthal, welcher ein im Jahre 1827 herausgegebenes [287] praktisches Handbuch des Styls der deutschen Prose mir damals freundlich zugesendet, nach an Ort und Stelle sich befindet, wünsche solchen bestens von mir gegrüßt.

Weimar den 11. Juni 1829.


45/245.


An Carl Friedrich Zelter

Wenn ich schon nicht glauben kann, mein Theuerster, daß du jemals von meinem verrückten, auf Winters Partitur sich schaukelnden Helden irgend wieder Notiz nehmen werdest, so sende ich doch, deinem früheren Verlangen gemäß, eine saubere Abschrift, mit Wunsch und Hoffnung, daß sie richtig seyn werde.

Fürwahr, wenn ich denke, was für Anforderungen, Zudringlichkeiten und Zufälligkeiten dein Zustand ausgesetzt ist, so komme ich mir fast unthätig vor; denn wenigstens habe ich keine öffentliche Exhibition zu leisten und bin Herr von meinen Stunden, die guten benutzend, die schlechten verpassend oder, was besser gethan ist, verschlafend.

Von Faust hab ich noch ein Exemplar, deswegen dir dieses erb- und eigenthümlich gewidmet sey. Dagegen wirst du aber die Freundlichkeit haben, mir ein Zeltersches Wort über dieses Werk zu sagen und mich über die im Anschauen so wunderlichen Noten-Figuren nach deiner Weise zu beruhigen.

[288] Soviel für dießmal. Nächstens kommt in einer Rolle ein Bild, das dich an vergangene Reisetage erinnern soll. Allen guten Geistern befohlen! Ich schreibe dieß in den Stunden großer berlinischen Feste, an welchen wir kleine Weimaraner so wichtigen Antheil haben.

Dein getreuer

Weimar den 11. Juni 1829.

G


45/246.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Wenn die theure Freundin versichern kann: sie sehe alle und jede Gegend, die sie jemals betrat, nach Belieben, jederzeit vor sich, so dürfen die Freunde wohl auch der Hoffnung leben, gelegentlich in die liebe Gegenwart herangerufen zu werden.

Hievon, und daß gewisse Angehörige auch auf unbekannten Wegen und Stegen unsichtbar zur Seite geblieben und die schnell Reisende zur Erinnerung angemahnt, gibt denn doch wohl die Kapsel voll Süßigkeit ein höchst gültiges Zeugniß, welche Gabe denn auch mit dem besten Dank gesellig genossen wird.

Wenn gleich etwas spät, doch immer noch lebhaft genug kann ich die Freunde nunmehr auf ihren Fahrten so hin als wieder zurück begleiten; beide Linien hab ich auch bereift, nur der Bogenweg, welcher sie jetzt zusammenbindet, war zu meiner Zeit völlig unwegsam und eine solche Vereinigung weder gedacht, noch zu denken.

[289] Nach erhaltenem freundlichen Bericht kann ich also nun schon eher die Fußtapfen der Theuren verfolgen, wobey es mir durch Neigung und Sehnsucht vollkommen erleichtert wird, frühere Eindrücke hervorzurufen und aus dem Bekannten mir das Unbekannte nachzubilden.

Merkwürdig war mir, daß noch eine ziemlich deutliche Skizze von der Via Mola und eine ausgeführtere eines Felsen im Höllenthal sich unter meinen Blättern findet; was mich aber bey dem Unternehmen, Ihrem Tagebuch auf der Charte zu folgen, einerseits belebte, andererseits verwirrte, war ein holdes Mährchen, welches unser Freund mir vor einiger Zeit vorspiegelte: als könne eine dergleichen Fahrt von vereinten Wohldenkenden unternommen, und auf dieser irdischen Erde eine Art von feenhaftem Reiseplan durchgeführt werden. Hierüber entstand eine solche Vermischung des wirklich Vollbrachten, des kaum zu Unternehmenden, des Wünschenswerthen, aber nicht zu Hoffenden, daß man besser that, alles zusammen aus dem Sinne zu schlagen und sich an's Allernächste zu halten.

Dieß ist nun für diejenigen, der, ohne der Mobilste zu seyn, sich doch bey eintretenden Sommertagen gern vom Platze bewegen möchte, höchst unerfreulich. Trockne Kälte wechselt ab mit der nässesten, unbewölkten Himmel kennt man fast gar nicht mehr, Regen folgt auf Regen und wirkt um desto unangenehmer, als augenblickliche heitere Zeiträume dazwischen[290] eine vergebene Hoffnung abwechselnd beleben. Auf diese Weise sind heute viel weißgekleidete, kranztragende, geschmückte Jungfrauen, die unsre, nach Preußen, von den besten Wünschen begleitete Prinzeß Auguste abschiedlich chorweise zu begrüßen ausgezogen waren, leider durchnäßt, entstellt und entmuthigt, einzeln wieder nach Hause zurückgekehrt.

Möge die von langher geliebte, immer schöne und, wie ich höre, immer verschönerte Mühle des Glücks genießen, wie das alte ägyptische Gosen, von diesem Unheil ausgenommen zu seyn. Was mich betrifft, so fürchte ich, die Freunde fühlen an dem gegenwärtigen Schreiben etwas, das einen halbpeinlichen Zustand ausdrückt. Wie sollt es aber anders seyn, wenn man auf zufällige unerwartete Weise der Aussicht beraubt wird, die man in's Auge zu fassen glaubte.

Jedoch durch das Andenken an die theuern Freunde, an ihr Glück und Behagen, fühl ich mich schon wieder hergestellt und schließe mit den heitersten Wünschen, in völliger Überzeugung, daß, wenn ich auch die Beweise ihres fortdauernden Wohlwollens nicht persönlich gegenwärtig mir zueignen kann, ich mich doch an denselben auch in der Ferne mit freudiger Sicherheit immerfort erquicken dürfe.

treu angehörig

Weimar den 12. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


Der Beylage Vergebung.[291]


45/247.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Schenken Sie, mein Theuerster, beykommenden Heften die gewohnte Aufmerksamkeit. Einige Lücken sind angedeutet, andere werden Sie finden und gefällig bemerken.

Zu den schönen Tagen Glück wünschend, von nächster Zusammenkunft das Beste hoffend.

Weimar den 14. Juni 1829.

G.


45/248.


An Carl Friedrich von Reinhard

[Concept.]

Allerdings habe ich Ihren ländlichen Aufenthalt, verehrtester Freund, herzlich zu segnen, daß er Ihnen so viel Muße gewährte, so viel Sammlung erlaubte, Ihren wichtigen Lebensgang sich wieder vorüberziehen zu lassen und nieder zu schreiben. Dabey erkenn ich mich denn wahrhaft gerührt, daß Sie diese bedeutenden Erinnerungen unmittelbar an mich richten und mich zum Vertrauten so kostbarer Vergangenheiten erwählen wollten.

Auch mir ward hierüber sogleich theil's Memoiren Sie dazu aufregen konnten und mußten, und es würde köstlich seyn, wenn dasjenige, was in Ihrem geneigten Schreiben als Inhalt einiger Bände aufgeführt ist, auch zu unsrer bessern Erkenntniß ausgeführt und dargelegt[292] würde. Denn eigentlich gedeiht doch das Wunderwürdige der Geschichte den Mitlebenden sowie den Nachkommen alsdann erst heilsam und ersprießlich, wenn man sie erkennen läßt, wie das Merkwürdigste und Größte von bedeutenden Menschen unter den sonderbarsten Zuständen und Zufälligkeiten geleistet worden. Was in solchen Zeiten Tag für Tag geschieht, ist doch nicht alltäglich.

Seit einiger Zeit bin ich in das Lesen französischer Bücher gewissermaßen ausschließlich versenkt worden; die acht Bände der Revue française, die mir erst jetzt zur Hand gekommen, nachzuholen, ist keine geringe Aufgabe wegen der Mannichfaltigkeit und großen Bedeutung der mitgetheilten Artikel. Die Verfasser nehmen ein herausgekommenes Buch gleichsam nur zum Text, zum Anlaß, wobey sie ihre wohlgegründeten Meynungen und aufrichtigen Gesinnungen an den Tag legen. Die Anerkennung aller Verdienste steht dem liberalen Manne so gar wohl, und zwar eine Anerkennung, wie wir sie hier finden, welche uns sogleich Beweise gibt eines freyen Überblicks über die verschiedensten Angelegenheiten, von einem höheren Standpuncte aus, der doch eigentlich nur zur Unparteilichkeit berechtigt.

Es ist wirklich wundersam, wie hoch sich der Franzose geschwungen hat, seitdem er aufhörte, beschränkt und ausschließend zu seyn. Wie gut kennt er seine Deutschen, seine Engländer, besser als die[293] Nationen sich selbst; wie bestimmt schildert er in diesen die eigennützigen Weltmenschen, in jenen die gutmühigen Privatleute. Auch der Globe, wenn schon seine special-politische Tendenz uns eine etwas unbehaglichere Stimmung gibt, bleibt mir gleichfalls lieb und werth. Man braucht ja mit vorzüglichen Menschen nicht durchaus einig zu seyn, um Neigung und Bewunderung für sie zu empfinden.

Ferner war es denn doch ein erfreuliches Zusammentreffen, daß Ihr inhaltschwerer Brief mich so eben über der Beschäftigung traf, den Reichthum nordischer Mineralien abschließlich zu ordnen und der Sammlung gemäß zu etiquettiren; jedes einzelne Exemplar war schon dorten sorgfältig bezeichnet, nun aber liegen sie alle gehörig beysammen, geordnet, in sechs neben einander gestellten und auf einmal übersehbaren Schubladen, und sollen nun, zu freudigem Antheil einheimisch und besuchender Naturforscher, in Schränke geschoben und für die Gegenwart sowohl, als für die Zukunft aufbewahrt werden.

Mit wenigem kehr ich noch zur französischen Literatur zurück. Victor Hugo ist [ein] entschiedenes poetisches Talent, nur geht er auf einem Wege, wo er den völligen reinen Gebrauch desselben wohl schwerlich finden wird. Andere vorzügliche Talente versuchen, wie er, auf dem romantischen Boden Fuß zu fassen, aber es schwärmen in dieser feuchten Region so viel Irrlichter, daß der bravste Wanderer in Gefahr[294] kommt, seinen Pfad zu verlieren; dabey findet man an hellem Tage die freye Landschaft, in die man sich eingelassen, so mannichfaltig anmuthig, daß man sie wohl zu durchwandern gereizt, aber sich da oder dort anzubauen nicht leicht bestimmt wird. Indessen sind die französischen Talente noch dran, etwas ganz Treffliches, Haltbares zu leisten. Vor allen Dingen müssen sie suchen im höheren Sinne das für's Theater Brauchbare hervorzubringen, wie es Casimir de la Vigne mit seinem Marino Faliero gelungen zu seyn scheint. Doch kommen in diesen Lagen so viel Betrachtungen zusammen, in die ich mich nicht einlassen darf; das Wunderlichste bleibt immer, daß die Nationen überhaupt gerne etwas Vortreffliches wünschten, und doch wohl, wenn es sich ganz rein darstellte, es kaum genießen könnten. Ein jedes Product muß wenigstens die Nationalcocarde aufstecken, um in den privilegirten Kreis gutwillig aufgenommen zu werden.

Sehr bewegt und wundersam wirkt freylich die Weltliteratur gegen einander; wenn ich nicht sehr irre, so ziehen die Franzosen in Um- und Übersicht die größten Vortheile davon; auch haben sie schon ein gewisses selbstbewußtes Vorgefühl, daß ihre Literatur, und zwar noch in einem höheren Sinne, denselben Einfluß auf Europa haben werde, den sie in der Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts sich erworben.

Weimar den 18. Juni 1829.[295]


45/249.


An Caroline von Wolzogen

Die mir anvertrauten Papiere, verehrte Freundin, hierbey zurücksendend, darf wohl meine Überzeugung aussprechen, daß sie das Publicum ebenso dankbar als ich aufnehmen werde. Einige kleine Bemerkungen beachten Sie vielleicht und erlauben mir, in der nächsten Zusammenkunft mich über diese schöne Gabe des Weitern zu erklären.

Treu angehörig

Weimar den 20. Juni 1829.

Goethe.


45/250.


An Vincenz Reimund Grüner

[Concept.]

Dankbar für das fortgesetzte, seit so vielen Jahren gehegte Vertrauen habe leider zu Ihren Zwecken nichts Behufiges zu vermelden, und Sie würden es gern verzeihen, wenn Sie sich die Pflichten vergegenwärtigen könnten, die mit meinen Jahren herangewachsen sind und alle mir noch verliehene Kraft in Anspruch nehmen.

Es bleibt mir daher nichts übrig, als die mir übersendete Heft mit dem Bedauern zurückzusenden: daß ich nicht, wie sonst, an den Arbeiten bestrebsamer Männer Antheil zu nehmen, auch wohl dieselben zu fördern nicht weiter vermögend bin. Nehmen Sie[296] deshalb den aufrichtigen Wunsch, daß es Ihnen auf irgend eine Weise gelingen möge, für Ihr Bestreben und Bemühen würdig belohnt zu werden, und gedenken meiner wie bisher im Guten.

Weimar den 21. Juni 1829.


45/251.


An Clemens Wenzeslaus Coudray

[Concept.]

Beykommendes würde, wenn Ew. Hochwohlgeboren nichts zu erinnern oder zuzusetzen finden, alsogleich an großherzogliche Ober-Baubehörde durch ein Communicat gelangen lassen; bitte deshalb um gefällige Äußerung.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 22. Juni 1829.


45/252.


An Friedrich Theodor von Müller

Herr Hofrath Rochlitz, mit welchem gestern einige angenehme Stunden verlebt, wird an dem festlichen Tage, als Laie mit andern Laien, bey mir ein frugales Gastmahl einnehmen. Morgen dagegen erbitt ich mir die Ehre Ihrer gesammten Familie und hoffe, Sie werden zu vieren bey mir freundlich eintreten. Sollten Sie heute Abend, nach geschlossener Versammlung, etwa den werthen Mann bey mir im Wagen[297] abholen und mit ihm eine kleine Spazierfahrt, wie ich gestern gethan, in der Gegend machen, so geschähe mir ein Gefalle, um die übrigen Stunden meinen unterbrochenen Geschäften widmen zu können.

Das von der Ober-Baubehörde heute anzubringende Gesuch wegen Realisirung einer zum Behuf der einzuleitenden Gewerkschule im Jubiläums-Jahre zugesagten Beyhülfe empfehle zu geneigter Förderniß.

Geneigten Entschluß mir erbittend wegen obigem.

gehorsamst

Weimar den 24. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/253.


An Martin Heinrich Carl Lichtenstein

[Concept.]

[25. Juni 1829.]

Ew. Wohlgeboren

haben mit dem, durch Herrn Präsidenten Weyland mir übersendeten, wichtigen Hefte einen dringenden Wunsch erfüllt, Nachricht nämlich von der in Berlin zusammentretenden Gesellschaft deutscher Naturforscher immer näher und vollständiger zu erhalten. Zwar fand ich mich, durch das bisher bekannt Gewordene, nicht weniger durch mehrere Naturfreunde, die mich bey ihrer Rückkehr als einen alten treuen Zunftgenossen besuchten, um bestimmter zu reden: ich hatte von dem, was sich ereignet, einen allgemeinen Begriff, von dem, was geleistet worden, einzelne Nachrichten gewonnen.

[298] Nun aber gewähren Sie mir durch die geneigte Mittheilung gründlicher Ein- und Übersicht, und es ergibt sich dabey das vollständigere Resultat, daß Sie, der verehrte Präsident, und der ganze Complex theilnehmender Gönner aller Stände sowohl die Wissenschaft in ihren Repräsentanten als sich selbst geehrt und zwar auf eine Weise, die einzig bleiben und zugleich über die folgenden Versammlungen ein günstiges Licht und eine glückliche Einwirkung verbreiten wird.

Es war ein solches Ereigniß um so wünschenswerther, als niemand veraussehen kann, was für Vortheile die Mit- und Nachwelt von diesem nunmehr so glänzend eingeleiteten Congreß wird ernten können. Der deutsche Gelehrte, der deutsche Forscher mußte sich immer als ein isolirtes Wesen, als eine Privatperson fühlen; er wird hier genöthigt, sich als den Theil eines Ganzen zu betrachten, und obgleich dieses gewiß den meisten ungewohnt und unbequem erscheinen muß, so ist doch diese erste Nöthigung von so viel geistigen und sittlichen Forderungen begleitet, daß ein jeder, wenn er nach Haus kommt, sich in seinem löblichen Egoismus doch etwas anders fühlen muß.

Verzeihen Sie das viele, da wo so viel zu sagen wäre; das, worauf ich deute, sehen Sie klarer und vollständiger, und es würde mir Freude seyn, mich darüber mit Ihnen zu unterhalten.

Recht angenehm auffallend war mir, ich will es bekennen, die löbliche Ordnung, Klarheit und Zucht,[299] wie sich die sämmtlichen Herren hinter einander unterschrieben. Es gehörte eine gar wohl ersonnene Anstalt dazu, um so viele bedeutende Männer in solchen Schranken zu halten und zu erreichen, daß eine Classe, welche sonst wegen Übelschreibens berüchtigt war, hier durchaus als deutlich- und zum größten Theil als schönschreibend uns entgegen kommt. Die Vollkommenheit Ihrer lithographischen Anstalten mag denn auch wohl das ihrige beygetragen haben.

Sollt ich nun manches Einzelne, was bey Lesung Ihres werthen Heftes bey mir aufgeregt worden, freymüthig äußern, so würde ich nicht aufhören, da ich nicht einmal weiß, wie ich anfangen sollte. Lassen Sie mich also mit den treusten Wünschen für die Reise unsres vorzüglichen, edlen, trefflichen Mannes hiemit anschließen und erlauben Sie mir, den freylich nicht zu gewährenden Wunsch auszusprechen: ich möchte gar zu gern die in der großen Natur umherirrenden lebendigen Wesen, so wie Sie solche geordnet und aufgestellt, an Ihrer Hand mit Muße betrachten; ich würde dadurch für viele nicht zu unternehmende Reisen entschädigt und gewiß über manche Ahnungen aufgeklärt, die, unter den jetzigen Umständen, für mich unenthüllt bleiben müssen.

Mit gefühltester Hochachtung mich dankbar unterzeichnend.

Weimar den 21. Juni 1829.[300]


45/254.


An Kaspar von Sternberg

Für frühere Mittheilungen herzlich dankbar, kündige nur mit den wenigsten Worten und treusten Grüßen eine abgehende Sendung an. Ich wünschte die Umtriebe, an denen meine Tage leiden, verschwänden auch einmal wie jene so lange verfolgten, oder zögen sich wie jene wenigstens zurück.

Doch enthalte mich nicht zu bemerken: daß der einzige, von mir noch gerettete Same unsres Anthericums gar löblich aufgegangen ist, und das Pflänzchen, ohngeachtet aller Wechselfälle, sich zu erhalten verspricht.

Da ich anfange, merk ich erst, wie manches ich zu sagen habe, doch will ich schließen mit der treusten Versicherung der innigsten Anhänglichkeit und mit dem Wunsche, von dem Wohlbefinden des Verehrten auch nur die kürzeste Nachricht zu erhalten.

In treustem Beharren

Weimar den 25. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/255.


An Thomas Carlyle

Käme so oft ein Anklang zu Ihnen hinüber, als wir an Sie denken und von Ihnen sprechen: so würden Sie gar oft einen freundlichen Besuch bey sich empfinden, dem Sie am traulichen Feuer wohl gerne[301] Gehör geben, wenn Sie der Schnee zwischen Felsen und Matten einklemmt. Auch mir, obgleich zwischen kreuzenden Landstraßen gelegen, haben uns diesen Winter durch tiefen Schnee manchmal bedrängt gefunden.

Indem ich nun aber eine schriftliche Unterhaltung von meiner Fireside zu der Ihrigen wende, will ich damit anfangen, daß ich der lieben Dame Versicherung gebe: Ihr freundliches Schreiben sey uns, wie der Überbringer, sehr willkommen gewesen; er ist, wie er wohl schon gemeldet haben wird, freundlichst aufgenommen und alsobald in gute, sogar landsmännische Gesellschaft eingeführt worden. Uns war es dabey besonders ein angenehmes Gefühl, daß in der Folge jemand persönlich den weit entfernten Freunden zunächst von unsern Zuständen unmittelbare Nachricht geben würde. Desto schmerzlicher war uns das Ableben des guten Skinner, welcher, nach seiner Rückkehr, uns von den schottischen Freunden angenehme Nachricht gegeben hatte und bald darauf hier sein Grab finden mußte.

Von vielen und mannichfaltigen Obliegenheiten belastet, dictire Gegenwärtiges an einem stillen Abend, veranlaßt durch die vierte Lieferung meiner Werke, die ich, nach einiger Überlegung, zurückzuhalten und erst mit der folgenden zu senden Willens bin; denn es ist nichts Neues darin. Erhalten Sie solche später, so werden Sie vielleicht veranlaßt, das Ältere wieder[302] anzusehen und sich in Einem und dem Andern, nach dem inzwischen verlaufenen Zeitraume, wieder zu bespiegeln. Ich für meinen Theil finde darin eine besondere Prüfung meiner selbst, wenn ich ein vor geraumer Zeit gelesenes Werk wieder vor mich stelle oder vielmehr davon hintrete; da ich denn zu bemerken habe, daß es wohl an seinem Platze geblieben ist, daß ich aber dagegen eine andere Stellung angenommen habe, sie sey näher, ferner oder irgend von einer andern Seite.

Nun aber werden Sie freundlichst einem Wunsche nachsehen, den ich meinen entfernten Freunden vorzulegen pflege. Ich mag nämlich, wenn ich dieselben in Gedanken besuche, meine Einbildungskraft nicht gern in's Leere schwärmen lassen; ich erbitte mir daher eine Zeichnung, eine Skizze ihrer Wohnung und deren Umgebung. Dieses Ansinnen laß ich nunmehr auch an Sie gelangen.

So lange Sie in Edinburgh wohnten, traut ich mir nicht, Sie aufzusuchen; denn wie hätte ich hoffen können, in dieser über einander gethürmten, zwar oft abgebildeten, mir aber doch immer räthselhaften Stadt einen stillen Freund aufzusuchen; aber seit Ihrer Veränderung hab ich mir das Thal, worin [der Nith] fließt, und das an dessen linken Ufer liegende Dumfries möglichst vergegenwärtigt. Nach Ihrer Beschreibung vermuthe ich Ihre Wohnung auf dem rechten Ufer, da Sie denn freylich von den herandringenden[303] Granitklippen Ihres Osten ziemlich mögen eingeschränkt seyn. Bey die Beschauung der Specialcharten, wie ich sie erhalten konnte, durft ich mir wohl, als alt-erfahrner Geolog, einen allgemeinen Begriff von diesem Zustande machen, allein das Eigenthümliche läßt sich auf solche Weise nicht erreichen. Deshalb ersuch ich Sie um eine Zeichnung von Ihrer Wohnung mit ihrer Umgebung nach dem Gebirge zu, eine andere mit der Ansicht aus Ihren Fenstern nach dem Thal und Flusse, so wie nach Dumfries hin. Vielleicht zeichnen Sie selbst oder Ihre hochgebildete Gattin ein paar solche Blättern; vielleicht besucht Sie ein Bekannter, der die Gefälligkeit hat dergleichen zu entwerfen; denn es ist nur von einer Skizze die Rede, wozu das Talent, wie man sieht und weiß, in Britannien allgemein verbreitet ist.

Ihren Landsmann Bruns, der, wenn er noch lebte, nunmehr Ihr Nachbar seyn würde, kenn ich so weit, um ihn zu schätzen; die Erwähnung desselben in Ihrem Briefe veranlaßt mich, seine Gedichte wieder durchzulesen, welche freylich wie die Geschichte manches schönen Talents höchst unerfreulich ist.

Die poetische Gabe ist mit der Gabe, das Leben einzuleiten und irgend einen Zustande zu bestätigen, gar selten verbunden.

An seinen Gedichten hab ich einen freyen Geist erkannt, der den Augenblick kräftig anzufassen und ihm[304] zugleich eine heitere Seite abzugewinnen weiß. Leider konnt ich dieß nur von wenigen Stücken abzunehmen, denn der schottische Dialect macht uns andere sogleich irre, und zu einer Aufklärung über das Einzelne fehlt uns Zeit und Gelegenheit.

Vorstehendes liegt mit mehrern andern Blättern, werthesten Freunden zugedacht, unter meinen Expediendis, kommt aber spät zur Absendung; dießmal meldet's ein Kästchen an, welches mit der vierten und fünften Lieferung meiner Werke zunächst an Sie abgeht. Möge Gegenwärtiges, so wie das Nachkommende, Sie und Ihre theure Gattin in gutem Zustande antreffen und Sie uns bald hievon Nachricht geben. Alles grüßt, meine Frauenzimmer legen jener Sendung etwas Heiteres bey.

treu gedenckend

Weimar den 25. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/256.


An Joseph Carl Stieler

Ew. Wohlgeboren

habe mit Vergnügen zu vermelden, daß gestern, den 25. d. M., das sehnlich erwartete Bild glücklich angekommen; für meine Kinder und Doctor Eckermann würde sich eher ziemen dankbar zu vermelden, wie es in unserm Kreise vergnüglich aufgenommen worden; ich aber von meiner Seite kann so viel sagen: mir ist dabey das Gefühl: es müsse der treffliche Künstler[305] ein wahrhaftes Wohlwollen gegen mich und eine herzliche Erinnerung an seinen hiesigen Aufenthalt mitgenommen haben, um diese Nachbildung mit solcher liebevollen Zärtlichkeit auszustatten.

Legen Sie Ihro Majestät meine unverbrüchliche dankbare Anhänglichkeit an schicklicher Stunde zu Füßen. Wenn wir Höchstdemselben, geleitet durch die gnädigst mitgetheilten Gedichte, auf Schritten und Tritten des Lebens bescheidentlich folgen dürfen, so haben wir mit wahrem Jubel, auf seiner letzten Reise, unter den Seinigen uns an ihn angedrängt.

Die Frage der Erscheinung des Hellblauen und andrer Farben in der Dämmerung war schon einmal zwischen mir und Boisserée ventilirt; ich erinnere mich, daß er mit meiner Auslegung nicht zufrieden war. Ich suche die damals gewechselten Papiere wieder auf, denke die Sache wohl noch einmal durch und vermelde das Weitere. Gedenken Sie mein bey jeder Farben-Harmonie, so komm ich Ihnen niemals von der Seite.

Veranlassen Sie Herrn Nickel das Instrument, wenn es fertig ist, nur alsobald abzuschicken; mit Gläsern bin ich versehen und weiß, daß es eine chicanose Sache ist, sie zu bereiten, weil ihr Gelingen von Zufälligkeiten abhängt. Die Rechnung, wie er sie sendet, soll alsobald bezahlt werden. Die Gläser, wenn sie noch gelingen sollten, schickte der werthe Mann allenfalls nach.

[306] Das Bild der Frau v. Heygendorf habe noch nicht gesehen; es wird auch unvollendet einen theuren Beweis Ihres Kunstverdienstes abgeben. Erhalten Sie mir ein höchst schätzbares Andenken und bleiben des meinigen, so wie einer vollkommenen Hochschätzung und wahrhaften Antheils für immer versichert. Ihrer werthen Lebensgefährtin und den lieben Kindern meine besten und herzlichsten Grüße.

Treu den Treuen ewiglich

Weimar den 26. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/257.


An Ernst Heinrich Friedrich Meyer

Es glückte mir vielleicht jetzt noch nicht, für Ihren werthen Brief vom 4. May schönstens zu danken, läge nicht beykommendes Paquetchen Samen schon einige Zeit vor mir, das ich Ihnen bestimmte, mit dem Wunsch: es möge etwas Bedeutendes darin enthalten seyn.

Den 15. Paragraph der Metamorphose werde, sobald ich wieder an die Sache komme, gern nochmals durchdenken. Ich habe freylich gar zu wenig Respect vor den Internodien, doch will ich den Punct nach Ihrer Andeutung nochmals prüfen.

Die Franzosen oder vielmehr die Genfer sind wunderliche Leute; sie wollen, nachdem die Idee vierzig Jahre im Stillen gewirkt hat, a posteriori dazu gekommen seyn.[307] Wie nimmt sich's aber auch aus! Es machte mir viel Mühe, den freyen lebendigen Gedanken aus dem Capitel La Symmetrie des plantes herauszufinden, und da gewahrte ich denn zuletzt jene höchst einfache unerforschliche, aber doch gewahrliche Wirkung der Natur, durch Mißbildungen, Verschmelzungen, Verwaschungen, Verkrüppelungen und Verkümmerungen endlich mühsam hervortretend.

In der Anwendung als Begriff kommt sie ihnen zu statten, und da mag es denn auch gut seyn. Komm ich noch dazu, die Übersetzung mit einigen Bemerkungen herauszugeben, muß man hierüber mäßig und duldsam verfahren und dabey bedenken: daß eine jede Idee immer als ein fremder Gast in die Erscheinung tritt, und, wie sie sich zu realisiren beginnt, kaum von der Phantasie und Phantasterey zu unterscheiden ist.

Schreiben Sie mir von Zeit zu Zeit, machen Sie mich aufmerksam auf das, was in diesem Felde jetzt vorgeht; ich komme als ein Epimenides hinein. Erst vergangenen Herbst, bey einem ländlichen Aufenthalte, las ich, erstenmale seit vielen Jahren, hierauf Bezügliches. Decandolles Organographie und Eléments de botanique ließ ich mir wohlgefallen.

Gräßlicher aber ist mir nichts entgegen gekommen als Links Philosophia botanica. Die Organisation meines Gehirns wird von einer Art Wahnsinn bedroht, wenn ich mir jene lieben und beliebten Gegenstände[308] mit ihren Eigenschaften und Wesenheiten in solchen Combinationen denken soll. Ich mußte es bey Zeiten weglegen. Sie werden, mein Theuerster, dieses mein aufrichtiges Bekenntniß belächeln und den pathologischen Zustand, in den mich das Werk versetzte, als Meister der Kunst beurtheilen und lociren können.

Wenn bey einem großen Unglück unsre Freunde verschon worden, so ist es eben, als wenn wir uns selbst gerettet finden. Höchst erfreulich war mir daher, daß Sie und Ihre Umgegend nicht auf eine so grausame Weise wie andere der benachbarten Uferbewohner verletzt worden.

Halb ernst-, halb scherzhaft vermelde, daß das einzige Samen-Korn des Anthericum comosum St., das ich gerettet und im Januar der Erbe anvertraut, wirklich aufgegangen ist. Das Pflänzchen brach zufällig von der Wurzel ab; man sah aber, wie es dalag, am untern Ende eine Aufschwellung mit einer kleinen hervortretenden Zitze, nach Analogie der künftigen Luftwurzeln; das wollte sich aber nicht regen, noch rühren, wurzelte nicht und verdorrte nicht, bis es endlich nach fünf Monaten anschlug und jetzo, also im sechsten, erst drey frische lebhafte Blättchen hat.

Ich habe indessen andere Aufschwellung, viel weniger eine Zitze. Dort ist also die künftige Luftwurzel sogleich im ersten Rudiment charakteristisch angedeutet. Sie verfolgen wohl geneigt diese Betrachtungen.

[309] Hiemit aber will ich schließlich und diesen Brief lieber als Ankündigung des nächstens mit der fahrenden Post abgehenden Paquetchens voraussenden.

treu auf- und theilnehmend

Weimar den 26. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.


45/258.


An Christoph Ludwig Friedrich Schultz

Ihr Werthestes, verehrter Freund, geschlossen am 17. Juni, trifft mich gerade in einem operosen Momente, wo ich an auswärtige Naturfreunde gar manches expedire, und da geht mir der, wie ich hoffe, glückliche Gedanke bey, Ihnen das allenfalls Willkommenste mundiren zu lassen, auch einiges davon unmittelbar an Sie zu richten. Sie sind zur Vielseitigkeit so geeignet als geneigt, und einiges weckt Sie gewiß zu erneuerten Theilnahme.

Unser Freund Hirt erfährt nun, was Napoleon erfahren mußte: »Wer den Menschen allzu unbequem wird, hat zu erwarten, daß sie sich doch zuletzt zusammenthun und ihn beseitigen.« Dabey glaubt denn doch ein solcher mit festem Gefühl, man thue ihm durchaus Unrecht.

Ich hoffe, meine Wanderjahre sind nun in Ihren Händen und haben Ihnen mancherlei zu denken gegeben; verschmähen Sie nicht einiges mitzutheilen. Unser Leben gleicht denn doch zuletzt den sibyllinischen[310] Büchern; es wird immer kostbarer, je weniger davon übrig bleibt.

Die wunderliche verworrene Mannichfaltigkeit beykommender Blätter verzeihen Sie; sie sind eine treue Abbildung meiner noch wunderlichern Zustände.

und so fortan!

Weimar den 19. Juni 1829.

G.


Mit der Metamorphose der Pflanzen ist es wunderlich gegangen; diese Idee, wie man sie wohl nennen darf, wirkt nun schon, im Stillen und Halbverborgenen, durch Deutschland seit beynahe funfzig Jahren, und die Franzosen glauben, erst neuerlich a posteriori, wie man's heißt, darauf gekommen zu seyn. Genau genommen so haben sie solche eigentlich nur genutzt, sie ist in ihren Vorträgen wohl enthalten, aber nicht lebendig, welches mir zu wichtigen Betrachtungen Anlaß gegeben hat. Kann ich mich umständlicher und genauer hierüber erklären, so theile solches mit.


Was meiner Farbenlehre eigentlich ermangelte, war, daß nicht ein Mann wie Chladni sie ersonnen oder sich ihrer bemächtigt hat; es mußte einer mit einem compendiosen Apparat Deutschland bereisen, durch das Hokus Pokus der Versuche die Aufmerksamkeit erregen, einen methodischen Zusammenhang merken lassen und das Practische unmittelbar mittheilen, das Theoretische[311] einschwärzen, den Professor der Physik überlassen, ihrer verworrenen Bornirtheit gemäß sich zu betragen, nach ihrer Weise die Sache zu läugnen und sich ihrer heimlich zu bedienen, und was dergleichen mehr ist. Auf solche Weise wäre die Sache lebendig geworden, irgend ein paar gute Köpfe hätten sich derselben bemächtigt und sie durchgeführt.


Überhaupt aber ist es das Schlimmste, daß jeder auf seinem eignen Weg in die Sache gekommen seyn will; niemand begreift, daß es irgendwo eine bequeme, vielleicht einzige Stelle gibt, wo auf dieser Insel zu landen sey (die Franzosen brauchen hier das hübsche Wort aborder une question). Auch hierüber wäre ein furchtbarer Lebenspunct von Betrachtungen zu entwickeln, wozu jetzo weder Fassung, noch Zeit, noch Sprache zu finden ist. Überlassen Sie sich solchen Gedanken im freyen Garten zu schöner Stunde und dabey dem Andenken an mich.


Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften zu Petersburg hat am 29. December 1826, als bey ihrer hundertjährigen Stiftungsfeyer, eine bedeutende physikalische Aufgabe, mit ausgesetztem anständigen Preise, den Naturforschern vorgelegt.

Nachdem ich das Programm gelesen, welches mir, als neuernannten Ehrenmitgliede, alsobald zukam, erklärte ich klar und unumwunden meiner Umgebung:[312] die Akademie wird keine Auflösung erhalten und hätte sie eigentlich nicht erwarten sollen. Sie verlangt: die verschiedenen Hypothesen, die man über die dem Licht, wie man glaubt, abgewonnenen Eigenheiten und Eigenschaften nach und nach ausgesprochen, abschließlich vereinigt, versöhnt, subordinirt, unter Einen Hut gebracht zu sehen. Niemand wurde gewahr, daß sie alle miteinander mit Farbenerscheinungen verknüpft sind, man dachte nicht, daß die Phänomene, worauf jene Hypothesen gegründet sind, nochmals müßten revidirt werden, ihre Reinheit, Congruität, Einfachheit und Mannichfaltigkeit, Ursprüngliches und Abgeleitetes erst noch müßte untersucht werden.

Obige meine Weissagung ist eingetroffen; die Akademie erklärte am 29. December 1828: sie habe in diesen zwey Jahren kein einziges Mémoire erhalten, prorogirt jedoch den Termin bis in den September d. J., wo gewiß auch keine Beantwortung eingehen kann und wird.


Ihre Ahnung, mein Theuerster, von Dissemination des Interesses an diesen Erscheinungen hat sich aber auch schon vorläufig erfüllt, indem ich vom Rande des Continents, aus Ostfriesland, von Jever, Nachricht einer Freundes-Versammlung erhielt, die in Berlin[313] die erste Anregung gewann und diese Angelegenheit nunmehr mit Neigung zu behandeln fortsetzt; aber auch dorthin ferner zu wirken wird mir leider unmöglich.


Das alles, woran ich hier sprach, findet sich in ein Fascikelchen zusammen, welches ich nächtens sende; es gibt Ihnen gewiß zu den wichtigsten Betrachtungen Anlaß. Könnte man einen solchen Chladni dorthin senden, so würde er eine gar seine löbliche Kirche stiften. Wie er in Petersburg würde aufgenommen werden, weiß ich nicht.

Uns andern ist es immer ein Wunder, wie man sich mit bloßen Worten und Truggespinnsten in der mathematisch-physikalischen Welt beschäftigt. Decomposition und Polarisation des Lichts nebeneinander zu denken, finden die Herren keine Schwierigkeit. Nun hat Frauenhofer noch einiges Absurde hinzugethan, woran man glaubt, darauf hält, und was doch, wie man es wirklich versucht, zu nichte wird. Mir ist genug, daß Frauenhofer ein vorzüglicher praktischer Mann war; daraus folgt aber nicht, daß er ein theoretischer Geist gewesen sey.

Er durfte sich mit der herrschenden Kirche nicht entzweyen und hat, genau besehen, eigentlich nur noch ein Ohr in die schon genugsam zerknitterten Karte geschickt, die demohngeachtet gegen reines Beobachten und geregelten Denksinn verlieren muß.

[314] Nicht allein farbige Lichter, sondern sogar eine Unzahl schwarzer Striche soll das reine Licht enthalten. Kluge deutsche Naturforscher sehen schon den Ungrund der ganzen Sache deutlich ein, daß nämlich alles auf eine mikroskopische Beschauung der paroptischen Linien, im Zusammenhange mit dem Farbenspectrum, hinausläuft. Niemand hat es noch laut gesagt, niemand hat noch öffentlich dargethan, daß die höchst complicirte Vorrichtung zu dem Zweck: die Differenz der Gläser in Absicht auf Brechung und Farbenerscheinung zu finden, keineswegs tauglich ist. Ich habe den Versuch selbst mit aller gehörigen Vorsicht anstellen lassen, habe in dem verlängerten Farbenspectrum die schwarzen Striche gesehen und bin dadurch von dem oben Gesagten nur noch mehr überzeugt worden. Der freye Geist, der jetzt aufträte, das wahrhafte Erkannte sogleich praktisch benutzte, müßte Wunder thun.


Von meteorologischen Betrachtungen hätten Folgendes zu melden. Ich habe vergangenen Sommer, auf den Dornburger freyen Höhen, täglich und stündlich den atmosphärischen Phänomenen meine Aufmerksamkeit gewidmet. Wie ich mir selbst davon im Stillen Rechenschaft gebe, läßt sich nicht sogleich folgerecht aussprechen.

Der größte Gewinn unsrer meteorologischen Anstalten war mir die Anerkennung des entschieden[315] gleichförmigen Ganges der Barometer in Bezug auf ihre Höhenstellung über dem Meere. Ebendasselbe sagt die Vergleichung aller von mir sorgfältig gesammelten auswärtigen Beobachtungen. Ich finde mich im Stande, diese Gleichförmigkeit von Dublin bis Charkow nachzuweisen, und bin davon so überzeugt, daß ich unsre Beobachter darnach controllire und Tag und Stunde zu wissen glaube, wo nicht genau beobachtet worden; deshalb mir denn auch die von den Ihrigen angegebenen Abweichungen verdächtig sind. Hiebey dient denn freylich zu freyeren Übersicht die graphische Darstellung.

Ich kann ein sehr hübsches Beyspiel anführen: ein Beobachter hatte einen unverhältnißmäßig tiefen Barometerstand als ein anderer angegeben; es fand sich bey genauerer Untersuchung, daß der erste die ganze Nacht durch beobachtet hatte, der andere nur bis 10 Uhr. Der tiefste Stand war Morgens um 3 Uhr, und früh, wo der zweyte wieder zu beobachten anfing, war das Quecksilber schon wieder um ein Gutes gestiegen.

Man spricht daher schon von vielen Seiten ganz richtig aus, daß eine allgemeine und nicht eine besondere Ursache zum Grunde liege, und ich setze hinzu, es ist keine äußere, sondern eine innere. Die Erde verändert ihre Anziehung, dadurch wird die Atmosphäre leichter oder schwerer, das Quecksilber steigt oder fällt von mehrerm oder minderm Drucke. Ich[316] wieder hole dieses längst gedruckte Glaubens- und Überzeugungs-Bekenntniß, zu dem man wohl einladen, aber nicht nöthigen kann.

Die Winde stehen hierzu durchaus in Bezug, Nord und Ost gehören dem steigenden, West und Süd dem sinkenden Barometer an; jene zehren die Feuchtigkeit in der Atmosphäre schneller oder langsamer auf, diese begünstigen die Wassererzeugung so wie den Niedergang der Gewässer. Leider überwiegt schon seit einigen Jahren das Letztere, und wir erleben grausenhafte Wasserbildung, die wir zunächst immer noch zu befürchten haben.


Indem Vorstehendes abgesendet werden soll, erfüllt sich bey uns, und leider in einem weiten Umkreise, jene Weissagung.

Am 28. Juni war ein drohendes Wetter schon gegen 1 Uhr von Süden heraufgestiegen; es zog sich nach Westen, rückte aber sachte, doch unaufhaltsam auf uns heran, es entlud sich sodann mit heftigem Regen und Schloßen, wobey Fenster und Pflanzen übel fuhren, und dauerte, nachdem es mit anhaltenden Blitzen und Donnern wohl eine Stunde fern umhergezogen, wohl noch einige Stunden immer fort, doch weniger wetterleuchtend und donnernd, den ganzen Himmel überziehend, bis gegen 7 Uhr. Die heftigsten Schläge waren nicht in der Nähe niedergegangen.[317]

Es war nach einigen Tagen hohen Barometerstandes und großer Hitze das Quecksilber sehr tief gesunken, den 27. füllte sich die Atmosphäre, und brach den folgenden Tag das Unheil gewaltig los. Den 29. bey gleichem Barometerstande der Himmel gewitterhaft bedeckt und das Weitere zu erwarten.


Nachschrift.

Soviel für dießmal; geben Sie diesen Mittheilungen Beyfall, so erfolgt von Zeit zu Zeit mehr dergleichen. Schließlich aber darf ich nicht unbemerkt lassen, daß ich auf Ihre Anregung die Briefe 349 und 359 wieder gelesen; fürwahr hier ist die Axe, um die sich der Correspondenten uneinige Einigkeit bewegt. Ruf ich mir jenen Gegenstand zurück, so war er wahrlich ein Object, an dem man fast ein halbes Jahrhundert abspinnen konnte, und es thut mir leid, daß er mich damals davon abwendete. Es ist ein eignes Ding! Der Dichter weiß allein, was in einem Gegenstande liegt, der ihm seines Antheils werth erscheint.

treu angehörig

Weimar den 29. Juni 1829.

Goethe.


45/259.


An Kaspar von Sternberg

Für die Mittheilung des meteorologischen Heftes danke zum allerschönsten; ich habe vergangenen Sommer,[318] auf den Dornburger freyen Höhen, täglich und stündlich den atmosphärischen Phänomenen meine Aufmerksamkeit gewidmet. Wie ich mir selbst davon im Stillen Rechenschaft gebe, läßt sich nicht sogleich folgerecht aussprechen.

Der größte Gewinn unserer meteorologischen Anstalten war mir die Anerkennung des entschieden gleichförmigen Ganges der Barometer in Bezug auf ihre Höhenstellung über dem Meere. Ebendasselbe sagt die Vergleichung aller von mir sorgfältig gesammelten auswärtigen Beobachtungen. Ich finde mich im Stande, diese Gleichförmigkeit von Dublin bis Charkow nachzuweisen, und bin davon so überzeugt, daß ich unsre Beobachter darnach controllire und Tag und Stunde zu wissen glaube, wo nicht genau beobachtet worden; deshalb mir denn auch die von den Ihrigen angegebenen Abweichungen verdächtig sind. Hiebey dient denn freylich zur freyeren Übersicht die graphische Darstellung.

Ich kann ein sehr hübsches Beyspiel anführen: ein Beobachter hatte einen unverhältnißmäßig tiefen Barometerstand als ein anderer angegeben; es fand sich bey genauerer Untersuchung, daß der erste die ganze Nacht durch beobachtet hatte, der andere nur bis 10 Uhr. Der tiefste Stand war Morgens um drey Uhr, und früh, wo der zweyte wieder zu beobachten anfing, war das Quecksilber schon wieder um ein Gutes gestiegen.

[319] Man spricht daher schon von vielen Seiten ganz richtig aus, daß eine allgemeine und nicht eine besondere Ursache zum Grunde liege, und ich setze hinzu: es ist keine äußere, sondern eine innere. Die Erde verändert ihre Anziehung, dadurch wird die Atmosphäre leichter oder schwerer, das Quecksilber steigt oder fällt von mehrerm oder minderm Drucke. Ich wiederhole dieses längst gedruckte Glaubens- und Überzeugungs-Bekenntniß, zu dem man wohl einladen, aber nicht nöthigen kann.

Die Winde stehen hierzu durchaus in Bezug, Nord und Ost gehören dem steigenden, West und Süd dem sinkenden Barometer an; jene zehren die Feuchtigkeit in der Atmosphäre schneller oder langsamer auf, diese begünstigen die Wassererzeugung, so wie den Niedergang der Gewässer. Leider überwiegt schon seit einigen Jahren das Letztere, und wir erleben grausenhafte Wasserbildungen, die wir zunächst immer noch zu befürchten haben.


Indem Vorstehendes abgesendet werden soll, erfüllt sich bey uns, und leider in einem weiten Umkreise, jene Weissagung.

Am 28. Juni war ein drohendes Wetter schon gegen 1 Uhr von Süden heraufgestiegen; es zog sich nach Westen, rückte aber sacht, doch unaufhaltsam auf uns heran; es entlud sich sodann mit heftigem Regen und Schloßen, wobey Fenster und Pflanzen übel[320] fuhren, und dauerte, nachdem es mit anhaltenden Blitzen und Donnern wohl eine Stunde fern umhergezogen, wohl noch einige Stunden immerfort, doch weniger wetterleuchtend und donnernd, den ganzen Himmel überziehend, bis gegen 7 Uhr. Die heftigsten Schläge waren nicht in der Nähe niedergegangen.

Es war, nach einigen Tagen hohen Barometerstandes und großer Hitze, das Quecksilber sehr tief gesunken; den 27. füllte sich die Atmosphäre und brach den folgenden Tag das Unheil gewaltig los. Den 29., bey gleichem Barometerstande, der Himmel gewitterhaft bedeckt und das Weitere zu erwarten.

Zu geneigter Aufnahme.

Weimar den 29. Juni 1829.

G.


46/1.


An Johann Peter Eckermann

Versäumen Sie heute nicht, mein Guter, zu Tische zu kommen, da unser trefflicher Rauch angelangt ist.

Weimar den 1. Julius 1829.

G.


46/2.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

erhalten hierbey abermals einiges Manuscript welchem Ihre Aufmerksamkeit erbitte. Meinem römischen Leben und Bestreben werden Sie gewiß einen desto reineren Antheil gönnen, da Sie sich von der übergroßen Masse bedeutender Gegenstände, die von allen Seiten her dort auf den wahren Liebhaber eindringt, persönlich vor kurzem überzeugt haben.

Mit den besten Wünschen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 1. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.[1]


46/3.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren habe dießmal dankbar zu vermelden daß die, unter dem 25. Juni geneigt angekündigte Sendung wohlbehalten angekommen.

Der dreyßigste Band, Original, geht mit der heutigen fahrenden Post ab.

Den neunundzwanzigsten Band wünschte solange als möglich bey mir zu behalten; haben Sie daher die Güte mir den Termin festzusetzen wann er nothwendig in Ihren Händen seyn muß, und er soll zur rechten Zeit eintreffen.

Die Verbesserungen der Ortsnamen, die früher mehr nach dem Gehör als nach der eigentlichen Rechtschreibung aufgezeichnet waren, erkenne dankbarlichst.

Die ferneren Bände der Taschenausgabe, revidirt zum Behuf der Octav-Ausgabe, sende in einiger Zeit. Und so läßt sich denn hoffen und voraussehen daß dieses Geschäft, unter Ihrer aufmerksamen Leitung, Schritt vor Schritt weiter und zu einem erwünschten Ende gelangen werde.

Wollten Sie mir gelegentlich die dort bisher zurückgebliebenen Originale, wovon die ersten Bände schon wieder besitze, entweder mit der fahrenden Post, oder auch über Nürnberg zusenden, so käme auch dieses Nachträgliche in Ordnung.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 3. Juli 1829.[2]


46/4.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ja wohl, mein Theuerster, war der freundliche Besuch den Sie und gönnten ein schöner Beweis daß wir uns im Lebensgange an einander nicht geirrt haben; es zeigte sich daß wir, wenn gleich in einiger Entfernung, parallel neben einander fortgingen und, bey'm Wiederzusammentreffen, keiner am andern etwas Fremdes empfand; es war Ihnen bey mir behaglich, eben so mußt es wechselseitig seyn. Sie konnten der Freund meiner Freunde werden, es ergab sich alles ganz natürlich, ohne daß irgend etwas wäre auszugleichen gewesen, und so mußten wir wünschen Sie hätten noch einige Tage verweilt. Schwiegertochter und Kinder waren wiedergekommen; Herr Rauch traf ein und wir hätten Sie herzlich gern an den guten Stunden des Wiedersehens und heitern Empfangs auch Ihren genugsamen Theil nehmen lassen. Auch hätte ich der guten Ottilie so gern einen musikliebenden Gast entgegengeführt.

Hier nun will ich schließen, mit dem treuesten Dank für Ihr werthes baldiges Schreiben, mit reinen Wünschen und Grüßen an die theure Ihrige und mit Ankündigung einer Rolle, deren Inhalt wir einen geneigten Empfang erbitten.

und so fortan!

Weimar den 3. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.[3]


46/5.


An Carl Friedrich Zelter

[5. Juli 1829.]

Hier, mein Vortrefflicher, Blumen-Umgürteter, Pracht- Prunk- Leben- und Kunst Umgebener, aus meinem zwar stillen doch höchst geschäftigen Kreise, zu Trost und Beruhigung, die wiedergefundenen Schäflein. Rauch hat uns einen gar glücklichen Tag geschenkt und uns durch seine Mittheilungen in die Berliner Trunkenheit mit fortgerissen.

Fahre fort mein zu gedenken und wenn sich's fügen will zu schreiben. Grüße Freund Langermann zum allerschönsten und melde mir wenn er die neuen Wanderjahre gelesen hat. Ich schreibe ihm sogleich, er wird leicht rathen aus welchem Anlaß. Und somit allen guten Dämonen befohlen.

wie herkömmlich

Weimar den 2. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/6.


An Johann Friedrich Rochlitz

Möge der beykommende ernste Scheinbau, so wie die fromme Dreyheit dem theuersten Freunde eben solche vergnügte Empfindungen bey'm fortdauernden Anschauen verleihen als mir und meiner Umgebung die verunglückten Wagenlenker gewähren. Mögen diese Blätter als schöne Denkmale immer den Theilnehmenden[4] vor Augen seyn, eines erneuten Verhältnisses, welches für alle Zukunft die anmuthigsten Folgen gewinnen muß.

Unter den mannichfaltigsten Erinnerungen und Grüßen nur noch den treusten Zuruf.

und so fortan!

Weimar den 5. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/7.


An August von Goethe

[Concept.]

Wolltest du wohl, mein lieber Sohn, Herrn Ober-Baudirector Coudray ersuchen mir das Protokoll der Sonntags vorgewesenen Versammlung der Innungs-Vorsteher baldigst mitzutheilen, ich würde dadurch meine Acten schließen, solche der Frau Großherzogin vorlegen und sodann der Frau Großherzogin vorlegen und sodann den Bericht an Serenissimum beschleunigen.

Weimar den 6. Juli 1829.


46/8.


An Henriette von Pogwisch

Nach einer ganz ruhig und heilsam vorübergegangenen Nacht finde ich mich, gnädige Frau, in einem Zustande Ihro der Frau Großherzogin Königlichen Hoheit, wenn mir die Gnade Dero Gegenwart gegönnt seyn sollte, nicht unziemlich aufzuwarten.

[5] Ausser diesem lebhaften Wunsche des Glücks zu genießen werde zu Gegenwärtigem noch veranlaßt durch die Ankunft eines sehenswerthen Bildes, einer munter auftretenden Portia, welches auf Befehl unsers gnädigsten Herrn, alsogleich ins Museum gebracht werden soll, ich vorher aber, in ruhiger Stunde, zu bequemer Anschauung unserer verehrtesten Fürstin darstellen möchte.

Durch gefällige Vermittlung geneigten Entschluß erbittend

Hochachtungsvoll

gehorsamst

Weimar d. 7. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/9.


An Kaspar von Sternberg

[7. Juli 1829.]

Lange bedacht, eilig abgesendet, wünsche dem Inhalt dieses Paquets eine freundliche Aufnahme, und füge nur hinzu daß ich aus dem Drang in dem, unter vielfach sich durchkreuzenden Umständen und Ereignissen, die Ausgabe meiner Werke unaufhaltsam fortgesetzt werden muß, bald erlöset seyn möge um gegen die Natur, besonders gegen die Pflanzenwelt mich von frischem wenden zu können.

Indessen hab ich anzuzeigen: daß, in unserem Cammerberger Steinkohlenwerke, sich ein tüchtiger Block eines versteinten vegetabilischen Wesens und[6] zwar elliptischen Form gefunden. Nach Leipziger Maaß:

Großer Diameter2 Fuß8 Zoll.

Kleiner Diameter2 Fuß6 Zoll.

Umfang8 Fuß10 Zoll.

Höhe2 Fuß3 Zoll.

Das Ganze hat vollkommene Ähnlichkeit mit dem auf tab. XXXVII. fig. 5. Florae subterraneae gezeichneten, noch vom Gestein nicht abgelösten, untern Theil des Stammes.

Unter den einzelnen Abbildungen findet sich nur tab. LII fig. 2 etwas Ähnliches, jedoch sind die Erhöhungen um ein bedeutendes größer und gedrängter, deswegen auch die Horizontal-Abwechselung der Stellung, welche dort diagonal aufsteigende Reihen hervorbringt, hier nicht zu bemerken ist. Wäre eine Abbildung wünschenswerth, so würde ich versuchen ob irgend einer unserer Künstler über diese Mohrengestalt Herr werden könnte.

Mit den treusten Wünschen

unwandelbar

Weimar den 6. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/10.


An Kaspar von Sternberg

Die Zweifel die mich abhielten von meinen Arbeiten, bezüglich auf die Monatsschrift des Museums zu sprechen, verwandeln sich nun, da das Actenstückchen[7] abgegangen ist, in Verlegenheit und Sorge. Hievon wünschte ich mich nun durch nachstehenden Vorschlag zu befreyen. Würde nicht ein wackerer Mitarbeiter jener Zeitschrift, dem der ganze bisherige Inhalt derselben gegenwärtig und lebendig wäre, die Bemühung übernehmen und sich zu einer Art von Redaction und Ausfertigung desselben entschließen. Es würde ihm nicht schwer werden, Capitelweise, da wo ich zu weitläufig geworden, wieder zu kürzen, wo ich nur andeutete, soviel als nöthig auszuführen.

Wenn er nun endlich, mit leichter Behandlung, den Inhalt der Zeitschrift bis auf die letzten Stücke mitzutheilen beliebte, so hätten wir auf einmal das Wünschenswertheste beysammen. Erhielt ich sodann das Resultat, freylich möglichst fertig und abgeschlossen, so würde ich es gern noch einmal durchsehen und nach Berlin senden, wo ein freundlicher Empfang zu erwarten stände; der Zweck wäre erfüllt und ich von einer großen Gewissenslast befreyt; denn ich läugne nicht daß mir dieses, schon sehr weitgebrachte Vornehmen höchst unbequem vor Augen lag.

Noch habe schließlich zu melden daß ich meine Stellung gegen Geologie, Geognosie und Oryctognosie klar zu machen suche, weder polemisch noch conciliatorisch sondern positiv und individuell; das ist das Klügste was wir in alten Tagen thun können. Die Wissenschaften, mit denen wir uns beschäftigen, rücken unverhältnißmäßig vor, manchmal gründlich, oft[8] übereilt und modisch, da dürfen wir denn nicht unmittelbar nachrücken, weil wir keine Zeit mehr haben auf irgend eine Weise leichtsinnig in der Irre zu gehen; um aber nicht zu stocken und allzuweit zurückzubleiben sind Prüfungen unserer Zustände nothwendig. Komm ich mit meinem diesmaligen Unternehmen zu Stande, so theil ich es meinem edlen Freunde mit, dem es, bey seiner ruhig gesetzten, sinnig bedächtigten und durchaus folgerechten Lebens- und Studienweise, gewiß nicht unangenehm erscheinen wird.

treu angehörig

und verpflichtet

Weimar den 8. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/11.


An N.N.

Ich wünschte irgend eine französche Grammatik, oder sonstiges Werck, worin die Abstufung der Titulaturen in Briefen, die Courtoisieen pp enthalten wären.

Weimar den 8. Juli 1829.

G.


46/12.


An Friedrich Jacob Soret

Den höchsten Damen aufzuwarten, wird mich glücklich machen. Für die angenehme Sendung[9] schönstens dankend, wünsche doch auch von meiner Seite einiges erwidern zu können.

treulichst

Weimar den 10. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/13.


An Friedrich Jacob Soret

Mögen Sie wohl, mein Theuerster, Beykommendes Ihro Kaiserlichen Hoheit gefällig überreichen; es enthält, ich hoffe, einige nicht unangenehme Papiere.

Zugleich vermelde daß heute Abend ein wackerer Schweizer, Namens Xaver Schnyder von Wartensee, bey meiner Tochter zum Thee erscheinen wird; er hält sich als theoretisch- und praktischer Musiklehrer in Frankfurt a/M. auf und ist mir durch einiges Mitgebrachte genugsam empfohlen.

Könnten Sie, und wäre es auch nur kurze Zeit, an der Unterhaltung Theil nehmen, so wird es wechselseitig wohl nicht unangenehm seyn.

treu ergeben

Weimar den 11. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/14.


An Thomas Carlyle

[14. Juli 1829.]

Mein Schreiben vom 25. Juni wird nunmehr schon längst in Ihren Händen seyn. Die angekündigte[10] Sendung geht erst jetzt ab; diese Verspätung aber giebt mir glücklicherweise Gelegenheit von meinem Briefwechsel mit Schiller die ersten Theile beyzulegen; Sie werden darin zwey Freunde gewahr werden, welche, von den verschiedensten Seiten ausgehend, sich wechselseitig zu finden und sich an einander zu bilden suchen. Es wird Ihnen diese Sammlung von mehr als einer Seite bedeutend seyn, besonders da Sie auch Ihre eigenen Lebensjahre, auf welcher Stufe des Wachsthums und der Bildung Sie gestanden, an den Datums recapituliren können.

Auch einen Theil der Aushängebogen einer Übersetzung Ihres Lebens von Schiller von Schiller liegt bey. Ist es mir möglich, so sag ich einige Worte zur Einleitung; doch es sind meine Tage so unverhältnißmäßig überdrängt, als daß ich alle meine Wünsche und Vorsätze durchführen könnte.

Kommt Gegenwärtiges noch an vor dem 28. August, so bitte an demselben meinen achtzigsten Geburtstag im Stillen zu feyern und mir zu den Tagen, die mir noch gegönnt seyn sollten, eine verhältnißmäßige Gabe von Kräften eifrig zu erwünschen, auch von Zeit zu Zeit erbitte mir von Ihren Zuständen und Arbeiten einige Nachricht zu geben.

Auf dem Boden des Kästchen liegt eine Gabe, von meinen Frauenzimmern freundlichst gesendet; diese Wandzierde soll Sie alle Tage der Woche (sie wird französisch Semainière genannt) und zwar zu mancher[11] Stunde auf's heiterste erinnern. Genießen Sie mit Zufriedenheit der Ihnen gegönnten Ruhe und Sammlung, dagegen mein Leben, äußerlich zwar wenig bewegt, wenn es Ihnen als Vision vor der Seele vorübergehen sollte, Ihnen als ein wahrer Hexentumultkreis erscheinen müßte.

Ich erinnere mich nicht, ob ich Ihnen meine Farbenlehre gesendet habe; es ist außer dem Naturwissenschaftlichen doch so manches Allgemeine und Menschliche darin das Ihnen zusagen müßte. Besitzen Sie dieses Werk nicht, so sende es allernächst; bitte um Nachricht darüber.

Und so fort an!

Weimar den 6. Juli 1829.

Goethe.


Ein Gleichniß.


Jüngst pflückt ich einen Wiesenstrauß

Trug ihn gedankenvoll nach Haus;

Da hatte von der warmen Hand

Die Kronen sich alle zur Erde gewandt.

Ich setzte sie in frisches Glas;

Und welch ein Wunder war mir das!

Die Köpfchen hoben sich empor,

Die Blätterstengel im grünen Flor;

Und allzusammen so gesund

Als stünden sie noch auf Muttergrund.


So war mir's als ich wundersam

Mein Lied in fremder Sprache vernahm.


[12] Edle deutsche Häuslichkeit

Über's Meer gesendet,

Wo sich still in Thätigkeit

Häuslich Glück vollendet.


46/15.


An Johann Peter Eckermann

Setzen Sie, mein guter Doctor, Ihre Luft- und Lustwanderungen so lange fort, bis Sie die guten Wirkungen derselben leiblich und geistig empfinden.

Den verlangten Brief wüßte jetzt nicht mitzutheilen, würde aber überhaupt nicht rathen von irgend etwas Besonderem auszugehen; fassen Sie den eigentlichen Begriff recht klar, lassen Sie aber als Hauptinhalt Freude und Dankbarkeit der Meinigen für die königliche Gabe entschieden hervortreten.

Womit alles Gute wünschend

das Fernere hoffend

Weimar den 15. Juli 1829.

G.


46/16.


An Christian Parish und Comp.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben schon einige Male die Gefälligkeit gehabt meinem Freund dem Herrn Thomas Carlyle, ehmals in Edinburg, gegenwärtig in Craigeputtoch bey Dumfries,[13] einige Sendungen zukommen zu lassen; es rühmt derselbige die Schnelligkeit und Accuratesse der Spedition.

Dürft ich nunmehr Sie um eine gleiche Geneigtheit ersuchen, indem ich durch die fahrende Post ein Kästchen an Dieselben absende, welches, wie die vorigen, Bücher enthält, einmal in Wachspapier mit der Signatur des Herrn Carlyle, das andere Mal mit Packleinwand mit der Ihrigen; welches alles zutraulich in Ihre Hände legend, mit wenigem bemerke: daß ich mich wegen der vorigen Sendung noch in Ihrer Schuld finde und mit der Bitte schließe, Sie möchten mir dießmal Gelegenheit geben mich auch derselben zu entledigen.

Mit vorzüglichsten Hochachtung.

Weimar den 15. Juli 1829.


46/17.


An Christian Georg Carl Vogel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

wünsche gar sehr heute bey mir im Garten zu Tische zu sehen; können Sie es einrichten so bitte in meinem Hause befehlen zu lassen wann der Kutscher Sie abholen soll. In Hoffnung des weiteren Mündlichen.

Weimar den 18. Juli 1829.[14]


46/18.


An Carl Friedrich Zelter

Die im Datum sich nach und nach folgenden Blätter deines gehaltigen Paquetleins kamen mir sehr zur rechten Zeit in meine einsame Gartenwohnung, wo mir, ich will es nur gestehen, wegen eines so langen Schweigens auf mannichfaltige Sendungen, mancherlei Grillen aufstiegen. Doch hat es sich nun so ganz anmuthig und erwünscht aufgelöst daß mir der heutige 18. Juli als ein wahrer Festtag erscheint.

Ich habe mir hier in meinem Erdfälchen das alte und neue Rom in weitschichtigen Bildern, nicht weniger das alte Italien und Latium vor Augen gehängt und gestellt; viele Bücher dieses Inhalts und Sinnes um mich versammelt und belebe so möglichst die Erinnerungen an meinen zweyten Aufenthalt in Rom, da ich denn den Band, der solches geschrieben enthalten wird, auch deiner wohlwollenden Aufmerksamkeit empfehle.

Vom 4ten Band der Schillerischen Correspondenz besitze ich freylich nur die Aushängebogen, und weiß nicht wenn derselbe wird in's Publicum gebracht werden. Der Buchhandel hat sein eigenes Gehen und Kommen, wovon der Autor wenig Rechenschaft zu geben weiß.

Die jungen Almanachs-Männer sollen mir durch dein Wort so weit empfohlen seyn daß ich über ihr[15] Anliegen denken will; sie haben den ersten Bogen frey gelassen, also hab ich Zeit. Find ich etwas, wär es auch nicht von Belang, aber doch nicht ohne Bedeutung, so send ich es noch zur rechten Zeit. Ich habe es dem alten Gleim von Grund aus verdacht daß er seinen Namen, unter den geringfügigsten Dingen, bis in's hohe Alter in den Taschenbüchern fortwalten ließ und auf diese Weise von sich selbst ein absterbendes Echo werden mußte. Diese widerwärtige Erinnerung macht mir unmöglich auf gleiche Weise zu verfahren.

Nun aber erlaube mir ein vertraulich Wort: der liebe Gartenverein transcendirt auch, wie die übrige Christenheit, und verliert sich in den Minutien des gränzenlos Mannichfaltigen. Wir haben der Weinsorten schon zu vielerlei, und bey'm praktischen Weinbau kommt alles darauf an, daß man die Sorten zusammenpflanze die mit einander blühen und reif werden; alles andere ist vom Übel. Der Mensch aber kann nicht ruhen, er will immer noch was anders. Sodann bedenkt niemand, weder bey Euch noch bey uns, daß wir hinter den 51. Grad gebannt sind, gerade an die Gränze einer edleren Vegetation. Glashäuser anzulegen ist das Vernünftigste, wenn gleich diese von dem Gott- und Weltvergessenen Hagel so übel behandelt werden.

Der polnische Dichter besuchte mich, die Fürstin Wolkonsky begleitend, mit größerer Umgebung, sprach[16] kein Wort und hatte nicht den guten Sinn sich einzeln bey mir zu melden. Wäre man nicht auch in der Welt oft genug zur unrechten Zeit unbeholfen gewesen, so würde man ein solches Betragen tadeln und schelten.

Professor Rauch war einen Tag bey uns und, nach seiner alten Weise, anmuthig, heiter und thätig. Ein junger Mann, den er mit sich brachte, der viel Talent haben mag, zeigte eine Art von Friede vor, lobenswürdig gedacht und gezeichnet, aber Christi Einzug in Jerusalem vorstellend, wo wir andern geängstigt werden, durch die Mühe die sich ein guter Kopf gibt, da Motive zu suchen wo keine zu finden sind. Wenn man doch nur die Frömmigkeit, die im Leben so nothwendig und liebenswürdig ist, von der Kunst sondern wollte, wo sie, eben wegen ihrer Einfalt und Würde, die Energie niederhält und nur dem höchsten Geiste Freyheit läßt sich mit ihr zu vereinigen, wo nicht gar sie zu überwinden.

Daß du auf den zweyten Faust zurückkehrst, thut mir sehr wohl; es wird mich das anregen, manches andere zu beseitigen und wenigstens das Allernächste was hieran stößt bald möglichst auszufertigen. Der Abschluß ist so gut wie ganz vollbracht, von den Zwischenstellen manches Bedeutende vollendet, und wenn man sich von Seiten höchster Gewalten auffangen und auf ein Vierteljahr einer hohen Festung anvertrauen wollte, so sollte nicht viel übrig seyn.[17] Ich habe alles so deutlich in Herz und Sinn daß es mir oft unbequem fällt.

Und nun von dem Anmuthigsten zuletzt! Es gereicht mir zur innigsten Freude, daß Prinzeß Auguste dir mit Ihren Vorzügen so glücklich erschienen ist; sie verbindet frauenzimmerliche und prinzeßliche Eigenschaften auf eine so vollkommene Weise daß man wirklich in Verwunderung geräth und ein gemischtes Gefühl von Hochachtung und Neigung in uns entsteht. Ich wünsche daß du in Folge noch öfters Gelegenheit haben mögest dich davon zu überzeugen.

Soviel aus meinem stillen und, da die Heuerndte vorüber ist, vollkommen grünen Thal. Die Ruhe ist so groß daß heute früh ein artiges Reh, aus den Büschen hervortretend, ganz gelassen sich weiden ging. Womit dir im lebenslustigen, getümmelreichen Berlin auch ein froher genußreicher Morgen gegönnt sey.

treu fleißig verharrend

Weimar den 19. Juli 1829.

Goethe.


46/19.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

fortgesetzte Theilnahme, sowohl schriftlich als mündlich ausgesprochen, ermuthigt mich zu abermaliger Sendung. Ich wünsche daß auch diese manches zu erfreulichem Andenken enthalten möge und, wie mir bey der Redaction[18] dieser Blätter geschah, vergangene schöne Tage wieder dadurch mögen vergegenwärtigt seyn.

Mich zu fernerem wohlwollenden Andenken bestens empfehlend.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 21. Juli 1829.

J. W. v. Goethe


46/20.


An Johann Christian Schuchardt

[Concept.]

Ich hoffe, mein guter Schuchardt, Sie werden Ihr ausführliches Tagebuch fleißig fortgesetzt haben; senden Sie mir solches, so weit es gekommen ist. Aus dem Anfange hab ich mit Vergnügen gesehen daß Sie Ihre Zeit wohl anwenden und dabey mit den Ihrigen heiter und zufrieden sind.

Auf Ihrer Rückreise können Sie die gemeldete kleine Bronze-Büste für 1 Conventionsthaler anschaffen. Melden Sie mir ob Ihnen sonst in Dresden etwas Wünschenswerthes vorgekommen ist.

Unsere Gemälde-Sammlung ist durch ein Porträt der Frau v. Heygendorf von Stieler bereichert worden, welches großen Beyfall verdient und enthält. Fortwährenden Succeß Ihrem Unternehmen wünschend.

Weimar den 21. Juli 1829.[19]


46/21.


An Friedrich Jacob Soret

Da, wie ich vernehme, unsre gnädigsten Herrschaften ganz nah sind abzureisen, so bitte die mitkommenden Bände unterthänigst zu übersenden; sie enthalten die französischen Vorlesungen von Guizot und Villemain, so weit sie zu uns gekommen sind und eignen sich, als einzelne Lectionen, gar wohl zu einer Unterhaltung bey'm Gebrauch des Gesundbrunnens.

Mich höchsten Orts angelegentlichst zu empfehlen bittend, in Hoffnung Dieselben bald mit dem theuren Prinzen in meiner Einsiedeley zu sehen.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 21. Juli 1829.

J. W. v. Goethe


46/22.


An Carl Emil Helbig

Ew. Wohlhochgeboren

wünsche über die Angelegenheit unserer Sternwarte und Schröns Situation in diesen Tagen zu sprechen. Wollten Sie einen heitern Abend wählen und eine Tasse Thee bey mir trinken, so soll es mir höchst angenehm seyn; es eignet sich ja wohl sonst noch manches zu freundlicher Unterhaltung.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 21. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.[20]


46/23.


An Ottilie von Goethe

Es würde sehr angenehm seyn wenn Frau von Goethe mit dem Wagen um 12 Uhr eintreffen und mich zur Spazierfahrt abholen wollte; wobey denn wegen heute Abend könnte verabredet werden.

Weimar den 23. Jul. 1829.

G.


46/24.


An Johann Heinrich Meyer

Wenn Sie dieses erhalten, mein theuerster Freund, so haben Sie schon das Glück Ihro Kaiserlichen Hoheit aufzuwarten, indessen wir der verehrten Gegenwart entbehren. Versäumen Sie nicht schicklicherweise gelegentlich auszusprechen: wie ich von dem fortgesetzten gnädigen Vertrauen gerührt bin und wie ich mich Höchstderselben zu allen und jeden Diensten auf's treulichste verpflichtet fühle. Sodann sagen Sie mir einige, wenn auch nur wenige Worte durch die ich das Beste auch von Ihrem Zustande zu vernehmen hoffe.

Sehen Sie Frau von Ahlefeld, so danken Sie ihr zum verbindlichsten, daß sie mir die angenehme Sendung des Herrn Grafen Sternberg so bald habe wollen zukommen lassen.

Unterhalten wird Sie bey Ihrer Rückkehr das Schicksal das Ihren Freund Raoul Rochette bedroht;[21] er hat durch seine Anmaßungen den Herrn Cousin und die dortige strebende Jugend gegen sich aufgebracht und sie behandeln ihn in kleinen Spottheften mit Heftigkeit sehr übel. Eins hab ich angezeigt gelesen und es verschrieben. Er lehnt sich zwar im Rücken an die Akademie, jene lebhafte Jugend aber, Gleißnerey und Insufficienz verfolgend, läßt sich dadurch nicht irre machen.

Übrigens bringt uns die französische Literatur gar manches Löbliche, besonders historische Unterhaltung.

Ich habe mich für meine Person in den Garten begeben und befinde mich da, wenn auch nicht vom Wetter begünstigt, noch ganz leidlich.

Haben Sie Herrn Grafen Sternberg gesehen? Er schickte mir eine wohlgerathene Medaille mit seinem Bildnisse in Gypsabguß.

Angekommen ist auch ein Heft von Rom: Bullettino degli annali dell' instituto di Corrispondenza archeologica von mannigfaltigem Interesse: Etrurische und campanische Grabmäler, das Neueste von Pompeji, Reinigung des Forum Romanum und Forum Trajani pp. Unter den Kupfern sechs dankenswerthe Vasengemälde, darunter eine so schöne als unerwartete Gruppe, vorstellend einen Jüngling der mit gezücktem Schwert auf einen Dichter losgeht, welcher, geboren zurückweichend, sich mit aufgehobener Leyer zu vertheidigen sucht.

Graf Blacas ist Präsident, die Namen Bunsen, Fea, Gerhard, Kestner, Millingen pp. Erscheinen als[22] dirigirende Mitglieder. Nach der Anlage läßt sich hoffen daß wir nach und nach vom Neusten was da geschieht und entsteht Nachricht erhalten werden.

Und nun mit den besten Grüßen und Hoffnungen schönstes empfehlend und mich höchsten Orts und überall wo sich's ziemt und schicken will wiederholt in's Andenken zu rufen bittend.

treu verharrend

Weimar den 23. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/25.


An Caroline von Egloffstein

Abschriftlicher Auszug

Schreibens des Herrn Hofrath Rochlitz

Leipzig den 23. Juli 1829.


Bey mir meldet sich zunächst die Gräfin Egloffstein. Daß ich diese, wie weit das in wenigen Stunden möglich, habe kennen lernen, achte ich für ein wahres Glück. Kaum erinnere ich mich einer Dame, die, bey erster Bekanntschaft, einen so geistigaufregenden, würdiganmuthigen, wohltuhendbefriedigenden Eindruck, und ohne irgend ein merkliches Daraufanlegen, von der ersten Minute ihrer Gegenwart auf mich gemacht und bis zur letzten vollkommen gleichmäßig erhalten hätte. Mit ihr sollte man, wenn keine andern, doch die festlichen Tage des Jahres verleben. –

in fidem getreulicher Abschrift,

mit den herzlichsten Wünschen

und Empfehlungen, wo sich's ziemen will.

Am Parck d. 28. Juli 1829.

Goethe.[23]


46/26.


An Johann Jacob von Willemer

Ich mache mir schon eine Zeitlang Vorwürfe daß ich, in einem Anfall von Humor, welches mir nicht leicht begegnet, eine halbverdrießliche und zugleich nicht wohl zu erklärende Stelle in meinem Briefe einfließen ließ. Ich hoffe deshalb Verzeihung, weil man ja doch manchmal im Augenblick, wo man an Entfernte denkt, von gegenwärtigen nahen Verhältnissen unerfreulich berührt wird.

Das Resultat worauf jene Zeilen hindeuten ist nun wohl: daß ich mich gegen Ende Juli noch in Weimar befinde und schwerlich dieses Jahr mich daraus entfernen werde. Ich bin in meinen Garten am Park gezogen, und lebe da in continentaler, durch die schmächtige Ilm ruhig bewässerter, Wiesen-Wälder- und Buscheinsamkeit, indessen die Freunde in einer weiten Gegend, durch den kräftige vorbeyfließenden Strom, jeden Augenblick erinnert werden daß sie mit dem Ocean zusammenhängen, und daß es nur auf sie ankommt ob sie die bewegtesten und lebendigsten Räume der Welt, vermittelst Dunst und Welle besuchen und beschauen wollen.

Meine Gedanken sind oft bey Ihnen, und, ob gleich der neue Schmuck der mir, in den frühern Zuständen, so werthen Mühlenräume sich nicht so leicht vergegenwärtigen läßt, so verweil ich doch oft daselbst[24] und, was mehr ist, aufmerksam auf Einzelnes; da ich denn zur Frage gelange: ob die so seltsam sich vermehrende Pflanze noch am Leben geblieben und durch ihre Gegenwart auch der abwesend Freunde fortdauerndes Leben, Wirken und Lieben täglich vor Augen stellt? Könnt ich hören daß sie sogar zur Blüte gekommen, welches in jenem Klima wohl geschehen müßte, so würde mir's noch mehr Freunde bringen.

Vernehm ich daß man sich aus den letzten Lieferungen meiner Werke etwas besonders hätte zueignen können, so wird es demjenigen wohl thun der durch diese Bemühungen ganz allein noch mit entfernten Freunden eine herzlich geistreiche Verbindung lebendig erhalten kann. Wie denn unter meine mäßigen Wünsche auch der gehört, daß ich ein vollständig- anständiges Exemplar, nach Verlauf weniger Termine, den geliebten und verehrten Freunden zum Andenken hinstellen könne.

Eine sehr angenehme Zufälligkeit brachte mir in dem Augenblick als das vollständige Tagebuch zu mir gelangte das wohlgearbeitete Werk von Jakob Meyer, die Bergstraße durch den Canton Graubündten betitelt, vor die Augen welches, wenn es mich auch die Freunde nicht überall hinbegleiten läßt, mir doch Gelegenheit gibt ihnen, hin und wieder, an merkwürdigen Stellen zu begegnen. Da ich denn auch wohl einmal ein vertrauliches Paar im zweysitzigen Wäglein begrüße[25] und mein Verlangen genauerer Ansichten und Annäherungen dadurch einigermaßen beschwichtigt wird. Die landschaftlichen Darstellungen sind wirklich allerliebst, mit malerischen Verstand im genauesten Detail aufgenommen, auch gar effectreich an Haltung und Colorit, welches mir denn zu ganz vielfachem Vergnügen, bey Recapitulation jenes lieben Tagebuch zu statten kommt.

Dies möge nun hinreichenden theuren Freunden meine Zustände einigermaßen zu vergegenwärtigen, und finden sie sich dadurch zu baldiger Erwiderung bewogen, so wird ich nur immer froher und verpflichteter mich jederzeit nennen und unterzeichnen.

den treu anhänglichsten

Im Garten am Park

J. W. v. Goethe.

Weimar den 28. Juli 1829.


46/27.


An Johann Friedrich Rochlitz

Lassen Sie uns noch immer einige Briefe wechseln! Denn das ist ja der Vortheil einer, nach langen Jahren erneuten, persönlichen Gegenwart, daß, aus der wechselseitigen Erkenntniß der eben obwaltenden besondern Zustände, ein neuer Antheil hervortritt, weil der Geist nunmehr erfährt wohin er seine Richtung nehmen soll, und das Gemüth sicher ist eine reine Theilnahme werde günstig aufgenommen werden.

[26] In diesem Sinne empfand ich dankbar: daß Sie mir die Stellen bezeichnen wollen welche Sie in den neuen Wanderjahren sich angeeignet. Eine Arbeit wie diese, die sich selbst als collectiv ankündiget, indem sie gewissermaßen nur zum Verband der disparatesten Einzelheiten unternommen zu seyn scheint, erlaubt, ja fordert mehr als eine andere daß jeder sich zueigne was ihm gemäß ist, was in seiner Lage zur Beherzigung aufrief und sich harmonisch wohltätig erweisen mochte.

Wenn ich daher die von Ihnen, mein Theuerster, angedeuteten Stellen wieder aufschlug, war es eine angenehme Unterhaltung mit einem abwesenden Freunde, wo ich , in Spiegelung und Wiederschein, gleiche Gesinnung, gleiches Bestreben, zu eigner Bestärkung gewahrte. Denn das darf ich wohl sagen: was ich in meinen Schriften niedergelegt habe ist für mich kein Vergangenes, sondern ich seh es, wenn es mir wieder vor Augen kommt, als ein Fortwirkendes an, und die Probleme, die hie und da unaufgelößt liegen, beschäftigen mich immerfort, in der Hoffnung daß, im Reiche der Natur und Sitten, dem treuen Forscher noch gar manches kann offenbar werden.

Daß Sie die weimarischen Zustände, und darin auch das Nächste, was sich auf mich bezieht, konnten gewahr werden, und zwar mit Ihrer so rein-sinnigen als lebhaft-ergreifenden Beobachtungsgabe, ist, ganz ohne Frage, ein vielfaches Eingreifen in die Glieder[27] einer, sonderbar genug verschränkten socialen Kette. Erhalten Sie sich und uns das dabey gewonnene werthe Verhältniß. Alle die sich gleichzeitig heranbildeten haben Ursache sich zusammen- und ihren Kreis gewissermaßen geschlossen zu halten; die Nachkommenden wollen vielleicht was besseres, gewiß aber etwas anderes.

In treuem Verharren,

Im Garten am Park

J. W. v. Goethe.

Weimar den 28. Juli 1829.


46/28.


An Johann Christian Friedrich Körner

Ew. Wohlgeboren

ersuche durch Gegenwärtiges an der Fassung der beiden für mich gefällig zu besorgenden Prismen Charniere dergestalt anzubringen daß man sie auch vertikal stellen kann, welches bey verschiedenen Versuchen nothwendig und vortheilhaft ist. Das Übrige Ihrer bekannten Thätigkeit und Geschicklichkeit überlassend

ergebenst

Weimar den 29. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


46/29.


An Joseph Carl Stieler

[30. Juli 1829.]

Indem ich Nachstehendes absende, ergreife die Gelegenheit eine Bemerkung mitzutheilen, welche mir[28] diese Tage gar freundlich entgegen kam; ich fand nämlich daß man für eine bedeutende Gabe erst nach einiger Zeit würdig danken könne. Das Bild, welches Ihro Majestät Gnade und Ihrer Sorgfalt zu danken habe, wächst jetzo, da es in dem Zimmern meiner Tochter aufgehängt ist, gleichsam an Werth, indem sich jedermann daran erfreut und die Meinigen es als ein Capital ansehen können, von dem sie, für ewige Zeiten, für sich und andere die erfreulichsten Zinsen an Erinnerung, Wohlbehagen und Dankbarkeit zu gewinnen im Fall seyn werden.

Das Bild der Frau von Heygendorf, wie man Ihnen gewiß schon gemeldet hat, ist nicht mit geringerer Theilnahme empfangen worden. Ich behielt es einige Tage im Hause, zu meiner und der nächsten Freunde größter Vergnüglichkeit, doch wurden die Wallfahrten dazu in dem Grade häufig, daß ich das herrliche Kunstwerk, obwohl ungern, in's Museum senden und einer öffentlichen Beschauung widmen mußte. Wir wollen es wie es ist gerne gelten lassen, denn es bleibt eine glückliche Conception und eine vollkommen gleiche harmonische Ausführung. Auch für dieses Denkmal Ihres hiesigen erfolgreichen Aufenthaltes danke zum allerschönsten.

Die vielfachsten Grüße von den Meinigen und Nächsten hab ich zu entrichten; mich bitte überall wie es sich schicken und ziemen will bestens zu empfehlen. Herrn Dr. Gruithuisen bitte besonders für die Sendung[29] seiner reichhaltigen Hefte zu danken, man wird dadurch, wär es auch mit Widerwillen, in die Höhen, Tiefen und Breiten der Natur genöthigt.

Wäre Herr v. Martius zu bewegen, daß er einen längst an ihn ergangenen Wunsch erfüllen möchte, so wünschte ich ihm auch bestens empfohlen zu seyn.

Herrn Rauch, den Sie das Glück haben zu besitzen, lassen Sie nicht ohne das freundlichste Wort von mir

dem treu anhänglichen

Weimar den 28. Juli 1829.

J. W. v. Goethe.


So eben vernehme von Herrn Geh. Rath v. Müller, daß ich von Herrn v. Klenze eine angenehme Sendung zu erwarten habe, danken Sie vorläufig auf das verbindlichste; alles ist mir höchst willkommen was mich mit der großen Thätigkeit Münchens einigermaßen in Bezug setzt.


Mit Vergnügen habe zu vermelden daß das optische Instrument glücklich angelangt ist und von der künstlerischen Sorgfalt des Verfertigers das beste Zeugniß gibt. Es ist nicht allein in der Hauptsache dem früheren vollkommen gleich, sondern es sind auch die angebrachten Veränderungen wahrhafte Verbesserungen. Die Eleganz der Arbeit ist lobenswürdig, indem sie nur das Nothwendige in ein besseres Licht setzt.

Auch waren alle Theile sorgfältig in der Kiste befestigt und die einzelnen Leistchen, außer dem Leim,[30] mit Stiftchen versehen; nur bey den abgeschärften Stücken, welche den Spiegel trugen, hatte man sich auf die Haltbarkeit des Leims verlassen und die Stiftchen nicht angewendet, ein solches Leistchen jedoch war abgesprungen und der Spiegel heruntergefallen, deshalb denn auch, da vor der Eröffnung in dem Kasten etwas klapperte, man einigermaßen in Sorgen war.

Glücklicherweise jedoch ist durch Zufall nicht der mindeste Schade geschehen, nichts ist verborgen, oder angerieben worden, und ich würde davon gar keine Meldung thun, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß dem sorgfältigen Künstler selbst durch diese Bemerkungen einiger Gefalle geschähe. Da weder Brief noch Rechnung beylag, so wartete ich eine kurze Zeit, wünsche aber für diese schöne Arbeit schuldig geworden, welches alsobald abzutragen bereit bin.


46/30.


An Heinrich Mylius

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

danke verpflichtet für die Einleitung des kleinen Geschäfts, womit Sie zu belästigen ich mir die Freyheit genommen. Die Kiste mit Mineralien ist glücklich angelangt und ich habe alle Ursache mit dem Inhalt zufrieden zu seyn. Meinen verpflichteten Dank an Herrn Cattaneo versuche in beyliegendem Schreiben[31] auszudrücken, welches demselben freundlichst zu überreichen bitte. Auch an Herrn de Cristofori liegt ein Blättchen bey, ich wünsche mit ihm in einiger Connexionen zu bleiben.

Angenehm war es mir zu vernehmen daß die, für Ihre Frau Gemahlin intentionirte Sendung der ersten Lieferung meiner Werke endlich auch Ihnen zu Handen gekommen ist. Ich würde die übrigen vier Lieferungen auch sehr gern überschicken wenn Sie mir andeuten wollten, wie es einzurichten daß sie schneller und gewisser zu Ihnen gelangten. Die Firma Gruber zu Lindau wird ja wohl hiezu die besten Mittel in Händen haben.

Dem jungen Schnauß, dessen Persönlichkeit mir bey'm Abschiede recht wohl gefallen, kann es unter einer so sichern Leitung nicht anders als wohlgelingen, wozu ich ihm Gesundheit und Ausdauer von Herzen wünsche. Hochdenenselben und Ihrer Frau Gemahlin bestens mich empfehlend darf ich ja wohl den Namen Carl August, in welchem wir denn doch eigentlich vereinigt sind, nochmals aussprechen; es ist nun schon ein Jahr daß wir ihn vermissen, an dessen Schluß wir jedoch, zu unsrer Beruhigung, und gewiß auch zu Freude und Trost theilnehmender Freunde sagen und bekennen dürfen: dasjenige, was er so großartig eingeleitet, werde, mit aller Anerkennung, in sichern, zum Zweck führenden Schritten, weiter bewegt, so wie das Bestehende aufrecht gehalten.

[32] Meine besten Grüße mögen, wünsche ich, zu Herrn Manzoni gelangen, dessen Andenken als eines, der italienischen Literatur auf eine neue Weise vorleuchtenden Mannes, auch uns Deutschen immer werth und theuer bleibt.

Ich hoffe es wird geneigt gebilligt werden, daß ich beykommende Briefe ungesiegelt gelassen; es geschah um gegenwärtige Sendung nicht noch mehr zu beschweren.

Weimar den 31. Juli 1829.


46/31.


An Gaëtano Cattaneo

Aprés la grande perte qu'il nous fallut essayer il y a un an, il me reste la consolation la plus douce de voir que les personnes attachees sincerement au Prince unique mon maitre cheri, me conservent encore qulque part a leur affections amicales.

C'est ce que je sens, Monsieur, en lisant Votre lettre interessante, qui m'instruit des soins que Vous aves bien voulu prendre pour me procurer des mineraux ultramontains, dont j'avois desiré la connoissance et dont l'envoi a parfaitement bien reussi.

Vous me rendes par cela, Monsieur, un Service bien essentiel, car les details de la nature immense restent toujours l'objet de mes plus cheres etudes; et comme a mon age il ne m'est plus permis de les[33] contempler a leur place native il faut bien que des echantillons instructivs me soit tres bien venus.

Acceptés donc mes remerciments les plus sincères et soyes persuadé que la vue de ces objets interessans me rappellera toujours Vos bontés que prie de continuer

Monsieur

a Votre tres humble

et tres obligé Serviteur

Weimar Ce 31. Juilliet 1829.

J. W. v. Goethe.


46/32.


An Giuseppe de Cristofori

[Concept.]

Monsieur

Je ne manque pas de Vous informer tout de suite de l'heureux arrivée de la caisse aux minéraux italiens que avez bien voulu m'envoyer à la demande de Messrs. Mylius et Cattaneo. Le contenu s'est trouvé en bon état, et j'ai raison d'être assez satisfait de cet envoi.

Je le ferai voir incessement aux amis de la mineralogie, en les invitant de cultiver la connexion établie; ce que je me propose aussi de faire, après avoir pensé sur ce a qui me seroit le plus desiderable de posseder par Votre entremise.

C'est donc en Vous remerciant, Monsieur, des pieces interessantes que Vous avez bien voulu ajouter[34] gratuitement à l'envoi, que je souhaite la meilleur succés a Vos entreprises et que je me souscris

Weimar le 31. Juillet 1829.

Monsieur.


46/33.


An Friedrich Jacob Soret

Das liebe Schreiben, mein Theuerster, kommt gerade zur rechten Zeit, denn gestern beklagte ich gemeinschaftlich mit Ottilien, Sie diese Zeit über nicht gesehen zu haben. Führen Sie mir ja den lieben Prinzen zwischen 5 und 6 Uhr zu, es wird schon allzufrüh Nacht.

Das geognostische Musterstück bin ich verlangend zu sehen; indessen habe mit Vergnügen zu vermelden daß Keferstein in Halle, in seinen Bemerkungen auf einer geognostischen Reise im Sommer 1828, sich, nach seiner ruhigen Art, gegen das Heben und Schieben, Brennen und Sengen deutlich erklärt und bey einer ruhigern, menschenverständlichern Ansicht treu und fest hält.

Mehreres und Manches heute Abend; vorläufig meine besten Empfehlungen dem lieben Prinzen. Leider ist das Harzmodell noch nicht angekommen.

treu angehörig

Weimar den 1. August 1829.

J. W. v. Goethe.[35]


46/34.


An Johann Peter Eckermann

Das hiebey zurückkehrende Gedicht werden, dünkt mich, der Abgebildete so wie der Besteller und Bildner, Verwandte und Bekannte, Mit- und Nachlebende nach Würden zu schätzen wissen und die darin herrschende, das poetische Verdienst erhöhende eindringliche Neigung dankbarlichst anerkennen. Gelingt Ihnen, mein Werthester, wie nicht zu zweifeln ist, auch noch in dem übrigen gleich anmuthig zu seyn; so wird sich Ihr Unternehmen eines allseitigen Beyfalls gewiß zu erfreuen haben.

Da Ihnen Ihre Abgesondertheit in solchem Grade wohlthätig zu wirken scheint, so setzen Sie dieselbe, nach Maßgabe Ihres Gefühls ruhig fort. Vielleicht schließt sich, durch Vollendung Ihres Gedichts, eine Epoche und Sie mögen mir es selbst überbringen. Sie werden mir jederzeit willkommen seyn und ich hoffe Sie noch mit den besten Artischocken bewirthen zu können.

Mit unsern Berliner Almanachs-Freunden stehen wir folgendermaßen: sie haben mir durch Zelter gemeldet daß sie den ersten Bogen offen gelassen und den Druck mit dem zweyten angefangen haben. Es bleibt also noch etwas Zeit; ich habe unter meinen Sachen nichts einigermaßen von Gestalt und Folge als die Chinesischen Jahrszeiten; diese denk ich[36] diesem Zweck zu widmen und wünsche noch soviel Frist um einiges einzuschalten, denn bisher sah es gar zu lückenhaft und sprungartig aus, und wird mehr oder weniger so bleiben. Schreiben Sie dieses nach Berlin, lassen Sie sich den letzten Termin melden, wenn das Manuscript dort seyn muß, und wir schicken es alsdenn ab so es gekommen ist.

Mit meinen Arbeiten bin ich indessen auch vorgerückt, wovon manches mitzutheilen seyn wird; auch mir ist die Einsamkeit hinter dem Regengitter ganz vortheilhaft.

Soviel für dießmal in Hoffnung baldigen Wiedersehns.

in treuer Gesinnung verharrend

Weimar den 2. August 1829.

J. W. v. G.


46/35.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

für das übersendete Heft zum schönsten dankend füge die Versicherung hinzu daß es mir und den Meinigen sehr angenehm seyn würde wenn Sie auch das nächste Mal Herrn Robinson hierher begleiten und zu einem verlängerten Aufenthalt desselben mit sämmtlichen Theilnehmenden davon Freude und Nutzen haben würden.

Weimar den 5. August 1829.[37]


46/36.


An Johann Georg Lenz?

[Concept.]

Wohlgeborner

Hochgeehrtester Herr.

Es hat der Besitzer der, zu dem hiesigen Vogelschießen anher zu bringenden, Menagerie von reißenden und andern Thieren allhier angezeigt: es sey ihm unterwegs ein männliches Beutelthier todt gegangen; er habe solches in ein zweyeimeriges Faß mit Brandtewein eingelegt und dasselbe bey Herrn Bergrath Lenz in Jena niedergestellt, in Hoffnung daß solches angeschafft und zu den dortigen Sammlungen benutzt werden möge.

Da man nun geneigt ist den angebotenen Handel mit ihm abzuschließen, so ersuche Dieselben hiemit, baldigst anzuzeigen ob diese Ablieferung wirklich geschehen und wo gemeldetes Gefäß niedergesetzt worden.

Vorbehältlich weiterer Anordnungen, mit den freundlichsten Grüßen und Wünschen.

Weimar den 6. August 1829.


46/37.


An Heinrich Ludwig Friedrich Schrön

[Concept.]

Es sollte mir angenehm seyn den, hier beykommend, graphisch dargestellten Barometer-Stand von Brzezina,[38] auf die drey Monate October, November, December v. J., mit den unsrigen graphisch parallelisirt zu sehen.

Weimar den 6. August 1829.


46/38.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht an Herrn Hofmaler Stieler zu München die Summe von

sechs und dreysig Gulden

gegen Quittung für meine Rechnung gefällig auszahlen zu lassen und sich hiebey alsbaldiger Rückzahlung versichert zu halten.

Weimar den 6. August 1829.


46/39.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie wohl, mein Werthester, Beykommendem einige Aufmerksamkeit widmen, besonders aber meine Correcturen inwiefern sie zufällig sind beobachten.

Mit den besten Wünschen und Grüßen.

Weimar den 6. August 1829.

G.[39]


46/40.


An die Großherzogin Louise

[Concept.]

[Etwa 8. August 1829.]

Ew. Königlichen Hoheit sende schuldigst hiermit die beiden Claude Lorrains zurück und habe zunächst verpflichtet für das dritte Blatt zu danken welches auszuwählen mir gnädigst gegönnt war; es wird immer schöner und vorzüglicher je länger man es betrachtet.

Sodann verfehle nicht von dem verdienten Künstler Piringer einige Nachricht beyzulegen. Man wird auf seine früheren Arbeiten künftig nur um desto aufmerksamer seyn.

Eine zweyte Beylage ausgezogen aus des Duc de St. Simon neuster Ausgabe ist zwar keineswegs tröstlich aber leider merkwürdig genug; wir sehen daraus daß zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine eben so unerfreuliche Witterungsepoche eintrat als die ist unter der wir jetzo leiden. Möge diese nicht wie jene sich durch fernere Jahre durchziehen und wir [uns] bald wieder unserer verschiedenen Tages- und Jahreszeiten, wie wir sie sonst abgegränzt wußten und genossen, auch zunächst wieder regelmäßig erfreuen.

Daß ich nicht zugleich die mir anvertraute Medaille in dem Augenblick wieder erstatten kann, muß beschämt um Verzeihung bitten. Es hat sich das Kästchen bey meinem Umzug in den Garten, auf eine[40] unbegreifliche Weise, leider, irgendwo untergeschoben. Gegenwärtige Sendung habe deshalb nicht aufhalten wollen, bin aber gewiß auch jenes Verirrte auf das baldigste nachbringen zu können.


46/41.


An Angelika Facius

[Concept.]

Für die mir zugesendete Medaille schönstens dankend, zu dem verdienten Beyfall, dem ich mich anschließe, herzlich Glück wünschend, erwidere ich Ihr zutrauliches Schreiben, meine Liebe, wie nachsteht:

Ich würde rathen, in dem Basrelief, das Sie vorhaben, im idyllischen Sinne eine glückliche Familie vorzustellen; Vater, Mutter, Söhne, Töchter in verschiedenen Altern und Charakteren mit einer ideellen Familienähnlichkeit. Die Motive hiezu haben Sie hundertfach und hundertmal gesehen, es kommt nun drauf [an] daß Sie solche wieder bey sich zu beleben und die zweckdienstlichen auszuwählen wissen.

Gedenken Sie sich im Engeren zusammenzufassen so würde ich rathen den Raum einer Lünette zu wählen, wo nicht die längliche Form eines Frieses. Möge Ihnen der gute Geist und ein frauenzimmerliches Gefühl hiebey zu statten kommen.

Was die Medaille betrifft so ist darüber nachzudenken; ich verspreche zunächst auch hierüber meine[41] Gedanken zu freundlicher Überlegung und allenfallsiger Befolgung.

Möge Ihrem schönen, durch anhaltenden Fleiß sich immer ausbildenden Talent alles zu Gute kommen.


[Beilage.]

Unterzeichneter wünscht:

Zwey Exemplare der Medaille des höchstseligen Großherzogs von Weimar, von Angelika Facius.

Ein Exemplar der Medaille auf die Vermählung des Prinzen Wilhelm mit Prinzeß Auguste.

Zwey Exemplare der Vermählungs-Medaille des Prinzen Carl mit Prinzeß Marie von Sachsen-Weimar.

Sämmtlich in Silber; die gefällig beyzulegende Rechnung soll alsobald berichtigt werden.

Weimar den 9. August 1829.


46/42.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Ich habe dir einen Engländer zugeschickt, welchen du, wenn gleich nicht von jüngsten Jahren, wohl aufnehmen wirst, da er wirklich etwas Enthusiastisches in seiner Natur hat, und eher für ein Italiäner könnte gehalten werden. Es geht etwas bunt zu, doch muß es überstanden seyn.

[42] Versäume nicht Herrn Baron Stackelberg etwas Frühstück vorzusetzen und ein Glas Wein eh ihr nach Tiefurt fahrt, wenn du nicht unten Gelegenheit weißt ihn etwas zu erfrischen, oder laß allenfalls etwas einpacken, wie du es für gut hältst.

Weimar den 11. August 1829.


46/43.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Heute früh wird der merkwürdiger Reisende, Archäolog und Zeichner Baron von Stackelberg Sie auf der Bibliothek besuchen und von Ihnen gewiß, mein Theuerster, wie er es verdient freundlichst aufgenommen werden. Er speist heute Mittag mit uns; wollte Sie von der Partie seyn so sind Sie freundlichst eingeladen. Er hat die merkwürdigen Nachbildungen der Gräber von Corneto bey sich, welche anzusehen höchst interessant ist.

Das Beste wünschend

Weimar den 11. August 1829.

G.


46/44.


An Anton von Ziegesar

Hochwohlgeborner Freyherr,

Insonders hochgeehrtester Herr.

Ew. Hochwohlgeboren ist die Theilnahme bekannt, womit ich schon seit so vielen Jahren der Stadt und Akademie Jena zugethan bin und welche Neigung[43] mich an die Personen dieses Ortes und der Nachbarschaft fesselt. Dieselben werden daher gar wohl ermessen wie angenehm es mir seyn mußte daß zu Ihren bisherigen Pflichten und Einwirkungen sich noch ein ferneres Verhältniß von so großer Bedeutung angeschlossen hat.

Wie sich Ew. Hochwohlgeboren nun eben so für den ganzen Zustand als für das Einzelne interessiren so kann ich wohl versichert seyn daß Sie auch denjenigen Wirkungen die mir drüben noch vergönnt sind eine geneigte Aufmerksamkeit schenken und zur Förderniß derselben wohlwollend beytragen werden.

In Hoffnung bald mündlich meine Anhänglichkeit versichern zu können, nenne mich mit ausgezeichneter Hochachtung und aufrichtigem Zutrauen.

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamsten Diener

Weimar den 12. August 1829.

J. W. v. Goethe.


46/45.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Mögen Sie wohl, mein Werthester, Herrn Professor Göttling freundlich anregen daß mein Manuscript bald herüber kommt; die Augsburger fangen andringend zu werden, Michaelis ist vor der Thür.

Mit den besten Wünschen.

ergebenst

Weimar den 12. August 1829.

J. W. v. Goethe.[44]


46/46.


An Friedrich Wilhelm Riemer

In beykommendem Fascikel, dem römischen Juni gewidmet, wären nur die letzten Blätter zu beachten die von den päbstlichen Teppichen obwohl allzulakonisch handeln.

Mögen Sie alsdann den beyliegenden kleinen Gedichten einige Aufmerksamkeit schenken, welche ich auf Zelters Vorsprache dem Berliner Almanach widme. Besonders empfehle die Interpunction. Morgen Abend das Weitere.

Mit den besten Grüßen und Wünschen

Weimar den 13. August 1829.

G.


46/47.


An Carl Friedrich Zelter

Hier sende den Beytrag zu dem Berliner Musenalmanach; auf dein Vorwort durft ich nicht prachern. Sie haben den ersten Bogen leer gelassen und hier ist Materie 16 Seiten zu benutzen.

Möge dir auch in diesen Blättern Scherz und Ernst einige Freunde machen, den jungen Leuten und ihren Lottchens Glück bringen. Gib den Brief sogleich ab, denn sie sind im Gedräng zwischen Setzer und Verleger, wie es uns andern Autoren öfters begegnet; auch ich habe auf Michael noch zu liefern,[45] was ich viel lieber bis Ostern verschöbe, und vielleicht gar nicht leistete, wenn ich nicht gedrängt würde.

Deshalb erbitte mir noch acht bis vierzehn Tage, zum Dank und Erwiderung deiner lieben mannichfaltigen Blätter. Frau von Wahl wird wohl empfangen werden; sind die Tage leidlich so seh ich sie im Garten, bey ungünstigem Wetter in der Stadt.

Meine ländliche Einsamkeit, die mich freylich vor mancherlei unabwendbarem Zudrang nicht schützt, fruchtet indessen doch manches. Wie gesagt in 14 Tagen das Mehrere.

Die Zeitungsnachricht deines Besuchs in Halle hat, ich muß es gestehen, Fräulein Ulrike am lebhaftesten aufgenommen und deine Hierherkunft bey dieser Gelegenheit am sichersten erwartet und vorausgesetzt. Ich begriff nicht recht was du in diesem Elbgetöse zu thun haben möchtest, ließ es aber geschehen und freute mich im Stillen deiner allenfallsigen Hierherkunft.

Unsern polnischen von Madame Szymanowska empfohlenen Poeten haben wir zu früh getadelt, er ist noch nicht hier durch; ein Russe war's den wir mit ihm verwechselten.

Ich hoffe zu Michael habt ihr die sechs Bändchen der Correspondenz und wünsche daß du diese drey letzten auf einmal und hinter einander lesest. Traurigerweise verliert sich diese bedeutende freundschaftliche Unterhaltung zuletzt wie der Rhein und doch mußte auch dieses mitgetheilt und dargestellt werden.

[46] Die Lieferung meiner Schriften zu Michael enthält 1) meines Lebens 3. Band. 2) Reise nach Italien, erster Aufenthalt in Rom. 3) Neapel und Sicilien. 4) Zweyter Aufenthalt in Rom. 5) Campagne in Frankreich und Belagerung von Maynz. Bey No. 4, als ich diese Tage die Aushängebogen erhielt, mußte ich wirklich lächeln; ich fand die Orgel sehr gescholten, in dem Augenblicke da du, bey Gelegenheit des Harlemer Kupferstichs, von deiner Seite diesen Kirchen- und Gemeinde-Tyrannen, wie billig, sehr hoch erhebst.

unwandelbar

Weimar den 15. August 1829.

J. W. v. Goethe.


46/48.


An Christian Keferstein

Ew. Wohlgeboren

haben mir bey dem Beginn Ihres bedeutenden Werkes einigen Einfluß auf die Färbung der beygefügten Charten gegönnt, nicht weniger, durch Mittheilung sämmtlicher Hefte, meine Interesse daran zu erhalten gewußt. Schon längst gedacht ich Dank und Anerkennung dafür auszusprechen, wozu ich nun durch das zweyte Heft des VI. Bandes besonders aufgefordert werde. Ich enthalte mich nicht zu versichern: daß mir besonders folgende Seiten viel Vergnügen gemacht haben: 189. 218. 226. 248. 249. 260. 271. 315. 316. 317.

[47] Sie verstehen was ich hiedurch gesagt haben will und überzeugen sich: daß ich es für bedeutend halte, in unseren wunderlich hypothetischen Tagen einen klaren Blick und reinen Sinn so entschieden ausgesprochen zu sehen. Halten Sie sich des Beyfalls aller derjenigen versichert, welche vom Strome des Augenblicks nicht fortgerissen werden.

In vorzüglichster Hochachtung

und mit aufrichtigsten Wünschen,

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar d. 15. August 1829.

J. W. v. Goethe.


46/49.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Heute muß ich Ihnen, mein Theuerster, in Vertrauen eröffnen, daß ich wegen Ausbleiben des Manuscripts in großer Verlegenheit bin: heute sollte es dorthin abgehen, Michael ruckt heran und die Augsburger mahnen dringend. Suchen Sie auf eine freundliche Weise möglich zu machen daß es mit der nächsten fahrenden Post herüberkommt; es thut mir leid dem werthen und gefälligen Manne so unbequem zu seyn.

Mit den treusten Wünschen.

Weimar den 15. August 1829.

J. W. v. Goethe.[48]


46/50.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie, mein Werthester, heute um Ein Uhr, in der Stadt, zu mir kommen und mit mir speisen, so geschieht mir ein besonderer Gefalle. Wir berichtigten noch einiges in den ersten sieben Monaten, die ich noch einiges vorzuzeigen und zu besprechen.

treulichst

W. den 18. August 1829.

G.


46/51.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe durch Gegenwärtiges zu vermelden, daß die erste und wahrscheinlich größte Hälfte, durch die fahrende Post, heute an Sie abgeht, wovon guten Empfang wünsche. Die zweyte soll nächstens erfolgen.

Zugleich habe anzuzeigen daß die unter dem 23. Juli angekündigte Sendung Aushängebogen seiner Zeit wohl angekommen da ich denn deren Fortsetzung auch für die Folge ununterbrochen entgegen sehen kann.

Wegen der Rücksendung der Originalien werde mich also mit Herrn v. Cotta zu benehmen haben.

Der ich mit den besten Wünschen und im Vertrauen auf Dero weitere fortgesetzte Aufmerksamkeit,[49] die Sie bisher unserm Geschäft gegönnt, mich hochachtungsvoll unterzeichne.

Weimar den 19. August. 1829.


46/52.


An Christian Heinrich Keitel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

bleibe verpflichtet für die gefällige Spedition eines Kästchen, welches meinem verehrten Freunde in Moskau glücklich zu Handen wünsche; haben Sie die Güte mir wegen des allenfallsigen Weiteren unschwer gefällige Nachricht zu geben.

Die 3 rh. 15 Groschen sächsisch gehen mit der fahrenden Post an Dieselben ab, wovon guten Empfang hoffe.

Mich bestens zu theilnehmendem Andenken empfehlend.

Weimar den 19. August 1829.


46/53.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht: Unterzeichneten achtzehn vollwichtige Ducaten nebst alsobald zu bezahlender Berechnung gefällig zukommen zu lassen.

Weimar den 19. August 1829.[50]


46/54.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Ich finde sachgemäß den Auszug aus beykommendem Werklein von Moritz zwischen die übrigen Relationen einzuschalten, da es in Rom aus unsern Gesprächen entsprungen ist, und, in der Folge, wo nicht auf's Publicum selbst Einfluß gehabt hat, doch das Fundament unsrer nachher mehr entwickelten Denkart geblieben ist. Sehen Sie es gefällig an; wir sprechen Freytag darüber das Weitere.

Weimar den 19. August 1829.

G.


46/55.


An Johann Heinrich Meyer

Glück auf! zur Wiederkehr! und daß Sie, mein Theuerster, den heutigen Tag nicht noch unterwegs zubringen. Lassen Sie uns bessere Stunden erwarten, um hieraußen, oder in der Stadt zusammenzukommen. Vor allen Dingen sey das Nothwendigste schriftlich ausgesprochen. Die (wahrscheinlich) Zinnstufe, so wie die Nadeln behalten Sie bey sich bis ich hineinkomme und sie dort in Empfang nehme.

Sodann eine Anfrage:

1) Wie hieß der Palast in Neapel in dessen Hof die Statue stand die uns nachher angeboten wurde; es war auch daselbst ein kolossaler Pferdekopf von Bronze zu sehen.

[51] 2) In welchem Zimmer und in welcher Gesellschaft steht sie jetzt im Vatikan?

3) In welche Epoche des Alterthums kann man sie wahrscheinlich rechnen?

Bitte hierüber um Aufklärung, damit ich noch einige Lücken in meinem Relationen von der damaligen Zeit ausfüllen kann.

Und lassen Sie uns von diesem und jenem Vorkommenden in schriftliche Unterhaltung treten.

In Hoffnung die Cur werde Ihnen nach Wunsch wohlbekommen seyn, und das Wetter uns eine freundliche Annäherung erlauben

treu verbunden

Weimar den 20. August 1829.

G.


46/56.


An Ottilie von Goethe

Himmel und Erde vermischt sich heute auf eine unfreundliche Weise, deshalb man wohl in schriftliche Communication treten muß.

1) Wollt ich fragen ob du mit dem Polen wegen des Porträtirens gesprochen hast? Da ich denn zwischen ihm und Schmellern die nöthige Einleitung besorgen werde.

2) Gedenke ich das Profilbild des Herrn Robinson, im Rahmen, wie es ist, an Knebel zu schicken, damit er den Freund gleich an die Wand hängen kann. Ich[52] wünschte aber daß du den Brief dazu schriebest, und einen solchen fertig machtest um bis Sonnabend mit den Boten abzugehen. John sollte bey Zeiten anfragen und das Übrige besorgen.

Hofrath Meyer ist wieder angekommen, doch werden wir bey diesem Wetter eine Begrüßung verschieben müssen. Und so lebe denn indessen wohl, in Hoffnung heiterer Tage. Das Barometer steht so tief daß es nicht lange da verharren kann.

Lebe und liebe!

Weimar den 20. August 1829.

G.


46/57.


An Carl Friedrich Zelter

Dein munteres Weibchen, Tochter und italiänischer Begleiter sind endlich angekommen und freundlich empfangen worden. Den ersten Tag gaben meine Kinder ihr ein geselliges Gastmahl, dem Frau Gräfin Henckel, von Frorieps zu vieren und sonst gute Leute beywohnten und wo es, wie ich höre, ganz munter zugegangen ist. Den folgenden Morgen hatte ich mich auf ein sentimental-joviales Frühstück im Garten eingerichtet, welches durch das gräßliche Wetter ge- und zerstört wurde. Ich fuhr deshalb hinein und fand sie und mehrere Personen bey meinen Kindern, wo man denn freylich im Cirkel saß und nicht warm wurde. Ich fuhr gleich wieder hinaus und mußte ihr[53] also gleich zum Willkommen ein Lebewohl sagen. Mein Enkel Wolf hat der Tochter die Cour gemacht und von ihr einen Goldrudel zum Geschenk bekommen. Du siehst wie eilig die Generation einander die Pantoffeln austreten.

Zu gleicher Zeit war ein Engländer bey uns, der zu Anfang des Jahrhunderts in Jena studirt hatte und seit der Zeit der deutschen Literatur gefolgt war, auf eine Weise von der man sich gar keinen Begriff machen konnte. Er war so recht in merita causae unsrer Zustände initiirt, daß ich ihm, wenn ich auch gewollt hätte, und wie man wohl gegen Fremde zu thun pflegt, keinen blauen phraseologischen Dunst vor die Augen bringen durfte. Aus seiner Unterhaltung ging hervor, daß, seit diesen 20 Jahren und drüber, sehr gebildete Engländer nach Deutschland gekommen sind und sich von den Persönlichkeiten, ästhetischen und moralischen Verhältnissen unserer, jetzt Vorfahren zu nennenden Männer genau unterrichteten. Von Klopstocks Verknöcherung erzählte er wundersame Dinge.

Sodann zeigte er sich als einen Missionair der englischen Literatur, las mir und meiner Tochter zusammen und einzeln Gedichte vor. Byrons Himmel und Erde war mir höchst angenehm mit Auge und Ohr zu vernehmen, da ich ein zweytes Exemplar in der Hand hatte. Zuletzt machte er mich noch auf Miltons Samson aufmerksam und las ihn mit mir.[54] Es ist merkwürdig hier den Ahnherrn Byrons kennen zu lernen; er ist so grandios und umsichtig wie der Genannte, aber freylich geht der Enkel schon in's Gränzenlose, in's wunderlichst Mannichfaltige, wo jener einfach und stattlich erscheint.

Nun eben läßt sich unser polnische Dichter melden; einige Tage früher wär' er zu jener Gesellschaft willkommen gewesen; jetzt muß ich ihn wieder einzeln honoriren und das wird denn zuletzt sehr schwer, bey nahe unmöglich.

Meinen zweyten Aufenthalt in Rom, dem ich den 29. Band widme, habe ich möglichst ausgestattet, und ich hätte das Doppelte thun können ohne das unaufhörliche Hin- und Herzerren, von guten lieben Fremden, die nichts bringen und nichts holen.

Laß dich aber durch diese Jeremiade nicht abhalten manchmal jemanden ein Brieflein mitzugeben denn aus dem Mißbehagen eines Augenblicks steigt denn doch oft eine hübsche Betrachtung hervor. So war es wirklich höchst merkwürdig auf den scheidenden Engländer den ankommenden Polen zu beschauen und zu beobachten; ich habe nicht leicht einen größern Contrast gesehen.

Sollt ich noch auf einige Puncte deiner früheren, oft retardirten Briefe etwas zu erwidern haben, so erinnere dieß freundlich; sie sind mir nicht bey der Hand und ich möchte nicht gern etwas zurücklassen.

[55] Insofern dir nun auch zunächst Thun und Leiden, Wirken und Genießen, Anstrengung und Zerstreuung und wie das alles heißen mag was dich, als Zelter und Berliner, hält und zieht, einigt und sondert pp. es einigermaßen zuläßt, so fahre fort zu schreiben, und bedenke daß ich Euch Band- und Alphabetweise, von meinem Besten, zuschicke, wogegen Ihr Euch denn doch wie der Leviathan verhaltet, von dem geschrieben steht: er verschlingt den Strom und achtet nicht sein!

Am trüben und heitern Tag

treu angehörig

Weimar den 20. August 1829.

G.


46/58.


An Johann Heinrich Meyer

Nachdem ich, mein Werthester, Ihre Beyträge in mein Concept eingeschaltet, schick ich nunmehr das Ganze, mit der Bitte, es durchzusehen. Sie erinnern sich solcher Dinge genauer als ich und finden wohl noch irgend einen bedeutenden Zug der das Ganze mehr charakterisirt und bedeutender macht. Leider mußte ich die erste Hälfte dieses Bandes abschicken ohne über Einiges gleicherweise Ihres Rathes genießen zu können.

Es thut mir sehr leid daß Sie von der neuen Abänderung des Saales so übel empfangen worden, da wir aber auf mancherlei Weise aus unserer Assiette gerückt werden, so bleibt nichts übrig als sich möglichst[56] zu helfen. Sprechen Sie doch mit Baurath Steiner daß er deshalb Vorsehung treffe.

Schuchardt scheint sich in Dresden recht gut benommen zu haben; er hat einige Blätter, Zeichnungen und Kupferstiche, mitgebracht worunter sich manches Gute befindet.

Mit dem Wunsch baldigen Zusammentreffens.

treu verbunden

Weimar den 21. August 1829.

Goethe.


46/59.


An Johann Heinrich Meyer

Noch eine Anfrage:

Mögen Sie mir ohne Beschwer einige gute Worte sagen, über das Raphaelische Bild auf der Akademie St. Luca. Ich muß dessen erwähnen und habe kaum eine Spur desselben im Gedächtniß.

Das Beste wünschend.

Weimar den 21. August 1829.

G.


46/60.


An Conrad Fischer

Herr Hofgärtner Fischer würde Unterzeichnetem eine Gefälligkeit erweisen, wenn er drey bis vier Ricinus-Körner in einen Blumentopf mit guter Erde legen, solche mit gehöriger Wärme antreiben und, wenn die[57] Pflanzen ungefähr einen Finger lang sind, mich davon benachrichtigen wollte.

Weimar den 21. August 1829.

J. W. v. Goethe.


46/61.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein Theuerster, abermals einige Concepte; es werden darin drey Puncte verhandelt, welchen etwas mehr Ausführlichkeit und Zusammenhang zu wünschen ist.

I. Erzählung von einem römisch-Falkischen Institut.

II. Erwähnung der Wallfahrten zu den sieben Hauptkirchen. Vielleicht erinnern Sie sich der drey die mir noch fehlen und die man auch allenfalls in Büchern aufsuchen kann.

III. Die Largition in der Villa Massimi. Mir ist nicht ganz klar wie sie mit dem Vorhergehenden möchte zusammenzuknüpfen seyn. Auch diese fromme Volkunterhaltung schwebt mir nur dunkler vor; Ihr Gedächtniß, mein Freund, bewahrt wohl noch einiges Detail.

Haben Sie die Geneigtheit diese Blätter durchzulesen und zu überdenken. Morgen Sonntags um 12 Uhr komm ich bey Ihnen angefahren und wir besprechen diese Angelegenheit, auch sonstiges, und es hängt von Ihnen ab ob Sie bey uns speisen wollen.

[58] Bald hoff ich diesen zweyten Aufenthalt in Rom loszuseyn; die Hälfte ist schon fort, bey welcher mir Ihr Beystand sehr gemangelt hat.

treu anerkennend

Weimar den 22. August 1829.

Goethe.


46/62.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

habe die Unterhaltung mit Herrn Baron von Stackelberg herzlich gegönnt da sie mir so viel Vergnügen und Belehrung gewährt. Sie konnten gleich mit ihm die bedeutendsten Erinnerungen anknüpfen, da ich wirklich einige Zeit brauchte mich zu überzeugen daß es der bedeutende Mann wirklich sey. Ich gestehe gern daß, wenn manche Reisende mich ermüden, mir ein solcher Besuch zur glücklichsten Erholung dient.

Setzen Sie, ich bitte, Ihre so gefühlvolle als gründliche Theilnahme an meinen Arbeiten fort. Hiebey sende die neusten fünf Bändchen die in manchem Sinne Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen; theilweise sogar haben Sie das Manuscript nicht gesehen, deswegen solche Abschnitte um so mehr empfehle.

Auch das Eingeschaltete metallischer Art nehmen Sie geneigt auf und glauben daß meine Dankbarkeit für Ihre geneigte Mitwirkung bey einem, genau besehen,[59] schweren und beschwerlichen Unternehmen, so tief als dauerhaft empfunden ist.

Hochachtungsvoll

ergebenst

Weimar den 22. August 1829.

J. W. v. Goethe.


46/63.


An Johann Michael Färber

[Concept.]

Auf die gethanen Anfragen wird hiedurch folgende Resolution:

1) Den Kenguru wünsche mit der größten Sorgfalt behandelt, dabey aber wird man das Skelett hauptsächlich im Auge haben.

2) Was von den Eingeweiden, den Genitalien und sonst, auch Herz und Lunge, welche verhältnißmäßig klein seyn werden, zu Gute gemacht werden kann, ist in Brandwein aufzubewahren.

3) Was Haut und Fell betrifft, so ist darauf nur insofern zu reflectiren als das Skelett dadurch keinen Schaden leidet.

Ich wünsche daß die Arbeit durch Prosector Schröter, mit Genehmigung des Herrn Professor Dr. Huschke geschehe.

Die Arbeit wird aus der Museumskasse besonders honorirt.


[60] Ein Wagen Schmiedekohlen kann angeschafft und die Quittung zur Autorisation hieher gesendet werden.

Weimar den 22. August 1829.


46/64.


An Ottilie von Goethe

[Concept.]

Ich schicke dir hier ein Heft von wenigen Blättern, wirfst du auch nur einen flüchtigen Blick darauf so wirst du sehen daß Herr David ein in Frankreich angesehner Künstler ist. Er trägt darauf an, meine Büste zu machen und ist durch verschiedene Briefe mir so empfohlen daß ich, so unbequem es mir ist, es nicht werde ablehnen können. Spricht er dir davon, wie wahrscheinlich, so rede nur von den Schwierigkeiten, und wenn er insistirt, so erweise dich geneigt sie überwinden zu helfen.

Um der Sache einiges Geschick zu geben gedenke ich den Ober-Baudirector Coudray dafür zu interessiren, besonders da Kaufmann nicht mehr beysteht, und habe ihn deshalb für heute Mittag zu Tische gebeten. Allein, versteht sich, da wir denn alles bereden können. Weiter wüßte vorerst nichts zu sagen und so lebe wohl und vergnügt Euch gut.

Um 1 Uhr.

Weimar den 24. August 1829.[61]


Nachschrift.

So eben sagt mir John daß Ihr nicht nach Tiefurt fahrt, sondern du heute Abend einen Thee gibst. Ich sende doch Vorstehendes ab, weil du nicht zeitig genug von der Angelegenheit kannst benachrichtigt werden.

Ich brauche dich wohl nicht aufmerksam zu machen auf das seltsam vorgeklebte Gedicht, man sieht nur daraus den wundersamen Zustand der Franzosen und daß sie ihr Heil durchaus wo anders suchen als da wo es zu finden ist, in und bey sich selbst. Merkwürdig ist der französische Poet der den Bildhauer begleitet, ich habe nie ein so krankes Bild gesehen.


46/65.


An Eugen Napoleon Neureuther

Ihre lithographirten Blätter, mein Werthester, haben mir, wie früher die Zeichnungen, viel Vergnügen gemacht, auch zweifle ich nicht, da sie durch die Vervielfältigung sich allgemeiner verbreiten können, an freundlicher Aufnahme.

Wegen der Farbe lassen Sie mich soviel sagen: alle eingegrabenen Striche, Umrisse, Schraffuren, stellen den Schatten vor, so wie alles dasjenige was das Bild herausheben soll. Ist nun die Farbe zu hell, so geht der Zweck verloren und das Bild tritt dem Auge des Beschauers nicht entgegen. Deutlichkeit und Entschiedenheit ist der Vorzug eines Kunstwerks, es[62] sey von welcher Art es wolle; so muß man z.B. die lieblichen Intentionen des Titelblattes erst einzeln aufsuchen, denn das Ganze fällt nicht in's Auge. Eben so wäre der glücklich gerathene Todtentanz auch durch stärkere Farbe deutlicher zu wünschen.

Könnt ich in der Folge einen Abdruck erhalten durchaus mit schwarzer Farbe, so würde mir es angenehm seyn, weil alsdann der Gedanke, durch reine Zeichnung ausgesprochen, in einer gleichen und ungestörten Folge sich hervorzuthun würde.

Weiter wüßt ich nichts zu sagen, da Ihnen, auch auf dem Stein, die glückliche Naivität Ihrer Conceptionen auszudrücken höchst lobenswerth gelungen ist.

Über das Eigenthümliche Ihres schönen Talents ergreif ich Gelegenheit mich ausführlicher vernehmen zu lassen.

Empfehlen Sie mich Herrn Director v. Cornelius zum besten und bleiben meiner aufrichtigsten Theilnahme versichert.

Weimar den 25. August 1829.

J. W. v. Goethe.


46/66.


An Johann Michael Färber

[Concept.]

Herr Professor Wackenröder hat den Wunsch geäußert, zu chemischen Untersuchungen etwas von dem Bol zu erhalten welcher in dem Gestein der Marksuhler Suite sich befindet.

[63] Wenn nun soviel als zu diesem Zwecke nöthig seyn möchte gar wohl zu entbehren scheint ohne die Sammlung zu beeinträchtigen, so hat der Museums-Schreibers Färber dergleichen an denselben abzugeben, dagegen, wenn ein Bedenken obwalten sollte, anher zu berichten.

Wie ich denn auch von acht zu acht Tagen zu erfahren wünsche wie weit man mit der Anatomie des Kenguru vorgeschritten ist und vorschreitet.

Weimar den 25. August 1829.


46/67.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Wollen Sie, mein Werthester, das Beykommende so lange bewahren, bis Sie dem lieben Knaben von dem abgebildeten Pathen und dessen freundlich-treuem Verhältnisse zu den theuern Eltern nähere Kenntniß geben können, so erfüllen Sie einen angelegentlichen Wunsch des Ihnen und den Ihrigen wahrhaft ergebenen.

Weimar den 28. August 1829.


46/68.


An den König Ludwig I. von Bayern

[Concept.]

Ein wahrhaft Königlich Geschenk ist es, welches Allerhöchstdieselben einem, dießmal besonders, für mich[64] höchst ernsten Feste zugedacht. Tret ich vor die unschätzbare Gestalt; so beug ich mich vor der Majestät der Natur und Kunst und bewundere zugleich, ehrfurchtsvoll, eine tief einschauende Königliche Gnade, die den angelegentlichsten Wunsch aus meinem Herzen herauszufinden und mir vor die Augen zu stellen geruhte. Höchst erhebend wäre der Anblick, dränge sich nicht das Gefühl sogleich herbey: der innigste Dank werde vergebens bestrebt seyn eine solche Gunst genugsam zu erwidern.

Gegenwärtiges Wenige sey allergnädigster Nachsicht zutrauensvoll empfohlen; geschrieben eiligst zu überfüllter Stunde, wo ich, von so überschwenglichem Gutem noch nicht erholt, ohne Nachsinnen das vornehme, eigentlich nur die Vergünstigung zu erbitten, nächstens gar manches Weitere in treuster Gesinnung umständlicher auszusprechen.

In gefühltester Verehrung

Ew. Majestät.

Weimar den 29. August 1829.[65]


46/68a.


An Adam Mickiewicz

Herr Mickiewicz ist höflichst ersucht dem Überbringer des Gegenwärtigen, H. Schmeller einige Stunden zu gönnen um das Porträt eines so interessanten Gastes zu nehmen; auch wegen der Zeit mit demselben einige Verabredung zu nehmen.

Hochachtungsvoll

Weimar 30. Aug. 1829.

J. W. v. Goethe.[57]


46/69.


An Sulpiz Boisserée

Unsre wackre gute, uns wahrhaft fehlende Freundin Adele, hatte mir schon gemeldet Sie seyen auf dem Apollinarisberg erwartet, und schon freute ich mich darauf Sie in dem ruhigen abgesonderten Zustand zu[65] begrüßen; nun kommen Sie mir zuvor, weshalb Ihnen zum schönsten soll gedankt seyn.

Zuvörderst aber habe meine Verpflichtung auszusprechen daß Sie über die Wanderjahre ein freundliches Wort sagen wollen. Dem einsichtigen Leser bleibt Ernst und Sorgfalt nicht verborgen, womit ich diesen zweyten Versuch, so disparate Elemente zu vereinigen, angefaßt und durchgeführt, und ich muß mich glücklich schätzen wenn Ihnen ein so bedenkliches Unternehmen einigermaßen gelungen erscheint. Es ist wohl keine Frage daß man das Werk noch reicher ausstatten, lakonisch behandelte Stellen ausführlicher hätte hervorheben können, allein man muß zu endigen wissen; ja dießmal hat mich der Setzer genöthigt abzuschließen, vielleicht zum Vortheil des Ganzen, was gar leicht, wenn man hie und da zu sehr verweilt hätte, lästig geworden wäre, anstatt daß jetzt, wenn ich Ihrem Zeugniß vertraue, Gefühl, Verstand und Einbildungskraft ungenirt ihre Rechte behaupten und abwechselnd, theils einzeln, theils in Gesellschaft sich frey ergehen mögen. An Stoff und Gehalt fehlt es nicht, und ich kann froh seyn daß Sie für die Form ein so rühmliches Gleichniß gefunden haben.

Etwas ähnliches, obgleich zerstückter und nur durch Ort und Tagesreihe verbunden, wird Ihnen im 29. Bande der nächsten Sendung vor die Augen treten; die innern und äußern Ereignisse meines zweyten Aufenthaltes in Rom werden hier aufgezählt und das[66] Ganze erhält vielleicht nur dadurch eine Einheit daß es aus einer Individualität, obgleich in sehr verschiedenen Jahren, lange gehegt, auch wohl Jahre lang beseitigt, endlich hervorgetreten.

treu verbunden

Weimar den 2. September 1829.

Goethe.


46/Nachschrift.

Ich schließe diesen Brief hiermit um zu vermelden daß in diesen Tagen ein Kästchen an Frl. Adele nach Unkel abgeht, worinnen das 2te Heft des VI. Bandes von Kunst und Alterthum für Sie beygepackt ist. Sagen Sie mir dagegen bald wieder ein gutes Wort indessen ich noch manches, was durch Ihren letzten Brief aufgeregt und angedeutet worden, zu erwidern habe.


46/70.


An Johann Friedrich Rochlitz

Die letzten Wochen bin ich, im Drange eigenen Thuns und äußeren Einwirkens, in die Unmöglichkeit verletzt worden mich nach entfernten Freunden umsehen; auch habe deswegen Ihren lieben, mir sehr willkommenen Brief nicht erwidert. Ich möchte Sie ersuchen mit Betrachtungen über die Wandeljahre fortzufahren und mir von dem Einzelnen was besonders auf Sie gewirkt, was ein Weiteres aufgeregt, wo sich's angeschlossen und wie man alle solche gute Folgen[67] nennen möchte, gelegentlich ohnschwer Kenntniß zu geben. Es ist mir dies, wenn es von Freunden geschieht, die größte Belohnung für die Aufmerksamkeit die ich dieser Arbeit gewidmet. Die Umbildung der darin enthaltenen, schon einmal in anderer Form erschienenen Elemente war für mich ein ganz neues Unternehmen, wozu mich nur die Liebe zu einzelnen Theilen, welche, mehr und mehr, auf eine zierliche Weise, einander anzunähern hoffte, bewegen und mich in einer anhaltenden thätigen Aufmerksamkeit freudig erhalten konnte.

Schon werd ich von manchen Seiten her, von zart aufnehmenden Lesern wirklich auf die anmuthigste Weise belohnt, von solchen die, was ihren Gesinnungen und Gefühlen gemäß ist, ergreifen und sich als Menschen gegen den Autor, insofern er menschlich ist, verhalten.

Nun wird es mich sehr freuen auch von Ihnen, mein Theuerster, der sich übersichtlich, denkend und vergleichend in solchem Falle verhält, manches gute Wort zu hören. Denn dem Autor in solchem Falle muß dran gelegen seyn zu erfahren, daß ihm seine Absichten nicht mißglückt, sondern daß vielmehr die geistigen Bolzen und Pfeile dahin gereicht und da getroffen, wohin er sie gerichtet und beabsichtigt.

Nun aber verpflichteten Dank für die ausführliche Kenntniß, die Sie mir von der Aufführung Fausts geben. Es ist wunderlich genug daß diese seltsame[68] Frucht erst jetzo gleichsam vom Baume fällt. Auch hier hat man ihn gegeben, ohne meine Anregung, aber nicht wider meinen Willen und nicht ohne meine Billigung der Art und weise wie man sich dabey benommen. Mögen Sie mir die Folge der Scenen wie man sie dort beliebt gelegentlich wissen lassen, so geschieht mir ein Gefalle; denn es ist immer wichtig zu beobachten wie man es angegriffen um das quasi Unmögliche, zum Trutz aller Schwierigkeiten, möglich zu machen.

Liebenswürdig ist es von den Deutschen daß sie das Werk nicht zu entstellen brauchten um es von dem Theater herab erdulden zu können. Die Franzosen mußten es umbilden und an die Sauce noch starkes Gewürz und scharfe Ingredienzien verschwenden. Nach der Kenntniß, die uns davon gegeben ist, kann man begreifen wie das Machwerk dort große Wirkung thun mußte.

Soviel für jetzt und nicht weiter, damit dieses Blatt baldigst zu Ihnen gelange.

und so fort an!

Weimar den 2. September 1829.

Goethe.


46/71.


An Amalie von Levetzow

Es ist nun jährig daß Sie, als theure geprüfte Freundin, mir Ihren Antheil zu erkennen gaben bey[69] dem schweren Geschick das mich betroffen, denjenigen vor mir hingehen zu sehen, dem ich, dem Laufe der Natur und meinen Wünschen gemäß, in jene Gegenden hätte vorantreten sollen.

Da ich wirklich seit jener Stunde nur zur Hälfte lebe, so ist es mir um so erfreulicher von Freunden und Gönnern zu erfahren: daß so mancher gute Geist, manches liebe Herz geneigt ist das Lückenhafte, was in meinem Zustande sich finden mag, durch Wohlwollen und Neigung zu hegen und auszufüllen. Haben Sie den herzlichen Dank daß Sie sich unter die Ersten, die dieses fromme Werk an mir ausübten, stellen und so freundlich erweisen wollten.

Ein Gleiches geschieht nun auch durch die baldige frohe Nachricht, die Sie mir von dem glücklichen Ereigniß geben, das Ihre, mir so werthe Familie nochmals erfreut hat. Möge diese kleine Nachkommenschaft wachsen, blühen und, unter liebevoller Sorge, sich zur Freude der nächsten Mitwelt heranbilden. Empfehlen Sie mich dem werthen Elternpaar; da ich denn zugleich aufrichtigst wünsche, daß Fräulein Ulrike sich aus diesen Zeilen den treulichsten Gruß herausnehmen möge! wie ich denn nicht zweifle daß die Jüngste den Geschwistern in Liebenswürdigkeit werde nachgeeifert haben.

Meine lebhaften Wünsche und wiederholten Grüße zum Schluß, mit der hinzugefügten Bitte: Sie möchten mich von Zeit zu Zeit mit anmuthiger Nachricht[70] von Ihrem und der lieben Ihrigen Wohlbefinden, geneigtest erfreuen und erquicken.

Und so fortan!

angeeignet

Weimar den 2. September 1829.

J. W. v. Goethe.


46/72.


An Johann Heinrich Meyer

Diese schlimmen Tage her wollt ich Sie nicht einladen, ob ich gleich alle Ursache dazu hatte. Durch die besondere Gnade des Königs von Bayern ist der berühmte Niobide in Abguß angelangt, ohne Kopf und Arme, übrigens wohl erhalten und von der köstlichsten Art. Ich verlange sehr zu erfahren wohin Sie ihn einrangiren werden.

Sodann ist ein geistreicher französischer Bildhauer Mr. David hier, der meine Büste in kolossaler Gestalt angefertigt hat. Es ist höchst merkwürdig durch einen so talentvollen Mann in eine ganze Nation hineinzusehen, ihre Denk- und Kunstweise, ihr Sinnen und Bestreben gleichsam symbolisch gewahr zu werden.

An die Frau Großherzogin schreib ich sogleich und vermelde die Resolution wenn sie an mich kommt. Möchten Sie alsdann wenn Sie sich ohnehin in's Jägerhaus tragen lassen, nach abgeschlossener Function, bey mir absteigen? Wir blieben einige Stunden zusammen und mein Wagen brächte Sie nach Hause.[71] Beyde obgenannte Gegenstände sind aller Betrachtung und Beredung werth.

Mit den besten Grüßen, Wünschen und Hoffnungen.

Weimar den 2. September 1829.

G.


46/73.


An Sulpiz Boisserée

Beykommendes wollt ich in das Kästchen unsrer Freundin einschließen; da sich diese Sendung verspäten möchte, so sende solches direct.

Möge manches in diesem Hefte Ihnen zusagen, besonders empfehle pag. 329. u.f. wo ich hervorgehoben habe was der gute Verbannte vor seinen überliberalen Freunden nicht recht aussprechen durfte und was in der neueren Zeit immer mehr zur Sprache kommt.

Noch füge hinzu wie ich in diesen Tagen eine niedliche klare Abbildung des Apollinarisbergs gesehen, wobey mir denn deutlich geworden: daß Sie, als wahrer Prälat, da oben über dem Rhein thronen. Es muß eine herrliche Aus-, Ein- und Übersicht von der Höhe Ihrer Fenster seyn. Weiter sag ich nichts, alles freundlichster Betrachtung überlassen.

Baldige Erwiderung hoffend und das werthe Ehepaar schönstens begrüßend.

und so fort an!

Weimar den 3. September 1829.

Goethe.[72]


46/74.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

habe schuldigst zu vermelden, daß die Ausstellung nunmehr vollkommen in Ordnung gebracht worden und es von Höchstderoselben gnädigstem Willen abhängt dieselbe in höchsten Augenschein zu nehmen. Es sind dießmal ganz artige Zeugnisse des Fleißes unserer Zöglinge vorhanden, welche wohl einige günstige Beachtung und Aufmerksamkeit verdienen möchten. Zu ferneren Gunsten und Hulden mich angelegentlichst empfehlend.

Weimar den 3. September


46/75.


An Johann Heinrich Meyer

Es ist Ihnen doch gestern durch den Hofbedienten ausgerichtet worden, daß die Frau Großherzogin heute um halb 11 in die Ausstellung kommen wird? Auf dem Rückweg kehrt sie bey mir ein um die Büste zu sehen. Mögen Sie zu gleicher Zeit bey mir abtreten so wird das Zusammentreffen von mancherlei Gutem ganz erfreulich seyn.

Grüßend und wünschend

Weimar den 3. September 1829.

G.[73]


46/76.


An Johann Heinrich Meyer

Ich habe für das Sicherste gehalten, um Ihrem gestern ausgesprochenen Wunsch und Vorschlag entgegen zu kommen, wenn ich der Sache eine Form gäbe, wornach Sie nunmehr in der Angelegenheit nach Überzeugung schalten und walten können, ohne weiter anzufragen.

Den glücklichen Gedanken wegen des Profils werde auszusprechen und durchzuführen suchen, da er mir höchst vortheilhaft und zweckmäßig erscheint.

Richten Sie sich doch ein Sonntags mit mir zu speisen, daß wir sowohl diese Angelegenheit, als besonders auch die problematische Existenz des bedeutenden Kunstwerkes weiter durcharbeiten.

treulichst

Weimar den 4. September 1829.

G.


46/77.


An Friedrich Jacob Soret

Für das übersendete Werk, mein Theuerster, danke zum allerbesten. So schön gedruckt als gebunden gibt es im voraus einen guten Begriff innern Werthes und lockt schon durch sein vortheilhaftes Äußere zu nähere Bekanntschaft an. Ich kenne selbst davon bis jetzt nur einige Rezensionen; daß ich aber an der Hauptsache Theil genommen mögen beykommende Blätte[74] zeigen von Seite 329 des Heftes an. Möge es freundlich aufgenommen werden was ich zu Gunsten der Fanarioten geschrieben habe. In dem 68. Stück des Globe ist auch über diese merkwürdige Menschenklasse, wie überhaupt über das ganze griechisch-türkisch-russische Verhältniß ein belehrender Auszug aus einem neuen Werk über Constantinopel und die Türkey im Jahre 1828.

Ferner kann ich nicht unberührt lassen daß in der Zeitschrift Hermes und zwar im 1. Heft des 32. Bandes, welches Sie sich in Jena gar wohl verschaffen werden, eine Rezension der decandollischen Organographie befindlich ist, welche auf eine zwar bescheidene aber doch ernste Weise des Verhältniß dieses Werks zur Metamorphose ausspricht; daß die Sache im Klaren ist und wir zunächst mit Luft und Zutrauen wieder an unsre Arbeit gehen können.


Vorstehendes war geschrieben, als ich noch vor Abgang dieses Zeit gewann, die Einleitung und die ersten Capitel jenes bedeutenden Werkes zu lesen und daraus besonders Vergnügen und Belehrung zu gewinnen. Verdoppeln Sie also meinen Dank gegen Herrn Theremin für die Mittheilung eines so wichtigen uns in manchem Sinne aufklärenden Buches.

treu verpflichtet

Weimar d. 5. Sept. 1829.

J. W. v. Goethe.[75]


46/78.


An Johann Michael Färber

[Concept.]

Der Museums-Schreiber Färber erhält hiedurch den Antrag, die in dem physikalischen Museum befindliche große Laterna magica, durch die Botenfrau herüber zu senden; sodann von den gemalten Gläsern nur wenige hinzuzufügen.

Weimar den 5. September 1829.


46/79.


An Carl Jügel

[Concept.]

In Genf ist eine Übersetzung meines Versuchs über die Metamorphose der Pflanzen unter folgendem herausgekommen:

J. W. de Goethe. Essai sur la Metamorphose des plantes, traduit de l' allemand par Mr. Fred. de Cingins-Lassaraz. Genève 1829.

Ingleichen soll eine Übersetzung dieses Heftes in Paris erschienen seyn. Mögen Sie mir von jedem zwey Exemplare baldigst verschaffen; so werden Sie mir eine Gefälligkeit erzeigen.

Wie weit ist Ihr neues Heft der Frankfurter Ansichten gelangt? und welche Gegenstände wird es enthalten?

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 5. September 1829.[76]


46/80.


An Adele Schopenhauer

Sie erhalten, meine theure liebe Freundin, mit dem Postwagen ein Kästchen worin Sie finden: zwey Zeichnungen für Madame Mertens, welcher mich schönstes zu empfehlen bitte. Ein Kästchen mit Medaillen für den freundlichen Geber; einige Muster von chinesischen Farben. Sodann auch die Ansicht meines Hauses und Gartens, obgleich sehr prosaisch und unter der Wirklichkeit gerathen.

Noch einige einzelne Medaillen leg ich bey zu gefälliger Austheilung an Wohlwollende. Herr v. Schlegel hat mir von einem anmuthigen geselligen Feste zu Godesberg ein freundliches poetisches Zeugniß übersendet; vielleicht ist es Ihnen auch schon zu Händen gekommen.

Am 28. haben Sie uns, meine Theuerste, wirklich gefehlt, ich wollte und wünschte nach meiner alten Art diesen Tag in Stillem vorüberfließen [zu] lassen, das ging aber weniger als je, da ich denn alle Ursache hatte mich mancher anmuthigen freundlichen Gesichter und mancher schönen Gaben und Geschenke zu erfreuen.

Noch etwas sehr Wunderbares ist mir in diesen Tagen zu Haus und Hof gekommen. Ein junger, kräftiger, französischer Bildhauer kommt an und wünscht meine Büste zu machen; er scheint so wacker, ist so wohl empfohlen, geistreich und überredend daß ich's[77] ihm nicht abschlagen kann. Ich sehe eine ungeheure Masse Thon zusammengebracht und aufgethürmt und, zu meiner nicht geringen Verwunderung, mein Bildniß in colossalen Verhältnissen heraussteigen. Glücklicherweise gelingt es ihm nach und nach dem Werke natürliches Ansehen zu geben, so daß jedermann damit zufrieden ist. Ich werde Ottilien ersuchen das Nähere zu melden und hoffe sie wird diesen Auftrag gern übernehmen, wie sie mir auch so eben verspricht.

In dem Kistchen war noch Platz und so hab ich noch einiges hinzugelegt irgend antheilnehmende Freunde zu verabreichen; ein paar Witterungshefte finden wohl irgend einen beobachtungs- und betrachtungslustigen Freund. Hier nun muß ich schließen, damit der Brief abgehe; morgen Sonntags den 6. d. folgt das Kästchen.

Nun aber nach Allem wie vor Allem empfehlen Sie mich Ihrer theuren Frau Mutter und sagen mir ja bald daß sie sich jetzt in ihrer Wohnung behaglich findet; es ist dieß um so wichtiger als sie wahrscheinlich, so wie uns, das Wetter unter Dach treibt.

Lassen Sie mir bald von sich hören, senden Sie mir einiges Erfreuliche und Liebenswürdige; sagen Sie mir was Sie vielleicht wünschen, denn ich möchte gern von Zeit zu Zeit eine gleiche Sendung vorbereiten.

Tausendfache Grüße in die Nachbarschaft, an Herrn Boisserée, an Frau [Mertens] und in Bonn an alle[78] Wohlwollende. Sagen Sie mir auch wie Sie sich auf den Winter einzurichten vorhaben.

Mit den treusten Wünschen

anhänglichst

Weimar den 5. September 1829.

J. W. v. Goethe.


46/81.


An Caroline von Egloffstein

Der frommsten unter den Freundinnen, welche Eigenschaft jedoch vor der Eröffnung zu untersuchen und zu bestimmen.

Jena d. 7. Sept. 1829.

G.


46/82.


An Friedrich Jacob Soret

Eine abermalige Gelegenheit, die sich mir darbietet, Sie, mein Theuerster, zu begrüßen ergreife sehr gern und bitte zugleich um Verzeihung folgender Nachfrage. Mein Sohn hat Ihnen vor einiger Zeit den Catalog gegeben einer von ihm veranstalteten Sammlung zur Kenntniß der um Weimar sich findenden merkwürdigen Fossilien. Da wir nun eben Gelegenheit haben an Herrn Cuvier eine solche Suite zu übersenden, so wird es uns sehr angenehm seyn den Catalog dazu in französischer Sprache beyfügen zu können. Sollten Sie deshalb diese Arbeit schon vollbracht[79] haben, so würden wir für eine Abschrift, oder für das Original, um solches abzuschreiben, höchst dankbar seyn.

Mit nochmaliger Bitte um Verzeihung dieser nothgedrungenen Anfrage, habe zu vermelden daß noch manches Interessante, bisher nicht Mitgetheilte, sich bey mir eingefunden hat, wovon wir zunächst, wenn wir das Glück haben Sie wieder, mit Ihrem theuren Zögling, zu besitzen, Kenntniß zu geben gedenken.

Mich wohlwollenden Andenken auf dem Berge der schönen Aussicht zum allerbesten empfehlend.

treu angeeignet

Weimar den 8. September 1829.

J. W. v. Goethe.


46/83.


An Ludwig Tieck

Gar wohl erinnere ich mich, theuerster Mann, der guten Abendstunden in welchen Sie mir die neuentstandene Genoveva vorlasen, die mich so sehr hinriß daß ich die nahertönende Thurmglocke überhörte und Mitternacht unvermuthet herbeykam. Die freundliche Theilnahme die Sie nachher dem Gelingen meiner Arbeiten gegönnt, wie Sie manche davon durch Vorlesen erst anschaulich und eindringlich gemacht, ist mir nicht unbemerkt geblieben; so daß ein endliches Wiedersehen die frühsten wohlwollenden Gesinnungen freundlichst erneuen mußte.

[80] Nunmehr erhalt ich durch die Aufführung von Faust und die demselben vorgeschickten gewogenen Worte die angenehmste Versicherung auf's neue.

Wenn ich nun zeither mich alles desjenigen zu erfreuen hatte, was Ihnen zum Aufbau und zur Ausbildung unsrer Literatur fortschreitend beyzutragen gelungen ist und ich mache Winke sehr gut zu verstehen glaubte um zu so löblichen Absichten mitzuwirken; so bleibt mir, einen reinen Dank zu entrichten, kaum mehr übrig als der Wunsch: es möge fernerhin ein so schönes und eignes Verhältniß, so früh gestattet und so viele Jahre erhalten und bewährt, mich auch noch meine übrigen Lebenstage begleiten.

Meine besten Empfehlungen an die lieben Ihrigen, deren Erinnerung ich immer gegenwärtig zu seyn wünsche.

Hochachtungsvoll

in treuer Anhänglichkeit

Weimar den 9. September 1829.

J. W. v. Goethe.


46/84.


An Johann August Gottlieb Weigel

[Concept.]

[14. September 1829.]

Ew. Wohlgeboren

haben die Gefälligkeit mir aus dem vor kurzem mir zugesendeten 2ten Verzeichniß nachgemeldete Blätter nächstens zu übersenden und zwar zwischen starke Pappen gepackt. Den Betrag der Emballage erstatte gern. Bezahlung erfolgt sogleich.

[81] Ihrem Herrn Sohn wünsche meinen Dank abgestattet für dessen letzte angenehme Sendung, wofür ich mich als seinen Schuldner bekenne.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 12. September 1829.


46/85.


An Martin Christian Victor Töpfer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe, in Gefolg Ihrer neulichen Einladung, dankbar hiemit zu vermelden, daß ich zwar selbst heute nicht das Vergnügen haben kann an dem Feste einer löblichen Armbrust-Schützengesellschaft Theil zu nehmen, daß ich aber wünsche: Sie möchten Herrn Professor Zeltern und Herrn Gallerie-Inspector Ternite daselbst einführen und deshalb sich um den Empfang der Herrn günstig einzuleiten um vier Uhr in meinem Hause einfinden.

Dankbar verpflichtet.

Weimar den 17. September 1829.


46/86.


An Johann Peter Eckermann

Wollen Sie wohl, mein Werthester, beykommendes Vielerley in die Tekturen einrangiren und sich heute Mittag oder sonst einmal sehen lassen. Die Abgesondertheit,[82] wie die Nacht, ist keines Menschen Freund.

Weimar den 19. September 1829.

G.[83]


46/86a.


An Friedrich von Matthisson

[Concept.]


[22. September 1829?]

Hr. v. Matthison

würde die Gefälligkeit haben

mit Hr. Schmeller

einem geschickten Bildner

einige Stunden zu dem gewünschten Zwecke

zu verbringen.

G.[58]


46/87.


An Carl August Varnhagen von Ense

Ew. Hochwohlgeboren

haben nicht allein durch Ihre freundliche Gegenwart und angenehme Unterhaltung bey mir die freundlichsten Eindrücke zurückgelassen, sondern das Andenken der theuern Reisenden wird bey mir augenblicklich wieder hervorgerufen durch das unvergleichliche Kunstwerk, wodurch das Alte im Neuen, das gewichtige Antike im anmuthigsten Modernen so glänzend ausgedruckt ist. Anstatt aber hiedurch zu dankbarer Empfindung aufgeregt zu werden, bin ich erinnert, daß ich noch auf mehr als eine Weise in Ihrer Schuld sey; um nun hievon wenigstens einen Theil abzutragen übersende das früher erwähnte Herrnhutische Gedicht, welches vielleicht für das Anmuthigste gehalten werden kann was aus der Religions-Ansicht jenes merkwürdigen Mannes, dessen Geschichte Sie so viel Aufmerksamkeit gewidmet, hervorgegangen. Möge uns Ihre deshalb unternommene Arbeit bald zu Gunsten kommen.

Auf unsrer Frau Großherzogin Anfrage: womit sich Ew. Hochwohlgeboren gegenwärtig beschäftigen, konnte ich was Dieselben mir vertraut, sogleich erwidern[83] und ich kann versichern daß nach jener Arbeit ein lebhaftes Verlangen alsbald erregt worden.

Hochachtungsvoll verpflichtet,

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 23. September 1829.


46/88.


An Ernst von Münchhausen

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes Schreiben veranlaßt mich zu besonders angenehmen Gedanken, indem ich mir nunmehr vorstellen kann daß ein holdes Kinderpärchen, in Gegenwart der theuern Eltern, von einem anmuthig ländlichen Aufenthalt umgeben, glücklich heranwächst, und mir dabey schmeicheln darf, mein Andenken werde daselbst nicht weniger lebendig bleiben.

Sodann werd ich, wenn ich die Papiere, die sich oft unangenehm um mich her anhäufen, mit einer so höchst zierlichen Last beschweren und zusammenhalten kann, mich immerfort der zarten Finger zu erinnern haben, welche sich so anmuthig und geneigt damit beschäftigten.

Möge es mir vergönnt seyn bey günstiger Jahrszeit von Ihrer derseitigen angenehmen Häuslichkeit persönlich Zeuge zu seyn, oder, wie es möglicher ist, das werthe Paar bey mir zu begrüßen und bewirthen.

Mit aufrichtiger Anhänglichkeit.

Weimar den 23. September 1829.[84]


46/89.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan, wird hiedurch höflichst ersucht an Herrn J. A. G. Weigel, Proclamator zu Leipzig, die Summe von 19 rh. 14 Groschen preußisch gefällig auszahlen zu lassen und alsbaldiger Wiedererstattung gewärtig zu seyn.

Weimar den 25. September 1829.


46/90.


An Heinrich Luden

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

nehme mir die Freyheit mein Andenken zu erneuern, veranlaßt durch einen kurzen Aufenthalt unsres geschickten Zeichners, des im Portraitsache geübten Schmellers, wobey ich den Wunsch ausspreche es möge Denenselben gefällig seyn ihm einige Stunden zu vergönnen [um Ihr Bildniß] nebst [dem] einiger anderer Freunde mit herüber zu bringen.

Hab ich das Vergnügen Ew. Hochwohlgeboren wieder bey uns zu sehen so kann ich eine starke Sammlung abgebildeter werther Mitlebenden vorzeigen um zu beweisen daß ich Dieselben sich mit einer guten Gesellschaft zu vereinigen einlade.

Der ich mich mit vorzüglichster Hochachtung das Beste wünschend unterzeichne.

Weimar den 28. September 1829.[85]


46/91.


An Caroline von Wolzogen

Das mir geneigtest anvertrauen Manuscript liegt schon einige Tage neben mir ich habe hineingesehen und mach dabey eine Erfahrung von der man sich in jüngern Jahren nichts träumen läßt, ich finde ganz unmöglich es durchzulesen, und werd es Ihnen leider ohne Weiteres zurückzuschicken müssen. Durch diese Empfindungen werd ich nur aufmerksamer auf das was mir schon einige Zeit her begegnet, daß ich nämlich in's längst Vergangene nicht zurückschauen mag. Mit dem abgedruckten Briefwechsel geht es mir eben so, er macht mir eher eine traurige Empfindung, die, wenn ich sie mir verdeutlichen will, sich ohngefähr dahin auflöst, daß in hohen Jahren, wo man mit der Zeit so haushältig umgehen muß, man über sich und Andere wegen vergeudeter Tage höchst ärgerlich wird.

Jenes Manuscript laß ich daher noch kurze Tage bey mir liegen, theile Meyern obige Bemerkung mit, und läßt sich das Gefühl durch Reflexion nicht beschwichtigen, so erhalten Sie die Hefte ungesäumt zurück, mit höchst dringender Bitte um Verzeichnung eines unerwarteten Seelenereignisses, dessen ich nicht Herr werden kann.

Erhalten Sie, verehrte Freundin, mir ein unschätzbares Wohlwollen und setzen Sie Ihre aufmunternde[86] Theilnahme an demjenigen fort, was ich allenfalls noch anbieten und überliefern könnte.

Mich angelegentlichst empfehlend

treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 29. September 1829.


46/92.


An Pauline Schelling, geb. Gotter

Ihre liebe anmuthige Hand, meine theuerste Freundin, wieder zu erblicken, das ehrenvolle Andenken das Ihr edler Gatte mir gewidmet zugleich zu vernehmen, dieß fügte sich zu den köstlichen Gaben welche mir an dem merkwürdigen Feste geworden.

Wenn man eine Jahreshöhe nach der andern ersteigt und sich von so manchen irdischen Dingen nach und nach entfernt, so ist nichts tröstender, gibt nichts einen sicherern Begriff von unverwüstlicher Dauer, als wenn wir frühere verehrte und geliebte Freunde uns noch immer so nah fühlen als örtlich niemals von ihnen getrennt gewesen. Sucht man sich selbst im Leben gleich zu bleiben, und dadurch sein Daseyn zu vergewissern; so kann uns äußerlich nichts einen größeren Halt geben als wenn wir erfahren, daß andere die wir längst als trefflich und musterhaft anerkannt sich gegen sich selbst und gegen uns in gleicher beständiger Lage befinden.

[87] Nehmen Sie hieraus meinen treuen Dank für Schreiben und Sendung und erhalten mir beiderseits die gleichen unschätzbaren Gesinnungen.

Verpflichtet, angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 29. September 1829.


46/93.


An Johann Friedrich Rochlitz

Den allerschönsten Dank, theuerster Mann, für die gefällig mitgetheilte Nachricht wie es meinem redigirten Faust vor und nach der Aufführung ergangen. Bey meiner vieljährigen Theaterverwaltung hab ich eine solche oft verlangte ja dringend geforderte Vorstellung niemals begünstigt und sie auch jetzt am Orte im eigentlichsten Sinne nur geschehen lassen. Was man auch übrigens von der Aufführung halten mag, so geht doch besonders aus der in Leipzig die alte Wahrheit: man solle den Teufel nicht an die Wand mahlen, auf's deutlichste hervor.

Wegen der freundlichen Anfrage, welche Ihr lieber Brief enthält, will ich Folgendes aufrichtig erwidern. Des Herrn Grafen Ankunft in Weimar, würde, nach der mir gegebenen Kenntniß, in den December fallen, einen Monat, der mich schon seit vielen Jahren, besonders aber in meinen alten Tagen, nicht zum besten behandelt, wo ich mich meist in meinem Zimmer aufhalte und leider nur den nächsten Freunden zugänglich[88] bin. Einen so werthen Gast kann ich also auf diese Zeit nicht einladen, da ich keinen Tag und keine Stunde von meinem Befinden sicher bin.

Dieß hindert aber nicht, daß ich in günstigen Augenblicken durchreisende, hier verweilende würdige Personen sehe, spreche und mich mehrmals mit ihnen unterhalte. Würden also Herr Graf Manteusel in jener Zeit Weimar besuchen, wo die beiden Höfe und eine mehrfach interessante Gesellschaft bedeutenden Fremden einen angenehmen Aufenthalt zu bereiten wissen; so würde ich mich glücklich schätzen jede gute mir gegönnte Stunde mit einem solchen Manne zuzubringen, ihm von dem Meinigen was ihn interessiren könnte mitzutheilen und dagegen an den Schätzen seiner Erfahrung und Sammlung freudigen Antheil zu nehmen. Mögen Sie dieß, mein Theuerster, gefällig mit meinen besten Empfehlungen ausrichten und mittheilen, so werde solches dankbarlichst anerkennen.

Freylich fiel Ihr freundlicher Besuch in die gute Jahrszeit, wo die Räume meines Hauses am heitersten zu benutzen sind und dem wohlmeinenden Wirthe bessre Gelegenheit geben seine Gesinnungen gegen Besuchende auszudrücken.

Mit den treusten Wünschen mich geneigtem Andenken und fortgesetzten Mittheilungen angelegentlichst empfehlend.

Und so fort an!

J. W. v. Goethe.[89]

Weimar den 29. September 1829.


46/94.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

vermelde hiedurch ungesäumt, daß morgen, den 30. dieses Monats, ein Paquet an Dieselben abgehen wird, enthalten Materie für die Bände 33. 34. 35.

Bey ersterem Manuscript haben zu bemerken: daß Herr Revisor zu ersuchen wäre die bisher übliche Orthographie dabey beobachten zu lassen, indem sich nicht gerade Gelegenheit fand solche in diesem Sinne durchzusehen. Bey den beiden letzten ist nichts zu erinnern; die beiden ersten Lieferung sollen zur rechten Zeit eintreffen.

Der Nachtrag zum 29. Bande Über Italien, Fragmente eines Reisejournals, kann füglich wegbleiben, und ersuche Dieselben mir diese wenigen Bogen gelegentlich wieder zuzuschicken um solche anderwärts unterzubringen.

Die angekündigten Aushängebogen erwarte mit Vergnügen, wie ich denn immer eine Beylage an Herrn Professor Wolff sehr gern besorgen werde.

Allerdings haben wir beiderseits Ursache, da sich unser bedeutendes Unternehmen dem Ende nähert, mit Dank zur Vorsehung aufzublicken, die uns vergönnte gemeinschaftlich ein solches Werk zu Stande zu bringen, dessen Abschluß bey meinem hohen Jahren noch zu sehen ich kaum hoffen durfte. Wie ich denn wohl meine Freude ausdrucken darf, Ew. Wohlgeboren[90] Theilnahme seit dem Beginn immer sich gleich und wirksam zu finden.

Mich bestens empfehlend unter den aufrichtigsten Wünschen.

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 29. September 1829.


46/95.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

Keinen Augenblick will ich säumen um dankbar zu vermelden daß die drey lieben Zuschriften, vor der Abreise, sodann von Baden-Baden, ferner und zuletzt nach der Rückkehr mir postgemäß und richtig alle zugekommen, woraus zu ersehen mich höchlich freute, daß meinen Gedanken, die ich den Freunden unablässig zusendete, auch von dort her günstigste Erwiderung begegnete.

Als ein alter stiller Wetterprophete hatte ich wenig Hoffnung zu einem klaren Himmel dieses Jahrs, hielt mich meist in der Stadt, wenige Wochen in meinem Garten am Park und wagte mich nur dreymal nach etwas entfernteren Orten einige Freunde zu besuchen. Sie also von einer so schönen und glücklichen Reise abgehalten zu wissen war mir nicht unerwartet, aber höchst verdrießlich, besonders da ein Übelbefinden des theuern Freundes als Mitursache wirkend angegeben ward.

[91] Nun aber muß ungesäumt berichtet werden: daß zur besten Stunde ein köstliches Glas mit mancherlei guten Abbildungen angekommen und sogleich zu einem dankbaren Erwiderungstrunke Gelegenheit und Anregung gegeben hat. Es ist artig zu bemerken daß das Local einer Favorite einer von der Natur und den freunden höchst begünstigten Wandernden zum Aufenthalt dienen sollte, in einer Gegend wo noch von frühern Zeiten her Hudhud im Eckchen seine Rechte behauptet, einigermaßen trauernd daß er nicht immer fort und fort wie sonst mit anmuthigen Aufträgen in Bewegung gehalten wird. Zu einiger Beruhigung ward ihm aus dem neuangekommenen Glase zugetrunken und er schien diese Begrüßung nicht unfreundlich aufzunehmen.

Frisch aufgemuntert eilte er sogleich in die Weyhrauchs-Lande seiner alten Gönnerin der Königin von Saba und wird nächstens mit dem alldorten gewonenen Gemisch von Körnern, Pulvern und Blättchen, sich bey den Freunden einfinden um diesen Winter manchmal höchst anmuthige Erinnerungen aufzuwecken.

Über die so freundlich in Anregung gebrachte Angelegenheit nächstens das Weitere.

Eiligst wie treulichst

abschließend

wie immer

Weimar den 30. September 1829.

G.[92]


46/96.


An Carl Friedrich Ernst Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

meine Schuld von 3 rh. 6 Groschen hierdurch abtragend, danke zum allerschönsten für die besorgten zierlichen Stehkörbchen. Weil man aber in allen Dingen neuerlich schnell weiter gehen muß, so wollt ich anfragen: ob Sie den Arbeiter nicht instigiren könnten, auch dergleichen farbige Maschinen zu liefern; vorerst so schön roth und grün als möglich, beide Farben schicklich abwechselnd. Unser in allem so höchst gewandte Döbereiner würde seinen Rath hiezu am vortheilhaftesten geben können, daß man nicht zuviel in Versuchen verliere. Die ersten Resultate eines solchen Unternehmens würde gern honoriren, wenn sie auch nicht gleich vollkommen ausfallen sollten.

Nun aber hab ich zu mancherlei Vorträgen Ihre Gunst zu erbitten. Unser guter Schmeller wird Sie ersucht haben ihm einige Stunden zu einem ähnlichen Porträt zu gönnen, welches ich der Sammlung einverleiben möchte in die ich schon so manchen werthen Freund gewonnen habe.

Hiezu möcht ich aber auch noch andere Personen gesellen mit denen ich in einem näheren oder ferneren guten Verhältnisse stand; möchten Sie diejenigen, welche zunächst mit Ihnen in Bezug stehen, hiezu determiniren,[93] die Herrn Succow, v. Schröter, Scheidler und wer sonst noch von Ihrer Seite zu erreichen wäre.

Wollten Sie mir hierüber einige Aufklärung geben, so würde ich auch gern solchen Männern, wenn es nöthig wäre, durch irgend ein kurzes Schreiben meinen Wunsch zu erkennen geben. Haben Sie die Gefälligkeit mir hiezu behülflich zu seyn, da ich nicht gern beschwerlich falle und mich keiner abschläglichen Antwort aussetzen möchte. Dagegen werden Sie auch der Freude genießen, bey Ihrem nächsten geneigten Besuch, die reiche immer anwachsende Sammlung mit Muße zu betrachten.

Empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und machen den guten Schmeller mit Gegenwärtigem soviel als nöthig ist kürzlich bekannt.

Weimar den 30. September 1829.


46/97.


An Emil Cauer

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe in Erwiderung Ihres an mich unter dem 25. September erlassenen Schreibens hiedurch zu vermelden, daß ich von München aus durch Herrn Professor Rauch von Ihren Wünschen und Absichten bereits unterrichtet worden.

Auf jeden Fall werde die mir angekündigte Arbeit, als Kunstfreund, mit Vergnügen empfangen und betrachten[94] um mit Ihrem gerühmten Talent näher bekannt zu werden.

Was aber eine Hierherreise betrifft kann dazu nicht rathen, indem über die fragliche Stelle sowohl, als die damit verknüpfte Besoldung schon anderweit disponirt worden und mir deshalb Ihre Absichten zu begünstigten unmöglich fallen würde.

Der ich mich mit den besten Wünschen unterzeichne.

Weimar den 3. October 1829.


46/98.


An Christian Gottlob Frege und Comp.

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht zu benachrichtigen, daß ich unter dem heutigen Datum eine Anweisung auf siebentausend fünfhundert Thaler sächsisch in Zwanzigkreuzern à 5 Groschen 4 Pf. zu Gunsten des hiesigen Banquiers Herrn Julius Elkan für Rechnung der J. G. Cottaischen Buchhandlung in Stuttgart ausgestellt habe, welche gefällig zu honoriren bitte, mich Denenselben angelegentlichst zu geneigtem Andenken, unter Versicherung des aufrichtigsten Antheils, bey dieser Gelegenheit empfehlend.

Hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 3. October 1829.

J. W. v. Goethe.[95]


46/98a.


An Pierre Jean David

[Concept.]

Mr. le Comte

Reinhard

fera surement plaisir

a

Mr. David

en l'assurant

du souvenir cordial

de J. W. de Goethe.

Weimar ce 5 Octobre [1829.][58]


46/99.


An Justus Friedrich Carl Hecker

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

habe für das übersendete Werk den besten Dank zu sagen. In einem Alter wo man sich selbst historisch wird und die geschichtliche Einsicht überhaupt immer größern Werth erhält, weil man eigentlich dadurch den Augenblick immer besser beurtheilen lernt, muß ein gründliches Werk der Art höchst willkommen seyn, das eine der wichtigsten, nie unterbrochenen Bemühungen des Menschengeistes uns auf dem Wege, den sie genommen, darzustellen bemüht ist.

Die sich verlängernden Abende bring ich meistens mit Freunden zu, wo dergleichen Betrachtungen gewöhnlich angestellt werden. So muß Ihre vorliegende Arbeit uns in der nächsten Jahrszeit den schönsten Gewinn bereitet. Ich werde solche mit Herrn Hofrath Vogel, unserem alles Vertrauens würdigen Leibarzte, durchsprechen und durchgehen, und Sie können sich daher als in unserem Kreise immer gegenwärtig ansehen. Gedenken Sie unser gleichfalls als solcher, welche den durch Ihr Werk gestifteten Nutzen dankbar anzuerkennen verstehen werden.

Weimar den 7. October 1829.[96]


46/100.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

habe hiedurch zu vermelden, daß Herr Julius Elkan, Banquier allhier, den Auftrag hat, Ihrer letzten Erklärung gemäß 60 Thaler sächsisch an Dieselben auszuzahlen.

Da Ihnen durch das Bisherige gar wohl bekannt ist, wohin meine Neigungen in dem angenehmen Kunstfache der Zeichnungen und Radirungen gerichtet sind, so ersuche Dieselben, mir vor Zeit zu Zeit, wenn vorzügliche Blätter von der Art zu Ihnen gelangen, sie mir zu senden, billige Preise anzusetzen und baldigster Bezahlung sich versichert zu halten.

Das Portefeuille mit den übrigen Blätter geht zugleich ab.

Alles Gute wünschend

ergebenst

Weimar den 7. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/101.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Sie erhalten hiebey, mein werthester Herr Doctor,

1) Die Quittung für Netz autorisirt,

2) Die Buchbinder-Rechnungen gleichfalls.

3) Das Archiv der deutschen Landwirtschaft, Juli-Heft, worin mir der Aufsatz des Herrn Postmeister[97] Becker sehr interessant war. Senden Sie mir einige weitere Hefte hievon, es schließt sich das alles an die allgemeineren Natur-Studien, denen ich immerfort ergeben bin.

4) Empfehlen Sie mich Herrn Bibliothekar Göttling und sagen demselben: wenn er allerlei Fortsetzungen bedeutender Werke, die wir als Doubletten abgeben können, seinen übrigen Schätzen beyzustellen Zeit und Luft hat, bedürfe es nur eines freundlichen Wortes.

Zum Schluß darf ich versichern daß, wenn die Witterung nur einigermaßen sicherer wäre, ich mich gar zu gern noch einmal in Jena umsähe um hauptsächlich Sie und die lieben Ihrigen noch einmal zu begrüßen. Womit ich mich bestens zu freundlichem Andenken empfehle.

Weimar den 10. October 1829.


46/102.


An Friedrich Theodor von Müller

Ew. Hochwohlgeboren

glückliche, genuß- und gewinnreiche Fahrt, wie solche die verschiedenen Briefe darstellen, hat allen Ihren Freunden viel Zufriedenheit gebracht. Ihre Frau Gemahlin beklagt sich, daß mehrere Briefe von hier aus Dieselben nicht genau angetroffen, ein Schicksal worin Reisende sich zu fügen haben, und immer schön ist es wenn Sie Ihrerseits fleißig schreiben. Was zu Hause[98] begegnet kann man sich in fremden Landen gar wohl vorstellen, die Zurückgebliebenen wünschen von dem Schicksal der Entfernten benachrichtigt zu seyn.

So schreib ich denn auch gegenwärtig zum erstenmal mit dem Wunsch, dieses Blatt möge Sie auf Ihrer Rückreise irgendwo freundlichst begrüßen und das Wenige, was ich zu vermelden habe, getreulichst darbringen. Nur drey schöne Tage habe ich diesem unfreundlichen Jahr abgewonnen: einen um den lieben Prinzen in Jena zu besuchen, den andern mit denen Herren Zelter und Ternite die heitere Aussicht von Dornburg auf wenige Stunden zu genießen, den dritten nach Bergern, wo ich mich der hübschen häuslichen Einrichtung, der heitern weit umsichtigen Lage und manches sonstigen Schönen und Guten bey geneigter Bewirthung der Bewohnerinnen zu erfreuen hatte.

Das theure gräflich Reinhardsche Ehepaar gönnte darauf uns einige Tage seine so liebe als bedeutende Gegenwart. Zum wiederholten Geburtstage des würdigen Freundes hatten wir unsre Treppenflur festlich mit Gewinden und Kränzen geschmückt und bey'm heitern Mahle der abwesenden Geliebten als gegenwärtig gedacht.

Nach ihrem Scheiden bin ich in meine alte Geschäftigkeit eingetreten, erwarte die sechste Lieferung meiner Werke von der Messe vollständig. Die sechs Bände der Schillerischen Correspondenz besitze ich auch schon (wenigstens in Aushängebogen) und bereite mich,[99] die siebente Lieferung abzuschicken. Indessen schwärmt eine Masse von Engländern um unsre jungen Damen, und um hiezu bessere Gelegenheit zu finden veranstalten sie zunächst einen großen Ball auf dem Stadthause. Dabey aber ist das Wunderlichste, daß unsre junge schöne Welt sich vereinigt hat wöchentlich ein Druckblatt herauszugeben, wovon die Redaction unter meinem Dache geschieht. Es sind schon drey Blätter herausgegeben; der Titel ist: Chaos, es darf nur noch die Nacht hinzutreten so ist auch der Eros schon geboren. Ich behauptete, sie sollten diesem gemäß den Titel von Zeit zu Zeit verändern. Übrigens darf ich dem Reisenden versichern, daß man stark auf seine Mitwirkung zählt, und es wäre sehr schön wenn er bey seiner Rückkunft schon erwünschte Beyträge in seinem Taschenbuch mitbrächte, oder gar etwas vorausschickte, da er sich denn in guter Gesellschaft gedruckt bey seiner Wiederkehr ehrenvoll begrüßen könnte.

Und so will ich nur zum Schlusse noch vermelden daß die beiden Preußischen Prinzen mit ihren Gemahlinnen, Prinzessin Carl mit zwey Kindern glücklich angekommen sind, woraus denn große und wahrhafte Familienfreunde entspringen. Möge dieß alles zum besten und schönsten bleiben und verharren, damit der ersehnte Freund allgemein von heitern Gesichtern empfangen werde.

Treu verpflichtet

Weimar den 11. October 1829.

J. W. v. Goethe.[100]


46/103.


An Friedrich Theodor von Müller

[Concept.]

[11. October 1829?]

Kaum ist mein Schreiben, mein Theuerster, womit ich so lange gezögert, auf die Post gegeben, so kommt Ihr drittes an mich gerichtetes gehaltreich an und veranlaßt mich das Gegenwärtige nachzusenden.


46/104.


An Heinrich Mylius

Euer Hochwohlgeboren

geneigtes Festgeschenk ist mir in diesen Tagen glücklich zugekommen, und ich säume nicht dafür meinen verpflichteten Dank abzustatten. Ich werde dadurch an bedeutende Personen erinnert und an vorzügliche Künstler, lerne von beiden interessante neue kennen; und sowohl meine Einsicht in die Geschichte als in die neuste Kunst des Medaillirens wird bedeutend vermehrt. Daß die Anerkennung dieser Geneigtheit gründlich sey darf ich daher nicht weiter betheuern.

Sodann halte ich mich gleichfalls Denenselben verpflichtet, daß Sie einen Irrthum, den ich in Absicht des Herrn de Cristofori begangen, durch schickliche Behandlung haben verbessern wollen. Ich erhalte so eben von diesem werthen Manne ein Schreiben, wodurch er mir eine Sendung Fossilien ankündigt; ich werde[101] deren Ankunft erwarten, um demselben der Sache gemäß zu antworten, auch Dank und Schuld abzutragen. Wollen Sie ihn unterdessen versichern, daß ich seinen Wunsch: Insecten unsrer Gegenden zu besitzen, möglichst zu befördern suchen werde, die ich als eine freundliche Gegengabe für so manche Bemühung und Mittheilung anzunehmen bitte.

Die Absendung meiner Werke werde nächstens besorgen, sie soll sogleich erfolgen, sobald die sechste Lieferung von der Messe mir zukommt. Ich kann das vorgeschrittene Werk alsdann bis zum dreyßigsten Bande zusenden, woraus ich wünsche daß sowohl Dieselben als Ihre Frau Gemahlin und allenfalls auch sonstige Freunde der deutschen Sprache einiges Vergnügen schöpfen mögen.

An Herrn Canzler v. Müller lege ein Blättchen bey, welches an ihn, wo er sich auch befinden möge, vielleicht bey seinem zweyten Besuch in Mayland gelangen zu lassen bitte. Von seinem ersten kurzen dortigen Verbleiben hat er uns mit großer Zufriedenheit gemeldet, die gute Aufnahme in Ihrem Hause gerühmt, ingleichen die Gefälligkeit des Herrn Cattaneo und den günstigen Empfang, den er bey Herrn Manzoni genossen.

In Betreff der Münzen habe noch besonders für die den Herrn Beccaria vorstellende auf das allerverbindlichste zu danken, welches dessen Herrn Sohn, der das Glück hat sich eines solchen Vaters zu rühmen, geneigtest zu bekennen bitte. Schon längst hab ich[102] mir ein Bildniß dieses ausgezeichnet wirksamen und verehrten Mannes gewünscht, und nun ist das gegenwärtige so charakteristisch und natürlich, zugleich aber so kunstreich daß es Herrn Mercandetti die größte Ehre macht. Verziehen sey mir daß ich die Verdienste der übrigen Künstler nicht namentlich bezeichne, denn ich eile Gegenwärtiges fortzuschicken, da ich denn nur noch bitte Herrn de Cristofori auf sein letztes gefälliges Schreiben zu versichern daß ich seinen Wünschen in Absicht auf inländische Käser möglichst werde suchen entgegen zu kommen, auch deshalb nächstens das Weitere vermelden werde.

Indem dieses geschrieben wird finden sich schon eine Anzahl inländischer Käfer bey mir ein; sobald ihrer hinreichend sind, um eine Sendung zu veranstalten, melde ich solches an Herrn de Cristofori unmittelbar und schicke das Kistchen wohl emballirt an die Herrn J. M. Grubers Erben in Lindau am Bodensee.

Hochachtungsvoll

Danckbar verpflichtet

Weimar den 11. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/105.


An Edmund Reade

[Concept.]

Da nunmehr die Exemplare des mir gefällig zusendeten Werkes glücklich angekommen, so darf ich nicht verfehlen solches anzuzeigen und zu vermelden,[103] daß ich solche sogleich unter meine Freunde dankbar vertheilen können, indem wir eine zahlreiche Gesellschaft von Liebhabern englischer Literatur bey uns besitzen. Die überbliebenen werde auswärts zu versenden und anzubringen wissen.

Wir Hiesigen gaben uns zuerst durch Lesung der Vorrede mit Ihren Absichten bekannt gemacht und hoffen von dem Werke selbst bey sich verlängernden Winterabenden eine angenehme und belehrende Unterhaltung.

Was mich aber persönlich betrifft, so muß ich hinzufügen, daß mir bey hohen Jahren nicht mehr möglich sey, den gewohnten Antheil an gleichzeitigen, sowohl aus- als inländischen dichterischen und literarischen Bemühungen zu nehmen; ich muß solches jüngeren Freunden überlassen, die sich Ihrem Antheil und Wohlwollen hiedurch bestens empfehlen. Eine weitere Bekanntmachung in Deutschland, vielleicht eine Übersetzung des Werkes würde durch dieselben vielleicht bewirkt werden können. Sollte mir gelingen dieses einzuleiten, so würde mit Vergnügen davon Nachricht geben.

Der ich pp.

W. d. Ocktr 1829.


46/106.


An Christian Ernst Friedrich Weller

[Concept.]

Indem ich in beygehender Rolle die mir von Netz eingereichten Blätter übersende füge zugleich ein Verzeichniß[104] bey von denen Büchern welche zunächst auf jenaischer Bibliothek eintreffen werden. Legen Sie solches Herrn Professor Göttling zum Vorschmack in guter Stunden vor und senden mir es alsdann wieder zurück, weil es zu meinen Acten gehört. Es ist mir sehr angenehm auf diese Weise meine fortwährende Theilnahme an unserer so schön blühenden Anstalt beweisen zu können.

Weimar den 17. October 1829.


46/107.


An den König Ludwig I. von Bayern

Allerdurchlauchtigster,

Allergnädigst regierender König und Herr.

In Bezug auf die von Ew. Königlichen Majestät zu meinem unvergeßlichen Freunde gnädigst gefaßte Neigung mußte mir gar oft bey abschließlicher Durchsicht des mit ihm vieljährig gepflogenen Briefwechsels die Überzeugung beygehen: wie sehr demselben das Glück, Ew. Majestät anzugehören, wäre zu wünschen gewesen. Jetzt, da ich nach beendigter Arbeit von ihm abermals zu scheiden genöthigt bin, beschäftigen mich ganz eigene, jedoch dieser Lage nicht ungemäße Gedanken.

In Zeiten, wenn uns wichtige, auf unser Leben einflußreiche Person verläßt, pflegen wir auf unser eigenes Selbst zurückzukehren, gewohnt, nur dasjenige[105] schmerzlich zu empfinden, was wir persönlich für die Folge zu entbehren haben. In meiner Lage war dieß von der größten Bedeutung; denn mir fehlte nunmehr eine innig vertraute Theilnahme, ich vermißte eine geistreiche Anregung und was nur einen löblichen Wetteifer befördern konnte. Dieß empfand ich damals auf's schmerzlichste; aber der Gedanke, wie viel auch er von Glück und Genuß verloren, drang sich mir erst lebhaft auf, seit ich Ew. Majestät höchster Gunst und Gnade, Theilnahme und Mittheilung, Auszeichnung und Bereicherung, wodurch ich frische Anmuth über meine hohen Jahre verbreitet sah, mich zu erfreuen hatte.

Nun ward ich zu dem Gedanken und der Vorstellung geführt, daß auf Ew. Majestät ausgesprochene Gesinnungen dieses alles dem Freunde in hohem Maße widerfahren wäre; um so erwünschter und förderlicher, als er das Glück in frischen vermögsamen Jahren hätte genießen können. Durch allerhöchste Gunst wäre sein Dasein durchaus erleichtert, häusliche Sorgen entfernt, seine Umgebung erweitert, derselbe auch wohl in ein heilsameres besseres Klima versetzt worden, seine Arbeiten hätte man dadurch belebt und beschleunigt gesehen, dem höchsten Gönner selbst zu fortwährender Freude und der Welt zu dauernder Erbauung.

Wäre nun das Leben das Dichters auf diese Weise Ew. Majestät gewidmet gewesen, so dürfen wohl auch diese Briefe, die einen wichtigen Theil des strebsamsten[106] Daseins darstellen, Allerhöchstdenenselben bescheiden vorgelegt werden. Sie geben ein treues unmittelbares Bild, und lassen erfreulich sehen; wie in Freundschaft und Einigkeit mit manchen unter einander Wohlgesinnten, besonders auch mit mir, er unablässig gestrebt und gewirkt und, wenn auch körperlich leidend, im Geistigen doch immer sich gleich und über alles Gemeine und Mittlere stets erhaben gewesen.

Seyen also diese sorgfältig erhaltenen Erinnerungen hiemit zur rechten Stelle gebracht, in der Überzeugung, Ew. Majestät werden gegen den Überbliebenen, sowohl aus eigner höchster Bewegung, als auch um des abgeschiedenen Freundes willen, die bisher zugewandte Gnade fernerhin bewahren, damit, wenn es mir auch nicht verliehen war, in jene ausgebreitete königliche Thätigkeit eingeordnet mitzuwirken, mir doch das erhebende Gefühl fortdauere, mit dankbarem Herzen die großen Unternehmungen segnend, dem Geleisteten und dessen weitausgreifendem Einfluß nicht fremd geblieben zu seyn.

In reinster Verehrung mit unverbrüchlicher Dankbarkeit lebenswierig verharrend

Weimar, den 18. October 1829.

Ew. Königlichen Majestät

allerunterthänigster Diener

Johann Wolfgang von Goethe.[107]


46/108.


An David Charles Read

[Concept.]

[18. October 1829.]

Zu einer Zeit wo uns die Englischen Forget me not und andere dergleichen Jahresbücher mit der mikroskopischen Geschicklichkeit dortiger Kupferstecher bekannt machen, war es mir eine höchst angenehme Erscheinung, eine Sammlung von Blättern eines Künstlers zu sehen, der mit einer zarten Haltung so wohl vertraut ist und mit Rembrandt die Wiederscheine, selbst eines schon fern geschiedenen Lichtes, sodann mit Ruisdael die anmuthig und glücklich erwachsenen, in Garben zierlich aufgestellten Feldfrüchte zu empfinden weiß.

Hat irgend ein Kunsthändler den Auftrag Ihre Arbeiten in's größere Publicum zu bringen, so nennen Sie ihn, damit man die unsrigen deshalb aufmerksam machen kann.

Leider ist die Entfernung zu groß, als daß ich meine Theilnahme lebhaft beweisen könnte; auch erlauben meine hohen Jahre nicht, mich so allgemein zu verbreiten, als ich sonst wohl das Glück gehabt.

Alles Gute wünschend und mich Ihrem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 14. October 1829.[108]


46/109.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

vermelde durch Gegenwärtiges: daß ich mir eine Anzahl von Zeichnungen und Kupferstichen aus dem Übersendeten ausgesucht, wie beyliegendes Verzeichniß nachweist.

Bey genauer Übersicht und Schätzung der Blätter erscheint jedoch die Summe von 66 Thalern 23 Groschen bedeutend hoch, und ich darf wohl in diesem Sinne einigen Rabatt von derselben mir erwarten. Haben Sie die Geneigtheit sich darüber zu erklären, und ich werde sowohl das Geld als die übrigen Blätter senden und übermachen.

Mit den besten Wünschen in vorzüglicher Hochachtung

ergebenst

Weimar den 19. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/110.


An Carl Friedrich Zelter

Ich muß nur wieder anfangen dem Papier Neigung und Gedanken zu überliefern; zuvörderst aber aussprechen daß ich nach deiner Abreise äußerst verdrießlich geworden bin. Zu Dutzenden lagen und standen die liebenswürdigsten Bedeutenheiten umher, alles mittheilbar! Und was war nun mitgetheilt? Kaum irgend etwas das werth gewesen wäre.

[109] Die Gegenwart hat wirklich etwas Absurdes; man meint das wär' es nun, man sehe, man fühle sich, darauf ruht man; was aber aus solchen Augenblicken zu gewinnen sey, darüber kommt man nicht zur Besinnung. Wir wollen uns hierüber so ausdrücken: der Abwesende ist eine ideale Person; die Gegenwärtigen kommen sich einander ganz trivial vor. Es ist ein närrisch Ding, daß durch's Reale das Ideelle gleichsam aufgehoben wird, daher mag denn wohl kommen daß den Modernen ihr Ideelles nur als Sehsucht erscheint. Hierüber wollen wir nicht weiter nachgrübeln, sondern es bey diesem ziemlichen und unziemlichen Vorwort bewenden lassen; ob ich gleich noch eine lange Litaney zu Aufklärung der allgemeinen neuern Lebensweise hienach wohl ausspinnen könnte.

Nun aber aus dem Grillenhaften in's Behagliche überzugehen muß ich vermelden: daß Herr Ternite sich wirklich grandios bewiesen hat; denn indem diejenigen Blätter und Nachbildungen die er mir zu eigen verehrt, des besten Dankes werth sind; so hat er durch den Schatz von Durchzeichnungen der nun vor mir liegt, das ehrenvollste Vertrauen bewiesen. Ich halte aber auch darüber auf das sorgfältigste. Verdient sie jemand zu sehen dem zeig ich sie selbst vor.

Hier nun das Wundersamste des Alterthums, dem der sehen kann, mit Augen zu sehen; die Gesundheit nämlich des Moments und was diese werth ist. Denn diese, durch das gräulichste Ereigniß verschütteten[110] Bilder sind, nach beynahe zweytausend Jahren, noch eben so frisch, tüchtig und wohlhäbig als im Augenblick des Glücks und Behaglichkeit, der ihrer furchtbaren Einhüllung vorherging.

Würde gefragt was sie vorstellen? so wäre man vielleicht in Verlegenheit zu antworten; einsweilen möchte ich sagen: diese Gestalten geben uns das Gefühl: der Augenblick müsse prägnant und sich selbst genug seyn um ein würdiger Einschnitt in Zeit und Ewigkeit zu werden.

Was hier von der bildenden Kunst gesagt ist, paßt eigentlich noch besser auf die Musik, und du kannst, alter Herr, dein Bestreben, deine Anstalt überdenkend, obige wunderlichen Worte gar wohl gelten lassen. Fürwahr die Musik füllt, in jenem Betracht, den Augenblick am entschiedensten, es sey nun daß sie in dem ruhigen Geiste Ehrfurcht und Anbetung errege, oder die beweglichen Sinne zu tanzendem Jubel hervorrufe. Das Übrige frommen und richtigen Gefühlen, so wie einsichtigen Gedanken überlassend.

Unsre beiden Prinzessinnen haben mir durch ihre holde Gegenwart viel Vergnügen gemacht. Man mag solche, schon lang gekannte und geliebte Wesen gar zu gern nach einiger Zeit in behaglichen Zuständen wiedersehen, deshalb denn ihre Gemahle, die königliche Familie und Berlin überhaupt gerühmt werden sollen.

Übrigens, Ihr lieben Athenienser, wenn Ihr mehr gewohnt wär't einem treuen Autor etwas Gründlich-Verbindliches[111] über seine Werke zu sagen, so würde ich meinen zweyten Aufenthalt in Rom, welcher mit der nächsten Sendung anlangt, nachdrücklicher empfehlen; doch mag bey'm Alten bleiben und ich will damit auch zufrieden seyn.

Zunächst aber bitte, meine Briefe von 1828 zu senden, damit auch diese Wechselreden zu den übrigen Codicibus können hinzugefügt werden. Wobey ich zugleich ermahne noch diese letzten Monate fleißig zu schreiben, damit auch dieses Jahr neben seinen Geschwistern in Ehre bestehen könne.

Wie zunächst so fort an.

Weimar den 19. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/111.


An Friedrich Johannes Frommann

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke zum allerschönsten für das glücklich gefertigte Körbchen; ein so guter Anfang läßt schnelle Fortschritte hoffen. Es sieht schon gegenwärtig ganz günstig aus, und kommt irgend eine Abwechslung in der Farbe hinzu, so wird es noch anmuthiger werden. Schon diesem sollen blaßgelbe Bänder zu Halt und Charniere eine heitere Wirkung verleihen.

Wollten Sie indessen die Rechnung für Farben in der Apotheke bezahlen, so würde ich den Betrag für[112] diesen Korb sogleich mit entrichten. Sodann habe mit einiger Beschämung anzufragen, ob ich nicht die vorigen Körbe noch schuldig bin? Ich darf mich einen willigen Zahler nennen, ob ich gleich manchmal aus Vergessenheit säumig bleibe.

Was der unternehmende, der so einsichtige und thätige Director Glenck mir vor acht Wochen meldete liegt im Original hier bey. Sobald ich das Weitere erfahre melde solches. In Buffleben ist er in geringer Tiefe schon sehr glücklich gewesen; möge sein Wagniß auch bey uns baldigst belohnt werden.

Mich Ihrem werthen Kreise bestens empfehlend. Auch Herrn Hofrath Gries bitte schönstens für die übersendeten Bändchen zu danken; ich möchte nicht blos ein allgemeines Empfangschreiben an ihn erlassen. Sobald ich mich mit seinen verdienstvollen Arbeiten näher werde bekannt gemacht haben, erfolgt eine dankbare Anerkennung.

Den 18. October 1829.


46/112.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Wollten Sie wohl, mein Theuerster, beykommendes Opus nach gefälligem Herkommen beleuchten, damit wir Freytag darüber conferiren können; es ist eine alte Schuld die auf mir lastet, wovon ich die Befreyung auch Ihnen zu danken wünsche.

Weimar den 21. October 1829.

G.[113]


46/113.


An Johann Jacob und Marianne von Willemer

So eben kommt Hudhud, der sich etwas zu lange bey seiner ehemaligen Gönnerin verweilt haben mag, mit belobtem Weihrauch zurück den ich jedoch scharf zu prüfen bitte, ob er denn auch dem sonst beliebten gleich sey. Wird er probat gefunden, so steht, auf geneigte Anmeldung, jedesmal einen neue Portion zu Diensten, nur bemerkte daß man wohl thut das Glas von Zeit zu Zeit zu schütteln, damit die Ingredienzien immer gleich vertheilt bleiben.

Zugleich aber hab ich für die freundliche Bemerkung zu danken, welche auf die Nachholung eines früheren Versäumnisses hindeutet. Hübsch wär es gewesen wenn man gleich in der ersten Zeit an ein solches ehrenhaft beyzubehaltendes Verhältniß gedacht hätte; auch sind dazwischen manche Epochen eingetreten wo dazu Gelegenheit gewesen wäre. Da nun aber auch die nächstvergangene hiezu nicht benutzt ward, so glaube ich es sey am besten gethan diese Angelegenheit ruhen zu lassen und der glücklichen Freundschaftsbezüge im Stillen zu genießen. Mündlich würde sich manches hin und wieder verhandeln lassen, ich spreche hier das letzte Resultat meiner Überlegungen aus, mit wiederholtem Dank für jenes zartmüthige Erinnern.

Nun aber hab ich hinzuzufügen daß ich das Schreiben vom 7. August zu seiner Zeit wohl erhalten,[114] auch mich dem vorjährigen Reisewege, dem Tagebuch zu Folge gern angeschlossen habe; der Brief aus Baden ist mir gleichfalls freundlich zugekommen, so wie der am 25. September aus Frankfurt, worauf ich früher eine dankbare Erwiderung gesendet hätte, wäre nicht Hudhud mehr als billig ein Zögerer gewesen. Wie ich denn auch sonst auf gar manche Weise belagert und zu einer ausführlichen Mittheilung in die Ferne durch schnelles Umdrehen des Innern verhindert werde. Mögen Sie in Ihrer häuslichen Ruhe meiner gern gedenken und auch wohl ein Stündchen zu schriftlichem Antheil an den Freund wenden, dessen treue Gesinnungen sich immer gleich bleiben.

Und so fort an!

Weimar den 22. October 1829.

J. W. v. Goethe.


Nachschriftlich

habe freundlichst zu vermelden daß ich am Abend des 23n da Vorstehendes geschrieben war, die sämmtlichen Blätter vom 7. August bis zum 25. September nochmals durchgelesen und, bey reiner ruhiger Stimmung, den angenehmsten Genuß gehabt, wogegen Vorstehendes gleichsam nur in einem todten Geschäftstone geschrieben ist. So abhängig ist man vom Augenblick und so selten die fromme Stimmung, in welcher man sich allein das Abwesende zu vergegenwärtigen fähig fühlt. Manches folgt hiernächst, besonders auch ein pflanzenreiches Blatt.

Wie oben und immer.[115]


46/114.


An Philipp Jacob Weydt jun.

Herr P. J. Maarstaller aus Hamburg, welcher mir einen Dry Madeira geliefert, womit ich wohl zufrieden zu seyn Ursache hatte, meldet mir, daß ich bey seinem Herrn Schwestersohne in Frankfurt a/M. Herrn Philipp Jakob Weydt jun. alle Weine seines Preiscourants eben so gut als von ihm erhalten könne. Ich ersuche Dieselben daher, mir 20 Flaschen Dry Madeira zu übersenden, dazu auch Proben von sonstigen Dessertweinen, als Carcowellos, Paxaret, Tinto de Roda und was etwa vorzüglich beliebt ist, beyzupacken. Hiernächst den Betrag der Rechnung, und an wen das Geld allenfalls hier zu zahlen wäre gefällig zu melden.

Mit den besten Wünschen in vorzüglicher Hochachtung.

ergebenst

Weimar den 22. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/115.


An Franz Baumann

Sie würden mir, mein werthester Herr Hofgärtner, eine Gefälligkeit erweisen, wenn Sie mir, zu Bestellung einer neuen Rabatte, an welcher ich nächstens Frühjahr bey Zeiten einiges Vergnügen haben möchte, frühblühende Gewächse baldigst zusenden wollten. Es ist[116] hier von raren Sachen nicht die Rede; es würden Crocus, Galanthus nivalis, Leucoium vernum und dergleichen; auch Adonis verna, Anemone pulsatilla und was sich sonst frühzeitig hervorthut, ganz angenehm seyn. Auch wünschte mir noch einige Samenkörner von Heraclium speciosum.

Einen günstigen Winter und sonst das Beste wünschend.

Weimar den 24. October 1829.

Goethe.


46/116.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

erzeigen mir eine besondere Gefälligkeit, indem Sie sich der von mir intentionirten naturhistorischen Absendung geneigtest annehmen.

Übereinstimmend mit dem Gemeldeten nehme die Summe einiger hundert Species von Käfern für den gemeldeten Preis, das Stück zu drey Pfennigen, willig an; die seltneren etwas höher zu taxiren, sey Denenselben ganz überlassen. Daß die Käfer festgesteckt werden, ist freylich eine Hauptbedingung; auch sind vielleicht kleinere Kästchen räthlich, die ineinander schachteln und wovon die mittleren zugleich Boden und Deckel sind. Dabey würde von den bestimmten (2) ein Catalog hinzuzufügen seyn. Billige Renumerationen für solche Nebenbemühungen seyen Ew. Wohlgeboren Ermessen völlig übergeben.

[117] Um Beschleunigung dieses kleinen Geschäfts und einsichtige Direction zutrauensvoll ersuchend.

Hochachtungvoll

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

Weimar den 25. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/117.


An Carl Emil Helbig

[Concept.]

In Dresden haben sich Künstler und Kunstfreunde vereinigt und durch Subscription eine Casse gebildet, woraus Künstler, besonders vorerst Maler, auf folgende Weise aufgemuntert und unterstützt werden sollen.

In der Mitte eines jeden Sommers besorgt man daselbst eine Ausstellung; die eingebrachten Gemälde werden beurtheilt, die preiswürdigen angekauft und unter des Actionärs verlost. Da man nun von weimarischer Seite sich an jenen Verein angeschlossen und gnädigste Herrschaften sowohl als sonstige wohlmeinende Kunstfreunde gleichfalls Actien genommen, so haben unsre Künstler dadurch ein gleiches Recht erhalten, ihre Werke dorthin einzuschicken und gleicher Vortheile mit den königlich sächsischen Künstlern zu genießen. Es kann dieses um so angenehmer seyn, da nicht wie bey sonstigen Preisaufgaben nur Ein Bild honorirt wird, sondern mehrere erwarten können um einen billigen Preis ihre Bilder angebracht zu sehen.

[118] Vorstehendes wünschte den beiden auswärts sich befindenden Künstlern mitgetheilt, damit sie die Zeit, die uns bis in den Juni des nächsten Jahres bevorsteht, dazu benutzten, nach ihren schönen Talenten, wohlgedachte und fleißig ausgeführte Bilder zu verfertigen, solche anher einzusenden, damit sie nach Dresden von hier aus spedirt werden können. Man wünscht daß man Bilder von mittlerer Größe unternehme, da solche den Liebhabern im Durchschnitt angenehmer sind, und ja auch Erfindung, Geschmack und Ausführung in einem mäßigen Raume sich zu zeigen genugsame Gelegenheit haben. Es ist nicht zu zweifeln, daß auf diesem Wege unsere Künstler sich bekannt machen und ferneren Absatz unter den Kunstfreunden gewinnen werden.

Weimar den 25. October 1829.


46/118.


An Friedrich Jacob Soret

Empfangen Sie freundlich, theuerster Mann, einen lebhaften Morgengruß und zugleich die Einleitung zu der Metamorphose der Pflanzen, abgeschlossen und revidirt, dabey auch den schon übersetzten Theil, Concept und Mundum. Mögen Sie nun dieses Heft vollbringen, so würden wir im Falle seyn uns bey eintretender Winterzeit mit Beginn und Fortsetzung des Druckes angenehm zu unterhalten, und uns zugleich[119] mit der Ausarbeitung des geschichtlichen Theils beschäftigen, wozu die Materialien schon reichlich gesammelt vorliegen.

In Hoffnung eines baldigen geneigten Besuchs empfehle mich zum allerschönsten.

treulichst

Weimar den 25. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/119.


An Christian Heinrich Keitel

[Concept.]

[27. October 1829.]

Mit lebhaftester Entschuldigung eines zufällig eingetretenen Versäumnisses habe Ew. Wohlgeboren zu vermelden daß heute Abend meine zurückgebliebene Schuld von 3 rh. 15 Groschen Conventions-Münze durch den Postwagen abgeht. Diese Verzögerung setzt mich jedoch zugleich in den Fall Denenselben für genaue Besorgung dieser kleinen Angelegenheit bestens zu danken, indem ich von meinem Freunde in Moskau Nachricht habe daß die dorthin bestimmte Sendung glücklich angekommen. Zugleich hoffe die Erlaubniß, bey wieder eintretendem Falle Ihre Gefälligkeit wieder ansprechen zu dürfen.

Mich in vorzüglicher Hochachtung unterzeichnend.

Weimar den 26. October 1829.[120]


46/120.


An Carl Gustav Börner

Ew. Wohlgeboren

habe hiedurch zu vermelden daß Herr Julius Elkan, Banquier allhier, den Auftrag hat Ihrer letzten Erklärung gemäß 60 rh. sächsisch an Dieselben auszuzahlen.

Da Ihnen durch das Bisherige gar wohl bekannt ist, wohin meine Neigungen in dem angenehmen Kunstfache der Zeichnung und Radirungen gerichtet sind, so ersuche Dieselben mir von Zeit zu Zeit, wenn vorzügliche Blätter von der Art zu Ihnen gelangen, sie mir zu senden, billige Preise anzusetzen und baldigster Bezahlung sich versichert zu halten.

Das Portefeuille mit den übrigen Blättern geht zugleich ab.

Alle Gute wünschend

ergebenst

Weimar den 27. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/121.


An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes Schreiben vom 7. October hat einen meiner dringendsten Wünsche erfüllt, indem es mir Nachricht von der Wiederherstellung einer so schätzbaren Gesundheit mittheilt. Die wichtigsten Verhandlungen, welche[121] die Manneskräfte zu erschöpfen allein wären geeignet gewesen, noch verbunden mit körperlichen Anstrengungen mußten freylich manche schädliche Wirkung befürchten lassen. Nun aber seyn, wie im Allgemeinen, so auch von unsrer Seite Glück gewünscht, da wir ja auch, wie es den Anschein hat, in der Folge von Ihren so bedeutenden Bemühungen gleichfalls günstigen Einfluß zu hoffen haben.

Auf Ew. Wohlhochgeboren Gegenwart und mündliche Unterhaltung aber hatte ich um so mehr gehofft als manches umständlich zu erklären war, was sich zu schriftlicher Ausgleichung nicht wohl anläßt. Da mir jedoch jene intentionirte höhere poetische Widmung nicht wie ich wünschte gelingen wollen; so sende, zum Abschluß gegenwärtiger Angelegenheit, eine prosaische, deren gnädigster und geneigter Aufnahme ich mit Sehnsucht entgegen sehe. Wobey ich geziemend bitte, das was in Förmlichkeit und Titulatur vielleicht noch nachzubringen seyn möchte einsichtig zu bewirken.

Mich dem verehrten Freundes-Paare hiedurch zum allerbesten empfehlend, füge auf einem besondern Blatte noch einiges Geschäftsmäßige bey und habe die Ehre mich mit vorzüglichster Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamsten Diener

Weimar den 25. October 1829.

J. W. v. Goethe.[122]


[Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.

1) Schon längst ist von Naturfreunden der Wunsch geäußert worden meinen älteren Aufsatz über die Metamorphose der Pflanzen einzeln abgedruckt zu sehen, wie denn die Ettingerische Verlagshandlung in Gotha deshalb Anträge gethan. Hierauf beschäftigte ich mich, in Gesellschaft des Herrn Hofrath Soret, eine Übersetzung in's Französische auszuarbeiten. Es soll derselben eine Einleitung vorausgehen, wie der Verfasser zu diesen Studien gelangt, und dem Aufsatze selbst die Geschichte folgen, was seit mehr als vierzig Jahren von diesem Puncte der Wissenschaft aus geleistet worden. Ferner sollte es an erläuternden Noten und was sonst zur Aufklärung dieser bedeuten den wissenschaftlichen Angelegenheit dienen könnte nicht fehlen.

Zu dieser Arbeit wurden wir vorzüglich aufgemuntert durch die Anerkennung welche Herr Decandolle in seiner Organographie und sonst diesen Ansichten gewidmet. Dagegen hat uns eine indessen in Genf und Paris herausgekommene Übersetzung in unserm Vornehmen nicht irren können. Das sorgfältigst in beiden Sprachen ausgearbeitete Manuscript würde über ein Alphabet betragen, wir könnten den Druck alsobald anfangen und wahrscheinlich bis Ostern vollbringen, wenn Ew. Hochwohlgeboren solches in Verlag zu nehmen, den Druck Herrn Frommann zu übergeben[123] und ein Honorar von [1000] Thalern, halb zu Anfang, halb nach Beendigung des Drucks, zu verwilligen geneigt wären. Eine gefällige Erklärung hierauf würde die Angelegenheit entscheiden.

2) Ferner vermelde, daß ich den Termin für die siebente Lieferung von den Herren Frege in Leipzig mit [7500 Thalern] bezogen habe. Das Original der nächsten Bände ist schon zum größten Theile in Herrn Reichels Händen; eines Mannes, dessen ruhige und genaue Behandlung des Geschäfts ich nicht genug rühmen kann.

3) Der gewöhnlichen Berechnung abgesetzter Exemplare zum Schluß der Messe entgegen sehend, danke

4) zum schönsten für den neuesten Almanac des Dames und für die Fortsetzung der Zeit- und Tagsblätter.

5) Noch eins habe hizuzufügen: Von meinen kleinen Gedichten und von Hermann und Dorothea sind neuerlich, wie ich sehe, einzelne Abdrücke erschienen. Hiervon möcht ich Dieselben um einige Exemplare ansprechen. Da man so oft in den Fall kommt Freunden und Gönnern etwas Angenehmes zu erweisen so geschieht dieses wohl am besten durch zwar geringe aber doch dem innern Sinne nach gehaltreiche Gaben und ich würde es Ew. Hochwohlgeboren Dank wissen, wenn Sie mir zu solchen Gelegenheiten einigen Beytrag verleihen wollten.

gehorsamst

Weimar den 27. October 1829.

J. W. v. Goethe.[124]


46/122.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

[27. October 1829.]

Herr Banquier Julius Elkan wird hiedurch höflichst ersucht, an Herrn Börner, Mahler und Kunsthändler in Leipzig, die Summe von 60 rh. sächsisch auszahlen zu lassen und alsbaldiger Erstattung gewärtig zu seyn.

Weimar den 26. October 1829.


46/123.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Hierbey Parket-Billette für die liebe Familie; es wird gut seyn sich so nah als möglich an den Spielenden hervorzusetzen, weil es eben so interessant seyn soll ihn spielen zu sehen als zu hören. In meiner Loge muß ich auf diesen Doppelgenuß Verzicht thun. Von dieser lang erwarteten Erscheinung die beste Zufriedenheit wünschend

Weimar den 29. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/124.


An Carl Emil Helbig

Ew. Hochwohlgeboren

würden mir eine besondere Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie mir abermals vier Flaschen Dry Madeira gegen[125] unmittelbare Bezahlung aus großherzoglicher Hofkellerey wollten verabfolgen lassen.

Mich zum schönsten und besten empfehlend

ergebenst

Weimar den 30. October 1829.

J. W. v. Goethe.


46/125.


An Heinrich Mylius

[Concept.]

[31. October 1829.]

Ew. Wohlgeboren

Ankunft in meiner Vaterstadt ist mir durch Herrn v. Froriep bekannt, auch das gefällig Zugedachte richtig übergeben worden. Eine zu beeilende Antwort an Dieselben kann ich nicht besser anfassen als durch Abschrift eines Briefes welcher in der Hälfte Octobers nach Mayland abgegangen, indem ich nur noch hinzuzufügen haben daß mir schon am 18. October die Ankunft der fraglichen Kiste über Lindau von Herrn Herzogenrath in Nürnberg und deren Spedition hierher angekündigt worden.

Es würde dieselbe auch schon hier seyn, wenn [nicht] der Weg über Jena nach Leipzig wegen der preußischen Zölle vermieden würde, dessen ungeachtet wird sie, wenn auch schon etwas verspätet, bey mir ankommen. Sobald dieß geschehen, schreibe Herrn de Cristofori unmittelbar und melde das Weitere.

Die 70 Gulden 48 Kreuzer in 24 fl. Fuß werden sogleich an Herrn Hoffmann in Weimar[126] ausgezahlt. Glückliche Rückreise wünschend und nur bedauernd daß wichtige Geschäfte Sie verhindern konnten uns zu besuchen um sich persönlich unverbrüchlicher Theilnahme und wahrer Anhänglichkeit geneigt zu überzeugen. Fortdauer der Ihrigen mir erbittend,

In vollkommenster Hochachtung.

Weimar den 30. October 1829.


46/126.


An Carl Friedrich Zelter

Nachdem wir also über die Verzweiflung der Gegenwart, so wie über einige Bedenklichkeiten der Ferne durch deine freundliche Auslegung glücklich hinüber gekommen, so wollen wir nun den Augenblick desto höher werth achten und ihm das Mögliche für die Zukunft abzugewinnen suchen.

Vom nächsten also zu reden sage nur soviel: daß unter den vier, von Ulriken begünstigten Engländern einer ganz in Verzweiflung ist deine musikalischen Großheiten nicht vernommen zu haben; er ist, ich weiß nicht ob mit Talent und Beruf, der Musik leidenschaftlich ergeben, spielt alle Tage drey Stunden Violoncello mit unserm Hase, kommt nirgends hin als wo gespielt und gesungen wird. Dieser eigentlich war es welchen Ulrike deiner freundlichen Aufnahme, insofern es die Umstände vergönnten, werth hielt; sie hatten sich fest vorgesetzt und versprochen, Mittwoch Abend wieder hier zu seyn, um Donnerstag Abends[127] sich auf einen Ball einzufinden, der nun leider, durch den Tod der Frau Großherzogin von Darmstadt, ajournirt werden mußte.

Ein Wort von meiner Lectüre! Mit den Memoiren von Bourrienne bin ich bis zum 8ten Bande gekommen. Erinnerung und Aufklärung gesellen sich für und in diesem Werke. Merkwürdig ist zu lesen die neue Ansicht eines wichtigen Punctes der Geschichte: der Verfasser macht höchst wahrscheinlich, daß Napoleon nie den Vorsatz gehabt nach England über zu setzen, vielmehr habe er unter dieser Vorspiegelung eigentlich nur die Absicht gehegt den Kern einer großen, thätigen, zu allem bereiten Heeresmacht zu bilden und um diese Mitte her eine Truppenmasse dergestalt disponirt und locirt, daß er sie, in der kürzesten Zeit, an und über den Rhein bringen könne, welches ihm denn auch auf den Grad gelungen daß er, wider aller Menschen Denken und Vermuthen, Ulm eingeschlossen und in seine Gewalt bekommen habe. Von den Folgen dieses Zuges nicht weiter zu reden.

Aufgefordert unsre Gedanken dorthin zurück zu wenden, fühlen wir uns von einem neuen Staunen angewandelt. Es ist ein Glück daß zur Zeit da wir dieses erlebten das Ungeheure solcher Ereignisse uns nicht deutlich werden konnte.

Nun aber von mir selbst etwas zu sagen so ist alles was ich gegenwärtig persönlich leiste rein testamentlich. Das Manuscript der siebenten Lieferung[128] ist abgegangen, das der achten ist so gut wie beysammen und so wäre denn Ostern das Ziel erreicht, welches ich zu erleben kaum hoffen durfte.

Nun aber muß möglichst redigirt werden, was unter meinen übrigen Papieren von angefangenen und angedeuteten Papieren befindlich seyn möchte von einigem Werth, auch ist meine Correspondenz von einigen Jahren her durchzusehen; am meisten aber fordert mich auf dasjenige zu retten was ich für Naturkunde gethan habe. Von den dreyhundert Naturforschern, wie sie zusammengekommen, ist keiner der nur die mindeste Annäherung zu meiner Sinnes-Art hätte, und das mag ganz gut seyn. Annäherungen bringen Irrungen hervor. Wenn man der Nachwelt etwas Brauchbares hinterlassen will, so müssen es Confessionen seyn, man muß sich als Individuum hinstellen wie man's denkt, wie man's meint, und die Folgenden mögen sich heraussuchen was ihnen gemäß ist und was im Allgemeinen gültig seyn mag. Dergleichen blieb uns viel von unsern Vorfahren.

Womit also für heute die Unterhaltung möge geschlossen seyn.

Paganini hörte gestern Abend.

Weimar den 1. November 1829.

Goethe.

Kannst du ohne Beschwerlichkeit einleiten daß sie mir noch ein paar ordinaire Exemplare des Musenalmanaches zusenden so hilfst du mir einige Gefälligkeit zu erwidern deren ich unzählige schuldig werde.[129]


46/127.


An Carl August Hofmann

[Concept.]

Für Rechnung des Herrn Heinrich Mylius, Handelsvorstand in Mailand und Ritter des weißen Falken-Ordens, hat Unterzeichneter auszuzahlen 70 fl. 48 Kreuzer rheinisch, betragend 39 rh. 10 Groschen 8 Pf. sächsisch, welche hiebey an Herrn Professor Hoffmann der Anweisung gemäß gegen Quittung verabfolgt werden.

Weimar den 2. November 1829.


46/128.


An Giuseppe de Cristofori

[Concept.]

[3. November 1829.]

Durch Gegenwärtiges, mein hochgeehrtester Herr, erfülle ich meine Pflicht, anzuzeigen: daß die mir gesandte Kiste Mineralien und Fossilien glücklich eingelangt sey, für deren einsichtige Auswahl und geneigte Besorgung ich den besten Dank ausspreche. Nach Anordnung des Herrn Ritter Mylius habe ich die dafür schuldige Summe von 70 fl. 48 Kreuzern in 24 Gulden-Fuß allhier an dessen Herrn Schwager entrichtet.

Zugleich kann ich vermelden daß ich einige Naturfreunde, allhier und in unsrer Gegend, veranlaßt habe Sendungen von Insecten für Dieselben zusammenzubringen; ich werde sie, nach und nach, an die Firma[130] J. M. Grubers Erben nach Lindau spediren, von wo sie leicht nach Mailand gelangen werden, und wünsche daß sie Denenselben zu einiger Zufriedenheit gereichen mögen. Wovon seiner Zeit ich gefällige Nachricht zu erfahren wünschen.

Bis dahin aber bitte keine weitere Sendung von Mineralien und Fossilien an mich abgehen zu lassen, bis ich überlege was, nach dem schon Erhaltenen, mir aus jenen Gegenden noch belehrend seyn könnte. Würden Sie mir allenfalls ein Verzeichniß mit beygesetzten Preisen zuschicken, so würde ich mich desto eher entscheiden können. Ich besitze die wichtigsten Tyroler Mineralien, auch die vom Fassathal, meistens in schönen Exemplaren, auch habe aus den euganäischen Gebirgen, vor so vielen Jahren, einige Beyspiele mitgebracht.

Eben da ich dieses abschließe bringt man mir ein Kästchen mit 106 Schmetterlingen und 112 Käfern, alles einheimische, von denen ich wünschen muß daß sie Ihnen angenehm seyn mögen. Sie werden, wie schon oben gemeldet, nächstens an die Herrn Grubers Erben in Lindau adressirt abgehen und gewiß auch auf das baldigste bey Ihnen anlangen. Der ich mich zu fernerer Wohlgewogenheit und wissenschaftlicher Theilnahme bestens und freundlichst empfohlen haben will.

Weimar den 2. November 1829.[131]


46/129.


An Johann Heinrich Meyer

Wollten Sie wohl, mein Theuerster, heute mit mir speisen? es ist seit der Zeit manches Mittheilenswerthe bey mir eingelaufen. Auch bin ich wegen Ihres Befindens in einiger Sorge. Möchten Sie wohl die schönen lithographirten, auf Alterthum und Mythologie bezüglichen Hefte, für einige Zeit mir zukommen lassen?

Das Beste wünschend

Weimar den 3. November 1829.

G.


46/130.


An William Parry

[Concept.]

Beide hier conzipirte Antworten wären, nach gefälliger Übersetzung, mit dem Namen des Professor Friedrich Wilhelm Riemer geneigtest zu unterzeichnen und auszufertigen.

Weimar den 3. November 1829.


46/131.


An Christian Ernst Friedrich Weller

Ich kann Ihnen, theuerster Mann, nicht ausdrücken, wie weh es mir that den Unfall zu vernehmen der Sie neulich zwischen Weimar und Jena betroffen hat. Beruhigen Sie mich durch die Nachricht daß Sie keine schlimmen Folgen empfinden.

[132] Hiebey folgt ein Schein über ein Büchlein von einem Holländer Meese; ich erinnere mich des Titels nicht, aber es handelt vom Reimen der Pflanzensaamen; es ist ein schwaches Büchlein in 4° und hat ein paar Tafeln am Ende, die ich, vor soviel Jahren, nach dem Göttinger Exemplar, einzeichnen ließ da die Kupfer fehlten.

Sodann lege einen hübschen englischen Octavband bey, mit dem Wunsch, Sie möchten solchen Herrn Döring übergeben. Ich will und kann das Ganze nicht beurtheilen, es hat aber sehr schöne Stellen; vielleicht mag und kann gedachter Freund einiges davon übersetzen und brauchen und es überhaupt in Deutschland einführen. Als Zeichen der Zeit und Nachwirkung von Byron scheint es mir überhaupt sehr merkwürdig.

Das Beste Ihnen und den lieben Ihrigen wünschend, möcht ich mich hiedurch schönstens empfohlen wissen.

treulichst

Weimar den 4. November 1829.

J. W. v. Goethe.


46/132.


An Friedrich Jacob Soret

Die Stufen, theuerster Herr, sind wirklich frisch und interessant; ich würde sie auf alle Fälle für mich und Jena behalten, auch Ihnen das etwa Gefällige angeboten haben.

[133] Nach Ihrer Einleitung und Anordnung jedoch lasse ich das Ganze zu mir bringen und auslegen, welches gefällig zu betrachten Sie schönstens eingeladen sind. Ich bemerke zugleich, daß seine Forderung preußisch Geld gemeint ist. Tausend Dank für den freundlichen und fördernden Antheil.

treulichst

Weimar den 5. November 1829.

J. W. v. Goethe.


46/133.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Da gestern das Glück Höchstdenenselben aufzuwarten mir nicht werden sollte, so kann ich unmöglich verschieben beygehenden Aufsatz vorzulegen; er scheint mir sehr sinnig und der Sache angemessen, ich wünsche daß er Höchstdieselben gleichfalls befriedigen möge.

Zunächst füge einen Auszug bey, was während den 3 Monaten August, September und October an Kupferwerken, Büchern, Journalen und Zeitschriften eingegangen, ingleichen was zur Militair-Bibliothek gekommen. Dergleichen Auszug kann auf höchsten Befehl monatlich vorgelegt werden und es hängt alsdann von gnädigster Bestimmung ab was von diesen Werken näher anzusehen belieben sollte.

Weimar den 5. November 1829.[134]


46/134.


An Friedrich Jacob Soret

Vielen Dank, mein trefflicher Freund, für die wohl durchgeführte Negociation; statten Sie solchen recht lebhaft höheren Ortes ab, bis ich selbst dazu Gelegenheit finde.

Hiebey übersende sieben Nummern der Revue française und zwar Nr. 2. 3. 4. 5. 6. 9. 11. Die fehlenden sind verborgt und können auf Verlangen eingefordert werden; die vorliegenden geben für den ausgesprochenen Zweck, wie ich glaube, genugsam Übersicht und Unterhaltung.

Anbey erfolgt eine Rolle, in gleicher Absicht Ihro Kaiserliche Hoheit mit einigem Angenehmen und Nützlichen bekannt zu machen.

In Hoffnung baldiger Wiedersehens; da denn die angeschafften Mineralien uns einiges Vergnügen gewähren sollen.

treu angehörig

Weimar den 6. November 1829.

J. W. v. Goethe.


46/135.


An J. M. Grubers Erben

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben schon verschiedene Male die Gefälligkeit gehabt in meinen Angelegenheiten einige Spedition zu übernehmen, ich finde mich gegenwärtig in gleichem Falle.

[135] Mit der fahrenden Post nämlich ist ein Kistchen an Sie abgegangen, emballirt in Leinewand, sign. H. G. E. x, 6 rh. an Werth, Käfer und Schmetterlinge enthaltend, mit der hinzugefügten Bitte: solche an Herrn Joseph de Cristofori, Contrada del Durino No. 428 in Mailand abgehen zu lassen; es ist solches ein Freund von Herrn Heinrich Mylius, mit welchem werthen Manne ja ohnehin in Connexion stehen.

Sollte ich durch diese oder irgend eine andere Sendung, die ich mir zunächst erlaube, irgend einige Kosten verursachen; so bitte mich davon in Kenntniß zu setzen da ich jederzeit bereit bin solche zu restituiren.

Mich und diese kleine Angelegenheit bestens empfehlend.

Weimar den 8. November 1829.


46/136.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

muß ich leider eilig benachrichtigen, daß ich unter meinen Papieren wohl den deutschen Text des bekannten Gedichtes, aber den griechischen nicht finde und auch in dem Augenblicke mich nicht besinne, wo er zu suchen wäre; deshalb ich wünsche, Sie möchten geneigt seyn, mir baldigst eine Abschrift zu senden, damit jener Scherz mit einiger Mannichfaltigkeit durchgeführt werden könne.

[136] Auch in der Folge Ihre belebende Gegenwart wünschend und hoffend, unterzeichne mich hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar den 8. November 1829.

J. W. v. Goethe.


46/137.


An die Großherzogin Maria Paulowna

[Concept.]

Ew. Kaiserlichen Hoheit darf nicht verbergen wie sehr ich mich beglückt fühle, wenn Höchstdieselben meine Mittheilungen und Anordnungen gnädigst zu billigen geruhen. Ich wünsche nichts mehr, als daß Ew. Kaiserliche Hoheit nach und nach von allen Zweigen meiner Geschäftsführung Kenntniß nehmen und sie Höchstihro Beyfalls und Theilnahme würdig finden mögen.

Einiges indessen Ausgezogene lege bey und bitte um Erlaubniß auf eben die Weise weiter fortfahren zu dürfen.

Weimar den 8. November 1829.


46/138.


An Wilhelm Dorow

Ew. Wohlgeboren

darf ich versichern, wie angenehm es mir sey, wenn Dieselben ein seit langen Jahren gehegtes Vertrauen abermals aussprechen, obschon ich lange nichts von[137] mir vernehmen lassen. Ich habe mich aufrichtig des Glücks gefreut, das Sie bey Ihrem Forschen und Suchen in Italien begünstigte, wie ich denn allem zu folgen gesucht habe, was in diesem schönen Felde unentdeckter Alterthümlichkeiten sich hervorthun mochte.

Dabey kann ich aber mein Leidwesen nicht verbergen, daß zwischen den Männern, welche sich jetzt mir so angenehmen als wichtigen Gegenständen beschäftigen, eine Art von Widerwürdigkeit hervortritt, und zwar eine solche, wie sie nicht blos aus Verschiedenheit der Meynung zu entstehen pflegt, sondern welche sogar die Sittlichkeit der Betheiligten verdächtig macht. Plagiate, Präoccupationen, Übereilung, Unwissenheit, oberflächliche Behandlung, bösen Willen, und wie der Unfug alles heißen mag, wirft man sich einander vor, wie mir leider aus den verschiedenartigen Druckschriften zur Kenntniß gekommen. Thun Sie als unermüdlicher emsiger Forscher das Mögliche, diesen Widerstreit, wo nicht beyzulegen, doch dergestalt zu mildern, daß die Reinigkeit des wissenschaftlichen Gegenstandes bewahrt und die Moralität der Mitwirkenden nicht verdächtig werde. Möge das bisher vom Glück begünstigte Unternehmen künstighin gleiche Förderniß erfahren, wovon mir Nachricht zu erhalten jederzeit sehr angenehm seyn wird.

In vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster Diener

Weimar den 9. November 1829.

J. W. v. Goethe.[138]


46/139.


An Carl Friedrich Zelter

In deine Zustände kann ich mich auf's innigste hineindenken und -fühlen, auch recht deutlich schauen wie wunderlich dein Verhältniß zu dem lieben Menschengeschlecht sich ausgebildet hat. Das liebe Volk, (und so sind unsere charmanten anglomanen Freundinnen auch) glauben, man sey dazu da, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ihren Wünschen und Grillen Vorschub zu thun, und so sey es eben recht. Das wissen wir lange, aber es eben recht. Das wissen wir lange, aber es incommodirt doch jeden Tag wo es eintritt. Auf alle Fälle hab ich es bequemer wie du, mein Freund, denn wenn ich halbweg guten Humors bin, so geht denn doch ein Tag nach dem andern ganz leidlich hin, nur darauf muß man Verzicht thun dasjenige gethan zu sehen, was man sich vorsetzte. Ich bin zuletzt darauf gekommen nur zu schieben, da muß denn doch zuletzt das Reifste abfallen.

Paganini hab ich denn auch gehört und sogleich an demselben Abend deinen Brief aufgeschlagen, wodurch ich mir denn einbilden konnte etwas Vernünftiges über diese Wunderlichkeiten zu denken. Mir fehlte zu dem was man Genuß nennt und was bey mir immer zwischen Sinnlichkeit und Verstand schwebt, eine Basis zu dieser Flammen- und Wolkensäule.

Wär ich in Berlin so würde ich die Möserischen Quartettabende selten versäumen. Dieser Art Exhibitionen[139] waren mir von jeher von der Instrumental-Musik das Verständlichste, man hört vier vernünftige Leute sich untereinander unterhalten, glaubt ihren Discursen etwas abzugewinnen und die Eigenthümlichkeiten der Instrumente kennen zu lernen. Für dießmal fehlt mir in Geist und Ohr ein solches Fundament, ich hörte nur etwas Meteorisches und wußte mir weiter davon, keine Rechenschaft zu geben; bedeutend ist es jedoch, die Menschen, besonders die Frauenzimmer darüber reden zu hören; es sind ganz eigentlich Confessionen, die sie mit dem besten Zutrauen aussprechen.

Nun aber wünscht ich zu erfahren, ob von dem werthen Felix günstige Nachrichten eingegangen sind. Ich nehme den größten Antheil an ihm; denn es ist höchst ängstlich ein Individuum, aus dem so viel geworden ist, durch einen niederträchtigen Zufall, in seiner vorschreitenden Thätigkeit gefährdet zu sehen. Sage mir etwas Tröstliches.

Herr Graf Redern besuchte mich gestern, und es kam das deutsche Theaterwesen wie es eben wes't ziemlich klar zur Sprache. Er hat, als Vorgesetzter, gute Gedanken zur Behandlung des Ganzen, die ich billigen mußte und wodurch im Äußerlichen höchst wahrscheinlich gewonnen wird. Dem Innern wird der Genius helfen wenn es ihm beliebt.

Läugnen kann ich übrigens nicht daß die Franzosen mich vorzüglich unterhalten; den Vorlesungen[140] von Guizot, Villemain und Cousin folg ich mit ruhiger Betrachtung, Le Globe, La Revue française und seit drey Wochen Le Temps, führen mich in einen Kreis den man in Deutschland vergebens suchen würde. Wenn ich ihnen aber in allem was unmittelbar auf das Sittlich-Praktische dringt das größte Lob ertheilen muß; so wollen mir ihre Naturbetrachtungen nicht gleichmäßig gefallen. Ist auch schon ihre Erfahrungsweise ganz respectabel, so können sie bey'm Übersenden sich von mechanischen und atomistischen Vorstellungen nicht los machen und werden sie eine Idee gewahr, so wollen sie solche zur Hinterthüre hereinbringen, welches ein- vor allemal nicht geht.

Du wirst mir verzeihen wenn ich von dem spreche, was mich am meisten beschäftigt ohne daß ich gerade glauben kann es interessire dich. Der 4te und 5te Band der Correspondenz wird nun auch zu dir gelangen und gelangt seyn; dabey wirst du wohl meiner im Guten gedenken. Der 6te Band wird bald folgen, mit einer Widmung an den König von Bayern, und so erlebten wir denn auch noch den Abschluß dieses wundersamen Werkes.

und so fort an!

Weimar den 9. November 1829.

G.[141]


46/140.


An das Postamt in Weimar

[Concept.]

Ein löbliches Postamt dahier wird hiedurch höflichst ersucht, die Exemplare der Zeitschrift Le Temps, welche an Herrn Professor Riemer adressirt ankommen, künftig an den Engländer Herrn Plunkett, wohnhaft bey Madame Melos, unmittelbar abgeben zu lassen, als mit welchem man deshalb übereingekommen.

Weimar den 9. November 1829.


46/141.


An Friedrich Siegmund Voigt

Ew. Wohlgeboren

sage den verpflichtetsten Dank für die übernommenen Bemühungen, wodurch ich mich im Stande sehe einem wackern Freunde über den Alpen eine Gefälligkeit zu erweisen, die ihm von Bedeutung zu seyn scheint.

Den billigen Vertrag der angezeigten Forderung lege bey, mit Bitte die Quittung unterzeichnen zu lassen. Auch für den beygelegten Catalog eines Theils der Sendung bin ich höchlich dankbar. Die Verpackung scheint mir wohl ersonnen; besonders auch da zwischen den Schachteln noch etwas eingeschoben werden soll, das jede Erschütterung mildert.

[142] Mich zu geneigtem Andenken und fernerer Theilnahme bestens empfehlend habe die Ehre mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeb.

ergebensten Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 11. November 1829.


46/142.


An Julius Eduard Hitzig

Geneigtest zu gedenken.

Wenn eine Gesellschaft deutscher Männer sich zusammen begab, um besonders von deutscher Poesie Kenntniß zu nehmen, so war dieß auf alle Weise zulässig und höchst wünschenswerth, indem diese Personen sämmtlich, als gebildete Männer, von dem übrigen deutschen Literatur- und Staatswesen im Allgemeinen und Besondern unterrichtet, sich gar wohl die schöne Literatur zur geistreich-vergnüglichen Unterhaltung auswählen und bestimmen durften.

Sage man sich daher, daß die schöne Literatur einer fremden Nation nicht erkannt und empfunden werden kann, ohne daß man den Complex ihres ganzen Zustandes sich zugleich vergegenwärtige.

Dieß geschieht nun zum Theil, indem wir Zeitungen lesen, die uns ausführlich genug von öffentlichen Dingen unterrichten. Dieß ist aber nicht genug, sondern man hat noch hinzuzufügen, was sie in[143] kritischen und referirenden Journalen von sich selbst und von den übrigen Nationen, besonders auch von der deutschen, für Gesinnungen und Meinungen, für Antheil und Aufnahme zu äußern veranlaßt sind. Wollte man z.B. sich mit der französischen neuesten Literatur bekannt machen, so müßte man die seit zwey Jahren gehaltenen und im Drucke erschienenen Vorlesungen, als Guizot, »Cours de l'histiore moderne«, Villemain, »Cours de la littérature française«, und Cousin, »Cours de l'histoire de la philosophie«, kennen lernen. Das Verhältniß, das sie unter sich und zu uns haben, geht hieraus am deutlichsten hervor. Noch lebhafter vielleicht wirken die schneller erscheinenden Blätter und Hefte: »Le Globe«, »La Revue française« und das zuletzt erscheinende Tagesblatt »Le Temps«. Keins von aller daraus entspringenden Wogungen vor unserm Geiste lebendig erhalten wollen.

Die deutsche Poesie bringt, man darf nur die tagtäglichen Productionen und die beiden neuesten Musenalmanache ansehen, eigentlich nur Ausdrücke, Seufzer und Interjectionen wohldenkender Individuen. Jeder Einzelne tritt auf nach seinem Naturell und seiner Bildung; kaum irgend etwas geht in's Allgemeine, Höhere; am wenigsten merkt man einen häuslichen, städtischen, kaum einen ländlichen Zustand; von dem, was Staat und Kirche betrifft, ist gar nichts zu[144] merken. Dieß wollen wir nicht tadeln, sondern gelten lassen für das, was es ist. Ich spreche es nur deshalb aus, um zu sagen: daß die französische Poesie, so wie die französische Literatur sich nicht einen Augenblick von Leben und Leidenschaft der ganzen Nationalität abtrennt, in der neuesten Zeit natürlich immer als Opposition erscheint und alles Talent aufbietet, sich geltend zu machen, um den Gegentheil niederzudrücken, welcher dann freylich, da ihm die Gewalt verliehen ist, nicht nöthig hat, geistreich zu seyn.

Folgen wir aber diesen lebhaften Bekenntnissen, so sehen wir in ihre Zustände hinein, und aus der Art, wie sie von uns denken, mehr oder weniger günstig, lernen wir uns zugleich beurtheilen, und es kann gar nicht schaden, wenn man uns einmal über uns selbst denken macht.

Darf ich aufrichtig reden, so wird hiedurch ein größerer Vortheil erzielt, als wenn wir uns mit ausländischen Dichtern in Correspondenz setzten wollten. Die besten bleiben immer in ihrem Kreis beschränkte Individuen, welche in solchem Falle gar nichts thun können als schönstens zu danken, wenn man ihre Sachen gut findet. Setzt man daran aus, so ist das Verhältniß sogleich aufgehoben.

Befolgt man aber jenen vorgeschlagenen Gang, so wird man sehr schnell von allem, was öffentlich wird und der Öffentlichkeit sich nähert, vollkommen unterichtet. Bey dem jetzigen schnellwirkenden Buchhandel[145] bezieht man ein jedes Werk sehr eilig, anstatt daß der Autor, wie ich oft erfahre, eine solche Gabe erst durch Gelegenheit schickt, und ich das Buch lange schon gelesen habe, wenn ich es erhalte.

Aus allem dem ist ersichtlich, daß es keine geringe Aufgabe ist, eine solche Literatur der neuesten Zeit zu durchbringen. Über die englische wie über die italienische müßte man wieder besonders reden; denn das sind wieder ganz andere Verhältnisse.

Doch ich schließe hier, damit Gegenwärtiges nicht länger zurückbleibe, erbiete mich, auch in der Folge über die Hilfsmittel zu jenen Zwecken mich bescheidentlich zu äußern, danke zum allerschönsten für die liebenswürdige Beachtung meines Andenkens und für jenes Schreiben, gezeichnet mit so vielen werthen Namen. Geben Sie mir manchmal Nachricht von dem Fortwalten Ihrer Bemühungen! Empfehlen Sie mich Herrn Geh. Rath Streckfuß und der übrigen Gesellschaft zum angelegentlichsten.

Treu angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 11. November 1829.


46/143.


An Auguste Jacobi

[Concept.]

Das mitgetheilte Blatt, meine theure Freundin, dankbar zurücksendend, spreche den Wunsch aus wo möglich die Folge zu lesen.

[146] Zugleich empfehle mich bestens der Frau Geh. Räthin mit Bitte wenn etwas von unserm werthen reisenden Freunde eingekommen seyn sollte mir solches mitzutheilen.

Alles Gute wünschend.

Weimar den 11. November 1829.


46/144.


An Friedrich Jacob Soret

Ich habe Ihnen, theuerster Mann, einen Genfer Brief zugeschickt, welcher mit einer angenehmen Sendung zu mir gekommen ist. Da wir an jene intentionirte Rückseite nicht mehr dachten, finden wir daß der talentvolle Mann sich damit beschäftigt habe; er liefert nicht allein ein wohlgearbeitetes Modell sondern meldet auch, daß er in der Stahlarbeit schon vorgeschritten sey. Hofrath Meyer wird einige freundliche Desiderata niederschreiben, und Sie haben wohl die Güte solche in's Französische zu übersetzen, wie auch einiges was ich hinzuzufügen gedenke.

Zu mehrerer Deutlichkeit lege seinen Brief bey, und wünsche das Übrige mit Ihnen mündlich zu verhandeln. Der werthe Künstler wünscht eine baldige Antwort; wir wollen das Mögliche thun, sie auszufertigen.

treulichst

Weimar den 13. November 1829.

J. W. v. Goethe.[147]


46/145.


An Carl Friedrich Zelter

Ein Wundersames, wie es die Zeit bringt, will ich doch auch zu Unterhaltung und Betrachtung mittheilen. Euer Friedrich, den man wohl mit Recht groß genannt hat, war nun einmal ein recht eingefleischter König und forderte: daß alles was die weite Erde hervorbringt, auch in seinem Reiche gefunden werden solle. Es ist bekannt, daß hiernach die brodessenden Menschen, durch patriotische Mühlsteine bedient, lange Zeit eine gute Portion Thon- und Kieselerde mit einschlucken mußte.

Lassen wir das und wenden uns dahin, wovon ich eigentlich reden will: Der König quälte sein Bergdepartament auf's peinlichste, man solle ihm Steinsalz in seinen Landen verschaffen; da es doch dort hinten in Polen, und sonst an manchen Erdpuncten gefunden werde, so seh keine Ursache abzusehen, warum es nicht auch in Preußen angetroffen werden könne.

Ich habe mehrere Jahresberichte des Bergdepartaments gelesen, an deren Schluß der redliche Graf Heinitz, mit möglichster Bescheidenheit, versicherte: man habe sich pflichtmäßig die größte Mühe gegeben, Steinsalz in Ihro Majestät Landen aufzufinden, sey aber noch nicht so glücklich gewesen zum Ziel zu gelangen; man werde jedoch auf das eifrigste weiterhin[148] Untersuchung und Nachforschung fortsetzen. Diese Frage wurde mehrere Jahre herkömmlich wiederholt. Unter den Geognosten jener Zeit ward vieles hin und wieder verhandelt; Salzquellen zeigten sich manche, auf Steinsalzmassen hoffte niemand.

Nun aber meldet mir Salinendirector Gleck, er habe in der Nacht vom 22. bis 23. October, in einer Teufe eines Bohrlochs von 1170 Fuß und zwar in ganz reiner Gestalt, den Bruchstücken nach als theils körniges, theils blättriges Krystallsalz angetroffen. Er dachte noch 20 Fuß in dieser soliden Masse niederzugehen und alsdann das Weitere zu verfügen. Der Ort heißt Stotternheim und liegt hinter dem Ettersberge in einer großen Fläche. Des genannten Berges erinnerst du dich auch wohl freundlichst.

Mehr sage ich nicht, aber es ist doch wunderlich, daß eine majestätische Wünschelruthe das voraus befehlen konnte, was nach so vielen Jahren in größter Teufe sich erprobt. Zwar hat Preußen jetzt nicht nöthig sich nach Salz in solcher Tiefe zu bemühen, allein es geht doch daraus hervor, daß im Königreiche gewiß dergleichen zu erbohren seyn würde. Wir wollen also hier ehrenvoll der Fortschritte gedenken, Kenntniß und Technik seit funfzig Jahren dergestalt gesteigert zu sehen, daß Einer kühn genug ist, bey 1200 Fuß in die Erde hineinzubohren, vorauswissend und sagend was da gefunden werden müsse. Das ist viel, aber nicht genug; nun muß auch dieser Schatz[149] gehoben und als eins der nothwendigsten Bedürfnisse der Menschen und des Viehes zum allgemeinen Gebrauch heraufgefördert werden. Dazu sind denn auch die großen Mittel zu Handen, die wir der Physik, der Mechanik und Chemie verdanken.

Hast du früher einige Aufmerksamkeit gegönnt dem mitgetheilten und in dem Leipziger Musenalmanach abgedruckten Gedichte, so wirst du dir gefallen lassen, daß ich hierüber so weitläufig geworden. Die damals überreichte Sole war aus einer höheren, schwächer begabten Region. In früheren Zeiten begnügte man sich mit einer solchen, die wenig anwarf, die man aber zu verlieren fürchtete, wenn man tiefer ging. Die neuere Zeit gab Einsicht und Muth, und so erleben wir was Friedrich der Herrliche wünschte und befahl.

Nimm Vorstehendes freundlich auf; es interessirte mich gerade an einem stillen Abend, wo sich die Luft, solches mitzutheilen gegen dich hinwendete.

Soviel für dießmal, das nächste Schreiben wird vielleicht mannichfaltiger.

Also sey und bleib es

Weimar den 13. November 1829.

G.[150]


46/146.


An Johann Heinrich Meyer

1829

Hierbey ein Abdruck der ersten Zeichnung zu genauer Beurtheilung der neuen Arbeit; sie erscheint daneben freylich nur mangelhafter.

Weimar den 13. November 1829.

G.


46/147.


An Wilhelm Reichel

Ew. Wohlgeboren

habe nunmehr zu vermelden daß die unter dem 22. October angekündigte Sendungen glücklich angekommen sind; sowohl mit dem Postwagen als durch Fuhrleute, unter Vermittelung des Herrn Goldbeck in Nürnberg, deren Inhalt einzeln anzuzeigen wohl nicht nöthig seyn wird.

[151] Zu vermelden habe ich aber daß, durch die fahrende Post, zwey kleine dramatische Stücke abgesendet habe, welche wohl hinreichen werden den 23. Band schicklich zu füllen. Da es, wie ich aus Ihrem Schreiben vermuthen kann, noch Zeit ist, so wünsche daß diese beiden kleinen Hefte unmittelbar nach den Frankfurter Rezensionen und vor den jenaischen gedruckt werden, wo sie der Zeit, und einem gewissen Zusammenhange nach hingehören.

Die epischen Gedichte sollen, nach meiner jetzigen Ansicht, das Ganze schließen, damit der Leser, nach so manchem Denken und Urtheilen, endlich wieder auf Poesie zurückgeführt werde.

Das Weitere mir vorbehaltend mit den aufrichtigsten Wünschen und Grüßen.

ergebenst

Weimar den 14. November 1829.

J. W. v. Goethe.


46/148.


An Giuseppe de Cristofori

[Concept.]

Durch Gegenwärtiges habe ich Ihnen, hochgeschätzter Herr, anzuzeigen nicht verfehlen wollen, daß vor einigen Tagen mit der fahrenden Post ein Kästchen mit 110 Käfern und 106 Schmetterlingen abgegangen, und zwar an die Herren Grubers Erben, Lindau am Bodensee. Ich wünsche zu erfahren, daß diese Sendung bey Ihnen[152] glücklich angelangt sey. Wollten Sie mir wissen lassen, ob die darin enthaltenen Insecten angenehm waren und ob sie unterwegs keinen Schaden genommen? Ich werde bis dahin im Stande seyn, eine zweyte Sendung nachfolgen zu lassen und das Weitere würde sich sodann ergeben.

Wollten Sie mir in Tausch dagegen instructive Gestein-Arten von den euganäischen Gebirgen zukommen lassen, so würde ich mich dadurch dankbar befriedigt finden.

Weimar den 14. November 1829.


46/149.


An James Lawrence

[Concept.]

Herr Ritter Lawrence wird höflichst ersucht mit dem Überbringer des Gegenwärtigen, dem glücklichen Porträtzeichner Herrn Schmeller, wegen der Stunden übereinzukommen, in welchen das Bildniß des neu willkommenen Freundes, zur Freude des Unterschiedenen, möge begonnen und vollendet werden.

Weimar den 15. November 1829.


46/150.


An Friedrich Jacob Soret

Den vielfältigen Dank, theuerster Herr und Freund, für die fortgesetzte Theilnahme an dem vorliegenden[153] Geschäft. Zu den Bemerkungen Hofrath Meyers wüßte ich nichts hinzuzuthun, und bitte daher solche an Herrn Bovy abzusenden.

Wollten Sie ihm zugleich in meinem Namen schönstens danken, diese Angelegenheit so ernstlich und glücklich fortgeführt zu haben. Zugleich bemerke noch, daß die alte Jahrzahl unter dem Bildniß gar wohl möchte stehen bleiben; dagegen wünscht ich, daß, wenn es nicht allzugroße Umstände macht und die Kosten nicht allzumerklich vermehrt, eine Randschrift eingeprägt werden möchte, wie nachfolgt.

Mit der Beendigung der Arbeit hat es keine Eile. Möge Herr Bovy sich alle Zeit nehmen, dasjenige, was so sorgfältig angefangen worden, auch auf's beste zur Vollkommenheit zu bringen. In den ersten Monaten des nächsten Jahrs kommen die Exemplare noch zeitig genug. Empfehlen Sie mich dabey Herrn Bovy bestens und bleiben meiner Dankbarkeit und Anhänglichkeit gewiß.

Hochachtungsvoll

danckbar angehörig

J. W. v. Goethe.

Weimar den 16. November 1829.


Den angemeldeten Catalog habe ich noch nicht erhalten.[154]


46/151.


An Christian Wilhelm Schweitzer

[Concept.]

Ew. Excellenz

haben den Wunsch geäußert an dem neu erscheinenden Zeitblatt: Le Temps einigen Theil zu nehmen. Ich sende hiebey eine Anzahl schon zusammengehefteter Blätter.

Im Allgemeinen kann uns diese Schrift nichts Neues bringen; wir erfahren es früher durch andere Zeitungen, aber interessante Supplemente zur Tagsgeschichte finden sich darin, und über den Zustand von Frankreich kann man wohl nicht besser unterrichtet werden.

Ist es gefällig, so fahre auf solche Weise fort, in der Überzeugung, daß dieses Blatt in einer gewissen Folge zu lesen und zu betrachten am interessantesten sey.

Weimar den 16. November 1829.


46/152.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

übersende hiebey die autorisirte Quittung für die Täfelchen, ingleichen einen Schein über die erhaltenen Pflanzen-Abbildungen.

[155] Möge die neue Terasse im künftigen Sommer mich wohl geordnet und beblümt anlächeln, und ich zugleich von Ew. Wohlgeboren Zufriedenheit damit ein Zeuge seyn.

Weimar den 18. November 1829.


[Beilage.]

Quittung für Herrn Hofrath Voigt.

Aus großherzoglichem botanischen Museum die dahin gehörige Kupfersammlung, Pflanzen-Abbildungen nach Familien geordnet in 12 numerirten Mappen wovon jedoch die 11. fehlt, zum Behuf meiner Studien durch Herrn Hofrath und Director Voigt auf einige Zeit erhalten, zu haben bescheinige.

Weimar den 18. November 1829.


46/153.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

für die revidirten Bändchen verpflichteten Danksagend, nehme mir die Freiheit ein neues beyzulegen, mit Bitte demselben gleich Gunst widerfahren zu lassen.

Auch ist der Stempel mit Serenissimi Chiffre beygefügt, mit dem Wunsch, daß es denselben zu gebrauchen öfters möge Gelegenheit geben.

[156] Wollten Ew. Wohlgeboren unsern guten Doctor Weller veranlassen, daß er mir von seinem Befinden Nachricht gebe? Auch dieses werde dankbar erkennen.

hochachtungsvoll

ergebenst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 18. November 1829.


46/154.


An Carl Friedrich Zelter

Läßt man sich in historische und ethymologische Untersuchungen ein, so gelangt man meistens immerfort in's Ungewissere. Woher der Name Mephistopheles entstanden wüßte ich direct nicht zu beantworten; beyliegende Blätter jedoch mögen die Vermuthung des Freundes bestätigen, welche demselben gleichzeitig-phantastischen Ursprung mit der Faustischen Legende gibt; nur dürfen wir sie nicht wohl in's Mittelalter setzen: der Ursprung scheint in's sechzehnte und die Ausbildung in's siebzehnte Jahrhundert zu gehören. Die protestanischen Teufelsbeschwörer hatten den kirchlichen Bann nicht unmittelbar zu befürchten, und es gab destomehr Cophtas welche die Albernheit, Unbehülflichkeit und leidenschaftliche Begierde der Menschen zu nutzen wußten; denn freylich wäre es leichter durch einige gezogene Charaktere und unsinniges Gemurmel reich zu werden, als im Schweiße seines[157] Angesichts das tägliche Brot zu essen. Haben wir doch noch vor Kurzem im Neustädter Kreise ein dergleichen Nest von Schatzgräbern ausgehoben und damit ein Dutzend solcher Wunderschriften, deren aber keine an Werth jenem Codex gleicht aus welchem beyliegender Auszug gemacht ist.

Soviel vorläufig mit meinem freundlichsten Worte an Herrn Friedländer, und verzeihe diesem umständlichen Erwidern.

Noch manches hätte zu erwidern auf die beiden Briefe, wovon der letzte vom 17. November. Damit Beyliegendes aber vom Tische komme, mag es eilig zu dir hingehen; ich muß nur jeden Morgen wegschaffen was da liegt, der Tag bringt schon wieder Neues genug.

Alle gute Geister

in Gefolg so vieler

Höllischen.

Weimar den 20. November 1829.

G.


[Beilage.]

Die römische Kirche behandelte von jeher Ketzer und Teufelsbanner als gleichlautend und belegte sie beiderseits mit dem strengsten Bann, so wie alles was Wahrsagerey und Zeichendeutung heißen konnte. Mit dem Wachsthum der Kenntnisse, der nähern Einsicht in die[158] Wirkung der Natur scheint aber auch das Bestreben nach wunderbaren geheimnißvollen Kräften zugenommen zu haben. Der Protestantismus befreyte die Menschen von aller Furcht vor kirchlichen Strafen; das Studentenwesen wurde freyer, gab Gelegenheit zu frechen und liederlichen Streichen; und so scheint sich, in der Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts, diese Teufels- und Zauberwesen methodischer hervorgethan zu haben, da es bisher nur unter dem verworrenen Pöbel gehaust hatte. Die Geschichte von Faust wurde nach Wittenberg verlegt, also in das Herz des Protestantismus, und gewiß von Protestanten selbst; denn es ist in allen den dahin gehörigen Schriften keine pfäffische Bigotterie zu spüren, die sich nie verläugnen läßt.

Um die hohe Würde des Mephistopheles anschaulich zu machen liegt ein Auszug abschriftlich bey einer Stelle von Fausts Höllenzwang. Diese höchst merkwürdige Werk des raisonnirtesten Unsinns soll, nachdem es lange in Abschriften umhergelaufen, Passau 1612 gedruckt worden seyn. Weder ich noch meine Freunde haben ein solches Original gesehen, aber wir besitzen eine höchst reinliche vollständige Abschrift, der Hand und übrigen Umständen nach etwa aus der Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts.


[159] Praxis

Cabulae nigrae

Doctoris Johannis Faustii

Magi celeberrimi

Passau MDCXII.


Zweyter Titel:

D. Johannis Faustii

Magia

naturalis

et

innaturalis

oder

unerforschlicher Höllenzwang,

das ist

Miracul-Kunst und Wunderbuch

wodurch

ich die höllische Geister habe bezwungen, daß sie

in allen meinen Willen vollbringen haben

müssen.

Gedruckt Passau Ao. 1612.


Der erste Theil

diese Buchs

handelt von der

Nigra mantia

oder

Cabula nigra

wie auch von

Magia naturali, et innaturali.[160]


Cap. I

Handelt von der Eintheilung derer Geister und

ihren Rahmen auch was sie denen Menschen

helfen können.


Damit du lieber Nachfolger nun wissest, derer Geister ihre Regierung und Eintheilung in ihre höllische Chöre und Fürstenthümer, so will ich dich solches hiermit nacheinander lehren und zeigen als in diesem Capitul ihre Rahmen, im folgenden Capitul aber ihre Eintheilung in ihre Chöre und Fürstenthümer.

Nadanniel* ist der Geist der verstoßen ist von Gott.

*) Wird sonst genannt Lucifer, auch Bludohn, auch Beelzebub.

Es seyn auch unter dem ganzen höllischen Heer 7 Churfürsten, als Lucifer, Marbuel, Ariel, Aciel, Bar biel, Mephistophiel, Apadiel.

Aber unter diesen 7 Churfürsten werden wieder gezehlt 4 Großfürsten, als Lucifer, Ariel, Aciel, Marbuel.

Es seyn auch unter den höllischen Herrn 7 Falsgrafen1, welche heißen: Ahisdophiel, Camniel, Padiel, Coradiel, Osphadiel, Adadiel, Capfiel. Alle diese sind sehr mächtige Geister in dem höllischen Heere.

Es seyn auch in dem höllischen Heere 7 kleine Grafen, welche heißen: Radiel, Dirachiel, Paradiel, Amodiel, **Jschscabadiel, ***Jazariel, Casadiel.

**) Jschscabadiel ist ein Hochmuths-Geist.

***) Jazariel bringt den Menschen hervor alle Stammgeister welche außerhalb dem Freuden- Paradieß in Lüfften schweben.

Es seyn auch unter dem höllischen Heere 7 Baronen, welche heißen:

1. Germiciel ist ein starker Lufft-Geist.

[161] 2. Adiel ist ein starker Feuer-Geist.

3. Craffiel ist ein starker Krieges-Geist.

4. Paradiel. 5. Assardiel. 6. Kniedadiel. 7. Amniel.

Es sind auch unter dem höllischen Heere 7 adeliche Geister, welche heißen:

1. Amudiel. 2. Kiriel, dieses sind zwey starke Feuer-Geister.

3. Bethnael. ****4. Geliel. 5. Requiel. 6. Aprinaelis. 7. Tagriel.

****) Diese letzteren viere, als 4. 5. 6. 7. sind kleine Feuer-Geister und werden unter das höllische Heer gezehlet.

Es sind auch unter dem höllischen Heere 7 bürgerliche Geister, welche heißen:

1. Alhemiel. 2. Amnixiel. 3. Egibiel. 4. Adriel.

Diese 4 sind auch aus dem höllischen Heere.

5. Azeruel. 6. Ergediel. 7. Abdicuel. Diese 3 sind Feuer-Geister.

Es sind auch in dem höllischen Heere 7 Bauer-Geister, welche also heißen:

1. Aceruel. 2. Amediel. Diese 2 sind Feuer-Geister.

3. Coradiel. 4. Sumnidiel 5. Coachtuel. Diese 3 sind Lufftgeister.

6. Kirotiel. 7. Apactiel. Diese 2 sind aus dem höllische Heere.

Es sind auch unter dem höllischen Heere 7 kluge Geister, diese sind die allergeschwindesten und das Haupt unter dem höllischen Heere, und können zu allen Künsten gebraucht werden, wie man sie nur haben will.

1. Mephistophiel. 2. Barbiel. 3. Marbuel. 4. Ariel. 5. Aciel. 6. Apadiel. 7. Camniel.

Es sind auch 7 tumme Geister, welche große Macht haben auch in vielen Künsten erfahren, aber dabey sehr[162] tumm sind; diese machen auch gerne Pacta oder Bündnisse mit denen Menschen, dahero kann man leichte wieder von sie kommen, durch viele Künste, und diese heißen:

1. Padiel. 2. Cafphiel. 3. Paradiel. 4. Casdiel. 5. Kniedatiel. 6. Amniel. 7. Tagriel.

Es finden sich auch 4 freye Geister, welche heißen wie folget:

1. Asmodiel, ist der Haupt- und Mordgeist.

2. Discerdiel, der Zankgeist.

3. Amodiel, ist der Huren-Geist.

4. Damniel, ist der Diebes-Geist (ein Lufftgeist.)

Diese 4 freye Geister gehören auch unter das höllische Heer. Nadanniel ist der gebundene und von Gott verstoßene Geist.


Cap. II.

Handelt von der Eintheilung aller Geister in die Chöre ihrer Fürsten.


Alle höllische Heer-Geister gehören unter den Nadanniel oder Lucifer, auch Beelzebub genannt.

Alle Feuer-Geister gehören unter den Ariel.

Alle Erd- und Lufftgeister gehören unter den Marbuel.

Alle kleine Grafen und Barones gehören unter den Aciel.

Alle Fallsgrafen gehören unter den Barbiel, und

Unter die sieben Fallsgrafen gehören die 7 adeliche Geister.

Unter dem Mephistophiel gehöret Amudiel, denn

N.B. Mephistophiel ist statt des Lucifers über alle Geister gesetzt.

Unter den 7 kleinen Grafen stehen die 7 adeliche Geister, wie sie nach der Reyhe stehen, denn wie die[163] 7 adeliche nach der Reyhe stehen, so stehen auch die 7 bürgerliche nach der Reyhe wieder.

Unter die 7 adeliche stehen die 7 bürgerliche nach der Reyhe, wie die adelichen nach der Reyhe stehen.

Unter die 7 bürgerliche gehören die 7 bäuerliche nach der Reyhe wie die 7 bürgerliche.

Unter die 7 bäuerliche gehören die 7 kluge Geister nach der Reyhe, wie die bürgerliche nach der Reyhe stehen, und

Unter die 7 kluge Geister gehören die 7 tumme Geister nach der Reyhe, wie die klugen nach der Reyhe stehen, also stehen auch die tummen nach der Reyhe.


1 Pfalzgrafen


46/155.


An Luise Seidler

[Concept.]

Alles wäre nun ziemlich in Ordnung; die meisten Beyträge sind erhoben, und das Geld kann nächtens nach Dresden abgesendet werden; welches Herrn v. Quandt, mit meiner Empfehlung, zu vermelden bitte.

Frau v. Ahlefeld Gnaden werde gelegentlich persönlich und mündlich zu danken nicht verfehlen.

Nur noch eine kleine Irrung wäre zu berichtigen. Madame Hagenbruch, zur zweyten Serie gehörig, hat zwar ihre Quittung angenommen, will aber die Zahlung schon an Demoiselle Seidler geleistet haben. Nun gehören die Zahlungen die ich durch Sie erhielt alle zur dritten Serie. Hierüber müßte man sich verständigen und Sie würden die Gefälligkeit haben dieses nächstens zu besorgen.

[164] Da noch Kupfer von der vorjährigen Austellung übrig sind, so sende hierbey 15 Exemplare um sie als eine Artigkeit der neuen Serie und als einen Vorschmack künftiger Gewinne zuzustellen.

Einige Gedanken zu Förderung dieser Angelegenheit theile nächtens mit. Für dießmal wollen wir mit dem Gelungenen zufrieden seyn.

Das sechzehnte Exemplar nimmt die Frau v. Ahlefeld wohl geneigt auf, als thätige Theilnehmerin an diesen nicht unbedeutenden Wirkungen.

Weimar den 20. November 1829.


46/156.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan wird hiedurch höflichst ersucht an die Herren Parish und Comp. in Hamburg die Summe von 7 rh. 10 Groschen Conv. gefällig auszahlen zu lassen. Erstattung erfolgt dankbar und unmittelbar.

Weimar den 22. November 1829.


46/157.


An Johann Friedrich Rochlitz

Ja, und so wäre es ganz recht und vertraulichem Verhältnisse wohl angemessen, daß man sich zur Unterhaltung ohne eigentlichen entschiedenen Zweck niedersetze[165] und das Schreiben beginne. Veranlaßt durch Ihren lieben Brief fühle ich mich geneigt, nicht gerade in Beantwortung, vielmehr in Erwiderung einiges ergehen zu lassen.

Über das Allgemeine was in den Wanderjahren etwa beabsichtigt, in welchem Sinne sie geschrieben, haben Sie, mein Theuerster, gar manches Gute und Ausreichende gesagt. Mit solchem Büchlein aber ist es wie mit dem Leben selbst: es findet sich in dem Complex des Ganzen Nothwendiges und Zufälliges, Vorgesetztes und Angeschlossenes, bald gelungen, bald vereitelt, wodurch es eine Art von Unendlichkeit erhält, die sich in verständige und vernünftige Worte nicht durchaus fassen noch einschließen läßt. Wohin ich aber die Aufmerksamkeit meiner Freunde gerne lenke und auch die Ihrige gern gerichtet sähe, sind die verschieden, sich von einander absondernden Einzelnheiten, die doch, besonders im gegenwärtigen Falle, den Werth des Buches entscheiden. Da würden Sie denn mir eine besondere erzeigen, wenn Sie bemerken wollten, was Sie vorzüglich, (wie man zu sagen pflegt) angesprochen, was Ihnen als neu oder erneut gegolten, was mit Ihrer Denk- und Empfindungsweise zusammen getroffen, was derselben widersprochen, was Sie, in Gefolg dessen, einstimmig oder im Gegensatz, weiter bey sich auszuführen geneigt gewesen. Das Büchlein verläugnet seinen collectiven Ursprung nicht, erlaubt und fordert mehr als jedes[166] andere die Theilnahme an hervortretenden Einzelnheiten. Dadurch kommt der Autor erst zur Gewißheit, daß es ihm gelungen sey, Gefühl und Nachdenken in den verschiedenen Geistern aufzuregen. Hierüber habe ich in Briefen die anmuthigsten Äußerungen, und wie selbst junge und weibliche Seelen von ganz gelinden aber gründlichen Zügen ergriffen werden. Wollen auch Sie auf diese Weise mit wohlthätig seyn, so erkenne es mit verbindlichem Dank. Nicht leicht unterhält man sich über dergleichen mündlich; eine gewisse Scheu hält uns ab; dagegen ist man im Schreiben freyer, und man vertraut wohl sein Innerstes gern in die Ferne.

Gar manches Wechselseitige, Wirksamkeit zu erregen entschieden geeinigt, verspare für nächste Mittheilungen. Herr Kanzler ist so eben aus Italien zurück und hat wohlgethan dem Zug nach Rom nicht zu widerstehen; er wird sich selbst anmelden und des freundlichen Empfangs auch von Ihnen gewiß seyn.

Da noch Raum übrig ist füge einiges hinzu:

Handle besonnen, ist die praktische Seite von: Erkenne dich selbst. Beides darf weder als Gesetz noch als Forderung betrachtet werden; es ist ausgestellt wie das Schwarze der Scheibe, das man immer auf dem Korn haben muß wenn man es auch nicht immer trifft. Die Menschen würden verständiger und glücklicher seyn wenn sie zwischen dem unendlichen Ziel und dem bedingten Zweck den Unterschied zu finden[167] wüßten und sich nach und nach ablauerten, wie weit ihre Mittel denn eigentlich reichen.

Soweit! die treuesten Wünsche für Ihre Zufriedenheit aussprechend; was Sie für Unterhaltung für den Winter sich ausgedacht haben wünsche zu erfahren.

herzlichst

Weimar den 23. November 1829.

G.


46/158.


An Philipp Jacob Weydt jun.

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht anzuzeigen daß die mir angemeldete Weinsendung glücklich angelangt, wobey ich jedoch bemerke: daß der mir überschickte Madeira keineswegs demjenigen gleich komme, den ich von Hamburg erhalten.

Die übrigen zur Probe gesendeten Weine werd ich nach und nach versuchen und das Weitere beschließen. Der Winter ist zu weit vorgeruckt um noch Bestellungen zu machen. Die Zahlung ist an Herrn Ulmann sogleich erfolgt. Mit den besten Wünschen mich Ihrem geneigten Andenken empfehlend.

Weimar den 23. November 1829.


46/159.


An Johannes Müller

Ew. Wohlgeboren

habe den verbindlichsten Dank zu sagen für die Übersendung der so wohlgerathenen Kupferstiche, wodurch[168] ich frühere Bestrebungen und Bemühungen, auf die ich viel Zeit und Kosten verwendet, nun mehr zu Ehren gebracht sehe. Gestehen aber muß ich hiebey daß zugleich ein unangenehmes Gefühl eintritt, wenn ich zu solchem Augenblicke mich nicht im Stande sehe selbst einzuwirken und ein Resumé der Angelegenheit anschließen zu können; doch wird sich auf diese Weise die Sie mir anzeigen auch das Geschäft ganz schicklich abschließen lassen. Ihre Einleitung, die ich wieder zurücksende, wird, mit einer geringen Änderung am Ende, der Sache genug thun: wenn Sie sodann, was ich Morphologie I, pag. 226 bis 234 gemeldet, benutzen und die neueren durch jenen Aufsatz angeregten wissenschaftlichen Fortschritte mittheilen wollen.

Die ältere Bezeichnung der Tafeln wäre zu ändern, um das sonst Behufige beliebig vorzunehmen.

Einige besondere Abdrücke der Tafeln sowohl als Textes würde mir wie vormals erbitten.

Auch wollte ich zu einer Anmahnung an den Buchbinder gerathen haben. Da die Tafeln leider gebrochen werden müssen, und des leichteren Einlegens wegen unten am inneren Rande das Papier abzuschneiden ist, so hat der Buchbinder bey den ersten so wild und unregelmäßig verfahren, daß der gute Eindruck der wohl gestochenen und gut abgedruckten Platten auf eine unangenehme Weise gestört wurde. Leider begegnet dieß wohl am Ende, daß sorgfältige Arbeiten durch technische Ungeschicklichkeit und Übereilung beschädigt werden.

[169] Lassen Sie mich hinzufügen, wenn auch nur zum Überflusse, daß es vor vierzig Jahren einen Kampf galt, der zwar gewonnen, aber doch noch nicht geendigt ist. Ein Typus sollte anerkannt werden, ein Gesetz, von dem in der Erscheinung nur Ausnahmen aufzuweisen sind: eben dieß geheime und unbezwingliche Vorbild, in welchem sich alles Leben bewegen muß, während es die abgeschlossene Grenze immerfort zu durchbrechen strebt. Ohne dieß zu bedenken, würde man kaum begreifen, wie ein solcher Aufwand von Zeit und Kräften auf diese Einzelnheiten konnte gelenkt werden. Betrachten wir gegenwärtig, was in diesem Fache zeither geschehen und was unsere trefflichen Landsleute, die Herren d'Alton und Carus geleistet, so gebe man wenigstens freundlich zu, daß damals schon ein Bestreben des Nachsinnens und Bear beitens im Engen und Stillen obwaltete, welches wir jetzt in der größten Breite und Ausführlichkeit zu belehrender Freude glücklich gelungen sehen.

Herrn Präsidenten empfehlen Sie mich zum besten und schönstem mit der Versicherung, daß ich mich zum besten und schönsten mit der Versicherung, daß ich mich seiner ununterbrochenen ausgebreiteten Thätigkeit ein ausgezeichnetes Geschenk wird.

Indem ich nun zum Schluß mit Vergnügen anerkenne, den Abschluß dieser lange schwebenden Sache in Ihren Händen zu sehen, füge die aufrichtigsten[170] Wünsche hinzu und habe die Ehre mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 24. November 1829.


46/160.


An Carl Christian Friedrich Glenck

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

danke verpflichtet für das in Ihrem letzten Schreiben mir bewiesene Vertrauen; ich habe sogleich die Einleitung getroffen und denjenigen Weg eingeschlagen welcher den neueren Anordnungen dieses Geschäftes gemäß zu nehmen ist. Ich würde sehr glücklich seyn wenn er zu dem gewünschten Ziel führte.

Der ich mich in vollkommenster Hochachtung zu unterzeichnen die Ehre habe.

Weimar den 24. November 1829.


46/161.


An Carl Wilhelm Göttling

[Concept.]

[25. November 1829.]

Ew. Wohlgeboren

Übersende anbey eiligst die archäologischen Annalen von Rom, wie Herr Kanzler sie mitgebracht. Vielleicht enthalten sie etwas das Ihnen gerade in dem Augenblick Nutzen bringt; nach gemachtem Gebrauch erbitte sie mir zurück. Die dazu gehörigen Kupfer, die mir nicht gleich zur Hand sind, sollen aufgesucht werden.

[171] Das Bulletino, welches gleichfalls sehr interessante Dinge enthält, steht alsdann auch zu Diensten.

Auch folgen anbey 10 Thaler Courant für das Exemplar: Fausts Höllenzwang, wogegen inliegende Quittung unterzeichnet zurück erbitte. Ich habe diese seltsame Werk zu der übrigen bedeutenden Sammlung verwandten Unsinns auf hiesige Bibliothek niedergelegt; vor einigen Jahren wurde ein ganzes Rest dieser Art im Neustädtischen bey einer Gesellschaft von Schatzgräbern entdeckt.

Mit den besten Wünschen

Hochachtungsvoll.

Weimar den 24. November 1829.


[Beilage.]

Quittung.

Zehen Thaler Courant für ein Exemplar von Fausts Höllenzwang, sauber geschrieben, 1 Band in 4º, Copie des Passauer Drucks von 1612, an großherzoglich weimarische Bibliothek abgegeben, erhalten zu haben bescheinige.

Jena den 26. November 1829.


46/162.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

versäume nicht hiedurch anzuzeigen, daß dem hiesigen Banquier Julius Elkan unter dem heutigen Tag Auftrag[172] gegeben worden, zweyhundert Thaler sächsisch an Herrn Hofrath Winkler, als Cassevorsteher des sächsischen Kunstvereins auszuzahlen. Auch habe das Vergnügen, zu vermelden, daß eine dritte Serie sich angeschlossen und schon über ein Dutzend Actien neu unterzeichnet worden. Hiebey bleibt jedoch noch einiges zu berichtigen, und ich habe die erste Hauptzahlung deshalb nicht aufhalten wollen. Die Namen der neu Beytretenden sowie die Beyträge derselben werde nächstens einsenden und mir die erforderlichen Quittungen dagegen erbitten.

Das durch die mir mitgetheilten Druckschriften bey uns Angeregte laß ich jetzt unerwähnt, damit Gegenwärtiges nicht aufgehalten werde.

Mit den besten Wünschen für Ihr Wohl und für die Erreichung der edlen vorgesetzten Zwecke habe die Ehre, mich mit wahrer Anhänglichkeit zu unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 25. November 1829.


46/163.


An Friedrich Wilhelm Ternite

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

kann nicht genug für die angenehme Sendung danken, die Sie mir so geraume Zeit anvertrauen wollen; so oft ich sie mit den hiesigen Kunstfreunden durchsah,[173] erinnerten wir uns der angenehmen Stunden, die wir, in Gesellschaft des wackeren Zelter, mit Ihnen zuzubringen das Glück hatten. Mit dem Werthe der so vielfach und reichlich vorliegenden Blätter ward zugleich Talent und Beharrlichkeit des Künstlers anerkannt, der sich früher den unschätzbaren Besitz zu verschaffen und nunmehr die wahren Kunst- und Alterthumsfreunde damit zu beseligen wußte.

Wie gern ergötze ich mich in Erwähnung manches Einzelnen, dießmal jedoch muß ich eilen anzuzeigen, daß mit der heutigen Post die große Rolle der Kupferstiche abgegangen und das Portefeuille mit den Durchzeichnungen nächstens erfolgen wird. Doch muß ich hinzufügen wie sehr mir diejenigen Blätter lieb und werth sind die ich als mein eigen durch Ihre Geneigtheit ansprechen durfte.

Manches andere verspare, den Freunden, die sich alle bestens empfehlen, zu melden und zu verhandeln überlassend, in vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 29. November 1829.


46/164.


An Luise Seidler

[Concept.]

Den gewünschten Schlüssel hiermit übersendend vermelde zugleich daß dem Registrator Schuchardt der Auftrag gegeben worden den Ganymed aus der Werkstatt[174] des Bildhauers in das Museum zu translociren und deshalb die nöthigen Anstalten zu treffen.

Mit den besten Wünschen.

Weimar den 3. December 1829.


46/165.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwolgeboren

wird berichtet worden seyn, daß die erste und zweyte Serie schuldigen zweyte Serie schuldigen zweyhundert Thaler an Herrn Hofrath Winkler indessen gezahlt worden. Die Namen der Inhaber der neuen Actien an 15 Personen, aber 16 Nummern, da der Fürst von Barchfeld zwey genommen hat, liegen hiebey, mit Bitte, Quittung und Loos für Herrn General v. Seebach nachzusenden, dagegen die für dritte Serie schuldigen 80 Thaler ebenfalls nächstens übermacht werden sollen.

Gegenwärtiges vorläufig, mit aufrichtiger Anerkennung Ihrer einsichtigen Bemühungen in diesem Geschäft, wie bey allem, was Dieselben in ihrem Namen vorschlagen werden, vollkommen beruhigen. Ist es mir möglich, so sende vor dem 23. December noch einiges, die in Überlegung gezogenen Fragen betreffend.

Hochachtungsvoll mit den besten Wünschen

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

Weimar den 5. December 1829.

J. W. v. Goethe.[175]


46/166.


An Johann Heinrich Meyer

Hiebey, mein Theuerster, die ersten angekommenen 2 Hefte der rhodischen Alterthümer, Text und Tafeln. Ich habe auch einige Theaterscenen beygelegt die nicht mißfallen werden.

Wobey mich bestens zu empfehlen bitte, auch geneigt zu sorgen daß diese Sendung wohlbehalten wieder in meine Hände komme.

Auf baldiges Wiedersehen!

Weimar den 5. December 1829.

G.


46/167.


An Johann Christian Friedrich Körner

Ew. Wohlgeboren

danke für gute Besorgung des gegebenen Auftrags und wünsche das, was ich bey diesem Apparat beabsichtigt, mit Ihnen gelegentlich durchzusprechen.

Die eine Quittung, welche 9 rh. 18 Groschen beträgt, übersende autorisirt; die andere von 19 rh. wäre durch beykommendes Geld auszugleichen. Es sind 20 Thaler Convent. Ich wollte das Paquet nicht aufreißen und ersuche Sie daher mit 2 rh. 6 Groschen mit der quittirten Rechnung zurückzusenden.

Des verdienstvollen Herrn Professor Roux Bearbeitung der chromatischen Angelegenheiten habe ich noch nicht mit gehöriger Aufmerksamkeit durchdenken können.

[176] Dagegen erfreue ich mich sehr daß Sie das schöne durch die Spiegelung hervorgebrachte Phänomen abschmelzender, gefrorner Fensterscheiben gleichfalls kennen lernen. Es ist mir vor einigen Jahren gleichfalls durch Zufall bekannt geworden. Fahren Sie ja fort auf alles der Art aufmerksam zu bleiben und mir was Sie beobachten gefällig mitzutheilen.

Zur vorhandenen Reise alles Gute wünschend

Weimar den 9. December 1829.

J. W. v. Goethe.


46/168.


An Carl Jügel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

haben mich durch Ihre letzte Sendung in einige Verlegenheit gesetzt. Die Angelegenheiten der Schatulle unsres höchstseligen Herren sind schon längst abgeschlossen und man hat alle Ursache es dabey bewenden zu lassen, doch will ich in Betracht der sonstigen guten Verhältnisse zu Denenselben die gesendete Hefte annehmen und für deren Bezahlung Sorge tragen.

Wollen Sie mir nun eine vorläufige Rechnung schicken, was ich bisher schuldig geworden, so würde ich Sie alsdann ersuchen sie in verschiedene Rechnungen zu vertheilen, weil ich theils Selbstschuldner bin, theils die Posten aus verschiedenen Cassen bezahlt werden.

Ferner lege eine Ankündigung eines malerischen Reliefs der Schweiz bey und bitte für mich darauf[177] zu subscribiren und mir die schon herausgekommenen Sectionen zu senden.

Sodann wollt ich sie ersucht haben in Paris bey der Direction des neuen Tagesblattes Le Temps bemerklich zu machen daß an denen beiden Exemplaren diese Blattes, welche hierher nach Weimar, sowohl unter Adresse des Staats-Minister v. Goethe als auch des Herrn Professor Riemer [gelangen], der 27. October fehlt, daher uns die Columnen von bis abgehen. Man bittet um gefällige Nachsendung.

Ein anderes beygelegtes Blättchen ersuche Dieselben an den berühmtesten Conditor in Frankfurt abgeben und die darauf bemerkte Summe von 2 Conv. Thaler bezahlen zu lassen, auch solche in meine Rechnung aufzunehmen.

Weimar den 9. December 1829.


[Beilage.]

Man wünschte für 2 Conventionsthaler Zuckerwerk, Brenten und Sonstiges, in einem Schiebekasten (nicht Schachtel) wohlgepackt und emballirt unter nachstehender Adresse nicht frankirt anher gesandt. Herr Jügel wird die Gefälligkeit haben obige Summe zu entrichten.

Weimar den 9. December 1829.[178]


46/169.


An Friedrich Siegmund Voigt

[Concept.]

Da die von Ew. Wohlgeboren gefällig gemeldete Angelegenheit mit dem Überbringer des Briefes nochmals durchgesprochen und wohl überlegt worden, so findet man sie dergestalt complicirt, daß es nicht räthlich scheint von seiten großherzoglicher Oberaufsicht sich darauf einzulassen. Man hat auch solches dem dabey interessirten Theilnehmer zu erkennen gegeben und ersuche Dieselben bey allenfalls weiterer Nachfrage ihn gleichmäßig zu bescheiden.

Für die übernommene vorsorgliche Bemühung bestens dankend, das Beste wünschend, mich geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar den 12. December 1829.


46/170.


An Julius J. Elkan

[Concept.]

Herr Banquier Elkan allhier wird hiemit höflichst ersucht achtzig Thaler sächsisch an Herrn Hofrath Carl Theodor Winkler in Dresden als Kasseverwalter des sächsische Kunstvereins auszahlen zu lassen.

Ferner achtzehn Ducaten in specie Unterzeichnetem einzuhändigen und alsbaldiger Erstattung gewiß zu seyn.

Weimar den 12. December 1829.[179]


46/171.


An Angelika Facius

Sie haben mir, meine Theure, durch Ihren guten Vater eine kleine Büste, Ihro Königliche Hoheit den Prinzen Wilhelm vorstellend, überbringen lassen; wie nun dieselbe von Ihrem sich vorzüglich ausbildenden Talente ein hinlängliches Zeugnis gibt, so ist sie auch hier am Orte mit Beyfall aufgenommen worden.

Senden Sie mir daher noch zwey Exemplare, sorgfältig gereinigt und wohlgepackt, damit ich solche den Theilnehmenden übergeben könne.

Das Beste wünschend

Weimar den 12. December 1829.

J. W. v. Goethe.

Eine beyzulegende Rechnung würde sogleich honorirt werden.


46/172.


An Randal Edward Plunkett

[Concept.]

Herr Plunkett wird hiedurch höflichst ersucht dem Überbringer Herrn Schmeller, einem geschickten Porträtzeichner, einige Stunden Sitzung zu gönnen, damit wir, durch Aufbewahrung seines Bildes, seiner angenehmen und schätzbaren Gegenwart uns immerfort erinnern können.

In vorzüglicher Hochachtung.

Weimar den 12. December 1829.[180]


46/173.


An Carl Wilhelm Göttling

[Concept.]

[Mitte December 1829?]

Ew. Wohlgeboren

hierbey das Bulletino der italiänischen Annalen übersendend wünsche guten Genuß und Gebrauch; ich werde sorgen daß Sie zu Ihrer Bibliothek von diesem Werke ein Exemplar erhalte, das freylich einem jeden Alterthumsfreunde in der nächsten Folge ganz unentbehrlich wird. Auch füge ein für Ihre Neigung gewiß nicht uninteressantes Büchlein bey, indem ich Ihre fortgesetzte Genauigkeit und Geduld wünschen und voraussetzen darf.


46/174.


An Carl Friedrich Zelter

Da ich weiß, daß man dich immer in den besten Humor versetzt wenn man etwas Löbliches zu deines alten Königs Erinnerung einleitet; so sende ich dir hiebey eine gute Messerspitze Steinsalz, mit dem freundlichen Ersuchen: sie zunächst in deine Suppe zu schütten und wenn du davon den Geschmack auf deiner Zunge empfindest, dabey zu bedenken: daß Friedrich der Zweyte nicht leicht eine angenehmere Mittagstafel genossen hätte, als wenn man ihm seine Speisen mit solchem Erzeugnis seines eigenen Reiches gewürzt, und er seine goldnen Salzfässer damit reichlich angefüllt gesehen hätte. Laß uns das dankbar erkennen[181] daß wir, so viel Jahre ihn überlebend, von einer unglaublichen fortschreitenden Einsicht und Thatgeschicklichkeit so manches Unerwartete genießen.

Seit der Zeit daß ich dir wichtige Einsicht in den Staatskalender der Hölle gegeben, ist mir manches Gute von außen gekommen und hat sich aus dem Inneren auch einiges Behagliche entwickelt.

Unterlassen aber darf ich nicht auszusprechen: daß deine Zustimmung, die du dem mentalen Musikgenusse gönnst, mir sehr wohltätig ist, denn ich muß mich jetzt damit begnügen, und es ist immer erbaulich sich zu überzeugen: daß im hohen Alter die verständige Vernunft, oder, wenn man will, der vernünftige Verstand sich als Stellvertreter der Sinne legitimiren darf. Du wirst, deinem glücklichen Beruf zu Folge, nie in dem Fall seyn, dieser ernsten Surrogate zu bedürfen.

Deine Relation von Spohrs Oper gibt einen neuen Beweis: daß, wenn schon die Poesie in völlige Nullität sich auflöst, der Musikus doch dabey seine Rechnung finden, eine Darstellung befriedigen, ja theilweise sogar entzücken kann.

Heute Abend geben sie zum dritten Mal die Stumme von Portici, und ich höre viel Gutes von der Einleitung und Durchführung des ganzen. Ich habe schon umständliche Relationen vernommen, von meinem Enkelknaben und so aufwärts , von wohlwollenden Zuhören. Im Fortschritt und Zusammenhang mag es wohl ein anziehendes lebhaftes Stück seyn.

[182] Über alles dieses darf ich nicht vergessen, daß, zu unsrer Danknehmigkeit, die köstlichen Rübchen angelangt sind; sie behaupten auch dießmal ihre alten Tugenden, indessen die Kastanien, welche man ihnen zuzugesellen pflegt, dieses Jahr gar sehr zurück bleiben; so daß also, wenn der Teufel von Papefigue dießmal auf Werneuchen gewettet hätte, er seinen Gegner, der auf Kronberg parirt, möchte durchaus überwunden haben.

Vorstehendes liegt schon mehrere Tage, und nun send ich es nicht ohne Entschuldigung; denn ich kann dir vertrauen daß ich bisher von bösen Geistern, zwar nicht besessen aber doch unterhalten und abgehalten worden. Mit dem alten Faust bin ich zeither in Connexion geblieben und habe, in der letzten Zeit, ihn und seine Gesellschaft besonders cultivirt. Meine einzige Sorge und Bemühung ist nun: die zwey ersten Acte fertig zu bringen damit sie sich an den dritten, welcher eigentlich das bekannte Drama, Helena betitelt, in sich faßt, klüglich und weislich anschließen mögen. Du wirst mir also meine Retardation verzeihen um das Bröselein Salz im evangelischen Sinne aufzunehmen wie geschrieben steht: Habet Salz bey Euch und Friede unter einander.

Schließlich aber beschäftigt mich eine häusliche Sorge, wegen der ich dich zu Rathe ziehen möchte. Du erinnerst dich wohl, daß bey deinem Hierseyn, du uns ausscholtest wegen unsrer unsteten und intermittirenden[183] Heizung und dich rühmtest der immer gleichen Wärme deiner Zimmer.

Nun werd ich, obgleich mitten im Winter, veranlaßt, ein paar neue Öfen zu setzen und da wollt ich bey dir anfragen, ob die deinigen aus der aus der Fabrik des Herrn Feilner sind? Ob du damit nach wie vor noch zufrieden bist?

Auf jeden Fall wünschte ich gerade Herren sendeten mir ihre Zeichnungen und Preiscourant wie sie solche gewöhnlich mittheilen. Transport und Aufsetzung durch hiesige Töpfer gibt immer noch manche Bedenklichkeit. Erzeige mir den Gefallen, denn ich hoffe durch deine Vermittelung schneller, und wohl auch billiger, als vielleicht sonst bedient [zu] werden. Es versteht sich, daß ich die Zeichnungen, wenn sie nicht etwa lithographirt sind und abgelassen werden können, alsobald zurückschicke.

und so fortan in's neue Jahr

Weimar den 16. December 1829.

G.


46/175.


An Johann Gottlob von Quandt

Ew. Hochwohlgeboren

habe hierdurch für dieses Jahr schließlich zu vermelden: daß dem hiesigen Banquier Elkan abermals aufgetragen worden, die 80 Thaler für die dritte weimarische Serie an Herrn Hofrath Winkler auszuzahlen, wobey ich wiederholt, obgleich nur zum Überfluß, den[184] für Herrn General v. Seebach noch rückständigen Schein mit Loos, noch vor der Ziehung, an mich hieher zu senden bitte.

So eben werde durch Ihre letzte Mittheilung erinnert: daß schon am 21. December die Generalversammlung angesagt sey, und will nur mit Wenigem bekennen, daß ich mit beygefügtem Hefte: Über Preisaufgaben für bildende Künstler völlig einverstanden bin. Was ich allenfalls hinzufügen könnte, würde nur zur Verstärkung des Vorgetragenen dienen. Ich kann Denenselben also die Angelegenheit, auch von Seiten der hiesigen Kunstfreunde, geneigtest fernerhin zu besorgen, völlig anheimgeben. Ich werde bey vielfachen Zudrang von dem Abschluß des Jahres überrascht und will daher nur mir und den guten Weimaranern fernere Geneigtheit und Theilnahme auch für die Folgezeit erbitten.

Hochachtungsvoll

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 16. December 1829.


46/176.


An Johann Friedrich Gille

Ew. Wohlgeboren

ersuche durch Gegenwärtiges um die Gefälligkeit, unserem guten Schmeller einige Stunden zu schenken, damit ich Ihr werthes Bildniß zu der Sammlung[185] mancher theurer Mitlebender hinzufügen könnte, deren Andenken bey mir auf diese Weise für lange Zeiten treulichst verwahrt bleibt.

In vollkommenster Hochachtung

Ew. Wohlgeboren

ergebenster Diener

Weimar, am 17. December 1829.

J. W. v. Goethe.


46/177.


An Johann Gottlob von Quandt

Hochwohlgeborner!

Die unter dem 15. December von mir zum Überfluß erinnerte Angelegenheit ist nun durch die heut erhaltene Sendung völlig abgethan und für dieses Jahr geschlossen.

Indem ich nun alles Übrige im Namen der weimarischen Theilnehmenden in Ew. Hochwohlgeboren Hände hiemit niederlege, gratulire zugleich zu der abermals glücklich eingeleiteten neuen Ausdehnung zu Gunsten der Kunst und der Künstler.

Das Weitere vom Glück erwartend, habe die Ehre mich hochachtungsvoll unterzeichnend, meine besten Empfehlungen anzuschließen.

Ew. Hochwohlgeboren

gehorsamster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 19. December 1829.[186]


46/178.


An Ernst von Münchhausen

[Concept.]

In beruhigender Voraussetzung daß Ew. Hochwohlgeboren mein Schreiben vom [23.] September werden wohl erhalten haben, worin ich meinen besten Dank für mitgetheilte angenehme Nachricht ungesäumt abstattete, nehme ich, mit der Versicherung daß ich in der Zwischenzeit auch wohl gerne von dem Wohlfinden einer mir so werthen Familie wäre unterrichtet gewesen, mir die Freyheit Gegenwärtiges zu übersenden, wozu ich doppelte Veranlassung finde.

Indem die Ausstellung kunstreicher und angenehmer Arbeiten, von unserm vortrefflichen Frauenverein veranstaltet, uns anregt, durch heitere Theilnahme ein so bedeutendes Institut zu fördern, so geht uns bey'm Anblick mannichfaltiger wünschenswerther Dinge ganz natürlich der Gedanke bey, ob vielleicht etwas davon unsern Andenken bey Ihnen erneuern könnte.

Lebhaft aber wird dieser Gedanke durch die eintretenden Christtage aufgeregt, und ich erhalte mich daher nicht Beykommendes zu übersenden.

Nehmen Sie deshalb diesen der Bequemlichkeit gewidmeten Hausrath mit Geneigtheit auf und erinnern sich bey'm Gebrauch desselben, indem es zugleich ein Zeugniß der Geschicklichkeit und Thätigkeit unsrer[187] Damen ablegt, eines unwandelbaren Freundes, der von dem Wohlbefinden der theuren Familie unterrichtet zu seyn wünschend, zugleich etwas zur Ergötzlichkeit der lieben Kleinen mitsendend, in aufrichtigster Theilnahme und vorzüglicher Achtung.

Weimar den 22. December 1829.


46/179.


An August Friedrich Breithaupt

Ew. Wohlgeboren

haben vor einigen Jahren die Gefälligkeit gehabt eine von mir bestellte Sammlung sächsischer Mineralien geneigt zu besorgen; gegenwärtig wünscht man eine ähnliche auf die man 150 rh. sächsisch zu wenden gedenkt. Ich darf nicht wiederholen daß man sie möglichst instructiv wünscht und daß sie deshalb Gebirgs- und Gangarten, Metalle und Mineralien in ausgesprochenen Exemplaren enthalten möge.

Ew. Wohlgeboren würden mich verpflichten wenn Sie diese Sendung einigermaßen beschleunigen und die Kiste zu weiteren Versendungen festpacken und den Katalog derselben jedoch außerhalb an mich geneigt wollten senden lassen. Den Betrag würde alsdann sogleich übermachen.

Mich Herrn Ober-Berghauptmann v. Herder in's Andenken zurückzurufen bittend, mich zu geneigter[188] Erinnerung bestens empfehlend habe die Ehre mich mit Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Wohlhochgeboren

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 22. December 1829.


46/180.


An Friedrich Theodor von Müller

Auch in dem gegenwärtigen Augenblicke wüßt ich nichts mehr zu sagen als neulich: mich hat der Gedanke von gesetzlicher Spiralwirkung bey'm Entfalten und Ausbilden der Pflanzen vom ersten Augenblick an, als ich ihn vernommen, beschäftigt und seit dem schönen auslangenden Modell nur destomehr bis auf den heutigen Tag. Vielfache Versuche zu diesem Zweck sind gemacht, glückliche Beobachtungen aufgezeichnet.

Ich bilde mir ein dieses längst dem verehrten Freunden schon gesagt zu haben, will in meinen Briefconcepten und Tagebüchern nachsehen lassen, ob irgend eine Spur davon zu finden ist. Meine besten Empfehlungen indeß.

[189] Alles was aus Obigem, bey meinem ernsten Bestreben, folgen mag, wird sich der edle, geistreiche Mann selbst entwickeln; für diesmalige Vermittelung Ew. Hochwohlgeboren höchstens dankbar.

gehorsamst

J. W. v. Goethe.

Weimar den 22. December 1829.


46/181.


An Carl Christian Friedrich Glenck

[Concept.]

[23. December 1829.]

Ew. Wohlgeboren

empfehle den überbringenden jungen Mann, Herrn Schmeller, einen geschickten Porträt-Zeichner. Gönnen Sie ihm einige Stunden, damit er mir Ihr wohlgetroffenes Bildniß zurückbringe, und solches in die bedeutende Sammlung werther Mitlebenden, die ich mir zu verschaffen gesucht, hinzugefügt werde.

Was Ihre Angelegenheit betrifft, so bin ich derselben unvergessen geblieben und darf wohl sagen: daß mir von entscheidender Stelle Hoffnung gemacht worden auf die ich vertrauen darf. Über eine eintretende Verspätung kann ich mündlich Auskunft geben, deshalb ich vorerst sich zu beruhigen bitte.

Der ich mit Versicherung des lebhaften Antheils die Ehre habe mich hochachtungsvoll zu unterzeichnen.

Weimar den 19. December 1829.[190]


46/182.


An Carl Wilhelm Göttling

Ew. Wohlgeboren

Vorschlag, den Bibliotheksdiener Liebeskind auch bey dem dortigen Museum als Diener anzustellen, hat nach denen angeführten Umständen kein Bedenken und wird Denenselben das Weitere hiedurch völlig überlassen.

Eine etwas umständlichere Resolution soll, da doch diese Anordnung in unser Geschäft auf mehr als eine Weise eingereist, nächstens erfolgen.

Ein ferneres Bändchen lege zu gefälliger Berücksichtigung bey, dem Autor fortgesetzte Neigung und Theilnahme, dem Corrector Nachsicht wünschend und erbittend.

Ew. Wohlgeb.

ergebenster Diener

J. W. v. Goethe.

Weimar den 23. December 1829.


46/183.


An Wilhelm Reichel

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

verfehle nicht hiedurch zu vermelden daß mit der nächsten fahrenden Post das Manuscript zum 31. Bande an Dieselben abgehen wird; da es sehr egal geschrieben ist, so läßt sich wohl ohnschwer die Berechnung machen wie viel Bogen es gedruckt ausgeben werde. Betrüge es nicht 16 bis 17 Bogen im Gewissen, so würde noch[191] etwas anfügen und zugleich wegen des folgenden Bandes mich gehörig einrichten können, welcher alsdann baldigst nachfolgen soll.

Dabey ermangele nicht anzuzeigen daß alles Angekündigte ordentlich und glücklich angekommen, nur hat sich bey dem Binden der Schillerischen Correspondenz gefunden daß der 17. Bogen des 2. Theils in einem Velinexemplar fehle, welche Lücke gelegentlich auszufüllen bitte.

Mich zu geneigtem Andenken bestens empfehlend.

Weimar den 24. December 1829.


46/184.


An Henriette von Pogwisch

[Concept.]

Auf die von Ew. Gnaden mir gestern zugekommene Sendung wollte Folgendes eiligst erwidern: Bignon behalte zur Hälfte, die Monaca di Monza, die Oeuvres de Alfred de Vigny beide für den ganzen Preis. Lassen Sie daher gefällig die sämmtlichen Werke auf Ihre Rechnung schreiben und am Ende wird sich finden was ich zu erstatten habe.

Weimar den 24. December 1829.


46/185.


An Carl Friedrich Zelter

Aus deiner werthen Zuschrift vom 17. ersehe auf's neue mit Vergnügen daß du auf dem musikalischen[192] Ocean glücklich schiffest und herrschest; und so sey denn auch gesegnet, daß deine Zimmer gleichmäßig geheizt sind und [da] uns ferner die Berliner Zeitungen täglich von dem reizenden Markte unterrichten, welcher um Euch her von den fremdesten Speisewaren und Naschwerken aufgeschlagen ist, kann es auch Euren Tafeln an nichts Gutem fehlen. Fürwahr der Bewohner einer großen Stadt ist wie zu einem ununterbrochenen Feste eingeladen, wo er nur zu naschen braucht um satt zu werden, indessen wir andern am ernsten Kamine und zur Noth erwärmen und von Zeit zu Zeit nachsehen, ob die selbstgezogenen Kartoffeln, die wir beygesetzt, gar geworden; worauf die Enkel sehnsüchtig warten, sich und dem Ahnherrn die Ungeduld auf den Maultrommeln nicht ganz ungeschickt zu beschwichtigen suchend. An welchem Bilde du denn den treuen Schüler des Doctor Primrose erkennen wirst.

Warum ich aber diesen werthen Namen gerade hier nenne und meinen Zustand nach dem Bilde seiner Familie symbolisire, will ich mit wenigem erklären: In diesen Tagen kam mir von ungefähr der Landpriester von Wakefield zu Händen, ich mußte das Werklein vom Anfang bis zu Ende wieder durchlesen, nicht wenig gerührt von der lebhaften Erinnerung wieviel ich dem Verfasser in den siebziger Jahren schuldig geworden. Es wäre nicht nachzukommen, was Goldsmith und Sterne gerade im Hauptpuncte der[193] Entwicklung auf mich gewirkt haben. Diese hohe wohlwollende Ironie, diese Billigkeit bey aller Übersicht, diese Sanftmuth bey aller Widerwärtigkeit, diese Gleichheit bey allem Wechsel und wie alle verwandte Tugenden heißen mögen, erzogen mich auf's löblichste, und am Ende sind es denn doch diese Gesinnungen die uns von allen Irrschritten des Lebens endlich wieder zurückführen.

Merkwürdig ist noch hiebey daß Yorik sich mehr in das Formlose neigt und Goldsmith ganz Form ist, der ich mich denn auch ergab, indessen die werthen Deutschen sich überzeugt hatten die Eigenschaft des wahren Humors sey das Formlose.


Hierauf denn tritt dein lieber Brief vom 21. d. M. bey mir ein, zugleich mit Herrn Feilners Sendung, weshalb ich dir und ihm den besten Dank zu sagen habe.

Diese für mich wichtige Hausangelegenheit, in der ungelegensten Jahrszeit, habe nun mit meinen Bau- und Werkfreunden zu besprechen, auch die im Schlosse schon aufgestellten Öfen der Art beschauen zu lassen; die Zeichnungen kommen bald zurück und die Entschlüsse später.

Da ich als ein treuer Freund dich immer in deinen Zuständen begleite und so vollkommen den Gegensatz der meinigen fühle, so war es mir merkwürdig daß[194] ich meine lebhaften Freunden zwölfhundert Fuß tief aus der Erde heraufholen muß, da dich die deinigen mit jedem Lufthauch anwehen.

Wegen des Teufels von Papefigue ziehe doch einen Kenner zu Rath, welcher in den Contes de Lafontaine bewandert ist.

Ferner haben wir auch hier Schnee die Fülle.

Verharrend

J. W. v. Goethe.

Weimar den 25. December 1829.


46/186.


An Carl Philipp von Martius

Das Räthsel, das ich durch die Vermittlung des Herrn Geh. Rath v. Müller erfahre, ist noch nicht völlig aufgelöst; ich stand in festem Vertrauen, theuerster Mann, für die mir zugesendete liebenswürdigbelehrende Gabe, bestens, und nicht oberflächlich gedankt zu haben. Von Absendung eines solchen Schreibens findet sich in meinen, sonst regelmäßig geführten Tagebüchern nichts, das Concept ist nicht anzutreffen wo es zu suchen wäre, und ich zweifele fast ob der Ihnen mentaliter gewidmete lebhafte Dank wirklich jemals schwarz auf weiß realisirt worden sey. Professor Riemer jedoch, dem ich alles Bedeutende mitzutheilen pflege, behauptet das Concept gesehen zu haben, und so mag es denn irgendwo untergeschoben seyn, wie es manchmal bey entschiedener Ordnung sich zuträgt daß[195] dasjenige, was nicht gleich einrangirt wird, sich dahin verliert wo es erst durch einen Zufall wieder zum Vorschein kommen kann.

Vorstehendes sey gesagt wegen einer gewissen Eigenheit welche wohl Verzeihung erringen dürfte, besonders da eine vollkommene freudige Anerkennung angefügt werden kann, welche sich seit jener Zeit immer gesteigert hat.

Weiter darf ich nicht gehen, weil ich fürchten muß auch dieses Blatt versäume die Post; nur will ich bemerken: daß ich Ihre Mittheilung in der Isis von 1828 und 1829 diese Tage wiederholt betrachtet habe und von diesem abschließenden Gipfel rückwärts, herab bis an die Erde, ja unter die Erde gestiegen bin, von woher ich zu guter Stunde Ihnen auf's freundlichste entgegen zu kommen mich bereit halte. Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen und sagen Sie manchen Wohlwollenden Ihrer großen, sich immer vergrößernden Stadt meine besten Worte.

Können Sie mir einige günstige Nachricht von dem Befinden Ihro Majestät des Königs geben so würde dadurch höchlichst beglückt seyn.

In treuer Theilnahme

und Anhänglichkeit

J. W. v. Goethe.

Weimar den 27. December 1829.[196]


46/187.


An Friedrich Wilhelm Riemer

Mögen Sie wohl gegenwärtiger Reinschrift einige Aufmerksamkeit schenken; Schluß und Abschluß würde uns Dienstag nicht unangenehm beschäftigen können.

Das Bestmögliche wünschend

Weimar den 27. December 1829.

G.


46/188.


An Carl Friedrich Anton von Conta

[Concept.]

[31. December 1829.]

Ew. Hochwohlgeboren

können mir, in diesen kalten und kurzen Tagen, nichts Erfreulicheres gewähren, als wenn Sie mich in den Stand setzen von den bisher so ernst und glücklich geführten Geschäften näher unterrichtet zu werden. Die Anerkennung Ihrer Verdienste um uns und die Nachbarstaaten, welche ich Denenselben bisher auch im Besondern aufgeklärt und frisch belebt seyn.

Weimar den 28. December 1829.


46/189.


An Carl Friedrich Zelter

Durch dein liebes Schreiben, mein Theuerster, erfahr ich daß Händel seinen Samson auf Veranlassung der Miltonischen Tragödie geschrieben hat. Wie er[197] jedoch jenes herrliche Dichterwerk behandelte, wie er es epitomirte, wär ich neugierig zu wissen. Jenen Miltonischen Samson hab ich, im vergangenen Sommer, mit einem bey uns verweilenden englischen Literaturfreunde gelesen und nicht genugsam bewundern können. Ich wüßte kein Werk anzuführen welches den Sinn und die Weise der alten griechischen Tragödie so annähernd ausdrückte und, sowohl in Anlage als Ausführung, eine gleiche Anerkennung verdiente. Wahrscheinlich hat Händel damit wie mit der Bibel verfahren und, dramatisch folgerecht, das Ausdruckvollste, Entscheidendste und zugleich Singbarste des Decurses herausgenommen; wie und was geschehen wünscht ich zu vernehmen. Ist zu Eurem Vortrag ein Büchelchen gedruckt, so theil es mit, oder gib sonst eine Anleitung wie ich zu meinem Zwecke gelangen könne.

Nun aber vertraue mir ein öffentliches Geheimniß: wie die drey Professoren Eurer Universität heißen, die zur katholischen Religion übergetreten sind oder übertreten werden? Ein Artikel in der Allgemeinen Zeitung, datirt von Berlin, gesteht die Sache, versichert aber sie gelte dort für ganz unbedeutend. Hierüber will ich nicht glossiren, sondern nur meine Bitte wiederholen.

Du meldest einmal von einem Menzel, der nicht auf das freundlichste meiner in seinen Schriften gedacht haben solle; ich wußte bisher weiter nichts von ihm, denn ich hätte viel zu thun wenn ich mich darum[198] bekümmern wollte, wie die Leute mich und meine Arbeiten betrachten. Nun aber werde ich von außen her belehrt, wie es eigentlich mit diesem Criticus sich verhält: Le Globe vom 7. November macht mich hierüber deutlich, und es ist anmuthig zu sehen wie sich nach und nach das Reich der Literatur erweitert hat. Wegen eines unsrer eignen Landsleute und Anfechter braucht man sich nicht mehr zu rühren, die Nachbarn nehmen uns in Schutz.


Vorstehendes hat einige Zeit gelegen, nun will ich zum Schlusse des Jahres beyfügen was mich seit einiger Zeit gelegentlich beschäftigt. Wenn man mit sich selbst einig ist, ist man es auch mit andern. Ich habe bemerkt daß ich den Gedanken für wahr halte der für mich fruchtbar ist, sich an mein übriges Denken anschließt und zugleich mich fördert; nun ist es nicht allein möglich sondern natürlich daß sich ein solcher Gedanke dem Sinne des andern nicht anschließe, ihn nicht fördere, wohl gar hindere, uns so wird er ihn für falsch halten. Ist man hievon recht gründlich überzeugt, so wird man nie controvertiren.

Daß ich Myrons Kuh auf den Münzen von Dyrrachium zu entdecken glaubte hat mich besonders gefördert und nutzt mir noch. Leipziger und Göttinger wollten nichts davon wissen, das thut mir nichts, denn ich habe meinen Vortheil davon. Eine Stelle in des Aristoteles Poetik legte ich aus als Bezug auf[199] den Poeten und die Composition. Herr v. Raumer, in einer verdienstlichen Abhandlung die er mir mittheilt, beharrt bey dem einmal angenommenen Sinne, indem er diese Worte als von der Wirkung auf's Publicum zu verstehen deutet und daraus auch ganz gute und annehmbare Folgen entwickelt. Ich aber muß bey meiner Überzeugung bleiben, weil ich die Folgen die mir daraus geworden nicht entbehren kann. Für mich erklärt sich sehr vieles aus dieser Art die Sache anzusehen; ein jeder der bey seiner Meynung beharrt versichert uns nur daß er sie nicht entbehren könne. Aller dialektische Selbstbetrug wird uns dadurch deutlich. Möge dir diese Betrachtung nicht allzu abstrus vorkommen! Der ich auf alle Fälle eine freundliche liebevolle Aufnahme den treusten Wünschen zum neuen Jahr hoffen darf, und so auf die 365 Tage hin, so viel uns derer gegönnt seyn mögen.

Sylvester-Abend 1829.

Goethe.[200]


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, IV. Abteilung, Bd. 46, S. 96-201.
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