1790

1597.*


1790, 8. Februar.


Mit Johann Gaudenz von Salis-Seewis

Goethe empfing mich mit viel Anstand und Kälte. Wir speisten bei Herrn v. Kalb.... Goethe scherzte viel, parodirte den Ton der Beisitzer der Nationalassemblée, vertheidigte Sophismen mit Laune, Deutschland mit Wärme.[20]


1598.*


1790, 30. Juli.


Mit Gottfried Körner

Goethe war auch vor kurzem einpaar Tage hier. Graf Geßler suchte ihn auf und brachte ihn einen Abend auf unseren Weinberg. Er thaute auf und war zuletzt sehr mittheilend. Aber seine Art sich anzukündigen, hat immer etwas Kaltes und Zurückscheuchendes. Ich habe wieder eine halbe Stunde lang ein interessantes Gespräch über Kunst mit ihm gehabt. Auf dem Rückwege [aus Schlesien] denkt er hier wieder durchzukommen und länger zu bleiben.[20]


1599.*


1790, zwischen 25. September und 1. October.


Mit Gottfried Körner

Goethe ist acht Tage hier [in Dresden] gewesen, und ich habe viel mit ihm gelebt; es gelang mir, ihm bald näher[20] zu kommen, und er war mittheilender, als ich erwartet hatte. Wo wir die meisten Berührungspunkte fanden, wirst Du [Schiller] schwerlich errathen. Wo sonst, als im Kant! In der Kritik der teleologischen Urtheilskraft hat er Nahrung für seine Philosophie gefunden. Doch haben wir nicht bloß philosophirt, wenigstens nicht bloß über Natur. Seine Begriffe von Stil und Classicität in der Kunst waren mir sehr interessant, und ich suche sie mit meiner Theorie der Ideale zu vereinigen. Hier waren wir auf ganz verschiedenen Wegen, aber in seinem Gesichtspunkte ist viel Fruchtbares, das ich bis jetzt übersehen hatte. Auch verdanke ich ihm manche treffliche Winke im Genuß der bildenden Künste. Von seinen Elegien hat er uns einige vorgesagt.[21]


Quelle:
Goethes Gespräche. Herausgegeben von Woldemar Freiherr von Biedermann, Band 1–10, Leipzig 1889–1896, Band 10, S. 20-22.
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