Zehnter Auftritt.

[35] Blandina, Truffaldino.


BLANDINA. Mit Erlaubnis!

TRUFFALDINO. Blitz! das ist das hübsche Mädchen aus Pandolfos Hause. Nur näher, Mamsellchen! – Wollen Sie mich sprechen?

BLANDINA. Ja.

TRUFFALDINO. Ich will das nur wegsetzen, dann bin ich zu Befehl. Er geht durch die Mitteltür ab.

BLANDINA. Es ist mir lieber, daß ich diesen treffe, als seinen Herrn.

TRUFFALDINO kommt zurück. Nun, da bin ich.

BLANDINA. Meine Mademoiselle schickt Eurem Herrn dies Billett. Es darf aber niemand etwas davon wissen.

TRUFFALDINO. Soll geschehen. Vorher hab' ich etwas an Sie zu bestellen.

BLANDINA. Von wem?

TRUFFALDINO. Von einem artigen jungen Menschen, einem gewissen Truffaldino Battocchio.

BLANDINA. Ich kenn' ihn nicht.

TRUFFALDINO. Es ist ein schöner Mensch; gut gewachsen, artig, witzig, ein Meister in der Höflichkeit.

BLANDINA. Ich kenn' ihn nicht.

TRUFFALDINO. Und doch kennt er Sie; ist in Sie verliebt und möchte gern wieder geliebt sein. Was sagt Sie dazu?

BLANDINA. Es kommt darauf an, ob er mir gefällt.[35]

TRUFFALDINO. Soll ich Sie mit ihm bekannt machen?

BLANDINA. O ja.

TRUFFALDINO. Ich werde ihn gleich herschicken. Er geht durch die Mitte ab.

BLANDINA. Ich glaubte, er wäre es selbst.

TRUFFALDINO kommt, macht Komplimente, küßt ihr die Hand, seufzt und geht wieder ab.

BLANDINA. Die Komödie verstehe ich nicht.

TRUFFALDINO kommt. Nun, war er da?

BLANDINA. Wer?

TRUFFALDINO. Der artige junge Mensch, der in Sie verliebt ist.

BLANDINA. Also Er ist es, der mir wohl will?

TRUFFALDINO seufzend. Ja.

BLANDINA. Warum hat Er es nicht gleich gesagt?

TRUFFALDINO. Ich bin ein wenig schamhaft. – Was sagt Sie nun dazu?

BLANDINA. Ich sage, daß –

TRUFFALDINO. O, sprech' Sie doch!

BLANDINA. Ich bin auch ein wenig schamhaft.

TRUFFALDINO. Nun, so wollen wir unsere schamhaften Personen zusammen verheiraten.

BLANDINA. – Er mißfällt mir nicht, nur –

TRUFFALDINO. Einer, der Sie heiraten will, wie muß der es anfangen?

BLANDINA. Er würd' es meinem Herrn oder meiner Mademoiselle sagen müssen.

TRUFFALDINO. Und was werden die zur Antwort geben?

BLANDINA. Sie werden sagen, wenn ich es zufrieden bin –

TRUFFALDINO. Und was wird Sie dann sagen?

BLANDINA. Ich werde sagen, daß, wenn sie es zufrieden sind –

TRUFFALDINO. Und ich sage, wir werden bald alle zufrieden sein. Geb' Sie mir den Brief; wenn ich Ihr Antwort bringe, wollen wir weiter reden. – Halt! Weiß Sie nicht, was in dem Briefe steht?

BLANDINA. Nein, aber ich möchte es wohl wissen.

TRUFFALDINO. Ich wollte nicht, daß der Inhalt meinen Herrn verdrießlich machte.

BLANDINA. Hm! Nach dem heutigen Auftritte zu urteilen, möchte wohl nichts von Liebe drin stehen.

TRUFFALDINO. Ich mag keinen Verdruß machen. Ich übergeb' den Brief nicht, wenn ich den Inhalt nicht weiß.[36]

BLANDINA. Man könnte ihn wohl aufbrechen, aber wie machen wir ihn wieder zu?

TRUFFALDINO. Das versteh' ich aus dem Grunde! Darin bin ich Meister.

BLANDINA. Nun, so wollen wir ihn aufmachen.

TRUFFALDINO. Kann Sie lesen?

BLANDINA. Ein klein wenig. Aber Er wird wohl gut lesen können?

TRUFFALDINO. Auch ich so ein klein wenig.

BLANDINA. So wollen wir denn sehen.

TRUFFALDINO. Wir müssen's fein machen. Er reißt ein Stück vom Briefe.

BLANDINA. O weh, o weh, was hat Er gemacht!

TRUFFALDINO. Das hat nichts zu sagen. Das bringe ich schon wieder in Ordnung. Nun ist er offen.

BLANDINA. Les' Er nur.

TRUFFALDINO. Nein, lese Sie ihn; die Buchstaben Ihrer Mamsell müssen Ihr besser bekannt sein als mir.

BLANDINA sieht den Brief an. Ich kann nicht lesen.

TRUFFALDINO. Ich auch nicht.

BLANDINA. Warum haben wir ihn denn aufgebrochen?

TRUFFALDINO. Still, still! Etwas davon versteh' ich.

BLANDINA. Einige Buchstaben kenn' ich auch.

TRUFFALDINO. Ist das nicht ein M?

BLANDINA. I bewahre! Das ist ein R.

TRUFFALDINO. Zwischen dem M und R ist wenig Unterschied.

BLANDINA. R, E, I, rei, N, E, nei, Reine. – Nein, ich glaube doch, daß es ein M ist. M, E, I, mei, N, E, Meine.

TRUFFALDINO. I, nicht doch! Ihre Mamsell wird an meinen Herrn nicht schreiben Meine – es muß heißen: Mein.

BLANDINA. Es ist aber noch ein Schnörkel dran.

TRUFFALDINO. Eben deswegen heißt es Mein.


Quelle:
Goldoni, Carlo: Der Diener zweier Herren. Halle a. d. S. [o. J.], S. 35-37.
Lizenz:
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Der Diener zweier Herren
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