Der vierte Auftritt.

[78] Cäsar. Pharnaces.


PHARNACES.

Wie? Cäsar, bist du hier? und niemand zeigt mirs an?

Warum verhölt man mir, was Cato wissen kann?

Von ohngefähr hab ich die Nachricht itzt vernommen,

Und bin fast ganz bestürzt an diesen Ort gekommen.

Ich warte mit Begier, daß Timon und Arbat,

Durch welche Bothschaft ich dir einen Vorschlag that,

Zurücke kommen soll. Drum sprich vor allen Dingen,

Was wird man mir von dir zur Antwort wiederbringen?

Erwäg es, wie du willst. Bey aller Tapferkeit,

Gebricht es dennoch dir an voller Sicherheit.

Das Glück verkehrt sich stets! Wie leicht kann es geschehen,

Wenn deine Römer erst den harten Cato sehen,

Der für die Freyheit kämpft; daß ihr so tapfrer Muth

Auf seine Seite tritt? Drum schone Ruhm und Blut!

Die List wird sichrer seyn, als offenbare Waffen.

Ich will dir Catons Kopf ohn alle Mühe schaffen:[78]

Dann hegt der Erdkreis nichts, was dir die Wage hält,

Dann bist du Herr von Rom und Haupt der ganzen Welt!

CÄSAR.

Wie frech erkühnst du dich, durch schnöde Frevelthaten,

Die Bosheit deiner Brust so schändlich zu verrathen?

Pharnaz, du denkst wohl nicht, daß ich ein Römer bin!

Ich hasse den Betrug! Kein schändlicher Gewinn,

Kann mein gesetztes Herz zur Hinterlist bewegen;

Und sollt ich heute noch die Herrschaft niederlegen.

Geh! schäme dich ins Herz, daß du ein König bist,

Und zum Verräther wirst. Mein Schwert braucht keine List!

Die Götter haben mir bisher den Sieg verliehen:

Soll ich vor Utika zuletzt den Kürzern ziehen;

Wohlan! ich bin bereit, und weiche dem Geschick.

Und gebe Catons Hand die Freyheit Roms zurück!

Du aber sieh dich vor, daß die Verräthereyen,

Womit du schwanger gehst, dir nicht zum Fall gedeihen.


Er geht ab.


PHARNACES.

Er geht? und dankt mir nicht, daß ichs so gut gemeynt?

Das ist der Römer Art! Sie achten keinen Freund.

Wohlan! gedenk an mich! ich werde dich nicht scheuen!

Arsenen raub ich doch! der Stolz soll dich gereuen.


Ende des dritten Aufzuges.


Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. Herausgegeben von Joachim Birke, Band 2: Sämtliche Dramen, Berlin 1968/1970, S. 78-79.
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