Der fünfte Auftritt.

[108] Phokas. Porcia. Phönice.


PHOKAS vergnügt.

Wie sanft, wie süße schläft ein tugendhafter Mann,

Den sein Gewissen nicht im Schlummer stören kann!

Ich kam und habe selbst den Cato liegen sehen:

Es ist ihm zweifelsfrey ein harter Fall geschehen,

Da er den Sohn verlohr; doch bleibt er tugendhaft!

Vermuthlich stärket ihn der Götter eigne Kraft;

Daß er nicht zaghaft wird, und gleiche Größe zeiget:

Obgleich die ganze Welt sich schon vor Cäsarn beuget.

Ich sah ihn, Porcia, gemächlich hingestreckt;

Und da die Phantasey ihm einen Traum erweckt,

Rief er mit Lächeln aus: »Es soll dir nicht gelingen!

Nein, Cäsar, nein! du sollst, du kannst mich nicht bezwingen!«

PORCIA weinend.

Es liegt ihm ganz gewiß sein Kummer noch im Sinn![108]

PHÖNICE.

Wo will denn, Porcia, das stete Grämen hin!

Was weinst du jederzeit? Wir dürfen gar nicht sorgen,

Wenn Cato nur noch lebt, so sind wir auch geborgen.


Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. Herausgegeben von Joachim Birke, Band 2: Sämtliche Dramen, Berlin 1968/1970, S. 108-109.
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