Der siebente Auftritt.

[109] Porcius. Artabanus. Phokas. Porcia. Phönice.


PHOKAS.

Dein Anblick, Porcius, erschreckt mich ungemein,

Die Zeitung, die du bringst, muß groß und wichtig seyn:

Dein Auge will uns schon was unverhofftes sagen?

PORCIUS bewegt.

Ich eilte zu dem Port, wo unsre Freunde lagen,

Die voller Ungeduld auf den erwünschten Wind,

Bis diese Stunde noch nicht abgesegelt sind.

Da lief ein Segel ein von des Pompejus Sohne,

Das brachte Zeitung mit: daß er kein Sorgen schone,

Die Völker Spaniens um Beystand anzuflehn,

Bis er des Vaters Tod gerächet könne sehn.

Stünd hier ein Cato nur an dieses Heeres Spitzen;

So würd es uns und Rom vieleicht was mehrers nützen!


Man höret einen Tumult drinnen.


Doch, halt! welch ein Geräusch! Ach laßt mich eilend gehn,

Dem Vater selbst vieleicht in etwas beyzustehn!


Porcius läuft hinein.


PHOKAS.

Er denkt gewiß an Rom, auch mitten in dem Schlummer,

Und bey dem Ungestüm von dem empfundnen Kummer,[110]

Erzürnt er sich vieleicht, daß Rom sich selbst verstört.


Man hört ein neues Gepolter.


Allein das Poltern wird zum andernmal gehört!

Ihr Götter! steht uns bey!

PORCIA.

Ach! hier ist nicht zu säumen;

So ächzt, so stöhnt kein Mensch im Schlafen oder Träumen!

Er liegt in Todesangst! den Laut erweckt der Tod!

PORCIUS kömmt eilend wieder.

Ach Schwester Porcia! O Anblick voller Noth!

Was wir bisher besorgt, das ist nunmehr geschehen!

Er hat sich selbst entleibt!


Sie fällt in Ohnmacht, und Phönice hält sie.


PHOKAS.

Kommt, laßt uns selber sehen!

Denn Worte taugen nichts, wo man nichts weiter thut.

PORCIUS mit bebender Stimme.

Umsonst! ihr kommt zu spät: er lag schon voller Blut,

Als ich ins Zimmer trat. Ich hub ihn von der Erden,

Und satzt ihn in den Stuhl. Er schien schon blaß zu werden,

Als er ganz matt und kalt die Augen nach mir schlug,

Und seine Freunde noch zu sehn, Verlangen trug.

Die Diener bringen ihn bereits hieher getragen,

Und weinen insgesammt, den Unfall zu beklagen.[111]

PORCIA mit Thränen.

O Himmel! steh mir doch in dieser Stunde bey,

Daß ich ihm wenigstens im Tode dienstbar sey!


Quelle:
Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. Herausgegeben von Joachim Birke, Band 2: Sämtliche Dramen, Berlin 1968/1970, S. 109-112.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Gedichte. Ausgabe 1892

Gedichte. Ausgabe 1892

Während seine Prosa längst eigenständig ist, findet C.F. Meyers lyrisches Werk erst mit dieser späten Ausgabe zu seinem eigentümlichen Stil, der den deutschen Symbolismus einleitet.

200 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon