48. Uber das Gebet

[372] 1.

Ach wie pfleg' ich mich zu freuen

über Gottes Wort!

herrlich pflegt mir zu verneuen

seine Treu mein Hort.

wann ich in der Schrifft will lesen /

pflegt mein Hoffnung zu genesen /

meint / sie sey im Port.


2.

Das Gebet / des Himmels Leiter /

ist der Hoffnung Grund;

Gottes Geist / ist des Bereiter;

Jesus / dessen Mund.

wann die Seuffzer aufwerts steigen /

Trost und Hülff' herab sich neigen:

ach daß ichs empfund!


3.

Jesus Namen / ist die Schalen:

Gottes Geist / die Glut /

derer Feurig' Andacht Strahlen

hitzen unfern Muht /[373]

machen uns von Gott entfangen

alles / was wir nur verlangen /

auch das höchste Gut.


4.

Moses hatte lang gekrieget /

nicht durch kühne Werk;

Josua hat auch gesieget /

nicht durch seine Stärk':

durchs Gebet / ists ihm gelungen /

daß viel König' er bezwungen.

Dieses Bey spiel merk!


5.

Hat Hiskias nicht erbetten

die Gesundheits-Gab /

als er schier hätt sollen tretten

aus dem Bett' ins Grab?

ach ich wüst' ihr viel zu schreiben:

doch muß es anitzt verbleiben /

weil nicht Zeit ich hab?


6.

Ich will nur von neuem sagen /

was ich selbst gesehn

meines Vettern Krankheits Plagen

musten stracks vergehn /[374]

als wir zu dem Herrn lieffen

um Gesundheit ihn anrieffen /

ist es gleich geschehn.


7.

Beten / ist mein Wehr und Waffen /

drauff ich mich verlaß.

Alles kan ich mit verschaffen /

wann ichs nur recht fass' /

alles Unglück überwinden /

Wunder-Trost in Trübsal finden:

was ist über das?


Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 372-375.
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