Zu der Serviette, dem Kanonenhütlein
und dem Horn. [24] No. 37.

Der Schluß hat eine deutliche Uebereinstimmung mit dem Fortunat. – Ein dänisches Volksblatt aus Kopenhagen: Lykkens flyvende Fane. Historie om tre fattige Skraedere, der ved Pillegrimsrejse kom til stor Vaerdighed og Velstand: erzählt das Märchen folgendergestalt: drei arme Schneider, die am Handwerk nicht viel verdienen, nehmen Abschied von Weib und Kind, wollen in die Welt ziehen und ihr Glück versuchen. Sie kommen in eine Wüste zu einem Berg, wo ein Zauberer wohnt, der Berg steht, Sommer und Winter grün, voll Blumen und Früchten und um Mittag und Mitternacht wird alles zu dem feinsten Silber. Der älteste füllt sich seinen Bündel, und alle Taschen mit den schönsten Silber-Blumen[24] und Früchten, geht nach Haus, wirft Nadel und Bügeleisen unter den Tisch, und wird ein reicher Handelsmann. Die zwei andern denken zu dem Berg können wir wieder, wenn wir wollen, zurückgehen, wir wollen unser Glück weiter versuchen und wandern fort. Sie kommen zu einer großen Eisenpforte, die geht von selbst auf, nachdem sie dreimal daran geklopft. Sie treten in einen Garten, da hängen die Bäume voll Goldäpfel. Der zweite Schneider bricht sich so viel ab, als sein Rücken tragen kann, nimmt Abschied und geht heim. Dort begiebt er sich auch zum Handel und wird ein noch größerer Kaufmann, als der erste, so daß man glaubt, der reiche Jude zu Hamburg stamme von ihm ab. Der dritte aber meint, der Garten mit den Goldäpfeln bleibt mir sicher, ich will noch weiter nach meinem Glück gehen; er irrt in der Wüstenei umher, und als er den Garten und den Silberberg wieder sucht, kann er ihn nicht finden. Endlich er zu einer großen Anhöhe, und hört auf einer Pfeife blasen, er geht näher und findet eine alte Hexe, die pfeift vor einer Heerde Gänse, die bei dem Ton mit den Flügeln schlugen, und auf der Alten auf und nieder tanzten. Sie hatte sich schon 94 Jahre auf der Höhe mit dem Tod herumgezerrt, und konnte nicht sterben, bis die Gänse sie todt getreten, oder ein Christ kam, der sie mit Waffen todt schlug. Sobald sie seine Schritte hört, und er so nah ist, daß sie ihn sieht, bittet sie ihn, wenn er ein Christ sey, möge er sie mit der Keule, die an ihrer Seite da stehe, todtschlagen. Der Schneider will nicht, bis sie ihm sagt, er werde unter ihrem Haupt ein Tuch finden, welches, wie er es wünsche, auf ein paar Worte, voll der köstlichsten Speisen stehe; da giebt er ihr einen Schlag auf den Hirnschädel, sucht und findet das Tuch, packt es gleich in seinen Bündel, und macht sich auf den Heimweg. Ein Reuter begegnet ihm und bittet ihn um ein Stück Brot, der Schneider sagt: »liefere mir deine Waffen aus, so will ich mit dir theilen,« der Reuter, der doch Pulver und Blei im Krieg verschossen, thut das gern, der Schneider breitet sein[25] Tuch aus, und tractirt den hungrigen Kriegsmann. Diesem gefällt das Tuch, und er bietet dem Schneider dafür seine wunderbare Patrontasche zum Tausch, wenn man auf die eine Seite klopft, kommen hunderttausend Mann zu Fuß und Pferd heraus, klopft man auf die andere, aller Art Musikanten. Der Schneider willigt ein, aber nachdem er die Patrontasche hat, beordert er zehn Mann zu Pferd, die müssen dem Reuter nachjagen und ihm das Tuch wieder abnehmen. Der Schneider kommt nun nach Haus; seine Frau wundert sich, daß er so wenig auf der Wanderschaft gewonnen. Er geht zu seinen ehemaligen Cammeraden, die unterstützen ihn reichlich, daß er eine Zeitlang davon mit Frau und Kind leben könne. Er aber ladet sie darauf zum Mittagsessen, sie mögten nicht stolz seyn, und ihn nicht verschmähen, sie machen ihm Vorwürfe, daß er alles auf einmal verschlemmen wolle, doch versprechen sie zu kommen. Wie sie sich zur bestimmten Zeit einfinden, ist nur die Frau zu Haus, die gar nichts von den Gästen weiß und fürchtet, ihr Mann sey im Kopf verwirrt. Endlich kommt der Schneider auch, heißt die Frau die Stube eilig rein machen, grüßt seine Gäste und entschuldigt sich, sie hätten es zu Haus besser, er habe nur sehen wollen, ob sie nicht stolz durch ihren Reichthum geworden. Sie setzen sich zu Tisch, aber es kommt keine Schüssel zum Vorschein, da breitet der Schneider sein Tuch aus, spricht seine Worte, und im Augenblick steht alles voll der kostbarsten Speisen. Ha! ha! denken die andern, ists so gemeint, du bist nicht so lahm, als du hinkst, und versichern ihm Liebe und Brüderschaft bis in den Tod. Der Wirth sagt, das sey gar nicht nöthig zu versichern, dabei schlägt er der Patrontasche auf eine Seite, alsbald kommen Spielleute und machen Musik, daß es eine Art hat. Dann klopft er auf die andere Seite, kommandirt Artillerie und hunderttausend Soldaten, die werfen einen Wall auf und führen Geschütz darauf, und so oft die drei Schneider trinken, feuern die Konstabeler ab. Der Fürst wohnte 4 Meilen davon und hört den[26] Donner, also meint er die Feinde wären gekommen, und schickt einen Trompeter ab, der bringt die Nachricht zurück, ein Schneider feiere seinen Geburtstag, und mache sich lustig mit seinen guten Freunden. Der Fürst fährt selbst hinaus, der Schneider tractirt ihn auf seinem Tuch; dem Fürst gefällt das, und er bietet dem Schneider Ländereien und reichliches Auskommen dafür, der will aber nicht, sein Tuch ist ihm lieber, da hat er keine Sorge, Müh und Verdruß. Der Fürst faßt sich kurz, nimmt das Tuch mit Gewalt und fährt fort. Der Schneider hängt aber seine Patrontasche um und geht damit an des Fürsten Hof, und bittet um sein Tuch, bekommt aber einen Buckel voll Schläge. Da lauft er auf den Wall des Schlosses, läßt zwanzigtausend Mann aufmarschiren, die müssen ihre Stücke gegen das Schloß richten, und darauf los feuern. Da läßt der Fürst das Tuch herausbringen und demüthig bitten mit dem Feuer einzuhalten. Der Schneider läßt nun seine Mannschaft wieder ins Quartier rücken, geht heim und lebt vergnügt mit den zwei andern Schneidern.

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 2 Bände, Band 1, Berlin 1812/15, S. XXIV24-XXVII27.
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