Heyraths-Contract.

[114] Herren Sempronii und Frauen Cyrille.

In Nomine Deorum Nuptialium & Fescenninorum.


KUnd und zu wissen sey hiemit iedweden / dem daran gelegen / daß vor mir Romano Pompilio, *************** Notario, wie auch denen darzu erbetenen Zeugen / des hochtieffgelehrten Herren Peter Sqventzen, wohlbestellten Schulmeisters[114] zur Rumpels-Kirchen / und Expectanten des Pfarr-Amts daselbst / auch des weitvorsichtigen und scharffschleiffenden Herren Poppii, Narrenfressers / breitberühmten Glaßschleiffers und Brüllenmachers; Des durchsichtigen Herren Cuntzen von Tadelmuth / Birnen Beckers und groß Pflaumen Händlers; des Hochgedencklichen Herren Rodomont, von und auff Fensterloch / Erbrichtern zu Mist-statt; heute den 30. Februarii, dieses tausend sechshundert acht und viertzigsten Jahres / wesentlich erschienen / der Weltberühmte und überall beschriene Herr Sempronius von Wetterleuchten / und Semperheim / Oberster Inspector der Calfacterey zu Hinderlocheshausen / Mitregent des Collegii zu Bitterlingen / Verwalter des Zoll-Amts zu Blitzloch / und designireter Vice Stadt-Schreiber des Königlichen Fleckens Schitstroh / nebest der Wohl Erbahren / wolgeachteten und Gestrengen Frauen Cyrilla, Sidonia, Procopia, Sergii Schlirenschlaffes von Körbentragen hinterlassener Wittib / welche sich beiderseits für mir obengemeldeten in meinem Gemach /welches lieget in dem hinter Hause / gegen dem Garten / welche an die Fortzeymer Gassen anstösset / wo man gegen der lincken Seiten zu der rechten Hand hinein gehet / angegeben / daß sie ************ sich in ein festes Eheverbündnüß mit einander eingelassen / mit allen denen solenniteten, ceremonien und Gebräuchen / welche in dergleichen Fällen de jure oder consvetudine üblich / auch einer Morgengabe von siebentausend Doppel-Ducaten / welche Herren Sempronio baar außgezahlet werden sollen / wann sie verhanden / und die ihm in seinen Nutzen anzuwenden / hiermit übergeben / mit außdrücklicher Bedingung / daß wo Herr Sempronius vor Frauen Cyrilla sonder Leibes-Erben Todes erbleichen solte / welches doch nicht geschehen wolle / gedachte[115] Frau Cyrilla vierzehntausend zuvorgedachter Sorte doppel-Ducaten eines Schlages / zuvor aus seiner Verlassenschafft bekomme / das übrige Vermögen aber soll an Herren Sempronii hinterlassene Blutsverwandten devolviret werden. Doch also / daß Frau Cyrilla wiederum mit denselben zu gleichem Theile gehe. Dafern aber aus solcher Ehe Kinder erfolgen / welche beiderseits wündschen / wird sich Frau Cyrilla mit ihrem gebührenden legitimo vergnügen lassen / welcher hergegen statt Leibgedinges Herr Sempronius ein Fuhrwerck an der OstSeiten der Neustadt / zwischen Marcus Pluncken Fidelbogen-Macher / und Jhr gestrengter Herren / Herren Narrenkopff von Fliegenheim Gütern gelegen / hiermit kräfftiglich verschreibet / nebest Jährlichen Renten von Zwölfftausend Reißthalern / welche bey einer Erbahren Zunfft der Löffel- und Flechten-Macher stehen / wie denn auch sechs Packentrögen von fichtenem Holtze / unter welchen einer etwas abgenützet. Allen seinen Kleidern / wie er die in fremden Landen und zu Hause / auff Fest- und Werckeltagen / zu Ehren / und sonsten getragen / nebest seinem alten Schlepchen von Corduan / einen Paar neuen / und einen Paar alten Pantoffeln und einem Badehütlin von Stroh mit Muscaten gezieret; und noch über diß eine blecherne Laterne mit etwas verbrannten Horne / eine Brille / zwey Brillen Futter /einen Nachtstul mit einer zubrochenen Scherben / und den besten aus seinen höltzernen Hängeleuchtern / mit noch sechs Schock Schwefel-Liechtern / und einem ledigen Feuerzeug. Doch also / und mit nachfolgenden conditionen: Daß erstlich Frau Cyrilla Herren Sempronio ihrem erkohrnen Eheschatz / jedweden Abend mit[116] einem Bette-Wermer von Zien auffwarte / des Nachtes ihn fein trocken lege / ihm die abgefallenen Bette sonder Murren wiederlange / die Schlaff-Hau ben wol auffsetze / des Morgens aber eine warme Suppen / oder nach Jahres Gelegenheit eingemachte confituren präsentire, die Haare und den Bart wol außkämme / die Nasen wische / ein reines Schnuptuch an den Gürtel henge / und vier Stück Papier seiner Nothdurfft nach zugebrauchen / in die Hosen stecke; Weiter begehret auch Herr Sempronius, daß sie die Speisen fertig / sauber und warm auff den Tisch bringe / den Wein nicht mit Wasser verfälsche / kein Kühefleisch für Ochsenfleisch aufftrage / und seine zwey Tischgänger und Mittesser / Perlichen von Braband das weisse Hündlein / und Mirmex Mauer von Müntzen Schloß / seinen schwartzen Kater / freundlich halte; den Vogeln / so in seiner Studierstuben / alle Morgen frisch Wasser einschencken lasse; und sich im übrigen aller Koplerey / Brieffträgerey / Salbenkrämerey / als die ihrem Stande nun nicht mehr anstendig / gäntzlich enthalten / und als einer fürnehmen Mannes Frauen gebühret / verhalten solte. Jm wiedrigen Falle solle das Frauen Cyrillae vermachte Gut /de facto verfallen / und der wohl Erbahren Zunfft der Brieff-Mahler / und Qvem Pastores Schreiber zugewendet werden. Hergegen wird sich Herr Sempronius dahin befleissen / daß er fein deutlich und Deutsch ihr seine Meynung entdecke / und aller frembden Wörter sich enthalte / biß sie Frau Cyrilla zuvor gründlich von ihm in dem Demosthenes und M.T. Cicero unterwiesen. Solte sie Frau Cyrilla aber ingleichen / wie wir alle sterblich / für ihm ohne Eh-Segen dahin gehen / wird Herr Sempronius, seinem hohen Verstande nach / schon wissen[117] mit allen zuhandeln / und der Sachen abzuhelffen. Diesen ihren Heyraths-Contract habe ich unten geschriebener ************* nach empfangener Gewalt extendendi publicum Instrumentum vel Instrumenta, ad consilium sapientis, & in omni meliore modo &c. post renunciationem &c. privilegiorum omnium, qvae faciunt ad favorem dominarum &c. auffgesetzet / und mit meiner Hand und auffgedrucktem Notariat Signet bekräfftiget. Actum wie suprà.


I.


Herr Sempronius von Wetterleuchten / dessen Wappen ein gevierdter Schild / in dessen erstem Felde eine Fama mit Trompeten / in dem andern ein Leuchter auff drey Dintenfässern stehen /in dem dritten zwey Fecht-Degen Creutzweisig übereinander / durch welche ein Morgenstern / der gar zubrochen / wie ihn die Clauditchen zu Leipzig führen; Jn dem vierdten / ein Wagen mit 6. Rossen und auff demselben Herr Sempronius selbst / und in der perspective seiner Vorwercke / zu oberst ist ein offener Helm / auff demselben drey Hahnschwäntze / und zwischen denen die drey Köpffe des höllischen Cerberi, welche Feuer speien.
[118]

II.


Frau Cyrillae Sidoniae Procopiae, erbetener Curator, Herr Fortius von Seiffkesselmacherheim / in dessen Wappen ein Doppelter Schild /und zwar in dem rechten eine Salbenbüchse auff drey Todten Köpffen / darauff eine Fledermauß / zur lincken aber ein altes Weib auff einem Bocke / zu oberst ein offener Helm / auff demselben ein Katzenkopff mit offenem Maule / aus dessen Munde eine Kinder Hand hanget.


III.


Peter Sqventz, dessen Signet ein gevierdter Schild / in dessen rechten Oberfelde ein Thurm mit einer Glocken / welche Herr Sqventz zeucht / in dem Lincken aber zwey Ruten Creutzweis übereinander /und in der mitten ein Cantorstecken; in dem untersten Felde zur rechten ist ein Schauplatz / auff welchem Piramus und Thisbe, zu der Lincken aber ein Repositorium voll Bücher.


IV.


Poppius Narrenfresser; sein Signet ist ein Affen-Kopff / in dessen auffgesperretem Schlund ein Schiff voll Narren fähret.
[119]

V.


Cuntz von Tadelmuth / sein Wappen ist ein Kopff / dessen Maul nach seiner Nasen beist. Auff dem mit Schlangen-Zungen gekröneten Helm liegen drey in einander gewundene Nattern.


VI.


Rodomont von Fensterloch. Dessen Schild fünfffach. Jn dem mitlern Felde sind 3. Carthaunen; in dem rechten ein Spies voll gebratener Lerchen: in dem Lincken ein Lachskopff: unterst in dem rechten / zwey übereinander geschrenckte Fahnen /durch welche eine Partisane gehet: in dem lincken ein Paar Heerpaucken mit aller Zugehör. Auff dem einen Helm sitzet ein Affe / welcher mit einem Pistol nach einem auff dem andern Helm sitzenden Kater zielet /welcher sich stellet als wolte er den Schuß mit einem blossen Sebel pariren.


VII.


Romanus Pompilius, dessen Signet ist ein Esel mit einer Schreibfeder in der einen / und einen Dintenfaß in der andern Klauen.


Turpe est, difficiles habere nugas.


Quelle:
Andreas Gryphius: Horribilicribrifax Teutsch. Stuttgart 1976, S. 114-120.
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