449. Der unverbrannte Luther zu Eisleben.

[386] In der langen Gasse zu Eisleben steht Luthers Geburtshaus in einer Ecke; ob nun wohl selbige Gasse vielmals abgebrannt ist, ist doch dieses Haus allemal stehen geblieben und hat das Feuer hier Halt gemacht, ja als am 9. August 1689 der allergrößte Theil der Stadt in Rauch aufging, brannte auch nur der obere Theil aus, der untere hingegen, wo Luther geboren ist, blieb unversehrt. In dem obern Stockwerk befindet sich auch der sogenannte unverbrannte Luther, ein Bildniß desselben auf Holz gemalt, 2 Fuß hoch und 1 Fuß breit, mit dem Heilande zur Rechten und mit Luthers Petschaft zur Linken, ein rothes Herz mit einem schwarzen Kreuze in einer weißen Rose, über dessen Bedeutung sich bekanntlich Luther selbst in dem bekannten Briefe an Lazarus Spengler in Nürnberg unter dem 8. Julius 1530 erklärt hat. Unten steht: »Anno 1483 ist Dr. Martinus Luther in diesem Hause geboren und zu St. Peter getauft.« Darunter stehen die Worte: »Hostis eram Papae, sociorum hostis et hujus, Vox mea cum scriptis nil nisi Christus erat«, die jedoch nicht von Luther sind, der aber einen andern Vers ähnlicher Art machte, nämlich: »Pestis eram vivus, moriens ero mors tua, Papa!« Auch soll er die bekannten Verse zur Erklärung jenes Petschafts, die sich auf Münzen finden, gemacht haben, in denen übrigens das Chronodistichon 2717 steckt, womit er das so weit entfernte Jubeljahr seiner Reformation also andeuten wollte:


Der ChrIsten Herz aVf Rosen geht,

Ob's MItten VnterM CreVze steht.

MMDCCVVVII.


Dieses Bild hat sich beim letzten Brande in der Oberstube befunden; als man, nachdem das Feuer gelöscht war, die Brandstelle durchsuchte, fand man dasselbe in dem ausgebrannten obern Stock gänzlich unversehrt und von keinem Feuer berührt. Uebrigens ist dasselbe Haus auch, wenn die Pest in Eisleben grassirte und kein Haus davon befreit blieb, allein unangesteckt geblieben.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 386.
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