734. Der Mönch im Feuer.851

[694] Vor vielen Jahren, als im Kloster Abdinghof zu Paderborn noch Benedictinermönche waren, brach einmal Feuer in den Zellen aus. Erst versuchte man zwar den Flammen Einhalt zu thun, allein als die Brüder sahen, daß dies vergeblich sei, stürzten sie eilig die Treppe hinab, um dem Feuertode zu entgehen. Nun hatten sie aber das Gelübde gethan, nur an gewissen Tagen die Clausur eigenmächtig verlassen zu wollen und ein solcher Tag war gerade nicht. Nur einer, der Bruder Hildegrim, gedachte an sein Gelübde, während seine Mitbrüder dasselbe leichtsinnig vergaßen; ruhig blieb er in seiner Zelle und obgleich Rauch und Hitze ihn fast erstickten, er ließ sich das nicht kümmern und betete fort. Unterdessen eilten die andern dem Klostergarten zu, schon schlug ihnen frische erquickende Luft entgegen, da stürzte das steinerne Thürgesims, von der ungeheuren Hitze gesprengt, über ihnen zusammen und begrub sie insgesammt – zwanzig an der Zahl – unter den rauchenden Trümmern. Als aber die Leute nachher den Schutt wegräumten und sich anschickten, das Kloster wieder herzustellen, da fanden sie die Zelle des Bruders Hildegrim völlig unversehrt vom Feuer und ihn selbst immer noch im Gebete knieen. Für die neu eintretenden Mönche ward aber Hildegrim der erste Abt und starb lange nachher im Geruche der Heiligkeit.

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S. Seiler S. 74.

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Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 694.
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