861. Der Brunnenplatz und das Burgverließ zu Steinau.

[740] (S. Brower, Antiq. Fuld. IV. 46 p. 311. Landau, Hess. Ritterburgen Bd. I. S. 210 etc. Poetisch behandelt v. Schwarz S. 56 etc.)


Im Jahre 1261 ist Bartho II. Abt von Fulda geworden, ein kräftiger und gerechter Mann, der seine Unterthanen mit aller Macht gegen die damals in jener Gegend hausenden Raubritter in Schutz nahm und diesen deshalb ein Dorn im Auge war. Derselbe hatte eine große Zahl ihrer Burgen der Erde gleich gemacht und einen gewissen Hermann von Ebersberg trotz des ihm zugesagten sichern Geleites durch Gerlach Küchenmeister öffentlich zu Fulda hinrichten lassen. Da haben sich die Ritter Heinrich und Albert von Ebersberg, Geiso von Steinau, Albert von Brandau, Eberhard von Spala, die Brüder Conrad und Bartho von Luppelin oder Luplen und Conrad von Rastorf auf dem Brunnenplatze zu Steinau im Jahre 1271 feierlich verschworen, den Abt zu ermorden. Sie sind also am 15. April, während der Abt am Altar der Kapelle zu St. Jacob die Messe las, in die Kirche gekommen und haben ihn mit vielen Stichen ermordet, haben sich dann auf bereitgehaltene Rosse geschwungen und sich nach Burg Steinau, welche damals mit dem Abte von Fulda in Fehde lag, geflüchtet. Endlich sind sie aber doch den Reisigen des Abtes Bartho III., der die feste Burg Steinau brach, beim Dorfe Hasel in die Hände gefallen, und nicht an Widerstand denkend in die dortige Kirche, die sie verrammelten, geflohen, wo sie aber sämmtlich niedergehauen wurden, bis auf die zwei Ebersberge; diese wurden gefangen und nach Frankfurt a.M. gebracht, wo ihre Wappenschilder vom Henker, ehe er sie aufs Rad flocht, zerbrochen wurden. Zum ewigen Gedächtniß an diese Schandthat wurden aber den Ebersbergern drei Räder ins Wappen gesetzt. An jenem Platze am Brunnen aber, wo die Mörder sich verschworen hatten, wächst seit jener Stunde kein Grashalm mehr.

Bei der Burg Steinau sieht man an der Mauer heute noch einen kleinen Erdhügel, man sagt, dort sei das Burgverließ des Schlosses gewesen. Hier tobt und spukt es in der Nacht und macht, namentlich zu Festtagszeiten einen greulichen Lärm in der Erde, es ist der Geist des Ritters von Steinau, der sich alljährlich zu gleicher Stunde rüstet nach Fulda zu reiten und dort seine Rache an dem Abte Bartho zu kühlen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 740-741.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band