1.

[3] Auf, o Schenke, lass den Becher kreisen

Und dann reiche mir ihn freundlich dar,

Weil die Lieb', die anfangs leicht geschienen,

Schwierigkeiten ohne Zahl gebar.

Hoffnung, dass der Ostwind endlich löse,

Was an Duft in jenen Locken ruht,

Machte, dass ob ihren krausen Ringen

Jedes Herz beträufelt ward mit Blut.

Färbe dir den Teppich bunt mit Weine,

Wenn der Wirth, der alte, es dich heisst,

Denn die Wege und den Lauf der Posten

Kennt der Wand'rer, der so viel gereist.

Geb' ich in des Seelenfreundes Hause

Jemals wohl mich dem Genusse hin,

Wenn die Glocke alle Augenblicke

Klagend mahnet: »Lasst uns weiter zieh'n!«

Finster ist die Nacht und bange Schrecken

Birgt der Welle und des Wirbels Schoos:

Die da leichtgeschürzt am Ufer weilen,

Wie begriffen sie mein hartes Loos?

Nur der Eigenwille gab am Ende

All' mein Handeln üblem Rufe Preis:

Bleibt wohl ein Geheimniss noch verborgen,

Das zum Mährchen wird in jedem Kreis?

Wenn, Hafis, du dich nach Ruhe sehnest,

So vergiss nicht, was die Lehre spricht:

»Hast du einmal wen du liebst gefunden,

Leiste auf die ganze Welt Verzicht!«

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 3.
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