12.

Morgenwind! Wenn du vorüber

Wandelst an dem Land des Freundes,

O so bringe Ambradüfte

Von dem Lockenband des Freundes!

Ja, bei seiner Seele schwör' ich's:

Meine opf're ich zum Danke

Wenn du freundlich eine Nachricht

Bringest von der Hand des Freundes.

Ist dir aber nicht gestattet,

Einem solchen Herrn zu nahen,

O dann bring' als Augenschminke

Staub von Thür und Wand des Freundes!

Nie durft' ich, der Bettler, hoffen,

Mich mit ihm vereint zu schauen,

Ausser wenn vor mir im Schlafe

Hold das Traumbild stand des Freundes.

Einem Fichtenapfel gleichet

Dies mein Herz, und bebt gleich Weiden,

Weil ich sehnend mich zum hohen

Fichtenwuchs gewandt des Freundes.

Wenn der Freund um mich Verliebten

Selbst den kleinsten Preis nicht böte,

Wär' mir doch, selbst nicht um Welten,

Feil ein Härchenrand des Freundes.

Frommt's ihm wohl, wenn aus des Grames

Banden sich sein Herz befreiet?

Bleibt ja doch Hafis als Sclave

Und als Knecht bekannt des Freundes.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 77-79.
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