27.

Als Gott geformet deine Augenbrauen

Zur Wonne jeder Brust,

Band er an deine holden Liebesblicke

Auch meine eig'ne Lust.

Es gab das Schicksal mich und die Zipresse

Dem Strassenstaube Preis,

Seit es den Stoff gewebt zu deinem Kleide,

Wie die Narcisse weiss.

Der Abendwind, nach Rosen duftend, löste

Der Knospe so wie mir

Wohl hundert Knoten, als mein Herz er knüpfte

An Leidenschaft zu dir.

Wenn auch des Schicksal's Rad in deinen Banden

Zufrieden sein mich lässt,

Doch ach, was frommt's? es band des Fadens Ende

An deinen Willen fest.

Mach' doch mein Herz, dem Moschusnabel ähnlich,

Nicht gar so knotenvoll:

Denn einen Bund mit deiner Locke schloss es,

Die Knoten lösen soll.

Du warst dereinst, o Westwind des Vereines,

Ein zweites Leben mir!

Es hat mein Herz gehofft auf deine Treue,

Sieh, und ward irr an dir!

Ich sprach: »Du bist so hart, dass ich für immer

Die Stadt verlassen muss.«

Und lächelnd sprach Er: »Nun, Hafis, so gehe

Mit fest gebund'nem Fuss!«

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 115-117.
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