45.

Hat die Strasse hin zur Schenke

Klar erkannt ein Wandersmann,

Pocht er nicht an and're Thüren,

Denn für Unrecht säh' er's an.

Hat ja doch, wer erst die Strasse

Zu der Schenke Schwelle fand,

Das Geheimniss jeden Klosters

Durch des Weines Gunst erkannt.

Jenem nur verleiht die Krone

Der Berauschtheit das Geschick,

Der da weiss in dieser Mütze

Liege alles Erdenglück.

Wolle mehr nicht von mir fordern

Als der Narren Frömmelei,

Denn mein Ordens-Scheïch erkannte,

Dass Verstand nur Sünde sei.

Wer das Räthsel beider Welten

In dem Flaum des Schenken las,

Deutet aus dem Bild' des Staubes

Dschem's geheimnissvolles Glas.

Gnade von des Schenken Auge

Hat mein Herz wohl nie begehrt:

Weiss es doch, wie jenes Türken

Schwarzes Herz mit ihm verfährt.

Mein Gestirn, das böse, machte

Früh mich weinen, also zwar

Dass es selbst Năhīd bemerkte

Und der Mond es ward gewahr.

Sel'ger Blick, der in des Schenken

Antlitz und im Becherrand

Einen Mond von vierzehn Tagen

Und von Einer Nacht erkannt![163]

Jener Fürst, der die neun Kuppeln

– Das erhab'ne Himmelszelt –

Für ein Muster nur des Bogens

Seines Reichspalastes hält.

Mit Hafis und mit dem Becher,

Den er leert im stillen Kreis,

Haben Richter nichts zu schaffen,

Da darum der Kaiser weiss.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 161-165.
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